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1758 PAPIER-ZEITUNG. Papierverein Rheinland-Westfalen. Generalversammlung, Dortmund, 8. November, 1 Uhr Nachm., im Gasthof „Zum Röm. Kaiser.“' Anwesende: Julius Cramer, Vorsitzender, Cöln, Wilhelm Heyer, Kassirer, Cöln, Otto Gruner, Schriftführer, Cöln, Baum-Ermke, Cöln, A. Löwenstein, Münster, Friedrich Crüwell, Dortmund, Georg Albach, Cöln, J. C. Keller, Elberfeld, H. Lange, Lüdenscheid, Carl Hofmann, Berlin, Rob. Ferd. Jaenecke, Offenbach, August Merz, Dortmund, Wilh. Quack, Jüchen, Lambert Lensing, Dortmund, Louis Crüwell, Dortmund, H. L Geck, Essen, Jordan, Dortmund, H. Schroeder, Berlin, Berichterstatter der Köln. Zeitung. Herr Cramer begrüsst um 1 Uhr 15 Min. die Anwesenden, indem er sein Bedauern darüber ausspricht, dass von 80 Mitgliedern nur ein kleiner Theil erschienen ist. Der Vorstand habe zwar nur die Pflicht, in jedem Jahr eine Versammlung abzuhalten, sehe sich aber zu dieser zweiten veranlasst durch die wichtigen, zur Berathung vorliegenden Gegenstände, sowie um auch einmal in der bedeutendsten Stadt Westfalens zu tagen. Er eröffnet die Ver sammlung und giebt das Wort dem Schrift führer des Vereins. 1. Eingabe an die zuständigen Re gierungen gegen die Monopolisirung des Schulhefte-Verkaufs von Seiten des LehrerVereins in Essen. Herr Gruner weist darauf hin, dass die Lehrer seit Jahren an vielen Orten den Schreibwaaren • Händlern unberechtigte Wettbewerbung machen. Da den einzelnen Lehrern dies Geschäft viel fach verboten wurde, so wird es jetzt von Lehrer-Vereinigungen betrieben. Der Einzelne ist machtlos hiergegen, und man erwartet mit Recht von unserm Verein Maassregeln gegen die in letzter Zeit in Essen und Bochum er lassenen Verfügungen der Lehrer. Wir ver weisen auf die Berichte hierüber in Nr. 36, Jahrg. 1883 und Nr. 32, Jahrg. 1885, und fügen noch bei, dass die Schildchen, welche von den Essener Lehrervereinen für 10 Prozent des Verkaufspreises der Hefte gekauft und zur Legitimation auf die Schulhefte geklebt werden müssen, keinerlei Bürgschaft für gute Waare geben. Die Lehrer prüfen die Hefte in keiner Weise, ehe die Schildchen aufgeklebt werden. Ein von Herrn Gruner vorgelegtes Heftchen dieser Art von sehr schlechter Qualität beweist dies. Herr Crüwell-Dortmund macht folgende ihm schriftlich zugegangene Mittheilung: Die Essener Lehrer sind verhältnissmässig noch recht bescheiden, indem sie das Heft mit io pCt. vom Verkaufspreise besteuern. Dagegen ist ener gisch gegen die willkürliche und unbefugte Mono polisirung des Hefthandels der Lehrerkonferenz des Kreises Bochum (Vorsitzender Rektor Thiele in Bochum) vorzugehen, die Hefte in geringster Qualität zu Jt. 40—45 per 1000 Stück kauft und dieselben an Wiederverkäufer zu « per 1000 Stück abgiebt, welche sie einzeln dann zu 10 Pfennig im Laden verkaufen. Die Lehrer betreiben also selbst den Handel, verdienen 75 Prozent und lassen den Händler gnädig 25 Prozent ver dienen. Ein Mitglied aus Dortmund theilt mit, dass die Lehrer hier sogar selbst die Hefte anfertigen und verkaufen. Nach längerer Besprechung wird beschlossen: Die Generalversammlung beauftragt ihren Vorstand, gegen den direkten und indirekten Handel der Lehrer mit Schulbedarf bei den Regierungen zu Düsseldorf und Arnsdorf Be schwerde zu