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706 betrieb, Schneidemaschinen usw. ausgestellt, die sich durch zweckmässige und solide Bauart auszeichneten. Die Firma Oscar Friedheim, Berlin-London, war mit Karten- Schneidemaschinen, Stanzen usw. vertreten, die ebenfalls viel beachtet wurden Gilby& Herrmann, London und Pappenheim, waren die einzigen Aussteller von hellen und blauen Lithographiesteinen und weiteren ins Litho graphenfach schlagenden Werkzeugen und Geräthen. Von englischen Häusern war die Ausstellung hauptsächlich mit Druck maschinen, Gasmotoren und andern beim Papierfach verwendbaren Maschinen beschickt Besonders sind zu nennen: F. F. W. Oldfield, London, mit seinem auf jeder Druckmaschine anzubringenden Vielfarbenapparat; F. Made ley-Male, Birmingham, mit seiner grossartigen Bronzirmaschine mit gleichzeitigem Glättwerk; Josef Richmond & Co., London, mit ver schiedenen Maschinen für Druckereien, Buchbindereien. Briefumschlagfabriken. The Linotype Company, Lim. London, stellte ihre in der Papier- Zeitung mehrfach besprochene Maschine aus, die selbstthätig und in beliebiger Spaltenbreite setzt, giesst und die benutzten Matrizen wieder in gehöriger Ordnung ablegt. Austin, Wood, Browne & Co., London, verfertigten vor den Augen der Besucher Schriftmaterial, dessen Entwicklungsgang sehr interessant zu beobachten war. Es würde zu weit führen, alle Firmen einzeln zu nennen; ich kann nur die Ausstellung als Fachausstellung als wohl gelungen und für die Be theiligten als durchaus lohnend bezeichnen. F. M. Doppel-Kalander. Leipzig, 23. März 1891. Nr. 17, Seite 428, bringt unter der Ueberschrift »Amerikanische Er findungen« die Beschreibung eines Doppel-Kalanders. Ich erlaube mir nun, die ergebene Mittheilung zu machen, dass ich Doppel-Kalander seit 1880 baue und mehr als hundert davon geliefert habe. Ich war der Erste, der diese Konstruktion baute. James Snover in Holyoke ist wohl nur, nachdem er meine Doppel- Kalander in Thätigkeit gesehen, veranlasst worden, dieses System nun auch zu bauen. Die einzige Aenderung, die er vornahm, ist die, dass er den Kalander mit mehr Walzen baut als ich. Von einer amerikanischen Erfindung kann jedoch keine Rede sein. Ich bitte um freundliche Berichtigung in der Papier-Zeitung und zeichne hochachtungsvoll Karl Krause. Wir glauben dem Wunsch des Herrn Einsenders mit dem Ab druck vorstehenden Briefes entsprochen zu haben. Wir entnehmen die Beschreibungen amerikanischer Erfindungen den amtlichen amerika nischen Patentschriften und können nicht dafür aufkommen, dass der Gegenstand jeden solchen Patents auch wirklich neu ist. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Brasilien. Santos, 3. März 1891. In Nr. 1 der Papier-Zeitung laufenden Jahrganges finde ich einen Bericht Ihres hiesigen Herrn Korrespondenten, der mir Veranlassung zu folgender Entgegnung giebt. Der ganze Bericht »aus Brasilien« ist anfechtbar. Er berührt jedoch, wenn auch nur oberflächlich, soviele Punkte, dass es un möglich ist, auf alles einzugehen. Ich möchte mich am liebsten auf das beschränken, was über die hiesige Papierfabrikation gesagt ist; dies ist aber so herzlich wenig, dass ich auch noch den andern Haupt punkt, die Gründerperiode, mitnehmen will. I'nd damit will ich an fangen, weil auch Herr L. damit anfängt. Herr L. scheint das Gründungsfieber für unmittelbar schädlich zu halten und hoffte schon am 7. Dezember v. J., diese Periode möchte hinter uns liegen. Da war er entschieden zu ängstlich und, obgleich er es vermeiden wollte, zu vorzeitig mit seinem Urtheil. Weder der vön ihm damals schon befürchtete Krach ist eingetreten, wie er ja selbst erleichterten Herzens ausruft, noch hat sich das Gründungs fieber gelegt; im Gegentheil, es ist immer heftiger geworden und hatte meiner Ansicht nach Mitte Februar seinen Höhepunkt erreicht. Dass das Dekret der Regierung bezüglich Einzahlung von 1/s des Aktienkapitals einen dämpfenden Eindruck gemacht hätte, kann also nicht behauptet werden. Bei den meisten Gründungen bestand garnicht die Absicht, die dem Publikum vorgespiegelten Unternehmungen zu ver wirklichen, sondern alle diese Aufzählungen von Tuchfabriken, Getreide mühlen, Papierfabriken, Ländererwerb, Kolonisation, Arbeiterhäusern usw. dienten nur als Lockspeisen für kauflustige Seelen, deren Inhaber leider gerade die »kleinen Leute« sind, von denen Herr L. behauptet, sie hielten krampfhaft ihre paar Groschen zusammen. Die meisten Gründungen verwirklichten sich also deswegen nicht, weil sie es überhaupt garnicht wollten, sie scheiterten aber nicht daran, dass ihnen ein Regierungsdekret im Wege stand. Was kümmert man sich überhaupt hier um die Regierung? Als im Februar nach dem Ab gang des ersten republikanischen Ministeriums das zweite dieser Art ein viel schärferes Dekret gegen die Gründungen erliess, welches allerdings geeignet war, den sofortigen Krach herbeizuführen, da machten die Börsenmakler in Rio einfach »Streik«, die Börse arbeitete 3 