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6 82 PAPIER-ZEITUNG. Papiermac her-Berufsgeno ssenschaft. Bekanntmachung. Wir beehren uns, die Mitglieder der Sektion X unserer Berufs genossenschaft zu einer Sektions-Versammlung auf Dienstag, 21. April 1891, nachmittags 2 Uhr, ergebenst einzuladen. Dieselbe findet statt in dem Amtslokale Berlin C., An der Stadtbahn 36 II, Ecke Kaiser Wilhelm-Strasse. TAGES-ORDNUNG: 1. Geschäftsbericht, Prüfung und Abnahme des Rechenschafts berichtes über die Sektions-Ausgaben für das Jahr 1890. 2. Feststellung des Etats pro 1892. 3. Wahl einer Prüfungs-Kommission für das Rechnungsjahr 1891. 4. Wald von Delegirten zur Genossenschafts-Versammlung. 5. Wahl für die Ende 1891 aus dem Vorstande ausscheidenden Herren Carl Marggraff und Rudolf Steimmig und deren Stell vertreter Herren Paul Ebart und Gustav Schottier auf die Amts periode vom 1. Januar 1892 bis Ende 1893. 6. Wahl der Vertrauensmänner und deren Stellvertreter auf die Zeit vom 1. Januar 1892 bis 31. Dezember 1893. 7. Neuwahl für den am 1. Oktober 1891 aus der Zahl der Betriebs unternehmer ausscheidenden 11. Beisitzer beim Schiedsgericht Herrn Wilhelm Ebart, und dessen Stellvertreter, der Herren G. Lask und Berthold Loewy, auf die Dauer vom 1. Oktober 1891 bis 30. September 1893. 8. Geschäftliches. Die Mitglieder der Sektion können sich in der Versammlung durch stimmberechtigte Berufsgenossen der Sektion oder bevoll mächtigte Leiter ihrer Betriebe vertreten lassen. Berlin, 25. März 1891. Der Vorstand der Sektion X der Papiermacher- Berufsgenossenschaft gez. Marggraff, Vorsitzender. Gefärbter Sulfitzellstoff. In Nr. 23 der Papier-Zeitung wird auf röthlichen gefärbten Sulfit zellstoff aufmerksam gemacht und der Grund der Färbung in Anilinzusatz oder Eisengehalt gesucht. Wenn zugegeben wird, dass der Sulfitstoff mangelhaft gekocht ist, d. h. dass das Holz nicht alle Inkrustations stoffe abgegeben hat, so dürfte sich die röthliche Farbe wie folgt er klären lassen: Von den ‘ vielen Reagentien, welche Holzschliff für sich oder im Papier nachweisen, wird bei Phloroglucin immer hervor gehoben, dass dieses auch den Sulfitstoff röthlich färbe, wenn der Stoff nicht vollständig aufgeschlossen ist. Verdünnte Salpetersäure lässt sich zum Nachweisen des Holzschliffs sowie schlecht gekochten Sulfitstoffs verwenden; dieselbe färbt bräunlich-roth bis dunkelviolett, je nachdem weniger oder mehr Inkrustationsstoffe da sind. Es handelt sich nun nur noch darum: Wie kommt dieser Sulfit stoff mit Salpetersäure zusammen? Wenn der Stoff durch die Bahn bezogen wurde, ist, da die Mittheilung aus Oesterreich stammt, leicht der Grund hierfür zu finden. Oesterreich hat bedeutenden Vieh-Ex-! port, und sehr viel Vieh wird in geschlossenen Wagen befördert. Wurde nun besagter Sulfitstoff in einem Wagen verfrachtet, der mangel- haft gereinigt war und bei dem die Holztheile des Bodens mit dem Ham der Thiere durchdrungen waren, so bilden sich aus den Salzen des Harns unter anderen Umsetzungen auch salpetrigsaures und salpetersaures Ammoniak. Die Bestandtheile dieser Salze sind zuerst flüchtig und werden, wenn fertig gebildet, von der Feuchtig keit der Luft aufgenommen und durch diese weiter verbreitet. Be findet sich nun Sulfitstoff einige Zeit in dem Bahnwagen, so durch dringt die