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Beilage zu Nr. 77. Donnerstag, 9. Juli 1908.. WS in der katholischen Kirche in Mittweida verübt worden. Während des Gottesdienstes ist man in das zur Wohnung des Geistlichen gehörige Expeditionszimmer eingedrungen und hat zwei Schreibtische erbrochen. Gestohlen wurden über 400 Mar! Bargeld und für etwa 30 Mark Post« Wertzeichen. Die am 29. April 1894 geborene Kochscholarin Neu« bauer aus Frankenberg wird vermißt. Sie ist am 28. bis mit 30 Juni dss. Js. nach Olbernhau beurlaubt gewesen, soll am 1. dieses Monats vormittags mit der Eisenbahn auf dem Freiberger Bahnhof eingetroffen und in Begleitung einer Frau gewesen sein. Da die Neu- ' bauer bis jetzt weder an ihrer Arbeitsstätte eingetroffen noch zu ihren Eltern zurückgekehrt ist, dürfte nicht ansge« schloffen sein, daß ihr ein Unglück zugestoßen oder daß sie > sonst verschleppt oder gar einem Verbrechen zum Opfer gefallen sei. Auf einem Grundstücke der Platanenstraße in Chemnitz stürzte ein im Hofraume aufgestapelter Bretterstoß um und verschüttete vier im genannten Hause wohnende, in un mittelbarer Nähe des Bretterstoßes spielende Kinder. Von diesen erlitt ein drei Jahre altes Mädchen einen Schädelbruch, ein anderes einen Bruch des rechnen Ober- schenkels, während etn 11 Jahre altes Mädchen mit un> bedeutenden Hautabschürfungen im Rücken und ein zwei Jahre alter Knabe gänzlich unverletzt davon kamen. Während die beiden Festdampfer mit den Teilnehmern des Jngenteurtages in Rathen ankerten und die Fest« teilnchmer den Aufstieg nach der Bastei unternahmen, ertrank beim Baden im Elbstrom der Kellner des einen Dampfers, der «Augusta Viktoria". Die Leiche des 21- jährtgen Verunglückten ist noch nicht gefunden. Im Saatzer Walde an der böhmischen Grenze wurde an der achtzehnjährigen Marie Engel ein Lustmord verübt. Zwei Zigeuner wurden als der Tat verdächtig verhaftet. Sonntag abend um ^8 Uhr ist der Ballon des Chemnitzer Luftschiffers Paul Spiegel, der nachmittags in Plauen i. V. aufgesttegen war, in der Nähe von Asch, hart an der österreichisch.bayrtschen Grenze gelandet. Etwa 5 Minuten von der Landungsstelle entfernt fand das Schützenfest statt; von dort liefen Tausende dem rasch sinkenden Ballon nach. Als letzterer nur noch wenige Meter über dem Erdboden schwebte, flog er ein Stück über dem Bahngelcise entlang, auf dem man in kurzer Entfernung den von Hof kommenden Personenzug heran« brausen sah. Der Menschenmenge bemächtigte sich eine große Erregung. Da hob sich plötzlich der Ballon noch mals und — der Zug dampfte knapp darunter hinweg. Etwa 100 Meter von dieser Stelle entfernt, an dem Saume des Waldes, berührte die Gondel den Erdboden. Dieser entstieg außer dem Leiter des Ballons eine Dame Inzwischen war die Menschenmenge um den Ballon zu Tausenden angewachsen. Plötzlich entstand tn der Masse wieder eine Aufregung; es waren nämlich ein Manu und 1 rrei Kinder, die sich unvorsichtigerweise dem Ballon ans )er Seite, nach der das Gas ausströmte, zu weit genähert hatten, infolge des ausströmenden Gases zusammengebrochen und wurden bewußtlos vom Platze getragen. Eines der , Kinder erholte sich rasch wieder, bei dem Manne und den , anderen beiden Kindern dauerte es längere Zeit, bis sie § die Besinnung wiedererlangten. Der Luftschiffer konnte , später ungestört mit Hilfe mehrerer Männer die Bergung , des Ballons vornehmen. s Aus Sachsen. Wilsdruff, den 8. Juli. ZurkünstlerischenAusschmückung des Dresdner Rathauses ist, wie die „Dresdner N. N." Mitteilen, ein Nachtragskostenanschlag bearbeitet worden, in dem die Be schaffung