erheben. Herr Hofmann-Berlin wird ersucht, die Be schwerdeschrift auf Grund der ihm von den Mitgliedern zugehenden Unterlagen auszuarbei ten und nimmt diesen Auftrag an. 2. Mittel gegen den Verkauf seitens der Fabrikanten an Verbraucher, mit Umgehung der Händler. Herr Cramer beleuchtet die Zustände des Papierhandels in Deutschland, wo viele Fabriken zum eigenen Nachtheil sowie dem der Händler, und im Gegen satz zu den französischen etc., direkt an Ver braucher verkaufen. Seine Ausführungen werden von beinahe allen Anwesenden bestätigt, da gegen eine Reihe von Papierfabrikanten lobend erwähnt, die nur an bestimmte Händler in jedem Bezirk verkaufen, neben anderen, die an Ver braucher sogar in kleinsten Mengen liefern. Einige Mitglieder theilen mit, dass sie mit vielen (mit Namen genannten) Fabriken die Ver bindung abgebrochen haben, weil dieselben an ihre Kundschaft direkt verkaufen. Es wird mit Mehrheit beschlossen: vertrau liche Listen an die Mitglieder zu versenden, worin sowohl die Fabrikanten, welche nur an Händler verkaufen, sowie die, welche an Ver braucher liefern, unter Angabe der Thatsachen, aufgeführt werden. Der Vorstand wird mit der Ausführung beauftragt. Im Anschluss hieran bespricht der Vor sitzende die in der Tagespresse, der Kölnischen Zeitung, Hannover’schen Courier u. s. w., wieder holt erscheinende Anzeige der Arnsberger Papierfabrik, worin diese ihre Zeitungsdruck-, Affichen- etc.-Papiere zu beigedruckten Preisen anbietet, und damit das Geschäft in unerhörter Weise schädigt. Herr Crüwell theilt den Inhalt eines Briefes des Direktors der Arnsberger Papierfabrik mit, wonach dieser von dem Erlass der Anzeigen Nichts gewusst habe (Heiterkeit), aber auch ohne Beschluss des Aufsichtsrathes nichts daran ändern könne. „Die Versammlung spricht ihre Entrüstung darüber aus, dass die Arnsberger Papierfabrik die Preise, welche sie ihren Grossabnehmern gewährt, in Zeitungen veröffentlicht, welche nicht Fachblätter sind.“ 3. Mittel gegen Handel in Ausschuss papier wird von der Tagesordnung abgesetzt. 4. Der Vorsitzende theilt mit, dass er eine Begrüssung des Vereins von Herrn Otto Winck ler in Leipzig erhalten habe, und seinerseits im Namen des Papier-Vereins Rheinland-West falen den neuen mittelrheinischen Papier-Ver ein begrüsst habe. Der Vors. theilt ferner mit, dass sich zu Han nover ein Papier-Verein gebildet habe, der durch seinen Namen „Nordwestdeutscher Papier- Verein“ und in der That auf einen Theil der westfälischen Mitglieder Anspruch macht. Der Vorstand des Papier-Vereins Rheinland-West falen hat hiergegen Protest erhoben und wird hierin durch ausdrückliche Zustimmung der Versammlung unterstützt. Nach Mittheilung des Vorsitzenden ist die Frage im Begriff, durch freundschaftliche Korrespondenz mit dem Vor sitzenden in Hannover erledigt zu werden. Herr Albach bittet, die Einladungen zu den Versammlungen früher zu erlassen und keinen Sonntag mehr dafür zu wählen, da viele Mit glieder desshalb weggeblieben seien. Dagegen wird von anderer Seite geltend gemacht, dass gerade am Sonntag Jeder Zeit hat. Die Mehr zahl spricht sich für Abhaltung an Sonn- und Festtagen aus. Gebrüder Lensing in Dortmund melden ihren Beitritt als Mitglied an. Der Vorstand theilt mit, dass ihm von dem Herausgeber eines neuen Blattes