salpetrig- und salpetersaures Ammoniak enthaltende Luft auch die Rollen des Sulfitstoffs, und die Salze werden von diesem aufge nommen. Wird also der Transport des Sulfitstoffes in den beschriebenen Wagen zugegeben, so ist die Bildung von Salpetersäure leicht erklärlich. Schlecht aufgeschlossener Sulfitstoff ist meist eben so schlecht ausgewaschen und enthält sauren schwefligsauren Kalk beigemengt. Kommt dieser mit dem salpetersauren Ammoniak zusammen, so findet auch Bildung von Salpetersäure statt, die erst frei, später aber gebunden als Salz vorhanden ist, wenn nicht durch Ueber- schuss von saurem schwefligsaurem Kalk weitere Umsetzung statt findet. Für die rothe Färbung der Inkrustationsstoffe im Sulfit stoff reichen nur Spuren der Säure hin, da in statu nascendi alle diese Stoffe weit entschiedener und kräftiger wirken, als wenn sie fertig gebildet angewendet werden. Wird der Nachweis des Holz schliffes mit fertiger Salpetersäure zu liefern gesucht, so wird die Farbe selbst bei konzentrirter Säure niemals diese Intensität erhalten. Es erklärt sich dadurch auch, dass Alkohol nicht einmal Spuren aus zuziehen vermochte. Die Farbe war nur in so geringer Menge da, dass die Faser sie weit mehr festhielt als die Aufnahmefähigkeit für Spiritus ist, während das Minimum genügte, um die Farbe möglichst stark gefärbt erscheinen zu lassen. Ob die mit Salpetersäure erzeugte No. 27. rothbraune Farbe mit Anilin in irgendwelcher Beziehung steht, soll unbeachtet bleiben, jedenfalls aber haben beide die gleiche geringe Lichtbeständigkeit mit einander gemeinsam; beide Farben verblassen, wenn sie dem Licht ausgesetzt werden. Noch soll bemerkt werden, dass Holz, welches in frisch bereitete und von Wasser absorbirte salpetrige Säure einige Augenblicke ge taucht wurde, die gleiche röthliche Farbe annahm wie in Salpeter säure. Da es jedoch sehr schwer hält, salpetrige Säure rein zu erhalten, ohne dass dieselbe in Salpetersäure übergeht, so ist auch anzunehmen, dass Salpetersäure die Färbung verursacht. Schon die Einwirkung des Holzes auf die salpetrige Säure kann die Umwand lung in Salpetersäure verursachen. Ob besagte Punkte bei dem bezeichneten Sulfitstoff zutreffen, konnte nicht ermittelt werden. Anstelle des Bahntransportes oder längeren Liegens in einem verjauchten Eisenbahnwagen genügt es auch, dass der Sulfitzellstoff in der Nähe eines Stalles gelagert hat. Auch hier bildet sich salpetrigsaures Ammoniak, welches in einem verschlossenen Raume die Rollen durchdringt. Wenn die besagte Erscheinung sich im Sommer gezeigt hätte, könnte man auch annehmen, dass eine Haut röthlich gefärbter Algen die Oberfläche des Sulfitstoffes überzog. Hier müsste sich durch das Mikroskop Gewissheit verschaffen lassen. Nachdem vorstehende Mittheilung schon fertig war, erhielt ich besagte Proben, welche einen schwach röthlich violetten Schein hatten’. Mit Salpetersäure auf Holzschliff bezw. auf die Inkrustations stoffe des Holzes geprüft, färbte sich die damit befeuchtete Stelle stark rothbraun, mit Phloroglucin dagegen violett, und beim Er wärmen wurde die Probe dunkelviolett. Hierdurch ist der Beweis er bracht, dass der Sulfitstoff nicht vollständig aufgeschlossen war. Als Gegenbeweis wurde ein als gut bekannter Sulfitstoff mit Salpeter säure geprüft, und die Faser erfuhr