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fordert: also blieb er ruhig im Gefängnis. Einige Jahre später genas ein kaiserlicher Prinz von schwerer Krank heit, und zur Feier des Ereignisses wird ihm erlaubt, die Gefängnisse zu besuchen und eiue Anzahl Sträflinge jeder Anstalt zu begnadigen. Er trifft auch dabei auf den Griechen, der stch ihm weinend zu Füßen wirft. Die Geschichte schien dem Prinzen so komisch, daß er nicht umhin konnte, sie am Abend dem Padischah zu erzählen. Der Sultan sinnt einen Augenblick vor stch hi», streicht nachdenklich mit der Hand über de» Bart und meint dann plötzlich: „Also da hat der Mann so lange gesteckt! Seit Jahren wartet man auf ihn; er sollte doch bei mir Gärtner werden." Der Grieche wurde freigelasfen, aber sein Ehrgeiz war allmählich doch gedämpft worden und als einzige Gnade erbat er stch die Erlaubnis, sein An- stellungSgesuch zurückziehe» und schleunigst in sein Dorf heimkehren zu dürfen. Eine andere Geschichte ereignet sich in einem Hafen Klein-Asiens. Der Gouverneur ist besonders stolz darauf, alle Befehle prompt auszuführeu. Von Stambul kommt die Order, das im Hafen liegende türkische Kriegsschiff solle nach Marseille gehen. Uud der Gouverneur läßt den Käpitän rufen und übermittelt den Befehl. „Zu Befehl" sagt der Schiffskommandant, „aber gib mir einige Kohlen." Der Gouverneur prüft noch einmal den Befehl: von Kohlengeben steht nichts darin. Aber ohne Kohlen kann ich nicht fahren". Der Gou- verneur bleibt unerschütterlich. „Du mußt es eben ver suchen". Man versucht es. Der Dampfer wird mit einem riesigen Segel versehen, und mit dem ersten günstigen Wind lichtet er Anker. Eine Stunde später liegt er am Hafenausgang auf einer Sandbank fest. Nach langwierigen Rettungsarbeiten wird das Schiff freigemacht und zurückgeschleppt in den Hafen. Im nächsten Winter wiederholt stch das Manöver. Endlich beim dritten Male wird es dem Gouverneur klar, daß das Segel in dieser Art noch teurer ist, als eine Abfindung mit ein paar Kohlen: und um den Kapitän loszuwerden, gibt er ihm einige Zentner Kohlen. Nach wenigen Wochen kommt der Dampfer stolz heim. Der Kapitän meldet, daß er Athen besucht habe und auch Joppa, aber nirgends fand man dabei eine Stadt, die Marseille hieß. „Du hast dem Befehl nicht gehorcht", sagte zornig der Gouverneur Der Dampfer muß wieder hinaus und soll Marseille suchen. Er lichtete Anker, fuhr davon und der Gouverneur hat nie mehr etwas von dem lästigen Schiff, das soviel Kohlen kostete, gehört . . . Aus Stadt und Land. MtNNWug«« anS dem Leserkreise für diefe Rubrik nehme» wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 27. Juli. — Der Attentäter auf den Zug des Königs von Sachfen festgenommen. Man meldet aus Jglau: Nächst der Station Wiese in Mähren wurde be kanntlich im Mai auf den Schnellzug der Oesterreichischen Nordwestbahn, der den König Friedrich August von Sachsen und den Bürgermeister Hamburgs zur Huldigung der deutschen Bundesfürsten nach Wien brachte, mittels Steinwürfen ein Attentat verübt, das glücklicherweise keine ernsten Folgen hatte, da nur einige Fensterscheiben zer- trümmert wurden. Der Maschinenführer deS Schnellzuges hatte damals eine Personalbeschreibung des Attentäters gegeben, ohne daß dieser ermittelt werden konnte. Vor wenigen Tagen erblickte nun der Beamte vom Zuge aus jenen Mann in derselben Gegend und verständigte in der nächsten Station telephonisch die Gendarmerie, die diesen verhaftete. Es ist dies ein fünfzigjähriger Korbflechter namens Michael Pospichal, der als fanatischer Tscheche bekannt ist. Er leugnete bei seiner Verhaftung zwar die Tat, konnte aber kein