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Beilage zu Nr. 106 Dienstag, 15. September 1W8. Aus Sachsen. Wilsdruff, den 14. September. Eine 50jährige Frauensperson in Dresden, die ein Verhältnis mit einem 22jährigen (!) Tischlergesellrn unterhielt, das aber von diesem gelöst ward, lauerte den früheren Geliebten dieser Tage auf und goß ihm eine ätzende Flüssigkeit über den Körper. Der Mann erlitt erhebliche Brandwunden. Vor einigen Tagen wurde in Leipzig in der Süd. straße der 11 Jahre alte Schulkunde Kurt Kolb von einem Motorwagen der Straßenbahn umgrrisscn und über- fahren. Hierbei erlitt das Kind schwere Verletzungen, insbesondere komplizierte Brüche. Es wurde nach dem Krankenhause St. Jakob gebracht. Der Knabe hatte schnell über die Straße laufen wollen, wobei ihn der Wagen erfaßte. Am Freitag abend in der achten Stunde ist in Leipzig einer noch unbekannten Dame in der Thomas- gaffe wieder ein Handtäschche« entrisse« worden. Der Räuber, ein 25 Jahre alter Kellner aus Hannover, hat auf der Flucht dieses Täschchen von sich geworfen. Straßenpaffanten war es dann gelungen, den frechen Räuber in der Gottschedstraße zu stellen und ihn der Polizei zu übergeben. Auf eigenartige Weise in Gefahr geraten ist ein Ehepaar in Borna. Ei» hochbeladener Heuwagen ge riet in der Bahnhofstraße auf einen von den Schleusen- bauten hecrührenden Erdhaufen, so daß er sich auf die Seile neigte, wobei der größte Teil der Ladung über Bord ging und auf das Trottoir fiel. Das dort gehende Ehepaar wurde verschüttet; glücklicherweise gelang eS den beiden jedoch, sich bemerkbar zu machen, worauf sie nicht ohne Schwierigkeiten, aber ohne Schaden genommen zu haben, mit Hilfe von htnzugekommeneu Passanten be- freit werden konnten. In Waldheim schenkte der Ehrenbürger der Stadt, Rentier Döring, dem dortigen Kinderhort 10000 Mark In Mittweida fiel das 3'/,jährige Töchterchen des FSrbereibefitzers K Dehnert in ein mit heißem Wasser gefülltes Gefäß und trug so schwere Verbrühungen davon, daß es deren Folgen erlag. diamantene Hochzeit konnte in Zschopau der Webermeister Julius Heegner mit seiner Frau feier». Das noch rüstige, hochbetagte Ehepaar wurde i» der Kirche eingesegnet, worauf ihm ei» Gnadengeschenk des Königs überreicht wurde. Auch seitens der Stadt wurde daS Jubelpaar beschenkt. Einen befremdliche« Standpunkt nimmt der Aerztliche Bezirksverein Chemnitz-Stadt t» einem Briefe eiu, den er auf eine Beschwerde an den östlichen Bezirks- verein dort richtet. I» der Beschwerde wurde der Ent- rüstung gegt« einen Arzt Ausdruck gegeben, der in einem mit Lebensgefahr verbundenen Krankheitsfall die ärztliche Hilfe verweigert hatte, weil die betreffenden Leute nicht i» der Lage waren, daS Honorar vorauszubezahlt». I» dem Antwortschreiben des Aerztliche» BezirksvereinS heißt es nun, daß der Verei» keinen Anlaß habe, gegen de» be treffenden Arzt ein,»schreiten, da »ach dem Gesetze ein Surterzwang nicht bestehe. Der »erbliche Bezirk-Verein önne es seine» Mitglieder» sicht verübeln, wen» ile in einzelnen Fällen, in denen ihnen Garantie für das Honorar nicht geboten sei, dir ärztliche Hilse versagen. Ueder einen Raubmordversuch wird auS Chemnitz berichtet: Der am 2. Februar 1891 in Klotzsche bei Dresden geborene, seit 1'/i Jahr in der im Hause Anua- berger Straße Nr. 12 befindlichen Großdestillation ange- stellte Kaufmannslehrling Johannes Walter Löwe schlich sich am Donnerstag abend gegen 11 Uhr in das Haus Anuaberger Straße 12 ein, begab sich in das dritte Stockwerk, ließ sich von dort mittels eines mitgebrachten Strickes vom Abortfenstcr auf die im zweiten Stock liegrnde Veranda