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810 PAPIER-ZEITUNG NO. 32. gesehen von den unabweisbaren hierauf gerichteten Anträgen der selben — ingleiehen durch sonstige hierzu dienliche Ermittelungen aller Art auf möglichste Vervollständigung und Klarlegung des Prüfungs materials hinzuwirken. Kosten erwachsen den Parteien durch diese von amtswegen stattfindenden Veranstaltungen nicht. c. In erster Instanz fungirt — gewissermaassen als Einzelrichter — ein Mitglied der Anmeldeabtheilung, welches natürlich nur eines der technischen Mitglieder sein kann. Dieser Beamte prüft die Anmeldung und verfügt das Geeignete nach seinem freien persönlichen Ermessen. Ein Mittel, diesen vielköpfigen Apparat zu einer gleichmässigen Wirk samkeit nach übereinstimmenden Gesichtspunkten und Grundsätzen zu bringen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dass die Ausführungsver ordnung diesem bedenklichen Verhältniss wirksam abzuhelfen ver möchte, ist kaum anzunehmen. Dieser Beamte theilt das Ergebniss seiner Prüfung dem Patent sucher schriftlich mit. Der gesetzliche Ausdruck für diesen Akt ist »Vorbescheid«. Die Wirkung desselben ist verschieden, je nachdem der Patentsucher, der Auflage, sich binnen einer bestimmten Frist zu äussern, rechtzeitig nachgekommen ist oder nicht. Im letzteren Falle gilt dieAnmeldung als zurückgenommen — unbeschadet der Befugniss des Anmelders, dieselbe zu erneuern. Im ersteren Falle bei rechtzeitiger Gegenerklärung ist das Vorprüfungs- Verfahren damit gleichfalls abgeschlossen. d. Die Sache gelangt nunmehr an die Anmeldeabtheilung. Für dies Stadium und eintretendenfalls für das Beschwerdestadium hat jener Vorbescheid indess zweierlei Nachwirkungen. Erstens darf der erstinstanzliche Prüfer und Autor des »Vor bescheids« an keiner Beschlussfassung der Abtheilung theilnehmen, bei welcher nach Lage der Sache eine Zurückweisung der Anmeldung nicht ausgeschlossen ist. (§ 22 Abs. 1, § 24 Abs. 3.) Zweitens darf die Abtheilung bei einem zurückweisenden Beschlusse anderes als das beim Vorbescheid benutzte, und durch diesen bekannt gemachte Entscheidungsmaterial erst dann anwenden, wenn dem Patentsucher zuvor Gelegenheit gegeben war, sich darüber zu äussern. (Vergl. auch die Bemerkung zu § 26, Abs. 4.) e. Im übrigen findet eine Verhandlung mit dem Patentsucher dann nicht mehr statt, wenn die Abtheilung den Beanstandungs gründen des Vorbescheids, denen der Patentsucher sich nicht gefügt hat, überall beistimmt; vielmehr erfolgt dann ohne weiteres die förm liche Zurückweisung der Anmeldung. Im Fall nur theilweiser Zustimmung und entsprechend be schränkter Zulassung der Anmeldung ist, sofern solches den Absichten oder Interessen des Patentsuchers — welcher hierüber zuvor zu ver nehmen ist — entspricht, weiter nach § 23 zu verfahren. Dies gilt natürlich auch für den Fall, dass die Abtheilung, entgegen dem Vor bescheid, zu dem Ergebniss gelangt, dass der Anmeldung ein Mangel hinsichtlich der erforderlichen Voraussetzungen einer dereinstigen Patentertheilung überhaupt nicht anhaftet. Zu § 23. a. Durch die Bekanntmachung der Anmeldung erlangt der Patent sucher für seine Erfindung: erstens: die Priorität vor anderen gleichartigen Anmeldungen, zweitens: die ausschliessliche Befugniss, den Gegenstand gewerbs mässig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen, drittens: das Verbi etungsrecht gegen solche Handlungen Drittel’, soweit den letzteren nicht gemäss § 5, Absatz 1, persönliche Vor rechte zustehen, und ferner mit den im zweiten und dritten Absatz des § 5 bestimmten Ausnahmen. b. Das Prioritätsrecht beginnt rückwirkend mit dem auf die Anmeldung folgenden Tage. (Vergl. § 7, Abs. 1.) Dagegen können rechtswidrige Eingriffe in das Verbietungsrecht der Natur der Sache nach nicht vor der öffentlichen Bekanntmachung begangen werden. Insofern beginnt daher die Wirksamkeit des vor läufigen Patentschutzes erst mit diesem Zeitpunkt. c. Bei der im Abs. 3 in Aussicht genommenen Auslegung der bekannt gemachten Anmeldungen auch an Orten ausserhalb Berlins, handelt es sich zunächst nur um einen Versuch. Die Erfahrung wird erst zeigen, ob die Maassnahme sich bewährt, oder mit Miss ständen verbunden ist. Auch kann ein Wechsel in der Wahl der auswärtigen Auslegestellen nothwendig werden. Mit Rücksicht auf diese Umstände sind die weiter nöthigen Be stimmungen ebenfalls der mehrerwähnten Ausführungs- Verordnung vorbehalten. (Vergl. Nr. 93, S. 2283 der Papier-Zeitung von 1890). d. Durch den im Absatz 4 vorgesehenen Aufschub der Bekannt machung auf drei und unter Umständen auch auf