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ANS Sachsen. Wilsdruff, den 27. Mai. Der in der Nacht zum Sonnabend in den Mulden» Hütten-Werken gestohlene Platinkessel ist bereits wieder erlangt. Ein Schüler des Freiberger Real» gymnafiums fand ihn am Sonntag nachmittag in der unterhalb des GrüvdtILeicheS am Rostnenbusch durch den Bahndamm hindurchführenden Schleuste. Der Schüler hatte schon öfter in dieser Schleuste Weichtiere füc sein Aquarium gefunden. Das führte ihn auch am Sonntag dahin. Hier fand er, zum Teil von Steinen bedeckt, den Kessel, dessen Masse wie ungeputztes Silber aussah. Der Schüler machte von seiner Entdeckung abends gegen 8 Uhr dem Krtminalwachtmeister in Freiberg Mitteilung, der sich sofort an den Fundort begab und von hier aus durch einen Boten die Hüttenverwaltung benachrichtigte, die durch einige Arbeiter den kostbaren Kessel wieder im Werk in Sicherheit dringen ließ. Der Krssel war, bis auf ein unbedeutendes Loch im Boden, noch unversehrt. Das fehlende Stück wird etwa schwer sein; die Beute der Diebe ist nicht besonders lohnend ausgefallen. (1 Platin kostet etwa 4700 Mark.) Die Diebe sind offenbar durch Hüttenarbeiter, die ihnen bald nach der Tat auf der Fährte waren, verhindert worden, den Kessel im Walde zu zerschneiden, weshalb sie ihre Beute vor läufig in Sicherheit zu bringen versuchten. Als von dem Wächter, der Uhr den Deckel des Kessels an einer Tür lehnend fand, der Diebstahl entdeckt worden war, ist sofort von dem verfügbaren Personal die Verfolgung ausgenommen worden. Als man die nach dem Rosiuen- Walde führenden Fußspuren entdeckte, ist auch ein Teil des Waldes abgesucht worden. Hier haben die Diebe die mit Laternen versehenen Verfolger wahrgenommen und haben stch deshalb keine Zeit mehr genommen, den Kessel zu zerteilen, sich vielmehr darauf verlassen, den Kessel später aus seinem Versteck zu holen. Daß dies in der Nacht zum Sonnabend nicht geschehen ist, ist verwunderlich. Sicher find die Diebe durch einen Umstand, der noch nicht bekannt geworden ist, an der Rückkehr zum Versteck verhindert worden. Durch die Erörterungen der Kriminalpolizei ist inzwischen noch festgestellt worden, daß mindestens drei Personen an dem Diebeswerk beteiligt waren. Der dritte Täter wird wie folgt beschrieben: Alter: etwa 35 Jahre, Größe: untermtttel bis mittel, jedenfalls aber etwas kleiner als seine Begleiter, Bart: rötlichblonder Schnurrbart, Haare: blond und hochge- kämmt, Kleidung: grauer Jackettanzug. Alle drei sind nachweislich am Morgen nach der Verübung deS Diebstahls in der vierten Stuude in bas Hotel „Zum Kronprinz" in Freiberg gekommen, haben sich als Emil Klager, August Müller und Karl Bode, Kaufleute aus Frankfurt a. O. eingetragen, sind aber bereits ^6 Uhr mit dem Zuge nach Dresden weiter gereist. Alle drei, mindestens aber zwei dieser Personen hatten braunlederne Handtaschen bei sich. Eine Reihe von Umständen und hinterlassenen Spuren, die leider erst nach der Abreise bekannt wurden, lassen einen Zweifel an der Täterschaft der Genannten kaum noch zu. In welchem Grave gefährlich die Diebe ffnd, zeigt der von dem Hausdiener des betr. Hotels be- Der Goldfelsen. Von Ernst Glanville. — Deutsch von Georg Gutschke. 