der Heringscheu Wohnung herab und drang hier durch eine offene Verbindungstür iu den Baderaum ein. Durch das Geräusch, da» er hier ver ursachte, wurde die Frau Hering, deren Ehemann schwer- krank in einem anderen Zimmer schlief, wach und trat auf den Vorflur hinaus. Als hier alles ruhig blieb, zog sich Frau Hering wieder ins Schlafgemach zurück. Wenige Sekunden darauf wurde sie durch ein zweites Geräusch aufgrschreckt. Als sie daS Schlafgemach wiederum ver- lasse» wollte, wurde sie beim Oeffnru der Tür von Löwe überfallen und von diesem durch etwa 12 bis 15 Dolch stiche, die er ihr blindlings versetzte, derart schwer verletzt, daß ihre Unterbringung im städtischen Krankenhause erfolgen mußte. Die erwachsene Tochter des Ehepaars sprang vor Schreck zum Fenster hinaus, ließ sicb am Blitzableiter auf die Straße herunter und schrie um Hilfe. Vorübergehende Paffanten und einige mit Säbeln be- waffnete Hausbewohner, sowie sofort herbeigeetlte Polini- beamte drangen in das Haus und in die Wohnung eiu und fanden den Mörder hinter einer Fenstergardine ver borgen vor. Beim Verhör gab Löwe zu, daß er die Tat begangen habe, um Geld fürs Theater zu erhalten und um sich eiu angenchmrS Leben zu verschaffen. Auch gab er kaltblütig zu, daß er schon bei Beginn der Tat die Absicht gehabt hatte, jeden niederzustecheu, der ihm htndcr- lich in den Weg treten werde. Zu diesem Zwecke führte er einen zweischneidig geschliffenen Dolch bei sich. Die erste Hilfe wurde der schwer verletzten Frau Hering durch einen Samariter gebracht. Der Zustand der im 5V. Lebensjahre stehende» Frau ist sehr bedenklich. Der Gatte der Frau Hering ist gelähmt und konnte deshalb nichts weiter zur Rettung seiner Frau tun, als um Hilfe rufen. Der Förster Unbeschetd im Forsthause zum Popper»- Wald bei Hartenstein soll sich, wie die .Zwick. Ztg." meldet, größerer Veruntreuungen bei Verwaltung des der Stadtgemeinde Zwickau gehörige» Forstreviers Poppen- wald schuldig gemacht habe» Er wurde verhaftet. In SteixpleiS hat sich der 19 jährige Seminarist K. i» der elterlichen Wohnung erschösse». I» Laxgexhelsex entleibte sich der ehemalige Feuerman« Remhäckel. Die schöne» Tage sind für die Ernte im Bogt- lande von große» Vorteil gewest»; sie ist, abgesehen von den Höhe», »ohezu beendet. Die Befürchtungen der La»dleute, daß daS Getreide infolge der anhaltenden Nässe auswachse» werd«, haben sich als grundlos erwiesen. Auch die Grumeternte geht ihrem Ende entgegen. Sie ist au Qualität u»d Quantität sehr gut ausgefallen; mit dem Ertrage der G-t^idecrute ik man zufriek«,. Die Tochter des Seiltänzers. Roman von B. Eorony. 22 „Doch sobald es sich um eine Erhaltung Neunkirchens handelt, kann man keinem Gefühl der Abneigung nachgeben." Schröders dürften künftig viel hier verkehren und es wird Ihnen nicht möglich sein, sich zurückzuziehen." ..Ich weiß, wozu mich meine Stellung verpflichtet. Das ändert aber durchaus nichts cm meinen Gesinnungen und nicht wahr, aus dieser peinliche« Gestaltung der Dinge kann doch noch ein großer Segen hervorgehen? Jeder ersparte Taler wird Ihnen «in zerbrochenes Glied der druckenden Kette bedeuten, und drückend genug muß es st.n, zu den Schuldnern jenes Mannes zu gehören. Doch - uil darf ich nicht länger weilen. Fräulein von Riefen- tal vermißt mich vielleicht schon. Eine treue Freundin n..den stets in mir haben. Darauf meine Hand." Roßbach drückte einen l«ngen Kuß auf die schlanken f Sie morgen wieder an dieser Stelle, „Ich bars kein solches Versprechen geben." Fast schien es, als wolle er sie um eine Zusage bestür- nien. aber das geschah nicht. Mit düsterem Ausdruck folgte sein