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506 P APTER-BETTUNG. N:14 Sonnabend, 7. März, fand im grossen Saale der Bötzow'sehen Brauerei, Berlin, ein Masken ball statt, den die Chefs der Chromo-, Glac- und Kartonpapier - Fabrik, Friedheim § Sohn, Ferlin. Holzmarktstr. 53, ihren Arbeitern und Arbeiterinnen gaben. An diesem Tage vor 13 Jahren war der jetzige Inspektor Herr Motsch in die Fabrik eingetreten und hat seit dem Tage mit seltenem Eifer seinem Amte vorgestanden. Da den Herren Friedheim & Sohn von dem Vorstande des Schutzvereins der Papier-Indu strie das für Herrn Motsch beantragte und be willigte Anerkennungs-Diplom übersandt wor den war, so glaubte die Firma, keine passendere Gelegenheit zur Ueberreichung dieser Aus zeichnung finden zu können, als ein Fest, wel ches alle Arbeiter der Fabrik vereinigte. Nach dem den Chefs vom ältesten Werkführer ein jubelnd wiederholtes Hoch dargebracht war, über reichte der Mitinhaber der Firma, Herr Fried heim jun., dem Jubilar das ihm übersandte Di plom, indem er ihm mit kurzen und herzlichen Worten für die so lang bewährte Thätigkeit dankte und die Hoffnung auf eine fernere noch recht lange gleiche Wirksamkeit aussprach. Hieran schlossen 'sich verschiedene sehr hübsche Vorträge, worauf der Ball seinen Fort gang nahm. Erst als die Märzsonne hell und freundlich in die Fenster des Ballsaales strahlte, fand das wohlgelungene, von mehr als 300 Personen be suchte Fest sein Ende. Das Hoch, welches einer der Gäste auf das fernere Bestehen des offenbar vorhandenen an genehmen Verhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausbrachte, schien voll be rechtigt. Dasselbe wird alljährlich, im Winter durch einen Ball, im Sommer durch einen Aus flug, in ähnlicher Weise befestigt. F. Gille zog am 3. November 1858 von sei ner Vaterstadt Halle, wo er sich nach längerer Wanderschaft mehrere Jahre aufgehalten hatte, wieder fort, um in das Geschäft der Herren Bodenheim § Co. zu Allendorf a. d. Werra einzutreten, wo er schon nach kurzer Zeit die Leitung der Druckerei übernahm. In dieser Stellung blieb er bis zum Anfänge der 70er Jahre, von wo ab sein Wirkungskreis auf das ganze Geschäft ausgedehnt wurde. Diese beinahe 26jährige Thätigkeit fand am 28. Februar d. J. unerwartete Anerkennung in einer Gratifikation von 500 , die ihm von Herrn Steinfeld mit der in einer warmen An sprache ausgedrückten Hoffnung auf noch lange Dauer seiner bisherigen Thätigkeit überreicht wurde. Wir bitten um ähnl. Mittheilungen. — D. Ked. Whatman - Papier. Es giebt wenig Sorten, die so bekannt sind wie das Whatman'sche Zeichenpapier, welches nach wie vor in allen Ländern als das beste seiner Art gilt. Aehnliches Papier wird viel fach angefertigt, die Zeichnei’ schätzen jedoch mit Recht das englische, stets mit dem Wasser zeichen „Whatman“ versehene, sehr und ziehen es meistens vor. Eine unserer besten deutschen Fabriken soll gleichwerthiges Zeichen-Papier derselben Art herstellen, übertroffen ist jedoch das englische unseres Wissens nicht. Bei solchem Weltruf ist es nicht zu verwundern, dass die alte Whatman’sche, jetzt Herren W. & B. Baiston gehörige Papiermühle zu Maidstone, Kent, England, mit 17 Schöpfbütten arbeitet. Bei den grossen Formaten (wie Elephant u. s. w.) des Zeichenpapiers ist es für einen Arbeiter nicht möglich, die zum Schöpfen und Machen eines Bogens nöthige Siebform in der üblichen Weise zu handhaben. Die Formen hängen desshalb in Ketten und erhalten ihre Bewegung von zwei an beiden Enden stehenden Arbeitern. Zu dieser Arbeit des Schöpfens gehört nicht nur lange Lehrzeit, sondern auch Geschicklichkeit und vor Allem kräftige Gesundheit, da die Leute von oben bis unten stets nass sind und im Alter rheu matischen Leiden