Volltext Seite (XML)
1130 PAPIER-ZEITUNG, No. 44. Waldbahnen. Nach einem Vortray von Ferd. Jagenberg vor dem Verbände Rheinisch - Westfälischer Thierschutzvereine. Das Abfahren der gefällten Stämme aus dem Walde ist, wie jeder Forstmann und Holzverbraucher weiss, mit mancherlei Schwierigkeiten verknüpft. Wer hat es nicht schon gesehen und erlebt? — Ein Vier gespann vor einem Fuhrwerk, welches mit einem schweren Stamm Holz beladen ist. Die Räder sind tief in den Waldboden eingesunken, und der Wagen mit seiner Last ist stecken geblieben. Alle Mann schaften greifen in die Radspeichen, die Fuhrleute feuern ihre Pferde durch laute Zurufe an, die Peitsche knallt, und Schlag auf Schlag saust unbarmherzig auf die Rücken der Thiere nieder. Die Pferde fliegen in die Ketten — prallen zurück, — der Lärm wird lauter, - die Aufregung wächst, — die Thiere dampfen und zittern, - bis endlich nach vieler vergeblicher Mühe und dem Aufgebot der äussersten Kraftanstrengung der Zug wieder flott wird. Wenn auch gute Waldwege in sehr grossen Forsten und in einigen holzreichen Gegenden, wo Waldkultur methodisch und wirth- schaftlich betrieben wird, gebaut worden sind und heute noch an gelegt werden, so sind sie doch weder in erwünschtem Umfang, noch überall möglich. Etwas anderes wäre es freilich, wenn diese Waldwege nicht an Ort und Stelle liegen bleiben müssten, sondern man imstande wäre, dieselben das eine Jahr in diesem Schlage, das nächste Jahr in jenem Schlage zu verwenden. Also sozusagen fliegende Wege! Der Ausdruck ist garnicht so sonderbar, wie er auf den ersten Blick erscheint. Man hat und kennt solche fliegenden Wege schon längst in Form der verlegbaren Waldeisenbahnen. Der preussische Forstfiskus benutzt hunderte von Kilometern dieser Waldbahnen. Unter anderen hat sich der Oberforstmeister Müller in Merseburg durch umfangreiche Einrichtungen dieser Art in den ihm unterstellten Forsten sehr grosse Verdienste erworben. Auch sind die Bahnen Fig. 2. Unwillkürlich drängt sich bei solchem Anblick die Frage auf: ob und wie diesen Thierquälereien, dieser Zeit- und Kraftvergeudung abgeholfen werden könne? In erster Linie kann dadurch Abhilfe geschehen, dass man den Thieren eine der besseren oder schlechteren Beschaffenheit der Wege entsprechend leichtere Last anhängt, oder aber bei zu grosser Last eine entsprechend grössere Anzahl von Zugthieren vorspannt. Diese einfachen Mittel genügen aber nicht, denn die Zugarbeit hängt bekanntlich nicht nur von den Grössen der Last und Kraft allein ab, sondern sie ist auch bedingt sowohl von der Art des Fuhr werks als auch von den Steigungsverhältnissen des Geländes, der mehr oder minder grossen Oberflächenhärte und Güte der Wege. Was hierbei unter dem Begriff »Weg« zu verstehen ist, bewegt sich in sehr weiten Grenzen: bestchaussirte Landstrassen, Gemeinde schon viel von einsichtsvollen Gutsbesitzern und zu deren grossem Nutzen verwendet worden. Die Anlagekosten einer derartigen Waldbahn mit allem Zubehör mögen wohl die Anlagekosten eines mittelmässigen Waldweges über steigen. Jedoch ist es leicht einzusehen, dass auf die Dauer und bezüglich der vielfachen Verwendbarkeit eine Waldbahn auch dem besten und verhältnissmässig billigsten Waldweg vorzuziehen ist. Denn das Geleise kann in den meisten Fällen bis dicht an jeden zu verladenden Stamm herangelegt werden. Freilich können auch Stellen vorkommen, welche z. B. so steil sind, dass man mit den Schienen nicht herankommen kann, um den am steilen Abhang liegenden Baumstamm zu verladen. An solchen Orten kann aber auch kein gewöhnliches Fuhrwerk ankommen, und der Stamm ist in beiden Fällen bis an eine geeignetere Stelle zu schleifen. wege wirklicher und zweifelhafter Güte, Feldwege, Waldwege und endlich diejenigen weglosen Strecken, die über rauhes Feld- oder Waldland bis zur Ladestelle der Hölzer führen. Bezüglich der Leichtigkeit des Holztransportes sind diese Wegarten bekanntlich äusserst verschieden in ihrem Werth. Schlimmer noch als dieser leicht erkennbare Unterschied in der Güte der einzelnen Wege ist die Verschiedenartigkeit im Widerstand, welchen der Waldboden je nach Gegenden und Jahreszeiten darbietet. Während er bei Frostwetter nichts zu wünschen übrig lässt, verwandelt er sich nach starken Regengüssen, ganz besonders aber bei plötzlichem Thauwetter in einen schier grundlosen Sumpf, der den besten Willen zu Schanden macht. Fig. 4. Abgesehen davon, dass die Waldbahn mit ihren Transportmitteln bis direkt an die Ladestelle der Hölzer herangebracht werden kann, gewährt sie die Vortheile des verminderten Einheitsflächendrucks und der verminderten Reibungswiderstände. Es ist keine so schwierige Rechenaufgabe) festzustellen, wie gross der Flächendruck ist, welchen ein gewöhnliches Fuhrwerk mit schweraufliegendem Holzstamm auf seine Unterlage, den weichen Waldboden, ausübt. Es ist leicht zu erkennen, dass der Druck des Ladegewichts sich auf eine so geringe Wegfläche vertheilt, dass der Einheitsflächendruck auf den Quadratcentimeter so hoch ist, dass das Erdreich nicht genügenden Widerstand gegen das Versinken des Fuhrwerks zu bieten vermag.