Blick dem Mäd chen. Daß sich die von tiefeingewurzeltenGrundsätzen Ge leitete niemals seinem Willen fügen würde, sah er jetzt wohl em. Wie wäre es also möglich, ihr zu gestehen, unter welchen Bedingungen der Schneidemüller seine Hilfe anbot? Diese Erklärung mußte hinausgeschoben werden, wenn er Therese nicht gänzlich verlieren wollte und je näher diese Gefahr lag, um so verzehrender loderten Roß bachs Wünsche auf. . Ja ihr mußte der Plan emer Verbindung mit Un dine vorerst verborgen bleiben.. dieser verhaßte Plan, l m er doch schon nicht mehr mit voller Entschiedenheit zurückzuweisen wagte., , Jemebr man sich in Neunkirchen bemühte, den wah ren Stand zu verhüllen, desto mehr ließen es sich andere angelegen sein, ihn aufzudecken. „Das Rittergut kommt unter den Hammer," hieß es allerorten. „Roßbachs kön nen sich nicht mehr halten. Die Schulden wachsen ihnen über dem Kopf zusammen." Schröder beteiligte sich an diesen Gesprächen nicht. Er zuckte nur die Achseln, lächelte boshaft und erwiderte auf alle Fragen: „Ich weiß nichts," auf diese Weise die Neugierigen in Zweifel lassend, ob er über sie oder über die Gutsherrschaft spotte. Seinen Besuch in Neunkirchen hatte er nicht wiederholt. Undine wartete darauf, daß er es tun würde und wagte, als sein Zögern ihre Ungeduld erregte, eines Ta ges die mit möglichst gleichgültigem Ton vorgebrachte Anspielung: „Wie es wohl Frau von Roßbach geht? Hast Du Dich gar nicht mehr nach ihrem Befinden erkundigt?" „Nein, und werde es auch bleiben lassen," sagte der Schneidemüller barsch. „Sie hat mir gegenüber die Hoch näsige gespielt und wenig Ursache dazu gehabt. Ich brauche die dort drüben nicht, doch vielleicht brauchen sie mich. Dann ists aber auch an ihnen, den ersten Schritt zu tun. Was mich betrifft, so fällt es mir gar nicht ein, noch ein mal ergebenst den Präsentierteller hinzuhalten." Er täuschte sich keineswegs in seiner Annahme, daß man im Herrenhaus auf ihn warte. Je dringendere Briefe aus der Residenz eintrafen, je rücksichtsloser und unhöfli cher die Mahnungen wurden, desto mehr klagte Margot, desto entschiedener rückte sie dem Sohn die Notwendig keit, eine Geldheirat zu schließen, vor die Augen. Und er selbst mußte erkennen, daß es gar keinen anderen Rettungsanker aab. Ja, wer die Kraft gehabt hätte, Brust an Brust mit dem Schicksal zu ringen, aber er für ihn war es jetzt zu spät, sich zu ändern/Ließ er die' einüge Gelegenheit, wieder Herr der Situation zu werden, außer acht, dann stand ihm möglicherweise ein kläglicher Unter gang bevor. 154.1G ,Was?" ,',Deiu Vater sprach öfters bei ibm vor." „Ich habe mich immer gegen den Gedanken an eine solche Verbindung gesträubt, sagte Frau von Roßbach mit müdem, gedrückten, weinerlichen Ton, „aber unsere Familie wäre ja nicht die erste, die sich der traurigen Not wendigkeit beugt. Es gilt zu erwägen, wo das größte Uebel liegt: in «iner Mesalliance, oder in dem finan- Jellen Ruin." Das hatte Elgard ja schon ost genug bei sich selbst erwogen und heimlich bereits die einzige Wahl getroffen, zu der sich ein so schwacher Charakter entschließen konnte, aber dessenungeachtet wollte ihm die Antwort nicht über die Lippen. „Ein Tag nach dem anderen verstreicht, wir sehen das Unvermeidliche nahen, ohne es abwehren zu können,"' klagte Margot, „und wenn es gekommen ist, dann sn hen wir aller Existcnzmittel beraubt da." „Leider wahr. Aberdas Mädchen mißfällt mir " „Wenn Du sie auch nicht liebst . . „Verzeihe, Mama, zwischen nicht lieben und entschie dene Abneigung empfinden besteht ein großer Unnr- schied. Ich flecke mir ein Zusammenleben mitUndine un erträglich vor. Sie besitzt eben so wenig Zartgefübl nn Herzensbildung wie ihr Vater und ihr Bruder und ist grenzenlos anspruchsvoll. Der Dünkel würde ihr zu Kew steigen, wenn sie auch noch einen adeligen Namen trüge.' „Ja, wenn Du bessern Nat weißt..." „Ich weiß keinen." Wieder herrschte nur zeitweilig von Margots Se. - zern unterbrochene Stille im Zimmer, dann begann E.