kaum entgehen können. Wenn auch der Zutritt, wie in den meisten englischen (entgegen den schottischen) Papier fabriken nicht gestattet wird, so weiss man doch, dass die Vortrefflichkeit des Whatman- Papiers in keinerlei Geheimnissen beruht. Sie ist nur das Ergebniss langer mühsamer Er fahrung und äusserster beständiger Wachsam keit. Die geschicktesten Arbeiter, die besten Rohstoffe, systematisches Verfahren um die Fasern in bestem Zustande zu erhalten, gute Leitung u. s. w. bilden die Faktoren, auf denen der Erfolg beruht. Die Fabrik bedarf keiner Reisenden oder Anzeigen, um ihr Papier abzusetzen, da jeder Bogen mit dem Firma-Wasserzeichen versehen ist und vom Publikum genau so nachverlangt wird. Wir machen hierauf wiederholt und immer wieder aufmerksam, um die deutschen Fabrikanten, welche Gutes liefern, zu veran lassen, ihre Erzeugnisse ebenso mit deutlichem Ursprungszeichen zu versehen. Vom Zwischen handel unabhängig ist nur der Fabrikant, dessen Namen und Waare das Publikum kennt und verlangt. Sonntagsfeier u. Normalarbeitstag. Com Rhein. Die rheinischen Papierfabrikanten müssen den Anträgen des Herrn Rostosky in Niederschlema unbedingt entgegentreten und gleiches Recht für alle deutschen Fabrikanten fordern, auch die Sozialdemokratie nicht dadurch fördern helfen, dass man berechtigten Ansprüchen der Arbeiter entgegen ist, und zu diesen gehört in erster Linie unbedingt die Sonntagsruhe! Was in Amerika, in England und in der Rhein provinz möglich ist, geht ebenso gut oder noch viel leichter in Sachsen und Schlesien, weil die Papierindustrie nirgends besser situirt ist, als dort! Die nichts kostenden Wasserkräfte sind in der Rheinprovinz unbedeutend, in Sachsen und Schlesien aber zu Hunderten von Pferde stärken in Massen vorhanden; die Arbeiter gut und willig, und die Arbeitslöhne niedrig. Auch die Holzpreise sind in Schlesien und Sachsen bedeutend niedriger als in der Rheinprovinz, und die Hauptabsatzmärkte Deutschlands, Berlin, Ham burg, Magdeburg, Breslau, Dresden und Leipzig liegen der sächsischen und schlesischen Papier- und Pappenindustrie viel näher als der rheinischen. Es liegt somit keine Veranlassung, noch weniger aber eine Nothwendigkeit vor, der sächsischen und schlesischen Papier- und Pappenindustrie zu ge statten, durch ununterbrochene Arbeit der Ma schinen und Holländer auch an Sonntagen, die Uebererzeugung noch weiter zu steigern, und durch die auf solche Weise herbeigeführten Schleuderpreise die Kollegen in den anderen Pro vinzen ganz zu Grunde zu richten. Die wahnsinnige Uebererzeugung, die nament lich von Sachsen und Schlesien aus ohne jede Rücksicht auf den möglichen Verbrauch ins Leben gerufen ist, hat es dabin gebracht, dass Druck papiere und verschiedene Sorten Packpapiere heute kaum die Hälfte kosten, wie noch vor zwölf Jahren. Pappen bringen infolge der Riesenproduk tion von Holzpappen sogar nur die Hälfte wie noch vor 3 Jahren. Die Folge dieser entsetz lichen Schleuderei ist, dass Dutzende von Fa brikanten dieser Sorten, die noch vor 12 und 15 Jahren zu den ersten Firmen ihres Faches in Rheinland und Westfalen zählten, zu Grunde ge gangen sind, und dass voraussichtlich noch Viele folgen werden, die nicht mit eigenem Anlage- und Betriebskapital, arbeiten. Es ist unter diesen Um ständen nicht an der Zeit, die Uebererzeugung durch volle Sonntags-Arbeit noch zu steigern ; nur eine Beschränkung der Erzeugung kann die Preise wieder so weit heben, dass auch solche Fabriken noch weiter bestehen können, die keine Wasser kraft haben. Es ist sicher kein volkswirthschaftlicher Vor theil, dass die Preise eines Fabrikates, welches Hunderttausende von Arbeitern beschäftigt, so geworfen werden, dass zuletzt die am günstigsten gelegenen