einer größeren Reihe von Kunstgegenständen vor gesehen ist. Das angezogene Blatt berichtet darüber „Für das Zimmer des Stadtverordnetenvorstehers soll ein geschnitztes Relief für 3500 Mk. angeschafft werden für das Sitzungszimmer des 1. Ausschusses werden ein Porträt des Stadtverordnetenvorstehers für 7000 Mk. und vier landschaftliche Bilder für 12000 Mk., für das des 2. Ausschusses sieben Landschaften für 28000 Mk und für dos des 3. Ausschusses der Stadtverordneten drei Oelbilder für die Deckenfelder im Preise von 7500 Mk. beschafft werden. Ein Wandgemälde für den Gesamtratssitzungssaal, die Ratsmitglieder darstellend, ist mit 50000 Mk. veranschlagt. Im neuen Leipziger Rat- Hause befindet sich ein ähnliches Bild, das die Ratsmit glieder zeigt, denen Stadtbaurat Licht, der Erbauer des Leipziger Rathauses, den Plan zu dem Neubau erklärt Im Zimmer der 1. Ratsabteilung soll ein Porträt des Oberbürgermeisters Platz finden, das 8000 Mk. kosten wird, das Zimmer der 3. Ratsabteilung sollen acht Städtebilder schmücken, für die 32000 Mk. bereit zu stellen sind. Die Ergänzung des Figurenschmuckes am Aeußeren wird 50400 Mk. Kosten verursachen, die aus der Dr. Güntz Stiftung bestritten werden sollen. Am Ratskellereingang soll eine Figur für 9000 Mk und im Festsaal eine Königsbüste im Werte von 15000 Mk. aus gestellt werden. Der gesamte Schmuck, der in dem Nach« tragskostenanschlag vorgesehen ist, wird einschließlich einiger Bilder für den Sitzungssaal der 2. Ratsabteilung 230400 Mark Kosten verursachen." — Wie man aus Dresden mitteilt, wird diese Aufstellung von der steuerzahlenden Bürgerschaft mit sehr geteilten Gefühlen ausgenommen. Man würde weniger scharf über die geplanten Ausgaben für künstlerische Zwecke urteilen, wenn den Gegenstand der auf Kosten der Stadt gesetzten Denkmäler nicht zum größten Teil die Ratsmitglieder selbst bildeten. Ein Unglücksfall mit tödlichem Ausgange ereignete sich in Leipzig-Kleinzschocher. Das drei Jahre alte Töchterchen des Friseurs Gotter hatte sich in Abwesenheit der Mutter eine Schachtel Streichhölzer angeeignet und damit gespielt, wobei die Kleider der Kleinen in Brand gerieten und das Kind ausgedehnte Brandwunden am ganzen Körper erlitt, so daß es sofort nach dem Stadt krankenhause gebracht werden mußte. Dort ist das Kind alsbald gestorben. Ein dreister Einbruchsdiebstahl ist am Sonntag - ein anschauliches Bild von dem Umfang dieser größten > industriellen Unternehmung Deutschlands. Das nominelle Aktienkapital, als dessen Inhaberin die Tochter des ver- . storbenen Friedrich Albert Krupp genannt wird — neben ihr erscheinen vier formelle „Mitgründer" mit dem Kapital von je 1000 Mk. -, beläuft sich auf 180 Mill. Mk., dürfte aber, dem Ertrag entsprechend, mit dem mehrfachen Werte anzusetzen sein. Ein Kursstand ist ja nicht festzu stellen, da das Kapital in festen Händen ist und die Aktien an der Börse nicht „gehandelt" werden. Die verschiedenen Reservefonds belaufen sich auf rund 23^ Millionen, Depositen von Werksangehörigen auf 27,7 Millionen Mark. Diese Kapitalbeträge drücken nur unvollständig die technische Bedeutung und die wirtschaft liche Macht dieser Unternehmungen aus. Deutlicher ergibt sich das aus den im Prospekt gemachten, den neuesten Stand dieses Unternehmens darstellenden Angaben über die einzelnen Bestandteile des Betriebes. Da ist als Hauptstück die Gußstahlfabrik Essen. Den Stahl erzeugen dort 7 Stahlwerke mit zusammen 38 Oefen von 12 bis 50 Tonnen Fassungskraft, ferner 1 Tiegelstahlwerk für Güsse bis zu 80 Tonnen, und ein Elektrostahlwerk. Zur Weiterverarbeitung des Materials dienen sech zehn Walzenstraßen, 79 hydraulische Pressen, darunter 8 mit 1800 bis 10000 Tonnen Druckkraft, 181 Hämmer bis zu 50000 Kilogramm Fallgewicht, 7160 Werkzeug maschinen, darunter die größten bisher gebauten, 384 Dampfkessel, 554 Dampfmaschinen mit zusammen 67556 Pferdekräften, 1991 Elektromotoren von zusammen 34917 Pferdekräften, 847 Kräne bis zu 150000 Kilogramm Tragfähigkeit. Die Steinkammer liefert täglich 22830 Kilogramm feuerfeste Steine, die vier Wasserwerke lieferten im letzten Geschäftsjahr 16687000, das Gaswerk 19834880 Kubikmeter. Die Elektrizität erzeugen 7 Werke, die 2663 Bogenlampen, 27640 Glühlampen und 1991 Elektro motoren speisen. Das Eisenbahnnetz umfaßt 130 Kilo meter Gleise, die von 52 Lokomotiven und 2392 Wagen befahren werden; täglich Verkehren etwa 50 Züge. Ein Telegraphennetz mit 20 Stationen und ein Telephonnetz mit 542 Anschlüssen dienen dem inneren Verkehr. Zur Gußstahlfabrik gehören ferner 3 Schießplätze, wovon der in Meppen 25 Kilometer lang und 4 Kilo meter breit ist. Eine eigene Kosumanstalt unterhält 92 Verkaufs stellen mit Dampfbäckerei, 2 Schlächtereien usw. Weitere gewaltige Werke sind: die Friedrich-Alfred- Hütte bei Rheinhausen mit 8 Hochöfen, 2 Stahlwerken usw., einem eigenen Hafen von 7 Hektar Wasserfläche und einem Kat von 530 Metern Länge. — Weiter das Stahl werk Annen mit 5 Oefen — das im Jahre 1893 er worbene Grusonwerk in Magdeburg-Buckau — die 1902 erworbene Germaniawerft in Kiel-Gaarden mit 23,5 Hektar Grundfläche und einer Wasserfront von 800 Metern — die mittelrheinischen Hüttenwerke mit 7 Hochöfen, Gießerei und Maschinenfabrik. Diese gewaltigen Verarbeitungsbetriebe schließen sich an einen umfassenden eigenen Bergwerksbetrieb, der an mehreren Orten 8 Förd.rschächte auf Steinkohlen sowie eine Reihe weiterer Felder zu künftiger Bearbeitung, Lin Riesennnternehmen. Ein Prospekt, den die Friedrich Krupp-Aktien gesellschaft anläßlich der Aufnahme einer Anleihe von nicht weniger als 50 Millionen Mk. veröffentlicht, gibt Der Goldfelsen. Lon Ernst Glanville. — Deutsch von Georg Gutschke. 721 (Nachdruck verboten.) „Wir unternahmen die Reise, um einen Zweck damit zu verbinden, und dieser läßt uns nicht zurückkehren. Willst Du mit uns kommen?" „Wenn Sirayo eine Reise unternimmt, weiß er zuvor, wohin er geht und warum. Ihr jagt nicht, und Euer Leben ist mehr wert, als der Anblick der Berge." „Wir haben von einem gelben Felsen erzählen hören, der hinter dem Berge liegen soll: wir wollten sehen, ob etwas Wahres an der Erzählung ist." 214 „So -l Ich habe die Geschichte gehört. Schon viele haben sich auf den Weg gemacht nach jenem Felsen, aber keiner ist rurückgekehrt." „Dann befindet er sich also dort?" fragte Hume. . -O' atze, wenn er noch nicht gefunden ist, existiert er viel leicht gar nicht. Eine Erzählung bildet sich leicht aus dem Nichts heran und lebt dann lange im Munde der alten Leute nach- Dieser Felsen soll glänzend gemacht sein von den alten Bollern, bis er wie eine Flamme leuchtete, aber der Mann, der die Erzählung herumbrachte, wird wohl nur die Sonne sich in dem Armschmuck eines schönen Mädchens haben spiegeln sehen." (Der Goldfelseu 72. Nr. 7.) „Ganz egal. Wir wollen danach suchen und mit Deiner Hilfe." Der Häuptling nahm eine Brise Schnupftabak. „Wir müssen die Spur verwischen. Latz Deinen Freund mit mir kommen, damit wir von hier aus eine neue ^>pur legen; haltet Ihr Euch am Fluß entlang." Das geschah. Webster blieb mit Sirayo zurück und die anderen gingen langsam weiter, bis sie den Fluß rauschen hörten; hier warteten sie auf die Morgendämmerung und hüllten sich in ihre wollenen Decken. Als der Morgen graute, wurden Vorbereitniigen getroffen, den Fluß zu kreuzen, denn man befürchtete, daß die Zulus Hunde auf die Spur bringen könnten. In erstaunlich kurzer Zeit stellte Webster ein kleines Flotz aus Treibholz her, welches gerade groß genug war, Laura, die Gewehre und das Gepäck zu tragen, während die Männer nebeuberschwammen. Ohne Unfall erreichten sie das andere Ufer und landeten an einer mit Steinen bedeckten Stelle, über welche hinweg sie sich in den Schub des Waldes begaben, bis sie unter einer Baumgruppe Halt machten. Hier legten sie aus trockenem Holze ein Feuer an, damit kein dicker Rauch aufstieg; den Bündeln wurde ein kleines Gestell ent nommen, der Kessel anfgebängt und aus den Decken für Laura ein kleines lauschiges Lager bereitet. „Die Zulus sind zufrieden", sagte Sirayo, als dann fernes Geheul hörbar wurde, „sie haben erreicht, was sie wollten — Euren Wagen — Eure Ochsen — Euer Gepäck, und wenn sie einige Leute verloren haben, dann geht die Beute eben in um so wenigere Teile." „Aber die Weißen, die bei ihnen waren, werden dit'Ver- folguug sobald nicht aufgeben." «O. ave, der Hab des weißen Mannes reicht weit, ebenso weit wie seine Kugel, vergebt aber, wenn Ihr außer Sicht seid und ist bald vergessen: diese waren übrigens nicht von Eurer Art; es waren gelbe Männer von der Küste." „Portugiesen!" 3 215 „Ich weiß nicht, aber sie schwatzen viel, machen viel Un sinn mit den Frauen und zeigen ihre Zähne, wenn sie böse sind; überdies sind sie faul und von kleiner Gestalt." „Es sind sicher Portugiesen", sagte Hume, einen ver stohlenen Blick auf Laura werfend. „Sie können sich darauf verlassen", sagte sie, „daß Leutnant Gobo uns auch jetzt noch verfolgt, obgleich dann ein anderer Beweggrund als der der Rache zugrunde liegen muß. Seine Hartnäckigkeit stände in gar keinem Vergleich zu der Bclcioignng, die wir ihm zugesügt haben." Sechsundzwanzigstes Kapitel. Goldfelsen-Phantasien. Die erste Nacht verging in aller Rube, bi» und wieder nur durch das Brüllen eines Büffels unterbrochen und am Morgen umlagerten sie das Feuer, atzen unschmackhaften „Mehlkuchen", den sie über den Kohlen gebacken batten und tranken aus verzinnten Gefäßen beißen schwarzen Kaffee dazu. Plötzlich setzte Webster sein Kännchen auf den weichen Erdboden nieder, warf de» Kopf zurück und lachte lange und herzlich. „Nun, was ist?" kragte Laura, ihre Lippen zu einem Lächeln verziehend. „Verzeiht mir", sagte Webster, der sich vor Lachen kaum helfen konnte, „aber auf mein Wort, von allen Arten, sein Glück zu versuchen, ist diese doch die possierlichste." Und er lachte wieder. „Ich sehe durchaus nichts Scherzhaftes darin", brummte Hume, durch den Dampf, der seinem Kaffee entströmte, den Freund betrachtend. 3 216 „Richtig, das ist es ja gerade, was die Sache so absurd erscheinen läßt. Wir haben große Ausgaben gehabt, und unheimlich viel Unruhe, haben ein Jahr oder einen Monat - ich Weitz nicht wie lange — dazu gebraucht, um hierher zu gelangen und nun schwimmen wir herum, mit Vorräten, die etwa zwei Wochen anhalten." „Ich bedarf ja allerdings etwas der Aufmunterung; aber hierin finde ich durchaus keinen Scherz." »Mann, Scherz genug, wenn Du es nur in dem richtigen Licht betrachtest." Behutsam hob er sein Kännchen und be- gann, den heißen Kaffee zu schlürfen, während ihm die Augen vor Vergnügen funkelten. „Der fürchterlichste Teil, meiner Meinung nach", sagte Laura, „ist die Gleichgültigkeit, mit der wir uns in diesen plötzlichen Wechsel finden. Sehen Sie mal meine Hände a«, wie raub die sind." (Fortsetzung folgt.i