sechs Monate ver mag der Erfinder, welcher auch im Auslande Patentschutz zu erlangen wünscht, sich gegen mögliche Gefährdung oder sonstige Benach- theiligung seines ausländischen Patentschutzes durch eine vorzeitige Veröffentlichung der Erfindung in Deutschland zu sichern. (Vergl. auch die Bemerkung zu § 2 unter b). Zu § 24. a. Die Frist von zwei Monaten für die Einzahlung der ersten Jahres- (Ertheilungs-) Gebühr ist eine sogenannte Nothfrist, d. h. sie ist unerstreckbar, und die gesetzliche Folge der Versäumniss tritt von rechtswegen ein. Diese Thatsache wird durch den Reichsanzeiger bekannt gemacht. (§ 27, Abs. 2.) b. Die Frist zur Erhebung von Einspruch gegen die Ertheilung des Patents ist ebenfalls insofern eine Nothfrist, als mit deren Ablauf Einsprüche, durch welche rein persönliche Rechte verfolgt werden sollen, (§ 3, Abs. 2) präkludirt sind und dem Urheber von verspäteten, wegen anderer Umstände erhobenen Einwendungen keine Be- schwerdebefugniss zusteht. Solche Einwendungen können gleichwohl einen nützlichen Beitrag zur Aufklärung der Sache bieten. Das Patentamt darf dieselben daher keinesfalls als nicht vorhanden behandeln; es hat den gegebenen An regungen vielmehr von amtswegen nachzugehen und das Ergebniss nach Gebühr zu würdigen, sogar so lange als der Beschluss in der Sache den Parteien noch nicht zugefertigt ist. c. Die Dauer der Frist — bisher 8 Wochen — beträgt jetzt zwei Monate. Mit Ausnahme der Fälligkeitstermine der zweiten und der fol genden Jahresraten (vergl.§ 8) sind alle Fristen im Verfahren vor dem Patentamt nach Monaten nonnirt (§ 23, Abs. 4; §§ 26 und 29). Die Fristen laufen ab mit dem dem Anfangstermin entsprechenden Tage des späteren Monats. Fällt der Anfangstermin auf den letzten Tag dos Monates, so gilt der letzte Tag des späteren Monats als End termin. Einmonatliche Fristen,' welche am 29., 30. oder 31. Januar beginnen, laufen bis zum 28., im Schaltjahr bis zum 29. Februar. d. Die im zweiten Absatz unter Hinweis auf § 3 vorgesehene Erweiterung der Gründe, aus welchen Einspruch erhoben werden kann, stellt sich zugleich als eine Mahnung an die Betheiligten dar, das Patentamt auch ihrerseits durch Einspruch auf Kollisionen aufmerk sam zu machen: a) zwischen mehreren Anmeldungen — wobei danach das Verfahren über die spätere Anmeldung bis zur Erledigung der früheren zu ruhen hat; — b) zwischen einer Anmeldung und einem auf Grund früherer An meldung ertheilten Patent. Hier ist bei völliger Uebereinstimmung die erstere abzu weisen. Bei theilweiser Uebereinstimmung kann nur ein sogenanntes abhängiges Patent (vergl. die Bemerkungen zu § 3 unter a) ertheilt werden. Das Patentamt hat zwar die Aufgabe, von amtswegen auf solche Verhältnisse zu achten, dieselben erforder lichen Falles zu erforschen, und bei seiner Beschlussfassung zu berücksichtigen. Verfehlungen und Lücken in den zu diesem Behufs nöthigen Beobachtungen sind indess nicht durchaus zu vermeiden. Deshalb kann den Betheiligten im eigenen Interesse nur dringend empfohlen werden, ihre Rechte schon im Er- theilungsverfahren mit möglichster Umsicht durch Einspruch wahrzunehmen, und es nicht erst auf den umständlicheren, schwierigeren und kostspieligeren Nichtigkeitsprozess ankommen zu lassen. § 26 handelt von dem Rechtsmittel der Beschwerde gegen definitive Beschlüsse der Anmelde- Abtheilungen: a. Dasselbe unterscheidet sich von den in § 16 bezeichneten Beschwerden, welche an keine Frist gebunden und kostenfrei sind, erstens durch einen Kostensatz von 20 M., ohne dessen rechtzeitige Bezahlung das Rechtsmittel als nicht erhoben gilt, zweitens durch die Festsetzung einer Nothfrist von einem Monat für die Einlegung und die Kostenzahlung. Die weitere Begründung kann, bei einem geeigneten Vorbehalt, binnen angemessener, gegenwärtig gemäss Herkommen 14 tägiger Frist nachträglich eingereicht werden. Künftig wird zweckmässigerweise eine monatliche Frist anzuwenden sein. Diese pünktlich innezu halten, liegt im Interesse des Beschwerdeführers, indem nach Ablauf derselben ohne Rücksicht auf den Vorbehalt bei Einlegung der Be schwerde in der Sache weiter verfügt werden muss. b. Unzulässig sind Beschwerden, welche 1) sich nicht auf einen legitimen Einspruchsgrund stützen (vergl. § 24 Abs. 2); 2) wegen Nichtberücksichtigung von verspätet geltend gemachten Einwendungen erhoben werden (vergl. Bemerkungen zu § 24 unter b); oder 3) von Personen, die «) überhaupt keinen Einspruch erhoben hatten, s) die bei der Sache nicht betheiligt, oder — /) als angeb liche Vertreter eines Betheiligten — zur Sache nicht gehörig legi-