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Beilage zu Nr. 85. Dienstag, 28. Juli 1908. Aus Sachsen. Wilsdruff, den 27. Juli. Vom Bau de r Augustusbrücke in Dresden wird berichtet: Außer sonstigen Hilfsmittelu, wie Drehkränen, Greif- und Schwimm-Baggern, Dampframmen usw., kommt gegenwärtig auch ein Taucherschiff bei den Abbruchsarbeiten der alten Augustusbrücke zur Verwendung. Es gehört zur Ausrüstung der König!. Straßen- und Wasserbau- Inspektion Dresden I und war bisher iu Strehla bei Riesa tätig. Dort wurden mit seiner Hilfe behufs Er weiterung des Strombettes Sprengungen des festen Granit- Untergrundes vorgenommen. Die Firma Philipp Holz mann L Cie. benützt dieses Schiff zur Beseitigung der Reste des zur Hälfte abgebrochenen dritten Pfeilers der alten Brücke. Außer Mauerwerk sind noch an dieser Stelle Pfähle, Teile der Spundwände usw. vorhanden, die, weil unter Wasser liegend, schwer zu erreichen sind. Um nun eine Gefährdung der wegen des Abbruchs des dritten Bogens dorthin zu verlegenden Berg« und Talschiffahrt zu vermeiden, mußten die genannten Hindernisse unbedingt zum Weichen gebracht werden. Das Fahrzeug hat die Größe einer kleineren Elbzille und iu der Mitte einen mehrere Meter hohen eisernen Aufbau von länglich.runder Form. Ueber seitlich angebrachte Streben laufen Ketten, an denen die im Innern des Aufbaues befindliche Taucher glocke hängt. Die Länge der letzteren beträgt gegen 3,50 Meter bet 2 Meter Breite. Nach dem Herablassen wird diese mit Druckluft gefüllt, die das Wasser verdrängt. Dadurch wird den Arbeitern das Hantieren auf der Elbsohle ermöglicht. Die aufgefundenen Gegenstände werden zunächst durch eine Klappe nach der oberen Ab teilung des Tauchapparats' gebracht. Von dort aus kann dann nach Herstellung normaler Luftverhältnisie durch eine Einlaßtür die Weiterbeförderung nach außen erfolgen. Man hofft, bis Mitte dieser Woche die Taucharbetten beenden zu können Daneben ist auf Altstäöter Seite auch der sogenannte Gretf-Bagger eifrig tätig, das Flußbett zu räumen. Die dabei gewonnenen Gesteiusmasfen werden zum Teil zur Aufschüttung der künftigen Uferstraße verwendet. Das Fundament des vierten alten Pfeilers ist ebenfalls fast völlig beseitigt worden. Auf seinem Platze soll sich der dritte der in diesem Jahre noch auf pneumatischem Wege zu gründenden Pfeilers des Ersatz, baues erheben. Das Gerüst für den zweiten derartigen Pfeiler geht bereits der Vollendung entgegegen. Der noch in der Montage befindliche erste Chaisson ist aa 14 Spindeln an einem äußerst stark ausgesührten Holzgerüst eingehängt, um auf diese Weise nach seiner Fertigstellung abgesenkt werden zu können. Am Donnerstag wurde der ehemalige serbische Advokat Draguljub Dzewajirrwic, der vor einiger Zeit wegen Be trügereien in Dresden verhaftet worden war, von Tetschen aus an die ungarische Grenze transportiert, von wo er nach Serbien gebracht wird. Dzewajtrrwic war aus seiner Heimat wegen großer Unterschlagungen geflohen- Nach seiner Verhaftung in Dresden erkrankte er während des Transportes an die Grenze und mußte dem Tetschener Krankenhause zugeführt werden, wo er 4Wochen daniederlag. In Dresden fand die Vermählung des Amtshaupt- marines Dr. Max Mehnert-Dtppoldiswalde, Bruders des Kammerpräsidenten Dr. Mehnert, mit der Tochter des Geheimen Regierungsrates Dr. Heink, von welchem bekanntlich der Wohlrechtseatwurf stammt, statt. Aus noch unbekannten Gründen erhängte sich am Sonnabend früh in Pirna in seiner Wohnung an der Weststraße der Holzhändler E. Am Sonnabend in