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Brüdern ein Plan, der wohl unter der heißen Sonne Siziliens leichter gedeihen kann als in gemäßigteren Zonen. Die Schuldner wollten die Schuld bezahlen, die Töchter Zocchis heiraten, und dann anderes Geld aus dem Schwiegervater herauspressen. Aber von dem edlen Brüderpaar war keiner ein Adonis, der eine schielte und der andere hinkte. Auch „das Schreiben und das Lesen war nie ihr Fach gewesen", obgleich sie vorzüglich zu rechnen wußten; außerdem waren sie nicht mehr in einem Alter, das jungen Mädchen Freude macht. Die Töchter Zocchih dagegen waren sehr hübsch, hatten eine gute norditaltenische Bildung und standen in ihrem Denken kund Fühlen haushoch über den beiden rohen Patronen, deren ungelenke Liebenswürdigkeiten sie zurück wiesen, deren Annäherungsversuche ihnen Widerwillen einflößten. Wenn die beiden Brüder das Haus des Vaters betraten, entfernten sich denn auch unter irgend einem Vorwande die Töchter, und das Haus der Bilecci betraten sie nur, wenn sie deren Schwestern allein wußten. Aber die Brüd-r ließen sich durch die Kälte der Schwestern von dem cinmal gefaßten Plan nicht ab bringen und beschlossen, nach dem Grundsatz „und folgst du nicht willig, so brauch ich Gewalt" zu verfahren. Sie erließen die Einladungen zum Rschtefeft nes ueuen Hauses, und die Familie Zocchi versprach, vollzählig zu erscheinen. Als der Abend herangekommen war, an dem das Fest stattfinden sollte, gingen die Frauen voraus, Megina am Arme der Mutter und hinterher Annetta mit einer Freundin. Kaum waren sie jedoch in der einsamen Villa Lolli angelangt, als plötzlich hinter zwei dort haltenden Droschken zehn Kerle hervorbrachen. Die einen von ihnen fesselten die Mutter und Freundin, sodaß sie sich weder rühren noch einen Schrei ausstoßen konnten, die anderen schleppten die vor Schreck und Angst völlig gelähmten Mädchen in die bereitstehenden Wagen, die in sausendem Galopp davonjagten. Inzwischen befreiten Vorübergehende die beiden Frauen von Banden und Knebeln, und die Mädchen erkannten in dreien ihrer Räuber die Brüder Bilecci und deren Onkel Stefano. Der Wagen hielt vor einem mit Gärten umgeb: nen Haus. Die Brüder und der Onkel schleppten die Mäd chen ins erste Stockwerk, während die anderen zu ebener Erde blieben. Oben war in einem Saale eine Tafel gedeckt, die alle erdenklichen Leckerbissen, Süßigkeiten und vortreffliche Weine trug. Durch geöffnete Türen sah man rechts und links in Schlafzimmer. Jetzt begriffen die Mädchen, was mit ihnen geschehen sollte. Sie umschlangen sich, sobald sie ihrer Fesseln ledig waren, und verlangten, freigelassen zu werden. Als die gemeinen Ueberredungskünste der Schurken nichts halfen, schrittm d ese zur Tat und trennten die Mädchen mit Gewalt. Annetta ergriff in diesem Kampf eine Flasche und warf sie Giuseppe ins Gesicht, Regina schleuderte eine brennende Lampe gegen Domenico. Der Widerstand der beiden Mädchen gegen ihre Vergewaltiger war ein so heftiger, daß alles, was auf der Tafel stand, in Scherben ging und diese selbst umstürzte Aber die Kräfte der beiden Aermsten erlahmten, ihr Hilfegefchvei verhallte oder wurde durch die Lieder übertönt, die unten die zechenden Raubgenofsen beim Wein brüllten, und so unterlagen sie beide den Verbrechern, denen der würdige Onkel mit roher Gewalt beistand. Inzwischen hatten die Eltern die Karabinieri be nachrichtigt. Diesen gelang es erst am nächsten Morgen, das Versteck der Bilecci zu entdecken. Sie fanden das Haus verschlossen und mußten mit Gewalt eindringen, und konnten erst nach vieler Mühe der Verbrecher, die sich auf das Dach geflüchtet hatten, habhaft werden. Die Mädchen wurden in einem entsetzlichen Zustande ihren Eltern wieder zugeführt. Vor dein Richter erklärten die Brüder Bilecci, sie hätten die Mädchen sowohl im Einverständnisse mit dem Vater, d u sie schon immer „Schwiegervater" genannt hätten, als mit ihnen selbst, geraubt, und als sie der Riater fragte, aber warum sie sie denn überhaupt geraubt 16 50 13 50 7 20 50 50 Kilo von Mk. 3.50 bis Mk. 4.