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oder Innungs-Kassen und ausserdem existirt hier für solche Versicherungpflichtige, die keinem bestimmten Gewerbe angehören, eine allgemeine städtische Orts-Krankenkasse. Als Kranken unterstützung ist zu gewähren: Vom Beginn der Krankheit an freie ärztliche Behandlung und im Falle der Erwerbsunfähigkeit eine Geld unterstützung bezw. Krankengeld in Höhe der Hälfte des ortsüblichen Tagelohnes, letzteres aber erst vom dritten Tage der Erkrankung ab. Das Gesetz gewährt also dem Arbeiter im Erkrankungsfalle sofort freien Arzt und Medizin, vorn vierten Tage ab Krankengeld. Der orts übliche Tagelohn ist in Berlin festgesetzt für einen Arbeiter auf 2,40 Mk., für Frauen 1,50 Mk., für männliche jugendliche Arbeiter 1,30 Mk. und für weibliche jugendliche Arbeiter 1,00 Mk. Nach den Erfahrungen des Vortragenden hat sich die dreitägige Karenzzeit als sehr wirk sam erwiesen, und er erblickt keine Härte darin, weil in Ausnahmefällen der Arbeitgeber den Ausfall aus seiner Tasche zugeben kann und wird. Die Gemeinde-Krankenkassen-Beiträge sollen 1J Prozent des ortsüblichen Tagelohns nicht übersteigen. Falls diese Beiträge aber nicht ausreichen, muss die Gemeinde - Kasse Vor schüsse leisten, und die Beträge können dann auf 2% erhöht werden. Die für die verschiedenen Gewerbszweige bestehenden Ortskrankenkassen, welche auf An trag der Betheiligten errichtet worden sind, gewähren mindestens Krankenunterstützung in gleicher Höhe wie jene, ausserdem ebensoviel an Wöchnerinnen auf die Dauer von 3 Wochen, und Sterbegeld. Die Beiträge zu diesen Kassen sind in Prozenten des Tagelohnes so zu be messen, dass sie zur Gewährung der statuten mässigen Leistungen ausreichen. Aehnlich ver hält es sich mit den Fabrikkrankenkassen. Nach § 52 haben zu den Krankenkassenbei trägen die Arbeitgeber ein Drittel beizutragen. In der Regel zahlen dieselben die Beiträge an die Kasse und ziehen von den Arbeitern den auf sie entfallenden Theil ein. Das Gesetz hat somit für den Arbeiter ge sorgt. Dem jungen Kaufmann gewährt es nur bedingten Nutzen. Ihm steht nur die allgemeine Krankenkasse zur Verfügung, wenn ihm nicht, wie in Berlin, Gelegenheit geboten ist, Mitglied eines der grossen kaufmännischen Vereine und deren Krankenkassen zu werden. Für die nach dem Handelsgesetz Angestellten ist die Kranken versicherung auch nur dann von Werth, wenn sie äusser Stellung oder länger als 6 bezw. 4 Wochen krank sind. Denn für diese Zeit bezw. bis zum Kündigungs-Tage steht ihnen Gehalt zu. Bei Eintritt der- jungen Leute in eine Kranken kasse hätten die Prinzipale den Vortheil, dass sie für Zahlung von ein Drittel des Beitrages an die Krankenkasse die ganze etwaige Kran- ken-Entschädigung vom Gehalt in Abzug bringen könnten. Bei der folgenden Besprechung wurde aus geführt, dass für Hausdiener z. B. Versiche rungszwang besteht, und dass unter den jungen Kaufleuten wenig Neigung zum Beitritt in Ge meinde-Krankenkassen zu Anden ist. 3) und 4) Bericht der Kommission und Beschluss über die Errichtung einer Fortbildungsschule des Papier-Vereins Berlin. Nach Verlesung des Berichts wurden die einzelnen Punkte desselben einer Be sprechung unterzogen. Da dieselben als voll ständiges Schulprogramm zu betrachten sind, werden wir später wohl Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen. Folgendes sind die zunächst in Betracht kommenden Punkte: Die Gründung der Schule ist beschlossen worden. Der Unterricht soll Sonntag Vor mittag von 11 bis 1 Uhr in einem von der Stadt zu erbittenden Klassenzimmer einer pas send gelegenen Gemeindeschule stattfinden, für dessen