früher Morgenstunde wurde auf Borttaer Flur ein Scheunengedäuöe einzeäschert, das der Chemnitzer Düngerabfuhrgesellschaft gehörte und Erntegerälschaften enthielt. In der Scheune übernachteten drei junge Handwerksburschen, die mit verbrannten. Ohne Zweifel haben die Verunglückten durch Unvorsichtigkeit selbst vas Feuer verursacht. Die Leichen find derartig verkohlt, vaß es nicht gelang, ihre Personalien festzustellen. Alle Papiere und Kleidungsstücke find vernichtet; bet einer der Leichen läßt sich nicht einmal feststellen, ob sie Weib oder Mann war. Die eingeäscherte Scheunetst übrigens wiederholt schon abgebrannt, zum letzten Male im Februar dieses Jahres, wobei ein darin nächtigender Handwerks bursche so schwere Brandwunden erlitt, daß er verstarb. Der unter dem Verdachte des Lustmordes an der Verkäuferin Conrad in Leipzig im UntersuchuugS- gefängnis sitzende Schleifer Melzian war, wie gemeldet, auch verdächtigt, den Raubanfall auf die Handelssrau Lochmann und das Sittlichkeitsverbrechen an der Wald- arbeitersfrau Krister begangen zu haben. Jetzt sind beide Frauen in Leipzig dem Melzian gegenübergestellt worden, wobei Melzian seine Landstreichertracht anlegen mußte. Sowohl Frau Lochmann als auch Frau Krister haben ihn aber nicht mit Sicherheit als den wirklichen Täter wieder zu erkennen vermocht, wen« er auch viel Aehnlich- keit mit ihm aufzuweisen hatte. Melzian selbst hat ent- schieden bestritten, der Täter gewesen zu sein. Er will zur fraglichen Zeit (Mitte Mai) gar nicht iu der Gegend von Langensernsdorf, sondern in der Oberlausttz gewesen sein. Ortsstempel über empfangene Ortsgeschenke sprechen auch hierfür. Die Wirtschafterin Minna Döll wird sich im September vor dem Schwurgericht Leipzig wegen Mordes, begangen an ihrem Geliebten, dem Buchhändler Arthur Giegler, zu verantworten habe». Wie erinnerlich, fand man diesen eines Tages in seinem Bette tot auf und es wurde fest, gestellt, daß er schon wochenlang als Leiche im Bette ge. legen und seine Wirtschafterin und GeschäftSfüherin Döll während dieser ganzen Zeit im Nebenziwmer ruhig gewohnt und geschlafen hatte. Sie wird beschuldigt, nachts durch Oeffnen des Gashahns, während Giegler schlief, dessen Tod absichtlich herbeigeführt zu haben. Wie sie, befindet sich der Buchdrucker Walter Schmidt noch immer in Unter« suchungshaft unter dem Verdacht, an dem Verbrechen beteiligt zu sein. Zwischen den Ortschaften Alinge und Tein auf Bornholm ist ein 25jähriger Tourist aus Leipzig beim Baden ertrunken. Er war vom offenen Strande hin ausgeschwommen, hatte aber nicht mit der starken Dünung gerechnet. Den übrigen Badenden gelang es, den Ver unglückten ans Land zu bringen. Die Wiederbelebungs- versuche blieben aber erfolglos. Ein schwerer Unfall, herbeigefuhrt durch eigenes Ver- schulden betraf den 12jährigen Sohn des auf der Teich- straße in Frankenberg wohnhaften Schlosfermeisters Lange auf der Reichsstraße. Der Knabe war trotz vor herigen Verbots auf einen dortstehenden Vogelbeerbaum geklettert, als plötzlich ein Ast vom Stamme losbrach, wodurch der wagehalsige Junge aus einer Höhe von etwa acht Metern abstürzte und auf Steinboden aufschlug. Der Unglückliche hat außer starken Hautabschürfungen einen Beinbruch erlitten und eine Gehirnerschütterung da vongetragen, ferner ist ihm das Rückgrat gebrochen. An dem Aufkommen des für seinen Leichtsinn und Un gehorsam io schwer Bestraften wird gezweifelt. In Bautzen wurde seit Sonnabend mittag das fünfjährige Söhnchen des Arbeiters Pohle vermißt. AbendS wurde es tot aus