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730 PAPIER-ZEITUNG. No. 29. Internationale Ausstellung der Papier- und Buch gewerbe in London. Berichte englischer Zeitschriften und persönliche Mittheilungen von Augenzeugen bestätigen die in Nr. 27 enthaltene Nachricht, dass die »internationale Londoner Fach-Ausstellung weit entfernt war, ein anschauliches Bild von den gegenwärtigen Leistungen des Papier- und Buchgewerbes zu geben. Am interessantesten war noch die Abtheilung für Buchdruck. Hier sah man, wie in Nr. 27 bereits er wähnt, die grosse Matrizen-Setzmaschine Linotype, ferner die Setz maschinen von Winder und Thorne und eine Vielfarben-Druckmaschine von Oldfield. Wezel & Naumann-Leipzig hatten ihre Zinkplatten mit Lithographiestein-Schicht ausgestellt, die Aktiengesellschaft für Kar- tonnagen-Industrie zeigte Proben ihrer Pappschachteln und -Kästen mit Blechkantensteifung, und die Londoner Vertreter deutscher Schrift giessereien und Maschinenfabriken, darunter Wesselhoeft und Schilling & Co., führten die neuesten Erzeugnisse der von ihnen vertretenen Firmen vor. The Paper Trade Review, der wir vorstehende Ergänzung ent nehmen, enthält sich kritischer Bemerkungen; The British and Colo nial Printer and Stationer dagegen giesst eine volle Schaale bittern Hohns über die Ausstellung aus. Das Blatt sagt: »Einige Aussteller behaupten zwar, Aufträge erhalten zu haben; das kann aber nur in geringem Umfange der Fall sein. Andere gestehen rückhaltlos ein, dass ihnen nicht eine einzige Bestellung zugegangen sei und machen aus ihrer Unbefriedigung kein Hehl.« Das genannte Blatt fällt auch ungünstige Urtheile über Aeusser- lichkeiten der Ausstellung. Man hatte auf Anbringung von Deko rationen, die auch einer Ausstellung rein technischer Erzeugnisse das Nüchterne und Unfreundliche nehmen und ein harmonisches Gesammtbild schaffen können, verzichtet. Der Besucher sah daher nur nackte Wände, schmucklose Säulen, leere Galerieen, und empfing einen trostlosen Eindruck, der durch Haufen zerbrochener Glasflaschen, durch Schiessbuden und andre Veranstaltungen zur Volksbelustigung nicht gehoben werden konnte. Angesichts dieser Erfahrungen hält das Blatt den am 25. März gefassten Beschluss des Komitees, eine alljährliche Wiederholung der Ausstellung vorzubereiten, für eben so unklug wie aussichtslos. Krisis in der Zellstof-Industrie. Die kritische Lage der Zellstoff-Industrie, welche der Aufsatz »Zellstoff« in Nr. 28 schildert, wird durch die Nachricht bestätigt, dass die nach dem Ritter-Kellner-Verfahren arbeitende Sulfit-Zellstoff- fabrik Lomna in Galizien den Betrieb eingestellt hat. Wie das Centralbl. f. d. öst.-ung. P.-Ind. meldet, wurde der Besitzer der Fabrik, der Herzog von Parma, durch die hohen Preise der Rohstoffe und die gesunkenen Preise des Zellstoffs hierzu veranlasst. Nach derselben Quelle sind in den letzten Jahren in Oesterreich zahlreiche Fabriken neu errichtet worden, und noch jetzt sind mehrere solcher Anlagen in Bau. »Im laufenden Jahre ist bereits eine Zellstoff-Fabrik (Niklasdorf) in Be trieb gekommen, eine grosse Fabrik in Böhmen steht unmittelbar vor der Betriebseröffnung, 4 Fabriken, eine in Oberösterreich, 2 in Kärnten und eine in Siebenbürgen sollen ebenfalls noch im Jahre 1891 zu arbeiten anfangen und schliesslich soll in Hailein mit dem Bau einer Monstrefabrik demnächst begonnen werden.