Reinigung und Heizung eine kleine Ent schädigung zu zahlen ist. Der Unterricht soll sich vornehmlich auf Fach-Gegenstände be schränken, da die vorhandenen vortrefflichen Fortbildungsschulen den Lehrlingen zur Genüge Gelegenheit bieten, sonstige, den Kaufleuten allgemein nützliche Kenntnisse z. B. Korrespon denz und Buchführung, zu erwerben. Die Lehr- Fächer sollen Papierfabrikation, Handel, Waa- renkunde u. s. w. umfassen. Den Unterricht sollen geeignete Mitglieder übernehmen, von denen auch erwartet wird, dass sie die schrift lichen Aufsätze der jugendlichen Fachgenossen durchsehen und korrigiren. Es entspann sich eine längere Verhandlung darüber, ob die Schule nur Angehörigen des Papier-Vereins Berlin, oder allen Fachgenossen zugänglich sein soll, und gleichzeitig über Er hebung eines Schulgeldes. Namentlich über letzteren Punkt waren die Ansichten so ge- theilt, dass die Abstimmung Stimmengleich heit ergab. Der stellvertretende Vorsitzende entschied, dass erst Erfahrungen zu sammeln seien,einstweilen kein Schulgeld erhoben werde, und die Fachschule allgemein allen Angehöri gen des Faches dienen solle. Mit den weite ren Ausführungen wurden als Schulkommission die Herren Lamm, Schaal und Plath (in Firma Plath & Boysen) betraut. 5) Die Veranstaltung eines Herren- Abends im November wurde in Aussicht ge nommen. 6) Als neues Mitglied wurde Herr Ernst Eyck (in Firma Eyck & Friedländer) aufge nommen. 7) Zu, Vere ins-Angelegenheiten“ theilte ein Mitglied mit, dass ein berliner Papierhändler poetische Leistungen im Style der „goldenen durch 110“ Schulkinder als Käufer anlockt. Im Ge gensatz zu dieser harmloseren Art des Ge schäftsbetriebes erscheint es, wie Herr Loewen- hain ausführte, bedenklich, dass die Unsitte des Zugebens sich in nicht zu billigender Form ausdehnt. Er legte ein Pince-nez vor, welches ein Knabe, beim Einkauf eines Diariums für 25 Pf., zubekommen, bezw. gewonnen hatte. Der betreffende Händler lässt die „Zugabe“ auf einem Roulette ausspielen, fördert also bei den Kindern die Spielsucht, abgesehen davon, dass er durch Draufgabe des unnützen Gegen standes die Eitelkeit der Jungen erweckt und das reelle Geschäft schädigt. Der Verein sprach über solch unzulässiges Geschäftsge- bahren seine moralische Entrüstung aus und wird alle Mittel anwenden, um dem Unwesen des Zugebens zu steuern. Als Neuheiten lagen vor: Metallbuch staben, die wir an anderer Stelle besprechen. Westentaschen-Notizbücher in vergilbter Le derpressung und Elfenbein-Schnitzerei, Defreg gers „Urlauber“ darstellend. Eine zum Patent angemeldete Tintenflasche mit eigenartig geformtem Boden, ähnlich und auf gleichem Prinzip beruhend, wie die seit 10 Jahren bekannten Gummiflaschen von Pos- nansky & Strelitz. Eine Atrappe, Note-Paper, deren Inhalt ver- muthlich aus Noth-Papier bestehen soll. Nach dem um Mitternacht erfolgten Schluss der Versammlung blieb der grössere Theil der Anwesenden noch längere Zeit gemüthlich bei sammen. Internationale Handelsrechts-Konferenz. Kürzlich tagte in Brüssel eine internationle Konferenz, deren Aufgabe in der Beratung einer einheitlichen Regelung des Handelsrechts aller Nationen besteht. Zunächst wird eine einheitliche Gestaltung der Wechselgesetzgebung und der Gesetze über den Seehandel bezweckt. Ans dem .Jahresbericht der Handels kammer des Kreises Hagen für 1884. Die Papierfabrikation des Berichtbezirkes war in 1884 ausreichend beschäftigt, doch gestaltete sich der erzielte Geschäftsgewinn wenig nutz bringend; der Papierhandel erfreute sich eines stabilen Absatzes. Schöpfpapiermaschine. Der grosse „Kulturkampf“, welchen seit Be ginn unseres Jahrhunderts die Papierfabrika tion in Verdrängung des biederen Schöpfrahmens durch die Papiermaschinen führt, ist noch bei Weitem nicht ausgekämpft. Auf den Panieren der beiden mit Bütte oder Maschine arbeitenden Papiermacher-Arten könnten die Worte prangen: „Hie conservative Faserfestigkeit und Würde“ „Hie Massenproduktion; — der Jetztzeit Bürde!