38s (Nachdruck verboten.) «Aber Sie bedenken nicht die Prisengelder, welche die Mannschaft zn bekommen bat", sagte Commins schnell mit einem Seitenblick nach dem Kapitän. „Mir egal", sagte sie gleichgültig. „Aber Sie sind doch damit einverstanden, wenn wir das Schiff retten?" „Ja — ich sehe doch ein, daß meine Meinung nicht in Be tracht kommt, selbst dann nicht, wenn ich nicht damit ein verstanden wäre." 112 „Nicht so, Madame", sagte Kavitän Pardoe, „jenes Schiff »nd seine Ladung realisieren einen Wert von neunzigtausend Pfund Sterling, wenn Sie aber bestimmen, daß wir es ver lassen sollen, so würde ich dasselbe lieber aus dem Meeres- vrund uuterbringen, als in die Hände des Feindes fallen lassen." (Der Goldreifen 88. Nr. 7.) „Tun Sie, wie Ihnen beliebt", sagte sie mit traurigem kacheln und wandte sich mit einem Seufzer ab. Wahrend der Kapitän und Commins fortfnbren, eifrig über tue Angelegenheit zu diskutieren, zupfte Hume, der mit Webster in der Nähe gestanden batte, den letzteren am Arm. „Na, ivie denken Sie denn über diesen neuen Plan?" „Ich kann gerade nicht sagen, daß ich sehr davon ein genommen bin, aber ich erkenne es an, daß die Versuchung füc den Kapitän eine sehr grobe ist. Ein grobes Glück ist es auf alle Fälle." „Der Kapitän scheint äußerst erpicht darauf zu sein, Geld zu erwerben." Anscheinend ja", sagte Webster trocken, „so sind aber die meiswli Leute, wenn ihnen die Wahl gestellt wird Meinten Sie, daß vielleicht noch etwas anderes mitsprache? „Nein, höchstens jener Zwolipfunder dort. obachtete Umstand, daß die Leute, als er ihnen den Kaffee im Zimmer servierte, Revolver auf dem Tisch liegen hatten. Offenbar dieselben Personen sind es auch gewesen, die vor der Tat ln einer Freiberger Etsenhandlung einen langen Kistenmeißel zu kaufen begehrten und, da die ihnen vorgelegten Kistenmeißel nicht lang genug waren, au dieser Stelle ein langes Diebeleisen, eine Blechschere und eine Schneiderschere kauften. Mit diesen Werkzeugen sollte zweifellos der wertvolle Kessel zerkleinert werden. Bezeichnend ist eS auch, daß ein Kistenmeißel von der Länge, wie ihn die Unbekannten in der Eisenhandlung als zu kurz zurückgewiesen, von den Tätern nebst einer karierten Stoffmütze am Orte der Tat zurückgelasse« haben. Der Aufenthalt im Hotel ist dazu benützt worden, die arg beschmutzten Kleider zu reinigen, um bet der Ab- reise als harmlose Reisende erscheinen zu können und so der Gefahr einer Festnahme aus dem Wege zu gehen. — Daß möglicherweise auch noch mehr als drei Täter in Frage kommen, dafür spricht folgender Vorgang, der am Freitag nachmtltag an der Haltestelle Muldenhütten beobachtet wurde: Aus dem Uhr dort von Dresden ankommenden Personenzuge stiegen zwei Herren, auf die daS bereits veröffentlichte Signalement paßt, aus. Die beiden, die in einem Wagen zweiter Klasse, aber getrennt von einander, gefahren waren, gebärdeten sich wie zwei Fremde. Sie nahmen auch nach dem Aussteigen vor dem Stationsgebäude keinerlei Notiz von einander; als stch aber die mit auSgesttegenen Passagiere verlaufen hatten, näherten stch die beiden Unbekannten und sprachen ganz vertraut miteinander. Za gleicher Zeit kamen zwei weitere Unbekannte über die über den Bahnkörper führende Brücke nach dem Stationsgebäude zu, und ein fünfter Unbekannter kam von der Grube Morgenstern her. Anfangs beachteten stch