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No. 42. PAPIER-ZEITUNG. 1079 Trocken cylinder an Papiermaschinen. Von Bernhard Dropisch, Papier-Techniker in Zürich. Unter den Tausenden von Papiermaschinen, die in den Papier fabriken auf dem ganzen Erdball aufgestellt sind, werden wenige zu finden sein, welche in ihrer Bauart einander gleichen. In Bezug auf Länge und Breite des Siebes, Anzahl der Pressen und überhaupt der ganzen Nasspartie könnte schon eher Uebereinstimmung zu finden sein, aber in der Anzahl und Grösse der Trockencylinder und nament lich in der Anordnung ihrer Lagerung werden sie wohl grösstentheils von einander abweichen. Selbst diejenigen Maschinenfabrikanten, die den Bau von Papiermaschinen als Hauptgeschäft betreiben, bauen nicht immer eine wie die andere und können dies auch garnicht, denn die Konstruktion einer Papiermaschine hängt mit deren Be stimmung innig zusammen. Es kommt dabei nicht nur darauf an, was für Papiersorten und in welcher Menge dieselben darauf erzeugt werden sollen, sondern es handelt sich auch darum, aus was für Stoffen das Papier gemacht werden soll, zumal man heutzutage eine Auswahl von mehr als einem Dutzend Rohstoffen hat, während man früher dazu nur Lumpen benutzte. Hierzu kommt noch, dass unter den Papierfabrikanten selbst sehr verschiedene Ansichten über die nöthige Einrichtung einer Papiermaschine herrschen, und viele ihre besonderen Eigenheiten und Liebhabereien haben, die sie an einer neuen Papiermaschine ungern vermissen. Nur die wenigsten Maschinen fabrikanten sind überdies in der praktischen Papierfabrikation so be wandert und können es auch nicht sein, dass sie wissen, wie eine Papiermaschine für den oder jenen Zweck am besten eingerichtet sein soll, wenn ihnen auch die Anforderungen an eine bestimmte Leistungsfähigkeit bekannt gegeben werden. Die meisten ihrer Kon strukteure ‘haben nur theoretische Begriffe davon, die sich nicht immer in der Praxis bewähren und nur die Erfahrungen, welche mitunter von ausgeschickten Monteuren bei Ingangsetzung neuer Maschinen gemacht werden, lassen die Forderungen der Praxis zum Ausdruck kommen. Auch diesen verhelfen wiederum meistens die dabei be hilflichen Maschinenführer zu ihren Erfahrungen, die dann bei neuen Arbeiten praktische Verwerthung finden. Ich weiss es nur zu gut, wie oft schon an mich die naivsten Anfragen darüber herangetreten sind. Meist wird deshalb bei Bestellung die Einrichtung der Papier maschine in allen Einzelheiten und Grössenverhältnissen vorgeschrieben, und dies ist auch das einzig Richtige, wenn es auch dem Maschinen fabrikanten mitunter nicht erwünscht ist, weil er dann nicht immer die vorräthigen Modelle benutzen kann. Dies Verfahren bietet ihm aber den Vortheil, dass er dadurch jederf?) Bürgschaft für die Leistungs fähigkeit der Maschine enthoben wird und nur auf die Ausführung seine Sorgfalt zu richten hat. Bekanntermaassen hat gerade die Trocknung des auf der Maschine gefertigten Papieres den wesentlichsten Einfluss nicht allein auf Quantität, sondern mehr noch auf Qualität. Mögen die dazu ver wendeten Stoffe sein, welche sie wollen, oder mag das Papierblatt auf langem oder kurzem Siebe gebildet oder mit zwei oder drei Pressen entwässert worden sein, so müssen auch die aus festesten Stoffen gefertigten Papiere an ihrer Festigkeit und Zähigkeit ein- büssen, wenn sie einer zu raschen Trocknung unterworfen, wenn sie also nach der Entwässerung sofort mit