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PAPIER-ZEITUNG. säure gewöhnlich an Kalk oder Magnesia, weil diese Basen am billigsten zu beschaffen sind; selten wählt man Natron. Da die Schwefligsäure die Kohlensäure aus- treibt, so gewinnt man Kalk- oder Magnesia sulfite am einfachsten durch Einwirkung der ersteren auf die kohlensauren Verbindungen der letzteren. In manchen Fällen kann es übrigens erwünscht sein, das Auftreten der Kohlensäure zu umgehen: dann benutzt man gebrannte Magnesia oder gebrannten Kalk. In Anbetracht dessen, dass diese Sulfite stets in wässerigen Lösungen angewendet werden, er folgt der Absorptionsprozess zweckmässig unter gleichzeitiger Zuhilfenahme von Wasser, wo durch eine Flüssigkeit entsteht, welche eine Auflösung von Sulfit in wässeriger Schweflig säure bildet. Selbstverständlich kann eine solche Lösung auch durch direkte Auflösung der Basen in Schwefligsäure gewonnen werden. Zur Erzeugung von Magnesiasulfit lassen sich ohne weiteres die natürlichen Magnesiaver bindungen benützen und zwar in erster Linie das Mineral Magnesit, welches oft so rein vor- kommt (z. B. bei Frankenstein in Schlesien), dass es 99,4 % kohlensaure Magnesia enthält. Man nennt es auch Talkspat, Bitterspat, Magnesitspat und Breunnerit, findet es krystallisirt theils in körnigen Massen, theils als einzelne Individuen, theils derb in nierenförmigen Gebilden, ge wöhnlich von gelblich grauer oder gelblich weisser Farbe. In der Regel ist Magnesia von Kalk begleitet, insbesondere im Dolomit oder Bitterkalk, der chemisch zusammengesetzt ist aus 54,3 kohlensaurem Kalk und 45,7 kohlen saurer Magnesia und das zweite Hauptmaterial für den vorliegenden Gebrauch abgiebt. Hier bei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Schwefligsäure aus Dolomit die Kohlensäure nur in der Wärme austreibt und dass es dem nach gerathener ist, dieses Material vor seiner Verwendung durch Brennen in Kalköfen von der Kohlensäure zu befreien. Das Kalksulfit gewinnt man aus verschiedenen kohlensauren Mineralien; am reinsten aus Marmor, dann aus Kreide und dem gewöhnlichen Kalkstein. Bei der Herstellung von Schwefligsäure und der Hinleitung zu den Sulfitapparaten ist der Zutritt von Luft und somit eine Bildung von Schwefelsäure und schwefelsauren Salzen kaum gänzlich zu vermeiden und daher bei der Ent scheidung über die Wahl der Basen, äusser den durch lokale Verhältnisse bedingten Grün den noch in Betracht zu ziehen, dass die schwefelsaure Magnesia sich sehr leicht, der schwefelsaure Kalk dahingegen sehr schwer in Wasser löst. Indem daher die erstere Ver bindung fortwährend mitweggeschafft wird, bildet die zweite leicht auf der Oberfläche der Kalksteine eine Gypsschicht, welche die Ein wirkung der Schwefligsäure erschwert und so gar unter Umständen auf hebt. Aus diesem Grunde sollte man die Magnesia um so mehr bevorzugen, als ihre Verbindungen auch später leicht aus dem Fasermaterial wegzuwaschen sind. Ferner ist daran zu erinnern, dass bei Anwendung von gebranntem Kalk noch ein besonderer Umstand darin liegt, dass der Kalk in Berührung mit Wasser sich je nach der Menge des vorhandenen Wassers zu Pulver oder Brei unter bedeutender Zunahme des Vo lumens löscht und dadurch den Durchgang unddie Aufnahme der Schwefligsäure ebenfalls hemmt. Die Apparate, welche zur Absorption der Schwefelsäure dienen, müssen so beschaffen