« Die Preise für römischen Schwefel stiegen in Oesterreich seit Januar dieses Jahres von 5 auf 71/2 Gulden, und der Doppelzentner Zellstoff wurde demgemäss um 40 bis 45 Kreuzer (etwa 80 Pf.) theurer. Leimschwäche bei gelagertem Papier. (Zu Papier-Zeitung Nr. 23, Seite 578.') Seit mehr als 45 Jahren habe ich mich mit Harz-Leimung von Maschinen papier in den verschiedensten Gegenden Deutschlands und mit den verschiedensten Wässern beschäftigt. Ich arbeitete längere Zeit mit beinahe chemisch-reinem, dann wieder beinahe 12 Jahre mit sehr unreinem Wasser, welches durch Sümpfe lief, im Sommer bei niedrigem Stande das Aussehen von dünnem Kaffee hatte und nur einer sehr obertlächlichen mechanischen Reinigung unter zogen werden konnte. Ich habe mit Brunnen- und artesischem Wasser gearbeitet, mit letzterem über 20 Jahre lang. In all dieser Zeit habe ich gefunden, dass die verschiedenen Wässer keinen unbedingt schädlichen Ein fluss auf die volle vegetabilische Leimung haben. Viele Papierfabrikanten waren von dem üblen Einfluss ihres schlechten Fabrikationswassers so durchdrungen, da-s sie nicht erlauben wollten, auch nur den leisesten Versuch mit Harz-Leimung zu machen. Ich war öfters gezwungen, gegen Wissen und Willen derselben die Leimung auszuführen, was in den meisten Fällen glänzend gelang Das Erstaunen war nachher gross, und meist zeigte sich auch eine gewisse Beschämung. Harzleim zersetzt sich sogleich, [wenn er mit Wasser in Berührung kommt, welches nicht ganz neutral ist, oder auch säuerlich wirkt. Der Stoff im Holländer ist selten neutral, meist etwas sauer, theils durch das Wasser, theils durch Rückwirkung der verwendeten Chemikalien. Um nun stets sicher zu gehen, untersuchte ich den zu leimenden Stoff mit Lackmus papier, welches gewöhnlich einen etwas säuern Zustand nachwies, und setzte dann zur Herstellung eines neutralen Zustandes eine entsprechende Menge krystallisirter Soda zu. Nun war der Stoff leimfähig. Der Leim wurde dem beinahe fertig gemahlenen Stoff eine halbe Stunde vor dem Ablassen unter stetem Umrühren zugesetzt, und 10 Minuten später folgte das Nieder schlags-Mittel in solchem Ueberschuss, dass die geleimte Masse schwach sauer reagirte. Bei der Neutralisirung zeigten sich allerlei Farben, die bei Sumpfwasser bräunlich, bei eisenhaltigem gelblich erschienen. Man darf sich dadurch indess nicht beirren lassen, denn nachdem das Niederschlags mittel in Ueberschuss zugesetzt worden, tritt die frühere Farbe wieder ein. Im Anfang der 50er Jahre hatte ich einen Schüler, dessen väterliche Fabrik mit hellbraunem Wasser eines Sumpfflusses gesegnet war, von dem behauptet wurde, dass sich mit demselben kein vegetabilisch geleimtes Papier herstellen lasse. Plötzlich erkrankte der Leiter der Fabrik, so dass er seinem Amte nicht vorstehen konnte. Mein Schüler musste nach Hause, und da eben geleimtes Papier gemacht werden sollte, so war er in tausend Aengsten. Ich beruhigte ihn und gab ihm auf, ganz nach meinem Verfahren zu arbeiten. Gegen alle Erwartung gelang die Leimung vollkommen, ebenso die folgenden. Meine Erfahrungen decken sich ganz mit den in Nr. 23 angeführten That- sachen, dass das Papier trotz des angeblich unsichern Fabrikationswassers stets vollgeleimt war. Das Wasser ist also nicht an der Leimschwachheit an verschiedenen Stellen des Papierbogens schuld. Es ist nicht anzunehmen, dass die sich auf dem Metalltuch aus dem flüssigen Stoffe bildende Papierbahn an verschiedenen Stellen mehr oder weniger geleimt wird. Die Papierbahn kommt zwar gleichmässig geleimt zur Gautschpresse, den folgenden Pressen und den Trockenzylindern; auf diesem Wege kann aber durch ungleiche Beschaffenheit der Filze an verschiedenen Stellen eine grössere oder geringere Pressung stattfinden, wodurch nasse Stellen entstehen, die später trocknen als die anderen und dadurch eine Verschiebung