zu grosser Hitze in Berührung gebracht werden. Sie werden brüchig; auch die Leimung leidet darunter, wie jeder Papiermacher weiss. Grundbedingung ist, dass eine Papiermaschine soviel Trocken cylinder haben muss, dass das Papier langsam trocknen kann, ohne zu langsam zu laufen. Die Schnelligkeit des Ganges einer Papiermaschine hängt daher auch von der Anzahl der Trockencylinder ab und hat für jede Papiersorte seine bestimmte Grenze, weil das Papier bei schnellem Arbeiten garnicht trocken würde, falls nicht genug Trocken cylinder vorhanden wären. Aber nicht nur die Anzahl der Trocken cylinder setzt der Schnelligkeit der Arbeit eine Grenze und bürgt für Güte des Papiers, sondern auch die Grösse der Cylinder, die An ordnung der Reihenfolge und deren etwaige Bekleidung mit Filz sind dabei mit maassgebend. Der ungeschulteste Arbeiter einer Papierfabrik weiss schon, dass ein nasses Stück Papier, wenn es getrocknet wird, mehr oder weniger zusammenschrumpft, oder, wie man sagt, »einläuft«, also in Breite und Länge kleiner wird. Geschieht dies auf gewaltsame Weise, näm lich als Folge einer zu plötzlichen Erhitzung, so verändert sich die Lage der verfilzten Fasern gewaltsam, das Papier verliert an Festigkeit, und bei geleimten Sorten wird durch die gestörte Ver bindung der Leimsubstanz mit der Faser die Leim Sicherheit in hohem Grade beeinträchtigt. Sehen wir nun von allen theoretischen Berechnungen, die auf die Verdunstung der in der feuchten Papierbahn noch enthaltenen Wassermenge, nachdem sie die Pressen schon passirt hat, Bezug haben, ganz ab, so versteht es sich doch von selbst, dass die feuchte Papierbahn zuerst erwärmt werden muss, wenn ihre Trocknung stufen ¬ weise vor sich gehen soll. Der erste Trockencylinder, über welchen die feuchte Papierbahn zu laufen hat, darf daher nicht sehr heiss, sondern muss nur so viel erwärmt sein, dass dadurch noch eine Verdampfung von Feuchtigkeit stattlinden kann. Wie soll nun aber dieser erste Trockencylinder gelagert sein? Soll er, wie man sagt, »oben« oder »unten« liegen? — Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht nur von dem für die Trockenpartie einer Papiermaschine zur Verfügung stehenden Raum oder der Bequemlichkeit beim Ueber- führen der feuchten Papierbahn ab, sondern es sprechen hierbei auch Anzahl und Einrichtung der Nasspressen mit. In jeder solchen Presse berührt das feuchte Papier während seines Durchganges auf einer Seite die nackte Fläche der einen und auf der andern die von Filz verhüllte Fläche der andern Presswalze. Es ist deshalb ganz natürlich, dass dadurch auch die eine Seite des Papiers mehr ver dichtet und daher schon im feuchten Zustande glätter werden muss als die andere. Bei nur zwei Nasspressen ist deshalb auch in den meisten Fällen vorgesehen, dass sich die Papierbahn nach dem Durch gang der ersten Pressung wendet. Sie wird durch die beiderseitige Berührung mit der nackten Presswalze schon in einem gewissen Grade glatt, d. h. die Oberfläche wird besser geschlossen. Uneben heiten, die von kleinen Knötchen, groben Fasern, Holzstoff oder der gleichen herrühren, lassen sich auch in dem durch die Feuchtigkeit noch weichen Zustande des Papieres viel besser und ohne sich zu markiren in den Stoff hineindrücken, als durch alles Pressen und Glätten nach dem Trocknen, trotz besten Anfeuchtens. Bei solcher Einrichtung empfiehlt es sich, die Papierbahn bei der Ueberführung nach dem ersten Trockencylinder wiederum