— per Eingesandt. WWMs L91S 50 20 8 50 9 50 6 9 8 6 6 2.50 2 — 1.80 2.20 . 50 - . 50 - . 50 - - 50 - 2.75 2.50 2 — 2.50 130- 18- 16 — 13 — 12 - Figaros Hcchzeit, Sonnabend Die Boheme, Sonntag Die Zauberflöte, Montag Die Götterdämmerung; Schau- lPiel Haus: Dienstag Der Strom, Mittwoch Der Schwabenstreich, Donnerstag zum ersten Male Der Dummkopf, Freitag Zar Peter, Sonnabend Der Dumm kopf, Sonntag Der Dummkopf, Montag Torquato Tafso. Ritter Haus--Konzert. Wir haben seinerzeit mitgeteilt, daß der berühmte Tenorist Kgl- Hofopernsänger Alfred Ritterhaus aus Berlin hier singen werde. Wie uns soeben mitgeteilt wird, findet dieses Konzert, welches bei dem glänzenden Namen des Künstlers sicherlich das größte Interesse unserer musikalischen Kreise erregen dürste, im Oktober statt. 50 145— 50 50 50 50 50 hätten, wenn alle mit einer Heirat einverstanden wären, da antworteten sie, es seien noch andere Bewerber vor handen gewesen, und so hätten sie es für besser befunden, eine vollendete Tatsache zu schaffen. Alle diese Ausflüchte erwiesen sich selbstverständlich als Lügen. Als dann bei der Konfrontierung Domenico und Giuseppe die beiden Schwestern mit „Du" anredeten, sprang Regina wild auf und schrie: „Reden Sie mich mit „Sie" an, Sie miserabler Mensch!" Während die Untersuchung noch im Gange war, erhielt Zocchi Briefe, jin denen er mit dem Tode bedroht wurde, wenn er nicht 20000 Lire zahlen und die Angeschuldtgten entlasten würde. In Palermo darf man derlei „Warnungen" und Winke nicht gering achten, uud der Untersuchungsrichter mußte kon statieren, daß die Zocchis aus Todesangst ihre Aussagen abzuschwächen suchten Ferner traten Zeugen auf, be kannte und vorbestrafte Mafioten, die erklärten, der alte Zocchi hätte die Bilecci nie anders als mit „Schwieger sohn" angeredet. Richter: „Sie kannten also Zocchi damals sehr gut? Wie sieht er aus? Groß, dick . . ." „Und blond,, setzte der Zeuge fort unter dem homerischen Gelächter des Gerichtssaales, denn Zocchi wurde soeben als kleiner, schlanker Mann mit rabenschwarzem Haar präsentiert. Der Staatsanwalt ermahnte in seinem Plaidoyer die Geschworenen, sich durch nichts vom Wege der Gerechtigkeit ablenkcn zu lassen, denn die Mafia hat ihre Hand in diesem Prozeß, wie sie ihre Hand bei der Tat, die zwei Mädchenblüten knickte, hatte, bei der nicht Liebe die Triebfeder war, sondern gemeine, berechnende Geldgier. Die beiden Brüder Giuseppe und Domenico Bilecci wurden zu 28 Jahren und deren Onkel Stefano zu 30 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Verkündigung des Urteils wurde vom Publikum mit großem Beifall ausgenommen. Roggenkleie Weizenkleie grob Maiskörner grob Maisschrot Heu alt Heu nm Schüttstroh Gebundstroh Kartoffeln (Husten, ^.usrvurg I4scktsckwelss, ^bmsxerunx etc.) befreit wurde, nsckdsm ick vorder nsck einer scktwöckentlicken Kur aus einer lluoxen- keilststte sis unxeksilt entlassen worden war. ^nurr alter, SraxilednrA, Stetsnskrücke 21 III. Nsfsenee am 12. September 1908. lOOOll^ M. Pf. Mk. Pf. kA M. P. bis M. Pf. Marktbericht. Meißen, am 11. September. Butter, 1 Kilo 2,60 bis 2,70 Mk, Gänse, Pfund 75-80 Mg.; Hasen, Stück - Mk.; Eier, Stück 8 Pfg. Getreidepreise: geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität niedrigst, höchst, niedrigst, höchst, niedrigst, höchst teils ick aus Osnkbsr- dsit durcksus unent- geltlick (IsdiZlick gs^en Lmsendunx Nes Sortos) mit, wie ick durck ein ebenso eintbekes wie billiges und dabei dock so überaus eriolgreickes Veriakren von meinem