Alibi nachweisen und wurde dem Kreisgericht eingeliefert. Die Untersuchung wird eifrig betrieben. Bekanntlich wurde der Wiener Fürstenbesuch von der tschechischen Presse als alldeutsche Demonstration hingestellt. — In der am Mittwoch abgehaltenen Sitzung des Bezirksausschusses der König!. Amtshauptman»schast Meißen fanden u. a. Genehmigung: Die ortsstatutarischen Beschlüsse der Gemeinden Deutschenbora, Constappel, Munzig, Burkhardswalde, Mtlitärleistungen im Frieden betreffend. Bedingungsweise Genehmigung wurde erteilt zum ortsstatutarischen Beschlusse der Gemeinde Tauben heim, Militärleistungen im Frieden betreffend; zur Ab- trennung des Flurstückes Nr. 286 des Flurbuches für Blankenstein vom Grundstück Blatt 39 des Grundbuches für diesen Ort — Besitzer Gutsbesitzer Maximilian Harz — und zum Gesuche des Fleischermeisters Friedrich Max Haubold in Sora um Konzession zum Schankbetriebe einschließlich des Branntweinschankes, Tanzhalten, Beher bergen und Krippensetzen im Grundstücke Kat.-Nr. 21 in Sora. Die Rechnung über das Vermögen des Bezirks- Verbandes Meißen vom Jahre 1907 wurde den gewählten Prüfern überwiesen. Mit dem Erlaß einer Bekannt machung, die Verunreinigung der Flußläufe betreffend, erklärte stch der Bezirksausschuß einverstanden, nahm Wetter Kenntnis von der Umänderung des Ausschusses für heimische Bauweise, dem der Bezirksverband als Mit glied angehört, in einen Landesverein unter dem Namen „Sächsischer Heimatschutz", sowie von einer Verordnung über die allgemeinen Grundsätze über Verteilung der Wegebaubeihilfen, beschloß Befürwortung der Befreiung von den entgegenstehenden Bestimmungen hinsichtlich des ersten Nachtrages zum Regulativ über die Aufbringung der Gemeindeanlagen in Graupzig, sprach stch über die Art der Aufbringung der durch den Besuch der Wieder- holungs- und Fortbildungskurse für Hebammen ent stehenden Kosten aus, bewilligte die Uebernahme der Kosten für eine zweimonatige Kur eines Kindes einer armen Familie ans die König-Albert-Stiftuug und stimmte schließlich der beabsichtigten Versagung der Bestätigung der Wahl eines Gemein deältesten zu. Nach Beendigung dieser Sitzung wurde im kleinen Saale des „Hamburger Hofes" unter Leitung des Herrn AmtshauptmannS Freiherrn von Oer ein Bezirkstag abgehalten, in dem drei Verhandlungsgegenstände zur Beratung und Beschluß fassung gelangten. Der erste Punkt der Tagesordnung, der eine Anregung des Königlichen Finanzministeriums hinsichtlich der Zahlung der bisher den Amtsstraßeu- meistern aus Bezirksmitteln gewährten Vergütung für die KommunikatiouSwege-Aussicht an die Staatskasse betraf, fand nach längerer Aussprache durch Ablehnung des An geregten seine Erledigung. Weiter staud die Bewilligung eines Beitrages von 3000 Mark au die Stadt Meißen als Beihilfe zu denjenigen 14000 Mark, die sie für die Verbreiterung der Unterführung der Triebischtalstraße am Buschbad an die Königliche Generaldirekttou der Sächsischen Staatseisenbahneu als Beitrag zu zahlen übernommen hat, zur Beratung. Der Bezirkstag be- willigte einhellig die bezeichnete Summe und gab schließlich die Genehmigung zur Entnahme eines Betrages aus dem NotstandfoudS zwecks Unterstützung ciszelner schwer ge schädigter und in ihrer Existenzbedrohter Beztrkscingesefsmen. — Ei« Streit um die Wegeunterhaltungs pflicht. Die Königliche Kreishauptmannswafl Dresden als Verwaltungsgericht verhandelte am Donnerstag unter Vorsitz des Kreishauptmanns Dr. Rumpelt in der Klage sache des Rittergutes Jahna gegen die Gemeinde Niederjahna, in der es sich um die Unterhaltung von Wegen handelte. Der Sachverhalt ist nach dem „Meißn. Tagebl." folgender: Die beklagte Gemeinde stellt durch aus nicht in Abrede, daß die Unterhaltungspflicht hinsicht lich der Wege, die durch Gemeindeflur führen, ihr obliegt, macht aber geltend, das Rittergut sei auf Grund eines alten Abkommens verpflichtet, ihr die Kosten der Wege- Unterhaltung zu erstatten. Seit erdenklichen Zeilen habe das Rittergut auch anstandslos die Wege ausgebcssert, wofür ihm audererseits Vorteile aus der Grasuutzuug verschiedener, der Gemeinde gehöriger Wirtschaftsparzellen erwachsen wären. Auch aus Billigkeitsgründen bestände eine Wegeunterhaltungsvflicht, denn die Benutzung der fraglichen Wege durch das Rittergut sei eine unverhält nismäßig viel größere als die durch die Gemeinde. Wenn es in den letzten Jahren vereinzelt vorgekommen sei, daß die Gemeinde verschiedene Wege ausgebefsert habe, so sei dies unter besonderen Verhältnissen und unter Vorbehalt aller Rechte geschehen. Das Rittergut bestreitet oem- gegenüber ganz entschieden, daß ein altes Abkommen in der gekennzeichneten Richtung bestehe. Die Wege seien erst seit den sechziger Jahren vom Rittergut unterhalten worden, und zwar lediglich aus Gefälligkeit der damaligen Lehnsinhabertn gegenüber der bedürftigen Gemeinde. Letztere wolle nun aber hieraus eine Verpflichtung des Rittergutes herleiten. Die Vorteile, die letzteres haben soll, seien ganz geringfügiger Art. Das Rittergut sei ein Fideikommiß, deren Besitzer die Verpflichtung haben, es ohne Verminderung seiner Rechte zu erhalten. Von der Königlichen Amtshauptmannschaft Meißen fiud zahlreiche alte Akten herbetgezogen worden, um Klarheit zu schaffen, auch wurde der frühere Rittergutkpächter, jetzige Privat mann Gießmann aus Obermeisa, als Zeuge vernommen Dieser Hal bekundet, daß er während der Pachtdauer (von 1864 bis 1906) sämtliche Wege ohne Unterschied ausgebefsert hat, freiwillig und teils aus Gefälligkeit, teils, weil die durch Gemeindeflur führenden Wege viel vom Rittergut benutzt werden müssen. Ob ein alles Herkommen besteht, das das Rittergui^zur Wegeunterhaltung ver- pflichtet, vermochte der Zeuge nicht zu bestätigen, ebenso- wenig kounte er angeben, ob und auf welcher Vereinbarung für die Wegeausbesserung dem Rittergute die Nutznießung der alten Docfaue überlasten worden ist. Die herbei- gezogenen Akten enthielten ebenfalls nichts, was auf eine Wegebaupflicht schließe» ließe, auch ist auf dem Lehnhof- Grundbuchblatt irgendwelche Verpflichtung nicht ver- lautbart. Da die Beschaffenheit der in der Gemeindeflur führenden Wege in letzter Zeit viel zu wünschen übrig ließ, so gab die Amtshauptmannschaft am 13 November 1907 der Gemeinde auf, gemäß 5 2 des Wegebaugesetzes die Wegeausbesserung auszuführen, und stellte es ihr an heim, gegen das Rittergut klagbar zu werden, falls sie glaube, das Rittergut sei zur Unterhaltung verpflichtet. Inzwischen halte aber schon die Rittergutsherrschaft den Prozcßweg gegen die Gemeinde beschritten auf An erkennung der Wegebaupflicht derselben. Vom Rittergut ist früher ein Vergleichsvorschlag gemacht worden, um die Streitigkeiten, die in der Gemeinde große Erbitterung hervorgerufen haben aus der Welt zu schaffen. Das Rittergut erklärte sich danach bereit, die Wegeunter- haltuugspflicht zu übernehmen, wenn die Gemeinde in die Ausbezirkung einiger bäuerlicher, dem Rtttergute gehöriger Flurstücke aus der Gemeindeflur willige. Die Gemeinde hat indessen diesen Vergleichsvorschlag, der vom Gerichtsvorsttzenden als sehr annehmbar für die Gemeinde bezeichnet wird, abgelehnt. Die Kreishaupt mannschaft hielt nach längerer Verhandlung den Nachweis, daß ein altes Abkommen bestehe, welches dem Rittergute die Verpflichtung zur Wegeuuterhaltung auferlege, für nicht erbracht und erkannte deshalb im Urteil, daß die Gemeinde verpflichtet ist, die durch ihre Flur führenden Wege zu bauen uud zu unterhalten. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Gemeinde auferlegt. — Noch einmal Grete Beier. Die Beerdigung der Grete Beier, die am Donnerstag um */,7 Uhr abends in aller Stille auf dem Johannisfriedhofe in Tolkewitz erfolgen sollte, mußte unterbleiben, da der Leichenwagen, der um halb zehn Uhr vormittags Freiberg verlassen hatte, erst uw 8 Uhr abends, da es bereits zu dunkeln begann, auf dem Friedhöfe eintraf. Der mit einem Rosenkranz geschmückte gelbe Sarg wurde in die Fried- Hofshalle getragen. Der Friedhof war mit Menschen- massen geradezu überfüllt, sodaß er unter Zuhilfenahme eines starken Polizeiaufgebots geräumt werden mußte. Eine Anzahl Frauen Übergaben dem Friedhofsinspektor Kränze mit dem Auftrage, mit ihnen den Sarg der Mörderin zu schmücken. Die Beerdigung erfolgte am Freitag in aller Frühe, um neuen Menschenansammlungen nicht zu begegnen. Trotzdem fand sich im Laufe des Vormittags noch außerordentlich viel Publikum auf dem Friedhöfe ein. Angehörige der Beier waren nicht er schienen. — Verschiedene Blätter berichteten, daß der Bruder des ermordeten Preßler, Herr Affeffor Dr. Preßler, vor der Hinrichtung die Grete Beier besucht habe. Wir nahmen von der Meldung keine Notiz, da sie von vorn herein den Stempel der Erfindung an stch trug. Hierzu schreibt der „Freib. Anz.:" „Nicht Herr Dr. Preßler war am Mittwoch nachmittag, als die Mörderin mit ihrer Mutter das Abendmahl nahm, eiue Stunde laug iw Ge fängnisgebäude, sondern ei» italienischer Psychiaters Herr Pros. Dr. Bertolini, der aus Empfehlung vom Justiz ministerium Zulassung erwirkt hatte und aus dem einige Reporter schleunigst de» Bruder des Ermordeten ge macht hatten." — In einer Erklärung, die Dr. Knoll, der Verteidiger der Beier, den „Dresdn. Nachr." zugehen läßt, beißt es: „Es ist nicht zutreffend, daß Grete Beier eine Zusammenkunft mit dem Bruder ihres ermordeten Bräutigams gewünscht, und daß dieser sie iu der Ge- faugeurnaustalt besucht hätte. ES liegt insofern offenbar eine Persouenverwechselungvor. Es hat stch nämlich am Mittwoch nachmittg ein Herr, der sich als italienischer Rechtsanwalt und Professor ausgab, in der Gefangen- austalt eingestellt, um Grete Beier zu sprechen, angeblich, um pysiologische und psichiatrische Studien zu machen. In diesem Herrn scheint man de» Bruder des Ec» mordeten vermutet zu haben. Zur Vollständigkeit meines Berichtes füge ich bei, daß ich selbstverständlich diesem gemütvollen Herrn es abgelehnt habe, meine Klientin zu sprechen, wie ich auch, nachdem mir gemeldet worden war, daß er es unternommen hätte, die Guillotine und dem Scharfrichter zu photographieren, sofort bei der Königlichen Staatsanwaltschaft die erforderlichen Schritte getan habe, um das offenbar nur Reklamezwecken dienende Treiben dieses Herrn zu unterbinden. Ferner bitte ich davon Notiz zu nehmen, daß ich eine Audienz bei Sr. Majestät dem König nicht nachgesucht habe. Ich hatte allerdings den Wunsch geäußert, eine Audienz bei Sr- Majestät gewährt zu erhalten, es war mir aber von kompetenter Seite eröffnet worden, daß Se. Majestät in Gnadensachen prinzipiell jede Audienz ablehne, uud daß auch im vorliegenden Kapitalfalle keine Ausnahme ge macht werde. Angesichts dieses Umstandes blieb mir nichts weiter übrig, als das schriftliche Gnadengesuch einzuretchen, das die Herren Geschworenen mit unter schrieben hatten, und noch ein weiteres, persönliches Schreiben meinerseits beizufügen. Endlich ist es