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1180 PAPIER-ZEITUNG, bedingungen sollen im Falle eines Prozesses dem Richter als Gutachten vorgelegt werden, und wenn sie vom Papierfabrikanten-Verein und dem Schutzverein angenommen sind, gelten sie dem Richter als maass- gebend. Wir haben heute keine Zeit mehr, um eingehend darüber zu sprechen und müssen die Sache vertagen, oder die einzelnen Punkte müssten aus Kreisen der Papierfabrikanten gleich jetzt be richtigt werden. Die Bestimmung des § 6, dass einzelne Bogen bis lOpCt. im Gewicht nach unten und oben abweichen dürfen, ist unannehmbar. Der Vorsitzende betont, dass die Bedingungen nur als Richt schnur gelten sollen, dass es dem Einzelnen aber unbenommen ist, seinerseits besondere Bedingungen aufzustellen. Weinberg: Wenn ich bestimmte Vereinbarungen treffe, brauche ich diese Bedingungen garnicht. Krause spricht gegen die Annahme der Bedingungen durch den Verein und sagt: Ich bin seit vielen Jahren gerichtlich vereidigter Sachverständiger und würde es sehr begrüssen, wenn etwas vorhanden wäre, worauf der Richter sein Erkenntniss stützen könnte. Ich habe aber auch Kenntniss von vielen Vorkommnissen im Papiergeschäft, die sich mit den vorliegenden Bestimmungen nicht vereinigen lassen. Die Bestimmung des § 11, wonach der Besteller besonderer An fertigungen bis 15 pCt. mehr oder weniger als die gewünschte Menge annehmen soll, lässt sich kaum rechtfertigen. Wer ausgerechnet hat, dass er zu bestimmtem Zweck 100 000 Bogen braucht und diese bestellt hat, kann sich weder mit 85 000 begnügen, noch 115 000 annehmen. Ich würde deshalb eine bindende Erklärung für sehr gefährlich halten. Direktor Heuser stimmt dem zu und beleuchtet die Unrichtig keit dieser Bestimmungen aus seiner Erfahrung als Papier-Verbraucher. Rostoski: Ich muss gestehen, dass ich eine Opposition nicht erwartet hatte. Die Herren sehen die Sache wohl zu tragisch an. Annähernde Bestimmungen giebt es schon lange, und wir sind durch ganz unglaubliche gerichtliche Entscheidungen zu den vorliegenden gekommen. Sie wissen, welche Macht der Richter hat und haben muss. Der Richter ist kein Geschäftsmann, und seine Aussprüche bringen deshalb häufig Härten mit sich. Vorsitzender: Ich halte es nicht für richtig, dass wir für unsre nicht anwesenden 500 Mitglieder so einschneidende Verbind lichkeiten eingehen. Weinberg: Da die Sache für uns noch nicht klar ist, schlage ich vor, heute nicht in die Berathung einzutreten, sondern über die Angelegenheit zur Tagesordnung überzugehen. Es folgt eine Aussprache darüber, ob einfache oder begründete Tagesordnung angenommen werden soll. Zuletzt wird nach Vorschlag von Krause mit Stimmenmehrheit beschlossen: Die Verkaufsbedingungen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten konnten wegen vorgerückter Zeit nicht eingehend erörtert werden. Die General-Versammlung ist aber der Ansicht, dass besonders die §§ 6 und 11 nicht zur Annahme geeignet sind, und geht zur Tagesordnung über. 9. Ausstellungen mit Betrachtnahme ob fachlich, national oder international. Weinberg: Ich habe unsern Vorsitzenden gebeten, diesen Gegenstand auf die Tagesordnung zu stellen. Sie wissen, dass all gemein und namentlich in Berlin davon die Rede ist, ob eine Aus stellung in Berlin abgehalten werden soll und was für eine. Man spricht sich von verschiedenen Seiten für eine solche 1895 oder 96 aus, ist aber noch nicht einig, ob national oder international. Es wäre von grossem Vortheil, wennauch wir ein Urtheil darüber abgeben wollten. Ich bin ausstellungsmüde, und diese Ermüdung theilen Viele mit mir. Man glaubt aber, dass nur durch eine grosse Weltausstellung die einzelnen Staaten und Städte verhindert werden können, kleinere Aus stellungen zu veranstalten. Nur eine internationale Ausstellung kann uns Nutzen bringen, indem sie die überseeischen Käufer darüber be lehrt. was Deutschland leisten kann. Auf der Tagesordnung steht noch fachliche Ausstellung. Ich würde mich gegen jede Fachausstellung aussprechen und wünsche nur eine Ausstellung zu beschicken, die aber ordentlich sein soll, damit der Ruf deutschen Fabrikats, der durch Philadelphia gelitten hat, wieder hergestellt wird. Rostoski theilt mit, dass im Verein Deutscher Papierfabrikanten für die Ausstellung in Chicago keine Stimmung sei, obwohl die Reichs regierung dafür ist. Der Vorsitzende liest die Antwort vor, die der Vorstand des Vereins Deutscher Buntpapier-Fabrikanten ans Königl. Preussische Staatsministerium gerichtet hat. Weinberg weist darauf hin, dass schon jetzt darüber beschlossen werden muss, damit uns andere Länder nicht zuvorkommen. In den jenigen Kreisen, die für international sind, nimmt man