- gard von neuem. „ „ „Schröder läßt sich übrigeus gar nicht mehr sthcn. „Ich fertigte ihn bei seinem letzten Besuch etwas km- oh 2)o§ moo er üüel genommen Hoven uno nun vier- leicht auf ein Zeichen 'des Entgegenkommens warten Wenn Du ..." Die Stadtverordneten von Plauen haben beschlossen, die Abgabe für befondere Lustbarkeiten (theatralische Vorstellungen, Zirkusse usw.) auf 1—50 Mk., bei solchen außergewöhnlichen Umfanges auf 300 Mk. zu erhöhen. Bisher betrug die Abgabe 25 Psg. bis 20 Mk. Beim Spielen mit einem geladenen Revolver hat am Sonnabend in Oelsnitz i. V. der 18jährige Musikschüler Anto» HufSky den ebenfalls 18jähngen Kameraden Felix Hoy aus Jägersgrü» erschossen. Huy wurde die Halsschlagader durchbohrt, sodaß er sich verblutete, bevor ärztliche Hilfe herbeikam. Der unglückliche Schütze wurde wegen fahrlässiger Tötuug verhaftet. Als iu Friesen bei Reichenbach die Beerdigung eines vier Jahre alten KiudrS der Familie Mertel statlfasd, kam auf der von Greiz »ach Reichenbach führende» Land straße eiu Automobil «»gesaust. Die Pferde des Leichen- wagens wurde« unruhig und wollte» durchgehen. Bei den Bemühvuge», die Pferde zu bändigen, stürzte der Wagen um. Die J»saffe», Herr und Frau Merkel, kamen mit dem Schrecke« davon, der Kutscher erlitt aber iuuere Verletzungen. Da der Wage» beschädigt u»d die Deichsel gebrochen war, mußte eiu anderer Lelche»wageu geholt werden. Dan» erst konnte die Beerdigung stattfinden. Ter Sarg ist bei dem Sturze nicht au» dem Wagen ge- fallen, weil die Türe fest verschläfst» war und tue GlaS- feuster nicht zertrümmert worden find. Ein schweres Automobiluuglück ereignete sich Donners tag abend in Grünwald bei Gablosz. Kurz nach 6 Uhr kam iu der Richtung von Gablonz »ach Reichen berg i. B. ein mit zwei Chauffeuren besetztes Automobil aus Reichenberg durch Grünwald. In der Nähr deS Postamtes bemerkten die beiden Jusasseu des Kraftwagen» einen alten Manu auf der Straße. Dieser war offenbar im Begriffe, die Straße zu übersetzen. Die Insassen deS Wagens gaben die notwendigen Signale, der alte Mann wurde dadurch aber scheinbar verwirrt und wich nicht aus, so daß er vom Automobil überfahre» und auf der Stelle getötet wurde. Der Verunglückte, »amens Ulbrich, 70 Jahre alt, war früher Straßenarbeiter in Gablonz und erwarb sich in der letzten Zeit seiue» Lebensunterhalt durch Drehorgelspielen. Dev Mädchenrarrb in Lalerms. Vor einigen Jahren zog aus Vicenza nach Palermo der Norditaliener Zocchi mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, Regina und Annetta, im Alter von 17 und 16 Jahren. Er eröffnete eine Milchhandlung, und weil er ein tüchtiger und ehrlicher Mann war — Eigenschaften, die dort unten nicht besonders häufig anzutreffen sind — machte er glänzende Geschäfte und aalt im Stadtviertel als reicher Mann. Vor einiger Zeit trat er in Geschäftsverbindung mit den Marmor händlern Gebrüder Giuseppe uud Domenico Bilecci und lieh ihnen zum Bau eines Hauses 10000 Lire. Di« Rückerstattung des Geldes ließ aber sehr auf sich warten, die Brüder blieben gegen alle Mahnungen hart wie Marmor, oder sie suchten allerlei Ausflüchte. Da ver langte der Gläubiger eines Tages kurz und bündig Garantie für die geliehene Summe durch eine Hypothek auf daS neue HauS. In solcher Not reiste in dem