eine- unzutreffende Annahme, daß die einzelne» Ausgänge und Türen in Freiberg deshalb mit Polizei besetzt gewesen seien, weil man ein Entweichen der Verurteilten ge fürchtet hätte. Mit einem solchen Entweiche» war schlechterdings nicht zu rechne». Grete Beier war mutig entschlossen, ihre Schuld mit dem Tode zu sühnen. Ihr Gottvertrauen und ihr Vertrauen auf Vergebung und eia Wiedersehn mit ihrem Vater war unerschütterlich, daher auch ihre Ruhe auf ihrem ^letzten, schweren Gang. Das starke Polizeiaufgebot war vielmehr ver anlaßt worden durch den am Tage vorher schon vor dem Landgerichtsgebäude entstandenen ungeheuren Volksauflauf. Es waren deshalb Vorsichtsmaßregel» getroffen worden, damit ein gewaltsames Eindringen des Publikums in den Hof des Landgerichtsgebäudes verhindert uud die Ordnung unbedingt aufrecht erhalte» wurde. — Wir haben uns schon wiederholt gegen den Teil der bürger lichen Presse gewendet, der sich bezüglich der erbarmungs losen uud raffinierten Mörderia mit der sozialdemokr«tischen Presse in sentimentalen Redensarten mit romantischem Aufputz gefällt, um dem unklaren uud unbedachten Mit leid der Menge zu schmeicheln. Sehr richtig uud zeit» gemäß ist cs, wenn die „Leipziger Neuesten Nachrichten" der Sozialdemokratie gegenüber u. a. folgendes geltend machen: „Wir fordern im Namen der Humanität die Abschaffung dec Todesstrafe, ses gesetzlichen Mordes," so klingt eS uns aus den soziatist schen Blätter« entgegen. Vom „ungesetzlichen Mord" ist dort mcht die Rede, wohl aber haben wir recht osl aus derselben Richtung Stimmen jubelnden Beifalls vernommen, wenn „das Volk" zum Schwerte deS Richlers griff oder wenn, mit anderen Worten, irgend ein Held vou Dynamit die Bombe schleuderte, wenn ein König mit seinem jungen Sohne uiedergeschossen und selbst unschuldige und harmlose Spaziergänger oder CafeehauSgäste niederge- kuallt wurden. Das widerspricht dann nicht den Ge setzen der Humanität, da erheben sich nicht die roten Prima donnen, um im Diskant der höchsten Entrüstung ihre Klagelieder hinauszuschmettern und die Wasserbäche Babylons mit ihren Tränen zu speise». Da sind die Richtersprüche zwar ohne Untersuchung, ohne Vernehmung, ohne Verteidigung, ohne An wendung vou Gesetzen gefällt, und ohne daß dem Opfer Zeit blieb, seine weltlichen Angelegenheiten zu ordnen, auch schleunigst vollstreckt worden. Aber für oiese höhere uud höchste Gerechtigkeit sind eben die Menschen, soweit sie nicht auf Singer und Bebel schwören, noch nicht völlig reif, ebensowenig wie für jenen Zukunftsstaat, in dem es nach der Lehre des Großmeisters keine Justiz paläste, keine Gerichtshöfe, keine Gefängnisse und keine. Zuchthäuser mehr geben wird. Nach seiner Lehre — die Praxis hat freilich ein anderes Gesicht. Denn sowoh die Kommune, wie vorher die große Revolution diese großen und herrlichen Manifestationen der Humanität, haben keineswegs das Richterschwert in das Museum verbannt, sondern mit schönem Eifer auf kräftige und zierliche Nacken Herab sauseu lassen. Dec Justizmintster der Revolution, Danton, hat sogar freilich den Urhebern der September morde, des furchtbarsten Blutbades, das die Geschichte kennt, seinen Glückwunsch ausgesprochen. — Die „Deutch^ Tageszeitung" sagt ebenfalls iu einer Auseinander setzung mit der sozialdemokratischen Presse: Die „wahr haft natürlichen Empfindungen werden durch eine Mordtat, wie sie Grete Beier verübt hat, aufs schwerste verletzt uud verlangen dafür eine angemessene, ausreichende Sühne. Wenn irgendwo die Todesstrafe berechtigt? und geboten war, wenn irgendwo kein Anlaß zum mestschlicheu Mit leid vorlag, so war es im Falle Beier. /Das, was sie