der Spree gezogen. Als Nachklang zu dem heurigen unbefriedigend ver laufenen Schützenfeste in Oelsnitz erschienen in de« letzten Nummern des Amtsblattes zwei ungewöhnliche Inserate. Eine Riesenschilbkröte im Werte von 150 Mk. war einem Schaubudeninhaber entlaufen, und der letztere sah sich genötigt, abzureisen, ohne des Ausreißers habhaft geworden zu sein. Da der Besitzer dem Wiederbringer 10 Mk. Belohnung bot, so veranstalteten eine Anzahl Knaben am Mittwoch ein Kesseltreiben in der Umgebung des Schützenplatzes, und es gelang auch, das Tier in einem Korofelde auszustöbern und einzufangen. Die zweite Ankündigung rührt vom Gerichtsvollzieher her, welcher am Freitag im Amtsgerichte fünf Faß Bier der- steigerte, die auf dem Schützenplatze einem zahlungs unfähigen Schankzeltinhaber abgepfändet worden waren und ihren Beruf verfehlt hatten. Wegen Beamtenbeteidigung und Widersetzung gegen die Staatsgewalt hatte sich vor dem Schöffengericht in Auerbach der bereits wegen Unterschlagung zu drei Jahren Gefängnis verurteilte frühere Rechtsanwalt Seiler aus Burgstädt zu verantworten. Der Anklage lagen Vorgänge zu Grunde, die sich bereits kurz vor Weihnachten vorigen Jahres im Hotel zum braunen Roß in Auerbach abspielten und seinerzeit unliebsames Aufsehen erregten. Seiler, der aus der Strafanstalt Zwickau vorgeführt wurde, erhielt eine Zusatzstrafe von 7 Wochen Gefängnis. Das 4 Monate alte Kind eines Restaurateurs iu Attttaberg ist in Abwesenheit der Mutter in seinem Bettchen erstickt. Die Untersuchung ergab, daß den Eitern eine Schuld nicht beizumcssen war. Der Ehemann war über den betrübenden Vorfall so aufgeregt, daß er öffentlichen Skandal vollführte und seine Frau mißhandelte, was schließlich noch an demselben Abend zu seiner Ver haftung führte. Die Ehefrau war nach den Angriffen ihres Mannes aus dem Hause geflüchtet und kehrte erst wieder zurück, als sie die Gewißheit hatte, daß ihr Mann polizeilich gesichert war. Vermischter. * Briefe, die sie nicht erreichten, werden jetzt in Massen vom Hotel Adlon in Berlin der Post zurück gegeben. Nämlich Bettelbriefe an Miß Annie Morgan, Der Goldfelsen. Von Ernst Glanville. - Deutsch von Georg Gutschke. 88) (Nachdruck verboten.) „Und hat er Sie belohnt für alles, was Sie erduldet baben?" fragte er. „Belohnt? Mich? Es war schön. Aber befriedigt hat er mich nicht und wird ts auch nicht, bis ich neben dem Felsen selbst stehe." „Das kann nicht sein", sagte er mit leiser Stimme. „Und warum nicht?" fragte sie, noch immer mit ab- sewandtem Gesicht. „Webster ist krank. Eine erneute Aufregung könnte ibn fiebern machen." »Er erholt sich schnell. Davon bin ich überzeugt. Die Neuigkeit, daß wir den Goldfelsen gesehen baben, wird ihn Wieder Herstellen." (Der Goldfelsen 88. Nr. 7.) „Außerdem ist Siratzo verwundet." „Sem Arm ist gequetscht, nicht gebrochen: und dann haben wir Sie." „Ich bin blind!" 262 Der lange Zwang, den er sich auferlegt hatte, brach sich Bahn — mit einem Seufzer bitterster Enttäuschung streckte er die Arme vor. „Blind stammelte sie. „Blind!" Dann sank sie neben ihm nieder, umklammerte seine Hände mit krampfhaftem Griff und blickte in sein offenes, verbundenes Gesicht. „O, Frank, warum sagten Sie mir das nicht vorher. — Wie kam das? — Lassen Sie es gut sein, lassen Sie mich Sie in die Höhle führen. Blind! Und dort auf diesem gefährlichen Abhang!" , „Ja", sagte er, vergeblich den Versuch machend, zu lachen. »führen Sie mich in das Hospital- „Hallo!" rief Webster, als sie sich der Oeffnung nahten »Ich dachte, Ihr hättet