zu wenden. Es ist daher rathsam, den ersten Trockencylinder unten zu lagern, weil in diesem Falle die Papierbahn, nachdem sie in der ersten Presse auf der oberen und in der zweiten auf der untern Seite dem Drucke der nackten Walze ausgesetzt war, wieder mit der oberen Seite an die Cylinderfläche zu liegen kommt. Ist die Papierbahn dagegen schon durch drei Nasspressen gegangen, so hat sie den Druck der nackten Walze auf einer Seite schon zweimal, und zwar nach den Einrichtungen, wie sie am meisten angetroffen werden, auf der oberen Seite erhalten, und es ist dann richtiger, den ersten Trockencylinder »oben« zu lagern. Es handelt sich überhaupt nicht allein darum, dadurch dem Papier bessere Maschinenglätte zu geben, wenn dies auch namentlich bei Druckpapieren mit viel Holzschliffgehalt, der sich gern an der Ober fläche bemerkbar macht, von grossem Wertlie ist, sondern auch die jenigen Papiere, die nachträglich noch geglättet werden, gewinnen eine dichtere, geschlossenere Beschaffenheit ihrer beiden Oberflächen. Es kommt nicht selten vor, dass mancher Papierfabrikant sich über Papiere wundert, die trotz Verwendung guter Stoffe und sonstiger guter Zubereitung nicht den Erwartungen entsprechen, indem sie nur filzartig und lappig ausfallen. Dies ist gewöhnlich nur die Folge unrichtiger Behandlung auf der Papiermaschine und tritt am meisten dann auf, wenn bei der Trocknung und schon bei den Pressen das Vorhergesagte nicht genug berücksichtigt worden ist. Um trotz mässiger Wärme des ersten Trockencylinders möglichst reichliche Verdampfung zu erhalten, soll derselbe ohne Filzbekleidung sein, damit dem Entweichen des Dampfes jedes Hinderniss genommen ist. Der Ueberführung der Papierbahn über diesen nackten Cylinder setzt dies keine Schwierigkeiten entgegen, denn in den meisten Fällen klebt sich das Papier durch seine Feuchtigkeit sofort an den Cylinder, so dass die Papierbahn von ihm mit herumgenommen wird. Wo dies etwaiger Eigenthümlichkeiten des Stoffes halber nicht leicht geschieht, lässt sich durch eine mit Filzschlauch überzogene Walze, die entweder durch ihr Eigengewicht oder durch Hebelvorrichtung das Papier an den Cylinder fest andrückt, Hilfe schaffen. Eine solche' Filz walze bewirkt zugleich, dass das Papier viel besser als ohne solche Walze die Glätte des Cylinders annimmt. Nur muss darauf gesehen werden, dass der Cylinder durch gut arbeitende Schaber fortwährend eine schöne glatte und reine Oberfläche behält, weil sonst das Andrücken des Papieres leicht zu festes Ankleben hervor bringen kann, was beim Weiterführen der Papierbahn Schwierigkeiten und viel Ausschuss verursachen kann. Bei den darauffolgenden Trockencylindern, namentlich bei den letzten, wo das Papier schon fast ganz trocken und für den Zu stand der Cylinderfläche weniger empfindlich ist, hat es auch weniger Bedeutung, wenn die Cylinderfläche nicht mehr so glatt ist. Dennoch darf sie nicht etwa dick mit Rost, erdigen oder faserigen Bestand- theilen, die vom Papier selbst herrühren, so belegt sein, dass dadurch die Wärme - Ausstrahlung beeinträchtigt wird. Leider findet man dies aber sogar bei ziemlich neuen Papiermaschinen garnicht selten, obgleich es bei sorgfältiger Ueberwachung der Schaber leicht zu ver meiden ist. Der erste Trockencylinder soll nicht zu klein sein, sonst hätte er kaum einen Zweck (äusser man legte zwei solcher kleinen Cylinder nackt hintereinander), während im entgegengesetzten Falle ein zu