keine Färbung. Mit Phloroglucin war die Färbung nur ganz schwach und unbedeutend auf kaltem wie auf warmem Wege. Diese Reaktion gab ungebleichter Sulfitstoff, der gleiche Stoff, gebleicht, färbte sich weder mit Salpetersäure noch mit Phloroglucin. Dass die ungebleichte Probe noch schwach reagirte, kann auch am Auswaschen des Stoffes liegen, welches nicht genügend war. Im gebleichten Stoff waren alle färbenden Substanzen unschädlich gemacht oder beseitigt, weshalb sieh die Faser auch nicht mehr färbte. Um die Richtigkeit der aufgestellten Angaben betreffs der röth lichen Färbung des Sulfitstoffes zu erweisen, wurde ein grösseres Stück der Probe mit stark verdünnter Salpetersäure getränkt. Zuerst verschwand die röthliche Färbung des Stoffes; nach dem Verdunsten des Wassers, wodurch die Salpetersäure konzentrirt wurde, färbte sich die Probe auch wieder röthlich mit etwas hellerem Scheine, da hier die Farbe nicht durch die in statu nascendi gebildete Salpeter säure entstand. M . . . Aus Oesterreich. In Nr. 23 erschien ein Artikel aus Oesterreich »Gefärbter Sulfitstoff, welchem sich in Nr. 25 eine Mittheilung über das gleiche Thema .anschloss, und der noch zu vielen Erörterungen Anlass geben dürfte. Die darin aufgestellte Behauptung des Einsenders, dass eine Färbung des Zellstoffes durch Anilinviolett vorliege, und dass dieselbe absichtlich er folgt sei, möchte ich sehr bezweifeln. Ich bin eher der Ansicht, dass das Roth- werden des Zellstoffs in der Anwesenheit von organischen Säuren zu suchen ist. Auch ich fabrizire für meinen eigenen Bedarf Sulfitstoff und erhielt auch hie und da Kochungen, welche nach Verarbeitung zullalbstoff violett- rothe Färbung annahmen. Dass dabei keine Anilinfarben verwendet waren, versteht sich von selbst, da man sich für eigenen Bedarf nicht mit solchen Dingen abgiebt. Bei der ferneren Verarbeitung dieses roth gewordenen Zellstoffs ent standen erhebliche Schwierigkeiten. Ganz besonders erlitt er rasch inten sivere Färbung durch Zusatz von Alaun im Holländer. Die Röthe kam auch stark in den Papieren zum Vorschein, nicht als schönes reines Roth, sondern als trübes. Boi der Untersuchung des Stoffes mit Rhodankalium, Schwefelammonium usw. auf Eisen fand ich nur Spuren vor. Betupfte ich den Stoff mit Chlor wasser, so verschwand auch die Röthe, und auch im gebleichten nämlichen Stoffe war dann keine Spur von derselben zu entdecken. Höchst charakte ristisch ist auch der Umstand, dass dieser Missstand nur zeitweise auftritt. 10-12 und mehr Kochungen sind frei von allem Uebel, dann erscheint dasselbe urplötzlich, um dann sofort wieder zu verschwinden. Die Menge des Kalkgehaltes der Lauge ist genügend und immer gleich. Das Kochen wird seit langer Zeit genau gleichmässig ausgeführt, und auch an den Kocherlaugen und den dazu angewendeten Chemikalien ist noch nichts geändert worden. Das Holz ist nur Fichtenholz von allerbester Qualität. Der Aufsatz des Herrn Dr. Buddeus hat mich sehr interessirt, ins besondere der Nachweis über das Vorhandensein des Pyrrols in den Kocher ablaugen, woraus es annehmbar erscheint, dass man die Röthung diesem Umstand zuschreiben darf. Ob aber diese Vermuthung auf Thatsachen beruht, müsste erst des Näheren erörtert werden, denn es ist von allgemeinem Interesse, diesem Uebel steuern zu können. M.