sein, dass die Säure auf dem kürzesten Wege und möglichst vollständig von dem Basen material aufgenommen und dass das gebildete Sulfit in gesättigter wässeriger Lösung stetig abgeführt wird. Der Weg, den die sauren Dämpfe zu dem Zwecke nehmen, kann ent weder ein vertikal aufsteigender, ein schräg geneigter oder ein horizontaler sein. Bis jetzt benützt man ausschliesslich den ersten und den dritten und unterscheidet, weil man hierzu entweder Thürme oder horizontal aufeinander gereihte Gefässe benützt, zweckmässig:) L Thurmapparate und II. Kammerapparate. Die Thurmapparate bieten im Einzelnen zwar bedeutende Abweichungen nach Grösse, Grössenverhältnissen, Form u, dergl., gründen sich aber bezüglich ihrer wesentlichen Ein richtung auf den bekannten Gay-Lussac- und Glover-Thurm, wie er in der Schwefelsäure fabrikation in Gebrauch steht. Im Allgemeinen bildet der Thurmapparat einen aufrecht stehen den viereckigen oder cylindrischen Kasten aus säurefesten Steinen oder Holz, inwendig mit etwa 3 mm dicken Bleiplatten ausge füttert und dann am Boden mit einem netz artig durchbrochenen Gewölbe abgeschlossen, welches das im Innern aufgeschichtete Material trägt. Unter dem Gewölbe tritt vom Schwefel brenner die Schwefligsäure ein, vertheilt sich an dem Steinnetz und steigt im Thurme auf wärts, um auf diesem Wege Sulfit zu bilden. Abgedeckt ist der Thurm in der Weise, dass bequem in passenden Perioden Material nach- gefüllt werden kann, ohne dass Säure ent weicht. Um das gebildete Sulfit sofort in Lösung aus dem Thurm zu schaffen, befindet sich unter der Haube eine leicht regulirbare Wasserzuführung, durch welche Wasser, ver mittelst einer Brause vertheilt, auf den Thurm ¬ inhalt und dem Säurestrom entgegen nieder rieselt, das Sulfit löst und durch das Stein netz in einen unter dem Thurm angebrachten Sammelbehälter leitet, aus dem es durch ein Bleirohr mit Bleihahn (Fig. 6) abgelassen wird. Zur Entfernung der nicht aufgenommenen Säure verbindet man den oberen Raum des Thurmes entweder mit einem hohen Kamin oder mit einem Ventilator. Von besonderer Wichtigkeit sind die Dimen sionen der Thürme, über welche die verschie densten Angaben vorliegen, indem von einer Seite hohe enge, von anderer Seite niedrige weite Thürme empfohlen werden. Wenn man, sonst gleiche Verhältnisse vorausgesetzt, be denkt, dass die Säure mehr Zeit gebraucht, die kohlensauren Verbindungen zu zersetzen und in Sulfite zu verwandeln, als sich mit den koh lensäurefreien Materialien zu verbinden, so ist klar, dass im ersteren Falle die Thürme grös sere Dimensionen besitzen müssen, als im zweiten Falle. Für die Gewinnung von Kalk sulfit aus ungebrannten Kalksteinen werden da her Thürme von 20 bis 30 m Höhe vorgeschla gen, während bei Anwendung von gebranntem Kalk 6 bis 8 m und von gebranntem Magnesit selbst 5 bis 6 m genügen sollen. Die hohen Thürme bieten jedoch eine Menge Betriebsun ¬ bequemlichkeiten und -Unsicherheiten dar, nicht nur wegen des Hinaufschaffens des Rohmate rials auf solche bedeutende Höhe, sondern na mentlich auch desshalb, weil infolge des grossen Gewichts die unten liegenden und bereits locker gewordenen Theile zerkrümelt werden und dem Säuregase das Aufsteigen erschweren. Da ausserdem hohe Thürme wegen der Fundamen- tirung etc. sehr theuer in der Herstellung wer den, so ist in Vorschlag gebracht, statt eines hohen Thurmes mehrere