an, dass Deutsch land auf der internationalen Ausstellung wahrscheinlich zu 90 pCt. vertreten sein wird, wie Frankreich es in Paris war. Frankreich wird sich sehr besinnen, ob es seinen Patriotismus höher stellt als den mög lichen Gewinn, den eine Betheiligung an der Ausstellung in Berlin bringt. Dio Regierung verhält sich vollständig passiv, sie will erst aus Industriekreisen die Ansichten hören. Wir sind auch dazu berufen, solche abzugeben und dürfen nicht darüber hinweggehen. Krause: Niemand, der die Ausstellung in Paris gesehen hat, wird den Eindruck bekommen haben, dass 90 pCt. Franzosen und nur 10 pCt. Ausländer betheiligt waren. Wer die Bauten der andern Nationen gesehen hat, muss sehr überrascht sein über dieses angeblich statistische Ergebniss. Ich glaube, dass dasselbe nur auf die Zahl der Aussteller Bezug hat, aber nicht auf den Umfang und die Be deutung der Vorführungen. Wenn wir einmal eine Ausstellung machen sollten — im Prinzip bin ich dagegen würde ich für eine inter-nationale sprechen, weil ich die damit verbundene Berührung mit Fremden für viel wesentlicher halte als die Ausstellung selbst. Heuser schliesst sich dem Vorredner vollständig an. Der Vorsitzende fragt, ob die Versammlung überhaupt geneigt ist, der Frage näher zu treten. (Zustimmung.) Der Vorsitzende fragt ferner, ob die Versammlung es für an gemessen erachtet, dass eine Ausstellung stattfinden soll. Weinberg ist allein dafür. Der Vorsitzende fragt weiter: Wofür entscheidet sich die Ver sammlung, für den Fall, dass die Frage von amtlicher Seite angeregt werden sollte? Entscheidung der Versammlung: Für eine internationale. 10. Vorstandswahl. Vorsitzender: Ich muss noch ein Versehen gutmachen. Aus dem Vorstand des Schutzvereins, der aus 3 Mitgliedern besteht, haben 2 Mitglieder auszuscheiden. — Abel und Schröder werden ausgeloost und durch Zuruf wiedergewählt. 11. Wahl des Ortes der nächsten Generalversammlung. Vorsitzender: Köln ist vorgeschlagen und bietet durch seine Lage sowie die zahlreichen Papier-Fabriken des Rheinlands viel An regung. Elberfeld-Barmen hat allein 4 Buntpapier-Fabriken. Weinberg: Wählen Sie doch Berlin! Die Interessen ziehen die Berufsgenossen des ganzen Landes nach Berlin. Krause wünscht, dass die General-Versammlung in die zweite Hälfte des Jahres verlegt werde. Dir. Heuser und andere erklären aber, dann keine Zeit zu haben. Die meisten Redner sprechen sich für Mai-Juni und Köln aus. Hofmann: Im Interesse des Vereins und zur Befestigung des heute mit dem Verein Rheinland-Westfalen geknüpften Bandes möchte ich bitten, Köln anzunehmen. Wir müssen unseren neuen Mitgliedern einen Antrittsbesuch machen. Der Vorsitzende fordert zur Abstimmung auf. Köln wird mit allen gegen 2 Stimmen als Ort der nächsten Generalversammlung gewählt. Als Zeit wird Ende Mai oder Anfang Juni gewünscht, die Bestimmung aber dem Vorstande überlassen. Weinberg verliest das Protokoll. Dir. Heuser: Ich ersuche die Versammlung, unserem vereinten Vorsitzenden zu danken. Schon im vorigen Jahre habe ich gesehen, wie ausgezeichnet er es versteht, drohende Ungewitter durch geschickt angebrachte Wendungen zu verscheuchen. Auch heute wieder hat er zur Zufriedenheit Aller die Versammlung geleitet. Wir wollen ihm durch Erheben von den Sitzen unseren Dank aussprechen. (Geschieht.) Schluss der Versammlung 31/2 Uhr. Versammlungs- Feste. 23. Mai. Die meisten Fachgenossen waren am Vorabend der Versamm lungen in Schneeberg eingetroffen und wurden vom Festausschuss, der auch für Wohnung gesorgt hatte, in liebenswürdigster Weise empfangen. Im Saal des Stahl’schen Gasthofs vereinten sich am Abend des 23. Mai gegen 40 Herren und Damen zu gemeinsamem Abendessen und verbrachten einige vergnügte Stunden. 24. Mai. In der Pause zwischen den beiden Generalversammlungen am 24. Mai wurden rasch 4 vorher gedeckte Tafeln zusammengestellt und ein vorzügliches warmes Frühstück aufgetragen. Nach Schluss der Versammlungen um 4 Uhr begaben sich alle Theilnehmer nach dem Kasino, wo im grossen Saal etwa 65 Herren und Damen an der prächtig hergerichteten Tafel Platz nahmen. Die städtische Kapelle in ihrer kleidsamen Bergmanns-Uniform leitete das Fest ein und erfreute alle Anwesenden durch ihre treffliche Musik. Herr Kommerzien-Rath Dessauer eröffnete die Tischreden mit einem schwungvollen Trinkspruch auf Kaiser Wilhelm und König Albert. Herr Braess brachte in poetischen Worten den Gästen ein Willkommen und Herr Weinberg folgte mit einem Hoch auf das schöne Schnee berg, dessen Bewohner mit dem Bürgermeister und seiner Gemahlin an der Spitze den Papierfachgenossen ein so schönes Fest bereiteten. Ein Schneeberger Lied, worin die Tagesordnungen beider Ver-