Fabriken, nach den Worten des Herrn Rostosky, nur noch Sparkassenzinsen verdienen können, die minder günstig gelegenen Fabriken aber zu Grunde gehen müssen. Zur Verschlimme rung dieses Unheils durch Beiseitesetzung des göttlichen Gebotes »sechs Tage sollst du arbeiten, den siebenten Tag ruhen« liegt sicher keine Ver anlassung vor, am allerwenigsten aber in Sachsen und Schlesien, wie die Kurse und Dividenden der Aktien-Papierfabriken (Seite 452 der Papier- Zeitung) zeigen. Die grossen Zeitungsbesitzer, die nicht schon längst Millionäre sind, müssen es bald werden. Die Verleger der sechs grössten Blätter in London verdienen jährlich mindestens 500 000 bis 900 000 M an den Auslagen für Papier vorab, durch die Uebererzeugung der deutschen und schwedisch-norwegischen Fabriken! Durch diejetzigen Zustände werden nicht nur viele deutsche, sondern auch englische Papierfabrikan ten zu Grunde gerichtet, und es kann dahin kommen, dass in England wieder ein Einfuhrzoll auf Papier und Pappen gelegt wird, und was dann? Kommt es dazu, so werden die Papierfabrikan ten nicht nur die Sonntagsarbeit einstellen müssen, sondern vielleicht auch noch die Arbeit an Wochentagen! Wenn die Arbeiter die Sonntagsarbeit nicht gern ausfallen lassen wollen, wie es Herr Ros tosky hervorhebt, so mag dies seinen Grund in Löhnen haben, die zur Sonntagsarbeit zwingen, um nicht am Hungertuche nagen zu müssen. Die rheinischen Papierfabrikanten, die niemals eine Sonntagsarbeit gekannt haben, müssen in der Mehrzahl auch noch an den kleinen katho lischen Feiertagen die Arbeit einstellen, haben ausserdem noch im Frühjahr und Herbst je zwei Kirmesstage, an denen man nicht arbeiten lassen kann, wenn man Unglücksfälle verhüten will. Ausserdem liegen die Fabriken der Hauptplätze der rheinischen Papierindustrie noch jeden Sommer 8 Tage still, wenn die gemeinschaftlichen Mühl teiche nach Festsetzung durch die Regierung ge reinigt werden müssen. Bei den meistens sehr niedrigen Gefällen hat nicht jede Fabrik ihren besonderen Abflussgraben, wie es in Westfalen, Sachsen und Schlesien meistens der Fall ist, son dern an einem Mühlteiche, der oft mehrere Stun den lang ist, liegen manchmal 8 bis 12 Werke. Desshalb wird alle Jahre eine Woche lang das Wasser abgelassen, um diesen Teich zu reinigen, was also nicht dann geschehen kann, wenn der Fabrikant sonst Reparaturen hat, und es ihm dess halb gerade passt. Dadurch und durch die theuere Dampfkraft sind die vielen rheinischen Fabriken ohnehin in sehr grossem Nachtheil gegen Sachsen und Schlesien, und die meisten haben für ihre Papiermaschinen wohl nur 290 Arbeitstage gegen 362 der Fabriken in Sachsen und Schlesien, Wie soll es da möglich sein, noch auf reellem Wege zu konkurriren, wenn es diesen Fabriken erlaubt ist, ihre Maschinen und Holländer Sonn tags wie Werktags arbeiten zu lassen? Wenn wir die Humanität mit an die Spitze stellen, wie Herr Rostosky sagt, so muss man auch darnach handeln! Sonst können die So zialdemokraten nicht mit Unrecht sagen, die Hu manität der Fabrikanten bestehe nur in leeren Worten und Phrasen, und desshalb müsse eine gewaltsame Aenderung angestrebt werden, da auch die frühere Leibeigenschaft auf angeblich bestehendem Rechte fusste. Auch der reelle Papierhandel leidet unter dieser Ueber-Erzeugung und fortgesetzten Preisreduktion, denn die Lager werden immer mehr entwerthet, die Umsätze nach dem Werthe immer geringer, die Geschäftsunkosten und Spesen dagegen immer höher, und der Verdienst immer kleiner. Dabei wird die Agentenwirthschaft immer toller. An fast jedem grossen Platze sind Dutzende Agenten, welche jeden Konsumenten besuchen, und eine Rolle Papier, oder einige Ries Papier, oder 2 oder 3 Ctr. Pappen verkaufen, und haben sie so 50