ein Paket Exemplare zugegangen sei mit dem Verlangen, dieselben in Köln an Fachgenossen zu ver theilen. Er habe diese Zumuthung abgelehnt, da er weder Zeit noch Veranlassung habe, derartige Dienste zu leisten, und weil er in dem Frei-Blatt eine Nachahmung und Kon kurrenz der Papier-Zeitung; dem Organe des Vereins, sehe, mit deren Haltung der Verein völlig einverstanden sei. Die Versammlung stimmt dem zu. Er spricht überdies Herrn Hofmann Dank für seine Anwesenheit aus und schliesst die Versammlung gegen 4 Uhr. An die Versammlung schloss sieh um 4 Uhr ein gemeinschaftliches Mittagsmahl, welches durch ein 7 Mann starkes Orchester vorzüg liche musikalische Beigabe erhielt. Herr Cramer eröffnete die Versammlung mit einem schwung haften Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Musik, Reden und Gesänge, zu welchem die Kölner Freunde die Texte mitgebracht hatten, wechselten in bunter Reihe und veranlassten bald die heiterste Stimmung. Der Vorsitzende knüpfte an ein vom Präsidenten des Schutz vereins, Herrn Gmeiner, eingegangenes liebens würdiges Schreiben ein Hoch auf denselben und verlas ein Begrüssungs- Telegramm des Nordwestdeutschen Papier-Vereins in Hannover. Herr Cramer erläuterte auch in seiner humoristischen Weise nachstehende Tischkarte, die überdies ihrer deutschen Fassung wegen Abdruck verdient. Speisenfolge. Kalbskopf-Suppe. Lachsforelle mit holländischer Tunke. ■ i Ochsenlende mit Tunke nach französischer Art. Gedünstetes Sauerkraut mit westfälischem Schinken. Frischer Hummer mit Eier-Oel-Tunke. Waldschnepfen mit eingemachten Früchten. Fürst-Pückler-Eis. Nachtisch. Einige der Anwesenden mussten nach Auf hebung der Tafel gegen 8 Uhr abreisen, die Anderen aber erfreuten sich noch in gemüth- lichem Zusammensein des Dortmunder Bieres. Jeder wird von den verlebten heiteren Stunden, der vorhergegangenen dreistündigen Berathung und gegenseitigen Aussprache befriedigt nach Hause zurückgekehrt sein und hoffentlich bei nächster Gelegenheit — wiederkommen. Papier Verarbeitungs-Berufs genossenschaft. Sektion VI (Elberfeld). Wir ersuchen hierdurch diejenigen zur Sektion VI (Elberfeld), umfassend die Fürstenthümer Waldeck und Birkenfeld, die Regierungsbezirke Arnsberg, Aachen, Coblenz, Düsseldorf, Köln, Trier, Wies baden, gehörenden Mitglieder der Papierverarbei tungs-Berufsgenossenschaft, welche ihre Betriebe noch nicht angemeldet haben, die Anmeldungen schleunigst der unteren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Betrieb liegt, einzureichen, widrigenfalls sie gewärtigen können, dass die laut § 11 Abs. 3, A. U. V. G. zulässige Strafe im Be trage bis 100gegen sie in Anwendung kommt. Wir bemerken hierbei, dass durch Entscheidung des Reichsversicherungsamts vom 22. August 1884 Dachpappenfabriken »ohne Rücksicht auf die Anzahl der beschäftigten Personen und auf das Vorhandensein von Motoren« für versicherungs- pflichtig erklärt worden sind. Der Vorstand: Reinhart Schmidt, Vorsitzender. Krumme Geschäftswege. Ein bedeutender Abnehmer erklärte dem ihn bestürmenden Reisenden, er habe nur in einet» gewissen gangbaren Artikel Bedarf. Uni die Kundschaft zu erwerben, bot der Reisende die verlangte Waare erheblich unter dem Markt preis an, und es gelang ihm dadurch, eine be deutende Bestellung auch auf andere Waare»