“ Trotz der ungeheuren Entwickelung des Maschinenwesens und des Papierbedarfes ist es aber immer noch nicht gelungen, den Schöpf rahmen in die Rumpelkammer zu verbannen. Im Gegentheil! Nach richtig erkannten Fehl griffen ist für manche Zwecke die Frage nach soliden Büttenpapieren bedeutend gestiegen. Manche Büttenmanufactur hätte dadurch Be schäftigung und neues Leben finden können, wenn die Zunft der Handpapiermacher, die Zahl von wirklich tüchtigen „Gehilfen von’s Hand werk“ nicht sehr gelichtet wäre. Da auch für Nachwuchs junger Kräfte nicht mehr wie ehe dem gesorgt wird, so bemüht man sich seit Jahren, maschinelle Einrichtungen zu finden, mit welchen man Papier in abgepassten Bogen wie mit dem Schöpfrahmenherstellenkönne, ohne auf gelernte Büttenpapiermacher angewiesen zu sein. Wir erinnern beispielsweise an das kombinirte Ver fahren, bei welchem der Siebcylinder den Schöpf rahmen ersetzt, während das Leimen undTroknen wie beim Büttenpapier ausgeführt wird. Die auf diesem und anderen neueren Wegen ange fertigten Ersatzfabrikate für Büttenpapier sind aber noch weit davon entfernt, alle eigenartigen Vorzüge und die Güte kunstgerecht geformter Handpapiere zu besitzen. Heute können wir jedoch eine Schöpfmaschine vorführen, die vom Direktor Max Sembritzki in SchlöglmM, Oesterreich, erfunden, und von Escher Wyss & Co. in Zürich bereits in einigen Exemplaren ausgeführt worden ist und allen An forderungen entsprechen dürfte. Der Betrieb soll, gegenüber der Handformerei, eine Ersparniss von mehr als 80 Prozent ergeben. Eine Sem- britzki’sche doppeltwirkende Schöpfmaschine soll nämlich ebensoviel erzeugt haben, wie sieben Bütten mit 21 Arbeitern. Nachstehende uns zugegangene Beschreibung giebt, in Verbindung mit den nach den Original- Zeichnungen angefertigten Holzschnitten, ein klares Bild der Maschine. Doppelte Schöpfpapierniaschine von Escher Wgss & Co., Zürich, nach Patent Sembritzki D. R. P. 26 580. Die Maschine arbeitet mit zwei beweglichen Formen in der gleichen Weise, wie seit Jahrhun derten die Büttenarbeiter. Abwechselnd fasst jede Form ihren Stoff, wirft das zur Bildung des Blat tes überschüssige Quantum über die Deckelränder ab, verfilzt den Rest unter beständigem Hin- und Herschütteln, entwässert das Blatt und gautscht dasselbe auf einen Filz; hier wird dasselbe mit einem zweiten Filz bedeckt und durch eine Presse noch weiter entwässert. Nachdem die Maschine diese Operation vollbracht hat, wird das noch feuchte Papierblatt von dem Filze abgehoben, an der Luft oder mit besonderen Apparaten getrock net, dann geleimt und weiter wie Handpapier be handelt. Die Maschine liefert also ein dem Handpapier nicht nur ähnliches, sondern wirklich gleiches Produkt mit der gleichen Blattbildung, gleichem Rand und natürlich auch gleicher Festigkeit und Dauer. Die Regelmässigkeit der mechanischen Bewe gungen bedingt zudem eine grössere Gleich mässigkeit des Produkts, als von dem der Ermü dung und allerhand sonstigen Einflüssen ausge setzten Bütten-Arbeiter erwartet werden darf. Die Maschine liefert ohne Unterbrechung Schöpfpapier in solcher Menge und Regelmässigkeit, wie es die besten Büttenarbeiter nicht schäften können. Er habene und vertiefte Filigranirungen der Schöpf form treten in dem damit erzeugten Papier mit