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No. 30. PAPIER-ZEITUNG. 755 haber der Leipziger Anstalt thätigen Antheil genommen hat. Freilich lassen sich auch gewichtige Bedenken dagegen geltend machen. Mit einem gewissen Rechte kann derjenige Fabrikant, welcher sorglich jede Holzschliffspur in seinem holzfreien Papiere vermeidet, verlangen, dass man nur seine Waare für holzfrei anerkennt, im Gegensätze zu dem Fabri kanten, welcher mit Aufwendung viel geringerer Sorgfalt und Arbeitszeit unter viel mangelhafterer Rohstoff-Sortirung oder Reinigung seiner Geräthe gearbeitet hat. — Dagegen lässt sich wieder mit Recht sagen, dass einzelne Spuren verholzter Zellen selbst in Papieren aus sonst reinen Faserstoffen nicht immer ganz zu vermeiden sind, und dass so geringe Mengen die Waare kaum worthloser machen. Es mag nicht leicht sein, die Grenze des Zu lässigen zu linden, und bei Prozessen wird es wohl dem Urtheil des be treffenden Sachverständigen anheimzustellen sein, ob die Menge des Holz schliffgehalts so gross ist, dass sie die Güte des Papiers und den Werth desselben wesentlich beeinträchtigt. (Fortsetzung folgt.) Gewinnbetheiligung in der Papier-Industrie. (Schluss zu Nr. 29) Georg Adler, Buchholz. Diese mit einer Stein- und Kunst druckerei verbundene sächsische Pappenfabrik beschäftigte 1885 rund 280 Männer und 30 Frauen. Je nach der Beschaffenheit der ver wendeten Rohstoffe verschlingen die Löhne ein Fünftel bis ein Drittel der Herstellungskosten. Der Gewinnantheil ist nicht vorausbestimmt, sondern richtet sich nach dem Jahreserträgniss der Firma. Der An theil jedes Angestellten wird alljährlich auf dessen Namen in die städtische Sparkasse eingelegt, damit sieh ein Nothpfennig für’s Alter ansammle; deshalb darf die Einlage nicht herausgenommen werden, solange der Berechtigte im Dienst der Firma steht. Um antheil- berechtigt zu sein, müssen männliche Arbeiter seit einem Jahr, weib liche seit drei Jahren im Hause gearbeitet haben. Herr Adler hat für sein Personal noch verschiedene andere Wohlfahrtseinrichtungen getroffen und konnte nach achtjähriger Erfahrung schreiben: Mein System hat auf Charakter und Geist der Leute günstigen Einfluss ausgeübt. Sie haben jetzt eine höhere Auffassung von ihrer Stellung, arbeiten mit Eifer und Vergnügen und legen eine grosse Anhänglich keit für’s Geschäft an den Tag. Sie weisen die Angriffe der Sozial demokraten auf meine Einrichtungen entschieden zurück und erklären aus eigenem Antriebe öffentlich, mit den Aufwieglern durchaus nichts zu thun haben zu wollen. Die Arbeiter dieser Firma sind wegen ihrer Sparsamkeit und ihres musterhaften Betragens bekannt. Schlögl in ühl - Papierfabrik« - A k tiengesel 1 schäft. Diese hervorragende österreichische Firma, welche ungefähr SOO Personen beschäftigt, bedenkt jene Beamten und Arbeiter, welche die Erzeugung beeinflussen können, mit einem dem Geschäftsgänge angemessenen Theil des Jahresgewinnes. Die Grösse des Antheils jedes Einzelnen wird von der Geschäftsleitung auf Grund seiner Tüchtigkeit, der Höhe seiner festen Bezüge und der Länge seiner Dienstzeit (ein Jahr ist das Mindeste) bestimmt. Der Gewinnantheil des Personals bewegt sich zwischen 15 000 und 25 000 Gulden. Die Gesellschaft macht sehr gute Geschäfte. Thomas Bushill & Sons, Coventry, beschäftigen ISO Per sonen, die fast alle der Krankenkasse des Hauses angehören. Im Oktober 1888 führte diese