Tage nicht, und das Ministerium musste wohl oder übel das kaum erlassene Dekret zurückziehen. Die Börsenspekulanten triumphirten, und der Tanz ums goldene Kalb ging nun um so toller los. Damit soll nicht gesagt sein, dass garnichts in Wirklichkeit übersetzt wird. Einige Aktien - Gesellschaften sind ja ins Leben getreten; aber der Rest ist und bleibt, wenn nicht gerade Schwindel, doch vorläufig unausführbar und unausgeführt. Trotzdem lag im Dezember v. .1. noch kein Anlass zur Freude darüber vor, dass der Krach noch nicht eingetreten war. Damals war ja das Gründen erst im Werden, und noch heute ist alles so in Bewegung, wird noch so viel ge- und verkauft und so viel Aufgeld erzielt, dass es noch garnicht krachen kann. Wann der Krach kommen wird, ist noch nicht abzusehen; jedenfalls geschieht es erst, wenn ein Stillstand in den Transaktionen eintritt und sich die glück lichen Aktienbesitzer gegenseitig sehr erstaunt fragen werden, wo denn eigentlich ihre Fabriken, Kolonieen u. dgl. Unternehmungen, an denen sie Theil haben, zu finden sind. Dann und das kann bei dem hiesigen allgemeinen Schlendrian noch lange dauern — kann und wird nach meiner Ansicht erst der Krach kommen. Dazu werden besonders unsere politischen Verhältnisse ihr gutes Theil beitragen, von denen Herr L. behauptete, sie entwickelten sich auf gesunder Grundlage. Doch das führt zu weit, und wie es mit unserer Politik aussieht, wissen die Leser ja aus den deutschen politischen Zeitungen. (Die Mittheilungen über Brasilianische Verhältnisse sind sehr mager, Auf klärung daher erwünscht. D. Red.). Dass aber die Vorsicht des bra silianischen Kapitalisten den Krach verhüten sollte, ist mir neu. Der Brasilianer ist der echte Spekulant und Spieler, und für die Vorsicht desselben Beispiele zu bringen, dürfte Herrn L. schwerfallen. Ich will dagegen einige von grosser Unvorsichtigkeit erzählen: Die erwähnte Zündholz-Fal rik hat sich nie rentirt und kann sich schon ihrer Lage wegen nie rentiren. Trotzdem wurde sie von einer Gesellschaft für eine Summe gekauft, mit der sie sich erst recht nicht rentiren wird. Ist das Vorsicht? Dann die Fazenda des Coronel Rodovalho! Wenn Herr L. diese Fazenda kennt, so wird er mir zugeben müssen, dass bloss die Kalk brennerei, und vielleicht die Granitbrüche eine gute Rente abwerfen, dass aber die Ziegelei mit grossem Verlust arbeitet, und dass die dort erbaute Papierfabrik schon allein wegen des vollständigen Mangels an brauchbarem Rohstoff todt geboren ist. — Wo blieb denn hier die Vorsicht der Kapitalisten, als man diese allerdings noch sehr ver- besserungsfähige Fazenda dem Coronel, der die schwachen Seiten seines Besitzthums sehr wohl kannte, für 4000 und nicht, wie Herr L. nach Zeitungsberichten mittheilt, für 3000 Contos de Re'is (1 Conto= 2250 M.; d. Red.) abkaufte, von denen der Coronel bloss 500 Contos in Aktien nehmen musste? Und dann wollen wir einmal von dem Coronel Rodovalho selbst reden, als er die Papierfabrik zu bauen anfing. Damals wurde zwar noch nicht gegründet, aber er war doch schon Kapitalist und müsste also nach Ansicht des Herrn L. sehr vorsichtig gewesen sein. Sehen wir einmal zu, wie er seine Vorsicht bethätigte. Ein alter Franzose, der Verwalter der unrentablen Ziegelei des Rodovalho, beschäftigte sich in seinen Mussestunden, die meistens den ganzen Tag in Anspruch nahmen, äusser mit Käse-, Butter-, Porzellan- und Mosaik-Fabrikation auch mit der Papiermacherei. Mit letzterer eigentlich nur insofern, als er eine auf der Fazenda vorkommende Pflanze (Sambabaia) als neuen Rohstoff entdeckte. Trotz dem er nun mit seiner Ziegelei nicht zustande kam, gelang es ihm merkwürdiger Weise, den alten Coronel von der Vorzüglichkeit der Sambabaia als Papierstoff zu überzeugen, und als man dann gar noch einen deutschen Ingenieur als Sachverständigen herbeizog, war die Sache bald im klaren. Frankreich und Deutschland sind niemals so einig gewesen, wie ihre beiden Vertreter damals, wo es galt, Brasilien mit einer Papierfabrik zu beglücken. Nun wäre es doch das Nächstliegende und Vernünftige gewesen, sich die berühmte Pflanze erst einmal genau anzusehen, und wenn man sie selbst nicht genügend untersuchen konnte, sie doch wenigstens nach »drüben« zu schicken, um sie auf ihre Tauglichkeit prüfen zu lassen. Daran dachte aber der »vorsichtige« Kapitalist nicht, und die beiden Anderen erinnerten ihn nicht daran. Der Deutsche ging hinüber, packte, ehe er seinen Koffer zuschloss, noch rasch ein paar Bündel von der edlen Sambabaia hinein, und kaufte dann schleunigst die Maschinen, — wozu, wusste er garnicht. Was gehört über haupt zu einer Papierfabrik? Kocher, Holländer und Papier maschinen, Kollergang, Turbinen und ein paar alte Dampfkessel; das war so ziemlich die ganze Einrichtung. Während dies alles gebaut wurde und seiner Vollendung entgegenging, wurde auch das Gutachten über die Pflanze allmälig fertig, das dann der Herr Ingenieur jedenfalls ungelesen in die Tasche steckte und damit