niedrige z. B. drei von 6 bis 8 m Höhe neben einander zu bauen und durch Rohrleitungen so in Verbindung zu brin gen, dass die in einem Thurm nicht verschluckte Säure dem nächststehenden zugeführt wird u. s. w. Aber auch diese Theilung hat ihre Bedenken, indem auf solche Weise, wenn nicht eine höchst sorgfältige Wasserregulirung beob achtet wird, Sulfitlösungen von sehr verschie dener Grädigkeit entstehen, weil im letzten Thurm ja nur noch wenig Säure zur Verwen dung übrig bleibt. Da man aber dem Gase auch in der Weise Zeit zur Einwirkung ver schaffen kann, dass man dem Thurm eine grosse Querdimension giebt, so scheint es wohl ge- rathen, statt der hohen engen Thürme niedrige weite Thürme anzuwenden, deren Form sich als eine von der cylindrischen abweichenden ergiebt, wenn man sich vergegenwärtigt, dass eine gesättigte Sulfitlösung am sichersten durch allmähliche Anreicherung und durch ein Zu sammentreffen mit ungeschwächtem Gase un mittelbar vor dem Austritt des Sulfits aus dem Thurm erhalten wird. Zu diesem Zwecke sollte der Thurm an der Stelle, wo das Gas zuerst mit dem Material in Berührung tritt, nicht weit sein, sich dann erst allmählich erweitern, um dem Gase lange Zeit zur Einwirkung zu lassen, und sich nach oben wieder verengen, um die Geschwindigkeit der Säure entsprechend ihrer Abnahme zu vergrössern. Der auf solche Weise entstehende, durch Figur 7 im Vertikalschnitt vor Augen geführte, aus zwei mit den Grundflächen zusammengesetzten Kegeln gebil dete Thurm bietet insbesondere noch den Vor theil, dass bei geringerer Höhe ein bedeutender Fassungsraum und an den Flächen des unteren Kegels eine Stützung für das Rohmaterial ge wonnen wird, welches sich nun im Verhältniss zu seiner Auflösung zusammenschiebt, ohne eine Gefahr für das Verstopfen der bei b angebrach ten, nach unten sich erweiternden Sieblöcher herbeizuführen. Man gewinnt auf solche Weise bei einem Thurm von nur etwa 7 m Gesammt- höhe einen Arbeitsraum von 7,5 cbm, wenn der Durchmesser an der weitesten Stelle 2 m beträgt. Man erkennt aus der Figur bei a das Gaseintrittsrohr, bei b das durchbrochene Gewölbe, bei c die gut mit einer asphaltirten oder emaillirten Eisenplatte verschliessbare Oeffnung zum Aufgeben des Rohmaterials, bei d das Abzugsrohr und bei e die Wasserbrause mit Zuleitung von oben. Der Behälter A, in den von dem Raum O aus die Sulfitlösung gelangt, liegt zweckmässig in dem Gewölbe G ausser halb der Thurmachse, damit man denselben nach abgenommenem Deckel D bequem von den mitgerissenen ungelösten erdigen Theilen reinigen kann, die sich darin ansammeln. Das Entleeren erfolgt entweder durch ein Bleirohr mit Hahn (Fig. 6) oder durch einen Heber aus Bleirohr. Es ist nothwendig, dafür zu sorgen, dass die Schwefligsäure, wegen ihrer höchst schädlichen Einwirkung auf die Vegetation, vollständig absorbirt wird, und möchte es sich empfehlen, zu dem Zwecke das Gas, bevor cs in den Abzug tritt, noch entweder eine Natron lösung oder Kalkmilch passiren zu lassen. Im letzteren Falle wäre es bequem, bei f ein mit Kalkmilch gefülltes, gut verschliessbares Gefäss aufzustellen, das durch das Rohr g mit dem Kamin oder Ventilator in Verbindung steht und durch das Rohr r entleert werden kann, wenn der Inhalt gesättgt ist. Bei der Fabrikation von Kalksulfit erfolgt diese Entleerung am ein fachsten direkt in den Thurm. Fortsetiung folgt.