englische Firma die Gewinntheilung ein. Was nach Abzug einer dauernd bestimmten Reservegrenze« vom Reinerträgniss übrig bleibt, wird zu gleichen Theilen zwischen der Unternehmung und dem Personal getheilt. Antheilberechtigt sind alle Mitgliedei' des letzteren, die sich der Krankenkasse angeschlossen haben und seit mindestens einem Jahre im Hause thätig sind. Die Antheile werden zur Hälfte baar ausgezahlt, während die andere Hälfte in einen Versorgungsfond fliesst, welcher 4 pCt. Zinsen gewählt. Hepburn & Co., Cullompton, eine zweite englische Papier fabrik, hat die Gewinnbetheiligung erst 1889 eingeführt, vertheilt den Ueberschuss ebenfalls nur halb in Baarem und weist das Ucbrige einer Versorgungskasse zu. Das Personal umfasst 170 Mann. Die pennsylvanische Papierfabrik Westmoreland Paper Com pany gehört zu den jüngsten Gewinntheilungsfirmen; sie übt das neue System erst seit 1890. Die Thode’schen Papierfabriken in Hainsberg bei Dres den gewährten früher einem kleinen Kein ihrer Angestellten einen geregelten Gewinnantheil und wandten weitere 2 bis 3 pCt. des Reingewinnes an Sonder-Entlohnungen für eine Anzahl der nicht betheiligten Arbeiter. Der Versuch, diese Entlohnungen auf viele auszudehnen, führte zu Eifersüchteleien, auch wurde von den dar- gebotenen Spargelegenheiten kein Gebrauch gemacht, und als die Firma einen Theil der Entlohnungen zurückzubehalten begann, um einen obligatorischen Sparfonds zu schaffen, wollte das sozialistisch gesinnte Personal nichts davon wissen. Die Unternehmung gab nun ihr Gewinnbetheiligungs- und Entlohnungssystem auf und erhöhte die Löhne. Die schon früher geübte Gepflogenheit, Quantitätsprämien zu zahlen, ist beibehalten worden. L. Gastö (M. GaraudS), Paris. Diese Firma hat bewiesen, dass nicht nur in Häusern mit grossem, sondern auch in solchen mit kleinem Personal die Gewinnbetheiligung mit Erfolg durchführbar ist. Herr De Courcy, ein hervorragender Verfechter des Betheiligungs gedankens, veranlasste 1871 Herrn Gaste, der mit dem Dutzend Ar beiter, die er damals beschäftigte, seit längerer Zeit Unannehmlich keiten gehabt hatte, zur Einführung des Betheiligungssystems. Das Geschäft, in erster Linie eine Geschäftsbücherfabrik, ist mit Litho graphie und Kupferstecherei verbunden. Das Personal zählt gegen wärtig rund 30 Mann, alle ziemlich intelligent und imstande, die Be deutung der neuen Einrichtung zu würdigen, welche durch den Spar zwang, den sie ausübt, die Zukunft der Betreffenden einigermaassen sicherstellt. Einjährige Dienstzeit berechtigt zu einem Antheil am Geschäfts gewinn nach Maassgabe der Höhe der festen Bezüge; doch erhält jeder Aufseher einen doppelten, der oberste Beamte einen dreifachen Antheil. Der Gewinnantheil des Personals beträgt ein Drittel des nach Dotirung des Reservefonds übrig bleibenden Geschäftserträg nisses. In schlechten Jahren ist übrigens der Reservefonds behufs Vertheilung grösserer Beträge unter die Angestellten in Anspruch genommen worden. In Baarem wird nichts ausgezahlt, vielmehr er folgt Gutschrift nebst Verzinsung. Erst nach Zurücklegung von 60 Lebens- oder 20 Dienstjahren kann man sein angesammeltes Gut haben beziehen, und zwar nach Belieben in Baargeld, Staatspapieren oder Eisenbahnprioritäten; auch kann das Kapital auf Wunsch zu gunsten der Erben in Verwaltung der Firma bleiben. Wird jemand dauernd arbeitsunfähig, so steht ihm jederzeit sein ganzes Kapital zur