der Textur erhalten. Jeder Fabrikant wird wissen, dass ein Tropfen Wasser, der vor dem Trockenzylinder auf die Papierbahn fällt, die selbe entweder durchschlägt oder darauf hängen bleibt. Diese Stelle trocknet weniger rasch als die andern, ist beim Abgang von den Trockenzylindern fast ganz ungeleimt, und hat eine andere Durchsicht. Woher die geringere Leimung kommt, ist noch nicht aufgeklärt, da man doch nicht annehmen kann, dass dieser Tropfen den sonst im Wasser unlöslichen Leimniederschlag beinahe auswäscht. Es ist ferner bekannt, dass die Trockenfilze, selbst die besten, nach längerem Gebrauch Stellen bekommen, die das vollständige gleichmässige Trocknen nicht zulassen, sondern nasse Streifen bilden, die man deutlich nach dem nächsten Trockenzylinder laufen sieht, wo sie dann bald trocknen. Diese Stellen halten die Tinte bedeutend weniger, als die übrigen. Sie kommen meist an den Rändern vor und da, wo die Filze zusammengesetzt sind, zeigen auch gegenüber den gesunden Stellen ver schiedenes Aussehen; die Durchsicht ist anders und die Färbung verändert. Das in Rede stehende Papier ist bei der Fabrikation halbstündlich mit scharfer säurehaltiger Tinte geprüft und als vollgeleimt erkannt worden. Das Niederschlagsmittel war im Ueberschuss angewendet, der Stoff war also sauer. Säuren stossen sich ab wie gleiche Elektrizitäten. Nach längerer Lagerung in feuchten Räumen haben sich verschiedene Lagen, besonders auch einzelne Stellen in einzelnen Bogen, als weniger fest geleimt heraus gestellt. Es ist nicht gut möglich, dass das Papier bei sonst gleicher Be schaffenheit an einzelnen Stellen in einzelnen Bogen mehr Feuchtigkeit hätte aufnehmen sollen als an anderen. Die leimschwachen Stellen sind nach meiner Ansicht vor der Lagerung bereits vorhanden gewesen und bei der halbstünd lichen Prüfung nicht bemerkt worden. Man kann ja allerdings nicht jede Stelle mit Tinte prüfen, sollte aber gleich die ganze Breite der Papierbahn zusammenhängend untersuchen. Hat man die schwachen Stellen entdeckt, so kann man für deren Abstellung sorgen. Die Prüfung des Papiers fand auch nach der Lagerung mit derselben scharfen säurehaltigen Tinte statt, und da die Leimung, wie bereits erwähnt, mit Ueberschuss des Niederschlags mittels stattgefunden hatte, war dieser Ueberschuss bei den Stellen, die sich weniger leimfest zeigten, nicht mehr vorhanden, musste also neutralisirt worden sein. Die schlechten Stellen in den Trockenfilzen waren wahrschein lich in faulendem Zustande und deshalb alkalisch, und es ist leicht möglich, dass durch Berührung dieser Stellen mit dem nassen Papier die Leimung neutralisirt worden ist, dass sie deshalb die säurehaltige scharfe Tinte nicht zu halten vermochte, und letztere durchschlug. Alter Papiermacher. Wenn Harz mit alkalischer Flüssigkeit benetzt wird, stösst es Wasser nicht mehr ab, lässt also auch Tinte zutreten und ins Papier dringen. D. Red. Sulfitstoff- Statistik. Nach Berechnung des Vorsitzenden des Aufsichtsrathes des Ver eins für Zellstoff-Industrie, des Herrn Geh. Oberregierungsrathes Dr. Ernst Engel in Dresden, werden „in Deutschland gegenwärtig in 51 Fabriken etwa 125 bis 150 000 t gleich 2 500 000 bis 3 000 000 Ctr. Sulfitzellstoff erzeugt und davon etwa 100 000 t oder 2 Millionen Ctr. in Deutschland selbst verbraucht. Von erwähnten 51 Fabriken verbrauchen 17 ihren Zellstoff in eigenen Papierfabriken ganz und 15 fast zur Hälfte, sodass 40000 t oder 800 000 Ctr. der Erzeugung dieser 32 Fabriken nicht zum Verkaufe kommen. Es bleiben also etwa 60 000 t oder 1 200 000 Ctr. ans 34 Fabriken für den Verkauf in Deutschland.