Isnzwierixen beiden Weizen neu trock. - - - ' Roggen hies. nm- Gerste Brau- - - Futter- - Hafer alt - neu Futtermehl I 100 . !l . Vermischtes. * Ein sonderbarer „Hauptmann von Köpenick". Eine seltsame Geschichte, die einstweilen be rechtigten Zweifeln begegnet, läßt sich die „Times" von einem ehemaligen Marineleutnant, Henry Camberlain, der vor kurzem Deutschland bereiste, berichten. Chamberlain begegnete einem Trupp deutscher Soldaten in den Reichs- landen, mit dem er ein Gespräch begann. „Ganz zufällig, ohne mir dabei etwas zu denken, bemerkte ich, daß das Studium der Schlachtfelder mich als Seeoffizier lebhaft interessiere. Bei dem Wort Oifizier sprangen die Leute auf, knöpften sofort ihre Röcke zu und schnallten ihre Waffen um." „Gehen Sie nach Nieberbronn?" fragte ich. „Jawahl", kam die Antwort. „Nach Nieverbronn, um den Zug nach Bitches zu nehmen." Als ein harmloses Scherzwort, über dessen Bedeutung man nicht weiter nach- dachte, sagte der Engländer: „Ich gehe auch nach Nieder- bronn. Ihr seid mein Regiment, ich euer Oberst." Die Mannschafln traten daraus ohne weiteres an, formierten zwei Glieder und kein Wort wurde mehr gesprochen „Rechtsum" und der Marsch begann. „Ich trug dabei meinen Schirm wie einen Säbel. Wir marschierten schweigend im Gleichschritt. Nach einer Weile begegnen wir einem einzelnen Soldaten desselben Regiments, der am Waldrande lag. Sofort springt er auf, knöpft seinen Rock zu, und ohne daß ein Wort gesagt wird, schließt er sich der Truppe an." Nach einer Weile kamen dem E; g- länder jetoch Bedenken, und ohne zu zaudern, Verließ er „sein Regiment" untet dem Vorwand, er müsse in sein Hotei. „Ich knüpfe an die Geschichte, an der jedes Wort absolut wahr ist, keine Betrachtungen; die Leser werden daran ermessen, welchen gewaltigen Eindruck der deutsche Offizier über seine Mannschaft besitzen mutz, wenn nur die Erwähnung des Wertes Oifizier genügt, um die Maschine in Gang zu setzem" 50 5V Aunft, Wissenschaft und Literatur?. Wochen-Sptelplan der Königl. Hoftheater. Opernhaus: Dienstag Die Walküre, Mittwoch Der! Trompcter von Säktwflev, Donnerstag Sigfried, Leitao - 184- 194- 85 15 70 , 85 - - - 160 — 170 12 80 - 170- 175- 70 70 Weizen, — — 19,10 19,30 19,40 19,70 Roggen, — - 16,80 17,10 17,20 17,50 Gerste, 14.00 14.50 — — 18 20 18,60 Hafer, neu — - 14,00 14.50 14,60 15,00 Hafer, alt — — — — 15,80 16,30 Roman von B. Corony. 23 geführt wurde, über die wie Atlas glänzenden Flanken desselben. Vielleicht ritt er das schöne, feurige Tier zum letztenmal. Es repräsentierte ja auch einen 'ansehnlichen -Wert und wurde ohne Zweifel bald mit Beschlag belegt. Jetzt sollte es ihn noch einmal hinaustragen und fort- galoppieren über Stock und Stein. Dis flüchtigen Hufe berührten kaum den Boden. Das war ein Vorwärtsrnseu sondergleichen. Der Satan selbst schien Besitz von Black ergriffen zu haben, der nach lan gem Wsitersprcngen sich vor einem heranrollenden Wa gen hoch aufbäunits, „Na nu, was ist denn da los? Gilt wohl'ne Wette, Herr von Roßbach?" rief jemand mit unlauter Stimme und Schroder beugte sich aus der eleganten Equipage. „Sis reiten ja als ob irgend was im Sturm genommen werden sollte und haben meine Tochter erschreckt, daß sie ganz blaß geworden ist." „Vedaure unendlich! Verzeihen Sie, mein gnädiges Fräulein," entschuldigte sich Elgard, den Rappen an haltend. „Ich ließ dem Tiere die Zügel schießen, ohne an die scharfe Wsgbiegung zu denken." „Wie mir das Herz schlägt!" flüsterte Undine mehr- geziert als wirtlich erschrocken. „Ein prächtiger Araber, aber furchtbar wild. Er ist wohl gar nicht zu bemustern?" Die Eitelkeit des Sportsman erwachte in Roßbach. .Wenn Sie mir die Gunst erweisen, meine Begleitung änzunehmen, so wird Black ganz artig und langsam ne ben der Equipage hertraüen, ja, er