Verfügung. Stirbt ein Betheiligter vor Ablauf der vorgeschriebenen Bezugsfrist, so erhalten die Hinterbliebenen sofort das gesammte Guthaben. Wer ohne sein Verschulden aus dem Dienste entlassen wird, oder zum Heer einrücken muss, bekommt, je nach Umständen, sein Guthaben ganz oder theilweise herausgezahlt; wer aber freiwillig austritt oder wegen Untüchtigkeit oder Unsittlichkeit weggeschickt wird, verliert jeden Anspruch. Ein aus fünf Mitgliedern bestehender »berathender Ausschuss geht dem Direktor bei Anwendung des Be- theiligungsverfahrens an die Hand und prüft die Jahresabschlüsse auf ihre Richtigkeit. In den fünf ersten Jahren gelangten insgesammt etwas über 20 000 Franken zur Gutschrift. Von 1871 bis 1881 schwankte das perzentuale Verhältniss der Antheile zum Lohn zwischen 5% (1872/3) und 171/3 (1878/9). Von 1871 bis 1876 wurde für Rechnung ver storbener, entlassener oder einberufener Angestellter rund ein Siebentel der Gewinnantheile baar ausgezahlt, sodass 17 258 Franken bei der Allgemeinen Versicherungsanstalt, deren Leiter de Courcy war, zinstragend angelegt blieben. De ( ourcy schrieb später: »Herr Gaste besuchte mich, um mir für den Rath, die Gewinntheilung einzuführen, zu danken. Bei dieser Gelegenheit sagte er: »Es hat den Anschein, als ob ich sehr freigebig wäre, aber dem ist nicht so, denn das Gewinndrittel, welches ich dem Personal abtrete, bringt dieses mir durch tüchtige Leistungen, Fleiss, Materialersparniss, Streikfreiheit und andere Vortheile reichlich wieder ein.« Als bemerkenswerthes Beispiel führte er an, dass in seiner lithographischen Abtheilung keine Steine mehr gebrochen werden, während ihrer vor der Annahme des Gewinnbetheiligungsplanes viele in Trümmer gingen. Ein solcher Stein ist etwa 24 Franken werth, und Gaste hörte einmal einen seiner Arbeiter zu einem anderen sagen: Pass auf und zerbrich den Stein nicht! Er kostet uns 8 Franken!« Für den Fall seines Todes hatte Gaste bestimmt, dass das Per sonal unter seinem Nachfolger — d. h. wenn dieser überhaupt Lust hätte, die Gewinntheilung beizubehalten — die Wahl haben sollte zwischen der Fortsetzung des seitherigen Systems und der A ustheilung der angesammelten Guthaben. Er starb 1878, und der neue Geschäfts inhaber, Marcet Garaude, einigte sich mit den Angestellten dahin, dass alles beim Alten bliebe, und noch jetzt sind beide Parteien von den Ergebnissen befriedigt. Der Unternehmer hob als Vorzüge des Systems im Jahre 1886 Folgendes hervor: »Seelenruhe für Arbeitgeber und Personal, vortreffliche Beziehungen beider, und tadellose Leistungen.« Die Samuel Crump Label Company in Montclair (Nord amerika), welche Etiketten-Fabrikation im Grossen betreibt und 230 Angestellte hat, erzeugte 1887 etwa 273 Millionen Etiketten. Am 1. Juli des genannten Jahres kündigte die Firma an, dass sie künftig alle ihre Untergebenen, welche seit mindestens einem Jahre in ihrem Dienste stehen, mit 10 pCt. am Reingewinn betheiligen wolle: Papier arbeiter, Zeichner, Farbenreiber, Zerschneider, Kupferstecher, Stereoty peure und Verkäufer, alle ohne Unterschied des Geschlechts. Nach Ablauf des ersten Halbjahres erhielten die 161 damals Berechtigten den ersten Antheil zur Hälfte ausgezahlt, die andere Hälfte empfingen sie sechs Monate später, und Herr Crump ermahnte sie, dieses Geld zu sparen und fruchtbringend anzulegen. Bei der Vertheilung im Januar 1888 sagte er zu den Leuten u. a. Folgendes: