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740 N? 35 PAPIER-ZEITUNG. Eine grosse Buchbinderei. Wir finden zur Zeit leider nicht viele Fabriken und Werkstätten, die dem Blick eines Fach mannes, noch viel weniger Jemandem offen stehen, der das, was er gesehen, nicht bloss für sich behält, sondern auch anderen, vielleicht gar durch die Zeilen einer verbreiteten Zeitung, mittheilt. Noch weniger Fabrikanten finden sich, die aus freiem Antriebe zu einem Besuch und einer Kritik einladen. Vor kurzer Zeit jedoch ging eine derartige Aufforderung an uns, der wir gern durch Hinsendung eines unserer Mitar beiter nachkamen. Der Besuch galt der Buchbinderei mit Dampf-1 betrieb von II Sperling in Leipzig, Eilenburger Strafe. Dies Geschäft wurde im Jahre 1846 begründet, dehnte sich im Laufe der Zeit stetig I Es ist leicht zu ersehen, dass Fig. 1 das obere, Fig. 2 das untere Stockwerk darstellt. Wollen wir den Gang so machen, dass wir der Entstehung des Buches folgen, so müssen wir zuerst die Treppe hinaufsteigen, wir be finden uns dann an der Stelle vorn in dem Bilde, wo die Ballen von gedrucktem Papier aus der Druckerei kommen. Hier sind fast ausschliesslich Mädchen beschäftigt, die an Tischen auf der linken Seite der Gallerie die Bogen falzen und zu Bänden Zusammenlegen. Die zu vollständigen Bänden geordneten Bogen kommen dann unter eine Schraubenpresse, wo sie eine Zeitlang verbleiben und dann an die Heftmaschinen auf der rechten Gallerie abge geben werden. Hier stehen vier Brehmer’sche Drahtheft maschinen, die ausschliesslich zum Heften benutzt werden. Nur in Ausnahmefällen und | werk, welches den Zweck hat, die Bücher zu glätten, aber nur für Bücher benutzt wird, deren Druck nicht sehr empfindlich ist: Illustra- tionswerke werden stets unter der Schrauben presse geglättet. Sollen die Bücher mit Goldschnitt versehen werden, so kommen sie nach dem Raum links hinten und werden dort den verschiedenen be treffenden Operationen unterworfen. Maschinelle Einrichtungen haben wir zu die sem Zwecke nicht vorgefunden, können aber anführen, dass die Arbeit gut und sorgfältig ausgeführt wird. Hiermit hätten wir unsern Rundgang auf der Gallerie beendet, gehen nun auf der Treppe, hinten bei der Uhr, abwärts und gelangen in den zweiten Raum Uns zur Linken liegt ein Haufen gehefteter Bücher, die hier auf dem Schnitt marmorirt werden. Betrachtet man solch’ einen Schnitt, Fig 1. aus, bis unter der Leitung des jetzigen Inhabers I wenn der Firma der Bau eines neuen Fabrikgebäudes beschlossen und dasselbe im Jahre 1878 be zogen wurde. Das Gebäude ist von gefälligem Aeusseren, zwei Stock hoch und enthält in dem, dem Ein gänge zugewandten, Theile Räumlichkeiten für den Werkführer und einiges Personal, dann das Comptoir und eine Verkaufsstelle von Bier etc. für die Arbeiter: dagegen bildet der andere grössere Theil des Hauses einen einzigen nur durch eine Gallerie unterbrochenen Raum für die Buchbinderei. Vom Haupteingange führen zwei Thüren in den Fabriksaal, die erste im Erdgeschoss für die männlichen, die zweite im oberen Stockwerk für die weiblichen Arbeiter. Um unsern Lesern ein klares Bild von der ganzen Anlage zu geben und die Beschreibung zu erläutern, fügen wir zwei Holzschnitte hinzu. I Fig- 2. rosser Andrang von Arbeit da ist, wer den auch die älteren Vorrichtungen zum Hand heften verwendet. Wie Bücher mit der Drahtheftmaschine ge heftet werden, haben wir bereits auf Seite 650 der No. 31 mitgetheilt. Nach Verlassen der Heftmaschine werden die Rücken der Bücher geleimt und dann die drei Seiten beschnitten. Hierzu dient eine dreiseitige Riesbeschneid- maschine, welche die Bücher selbstthätig be schneidet. Das Buch wird dabei bekanntlich auf einen Tisch gelegt, der sich um eine ver tikale Axe dreht und nach dem ersten Schnitt so bewegt, dass die lange und dann wieder die kurze Seite des Buches dem Messer zugewendet ist. Der Betrieb geschieht, wie bei den meisten hier befindlichen Maschinen, von der Trans mission aus. Wir begegnen nun einem Walzen - Satinir- so dürften wohl viele auf die Vermuthung kommen, dass die Marmorirungen aufgemalt oder mittelst einer Schablone etc. hergestellt werden, aber Leute vom Fach wissen wohl, wie es gemacht wird, denen, die es noch nicht wissen, wollen wir die einfache Prozedur hier mit- theilen. In einem Kästchen befindet sich eine Lösung aus Traganth und ähnlichen Materialien, auf deren Oberfläche man mit einem flachen Pinsel, Bürste und Sieb die Marmorfarben aufspritzt. Diese bleiben in Pünktchen und Fäden auf der Oberfläche ruhig liegen und man hat jetzt nur nöthig, das Buch so auf die Flüssigkeit zu bringen, dass es mit dem Schnitt etwa nur 1/2 cm. tief eintaucht, wobei es die Farben von | der Oberfläche aufnimmt und festhält. Erneutes j Aufspritzen von Farben bereitet die Oberfläche I für das nächste Buch vor.