mich verlassen, mich beiseite geworfen «Hue Kompaß, ohne Esse», ich habe doch einen höchst übermäßigen Appetit. Aber seht doch nicht so niedergeschlagen« drein! Ich versichere Euch, daß ich wieder ganz munter bin. Nun — was ist denn?" ! „Du siehst, ich bin ein Krüppel, Jim, untauglich gemacht — blind — schlimmer, als unbrauchbar." „Junge, das glaube ich nicht", Webster erhob sich und trat an seine Seite. Er ergriff seine Hand und drängte ibn, als er sein verzerrtes Gesicht sah, nach dem Lager, während Laura gegen den Felsen lehnte, die Hände vor das Gesicht gepreßt. Ihr Mut hatte sie verlassen. „Verwundet, während ich hier lag wie ein Klotz. Gut — jetzt ist es meine Sache, zu helfen. Laß uns mal sehen." Vorsichtig zog er den schleckt gebundenen Verband los. Sein Atem stockte bei dem, was er sah. Sckuell warf er einen Blick über seine Sckulter. „Laura, sagen Sie Klaas, er solle etwas Wasser holen." Leise ging sie hinaus, und er untersuchte die Verletzung. Der obere Teil von Humes Gesicht war geschwärzt, die Augenwimpern und Augenbrauen waren versengt und die Augenlider festgeklebt. „Armer Junge", flüsterte er, „sie darf dies nicht sehen." «Ist es so schlimm? Werde ich je wieder sehen können, Jim?" 3 263 „Ahe, mein Junge, das wirst Du. Ich habe einen viel schlimmeren Fall erlebt, der innerhalb einer Woche bei richtiger Behandlung sich besserte. Laura, Sie sehen müde aus — legen Sie sich nieder und schlafen Sie. Das geht mich an. Klaas, bringe Wasser und etwas sauberes, feuchtes Moos." * Klaas kehrte eiligst mit dem Verlangten zurück, und Webster begann, unter sanftem Druck die Augenlider naß zu machen. Hume ergriff sein Handgelenk, „laß mich allein — Du quälst mich." „Gut — das Pulver bat die Lider durchdrungen und was Du fühlst, ist der Pulverstaub. der auf die Augäpfel drückt." Er fuhr mit dem Anfeuchten fort. „Mit dem obere» Teil Deines Gesichtes scheinst Du Klaas nachahmen zu wollen." „Jim! Seien Sie nicht so grausam", schluchzte sie. „Sie würden mich verpflichten, wenn Sie schlafen ginge«, junge Dame. Nun zum feuchten Moos." Er suchte die groben Teilchen aus dem Moos heraus, legte dann ein bißcken davon auf jedes Auge und machte einen Verband. „Nun trink diesen Branntwein und verhalle Dich ruhig." «Wie zum Teufel mag sich das eigentlich zugetragen haben?" brummte er. b 264 Eine Stunde nachher feuchtete er die Augen wiederum an und fuhr in immer kleiner werdenden Pausen während des ganzen Morgens damit fort, unbekümmert um die furcht baren Schmerzen, die der Patient erdulden mußte. „Ich will Dir was sagen", meinte er, als wenn ihm plötzlich ein Gedanke gekommen sei, „wir wollen an den Fluß zurückkehren und uns vermittels eines Flosses bis an die Küste treiben lassen. Die Ruhe wird uns allen aut tun." „Ja", tagte sie, „lassen Sie uns schnell machen. Ich hege keinen Wunsch mehr, den Felsen zu sehen." Siravos Gestalt verdunkelte die Oeffnung. „Was?" rief Webster, „bist Du auch verwundet^ „Das Volk bewegt sich dort unten", sagte der Häuptling, „dasselbe, welches wir bekämpften. Andere sammeln fick jenseits des Flusses. Ich denke, sie wollen Krieg führen." „Welchen Weg nehmen die Zulus?" fragte Hume, sich aufrichtend. „Auf die Stelle zu, an der wir letzte Nacht dke Feuer brennen sahen." „Ist das andere Volk sehr zahlreick?" . „Ahe, sie übertreffen die Zulus an Zahl, aber sie nbeine« nicht erpicht zu sein auf den Kampf. Vielleicht find fte reits angegriffen worden." „Dann wollen wir binuntersteigen." / ! „Hinuntersteigen?" fragte Laura. (Fortsckmm »-statt- . j