soll sogar, wie es sich gehört, die Knie vor Ihnen beugen." „O so galant ist er ganz gewiß nicht!" rief Undine und lachte geschmeichelt, als Elgard den Rappen wirklich zwang, das Kunststück zu vollführen. »Sie sind wohl bei Renz in die Schule gegangen, Herr Roßbach?" fragte Schröder scherzend und bemerkte nnt vergnügen, wie einige Passanten stehen blieben. Ja, es mußte sich gar nicht übel ausnehmen, wenn der junge Kavalier w ueoen dem Wagen herritt und Black pirou- „Und das sollte ich auch tun, jetzt, wo er den Emp findlichen herauskehrt, weil er es sich uns gegenüber er lauben Zu dürfen glaubt? Ich sollte ihn besuchen und ergeoenst fragen, ob es ihm noch beliebt, mich als Schwie gersohn änzunehmen, damit er sich etwa damit brüsten kann, meinen Antrag abgewiesen zu haben? Nun und nimmermehr! Dazu besitze ich denn doch noch zuviel Stolz und Selbstgefühl." „Handle wie Du willst. Ich werde meine Schwester bitten, mir bis auf weiteres ein bescheidenes Asyl zu gönnen, denn ich fühle, wie meine Nerven hier systema tisch zu Grunde gerichtet werden. Jeder Klingelzng trifft mich wie ein elektrischer Schlag, denn er kann ja nur ^eininhes oder besser gesagt: Entsetzliches anmelden. Dort sur Stoß von Briefen, die ich gar nicht zu öffnen wagte. Wozu auch? Ohne sie zu lesen weiß ich, was sie enwallen." „Ist das eine menschenwürdige Eristenz? Wenn Du sie ertragen kannst, ich kann es nicht. Ich gehe." „sind überlaßt mir die Verantwortung für das, was ich nicht verschuldete." „Du äfft ein Mann und ich bin eine schwache, kränk liche Frau. Was vermochte rch Dir auch zu helfen?" „So reise." „Cs fällt Dir leicht, Deine Mutter ins Dunkle und Ungewisse hinauszusenden. staute Adelgunde ist ja reich, aber geiziq. Ich bin ihr vielleicht ein sehr unwillkom mener und beschwerlicher Gast." Mania Du könntest mich geradezu wahnsinnig ma chen mit Deinen ewigen Lamentationen und Vorwür- Damit stürmte Elgard aus dem Zimmer und in den Hof hinab. „Black gesattelt!" rief er dem Reitknecht zu und streichelte als der prächtige Rappe aus dem Stall ettieren ließ. Dem Schneidemllller wäre diese Stunde nicht für tausend Mark feil gewesen. „Sie erzeigen uns wohl die Ehre einzutreten?" sagte .er, als man die Villa erreicht hatte. „Wenn Sie gestatten." „Wir bitten darum." Elgard warf einem Stallknecht die Zügel des Pfer des zu, sprang ab und hob Undine aus dem Wagen. „Ist mein Sohn zugegen?" fragte Schröder den Die ner, welcher herbeieilte, um ihn zu unterstützen. „Nein, der junge Herr ist noch nicht heimgekommen." „Na ja, dis gewöhnliche Antwort," brummte der Schneidemüller in sich hinein. Er fing an, täglich unzufriedener mit Walter zu wer den. An dem erlebte er keine Freude. Deshalb mußte ihn der Tochter Zukunft entschädigen. Das Mädel hatte doch Ehrgeiz und würde sich als FrauvonRoßbach schon in Respekt zu setzen wissen. Die besaß einen harten Kopf und einen eisernen Willen. Gr blickte unwillkürlich nach den Zinnen des Herren hauses hinüber, die voni goldigen Abendrot umglänzt zwischen wogenden Baumwipfeln sichtbar waren und ein halb spöttisches, halb hoffärtiges Lächeln spielte um seine Lippen. „Wenn ich nicht irre, sind Sie heute zum erstenmal in meinem Hause, Herr Baron," begann er, als man in das mit verschwenderischer Eleganz ausgestattete Vestibül trat, von dessen prächtig gemalter Decke eine große orien talische Ampel herabhing. „Allerdings," bestätigte Elgard nicht ohne einige Ver legenheit. „Ich hegte jedoch schon längst den Wunsch..." „Ihr Herr Vater machte mir oft die Freude, mein Gast zu sein, und offen gestanden, erwartete ich, auch Sie bei mir zu sehen." „Papa war jedenfalls zu eifersüchtig auf den ihm ge währten Vorzug, um mich mitzunehmen. Und seit sei nem plötzlichen Tode konnte ich noch keine freie Stunde finden." 154,19