auch diese anscheinend gegenseitig gar nicht, bald darauf aber sah man alle fünf in ange regtem Gespräch miteinander. Schließlich aber trennten sie stch wieder in zwei Gruppen, um stch dann die Hütten- werke zeigen zu lasten. Daß die Unbekannten Fremde gewesen sind, geht daraus hervor, daß einige von ihnen im Stationsgebäude Bier verlangten, also eine Restauration vermuteten. Als ihnen Master angeboten wurde, nahmen sie dies dankbar an, wobei sie stch ziemlich erregt zeigten. Hierbei wurden an dem bereits beschriebene r blondhaarigen Unbekannten als besonderes Merkmal zwei heroorstehende Schneidezähne bemerkt. — Gerüchtweise verlautet auch, daß an der Kreuzung der nach dem Rostnenhäuscheu führenden Straße mit dem von Mulder.hütten nach Zug gehenden Wege in der Freilagnacht einige Zrit, bis kurz vor 12 Uhr, ein Automobil gehalten habe, das, vom Chauffeur und zwei anderen Personen besetzt, nach dem Aufenthalt nach Weißenborn zu weiter gefahren sei. — Wie eingehend stch die Diebe übrigens über alles orientiert haben, geht daraus hervor, daß sie wußten, daß der Kessel am F ütag kalt war. Erst am Sonnabend sollte unter ihm Feuer gemach; wrrd.n. Ein räuberischer Ueberfall wurde Sonnabend mittag kurz nach 12 Uhr auf dem Mühlbacher Kommunikatious- weg am Hammertal bei Frankenberg auf eine Fran aus Mühlbach unternommen. Der Täter, ein bis jetzt noch unbekannter Manu in mittleren Jahren, hielt sie „Da sind Sie aber doch nicht auf richtiger Fährte", sagte Webster ernst, „vor fünfzehn Jahren, Hume, war des Kapitäns einziger Gedanke, genug Geld zu erwerben, um seiner zu künftigen Fran, meiner Schwester, ein Heim zu schaffen. Als ich noch Knabe war und zur Schule ging, machte er ihr den Hof: ein hübscher, stolzer Bursche, mit einem Benehmen, welches jedermanns Herz fesselte. Ich habe ihn grau werden sehen, schweigsamer und ernster, wie die Jahre dahinschwanden, und meiner Schwester Lebenslust machte einer sanften, hin gehenden Geduld Platz, aber niemals fiel von seiner Seite ein Wort über die Heirat. Er wartete auf sein Glück- Zwei mal hatte er es gepackt und wieder verloren; einmal — es waren bereits zehn Jahre vergangen — litt er Schiffbruch, als er in Kaufmannsdiensten stand, und das andere Mal wurde er beim Blockadcrennen gefangen genommen und von den Peruvianern eingekerkert. „Liebchen", würde er sagen, „wir bekommen noch einmal ein Häuschen für Dich und ein Gärtchen für mich, dort unten in unserer alten Heimat." Arme, kleine Louise! Ich sehe sie jetzt sitzen wie immer, wenn sie ihre Hausarbeit getan bat, die Hände müßig im Sckoß, sehnsüchtig in die Zukunft blickend. Gott gebe, daß ihre Wünsche in Erfüllung gehen." 3 113 „Ich werde dem Kapitän nichts Böses mehr nachsagcn", sagte Frank warm, „höchstens Ihre Bitte wiederholen. Sei nct- wegcn hoffe ich, daß dieser Plan gut durchgefübrt wird, aber was Sie mir von Commins erzählten, macht mich argwöhnisch. Er scheint Absichten damit zu verbinden, daß er unsere Macht teilen will." „Sicker hat er solche. Er kann aber ebensogut eine Zigarre über einen Vulkan anzüuden, als versuchen, einige Leute für sich zu gewinnen." Hier erklang die Stimme des Kapitäns. „Mr. Webster, wir wollen bis zum Morgen beilegen. Nehmen Sie alle Leute an Bord und sehen Sie zu, daß S^e das Schiff so gut wie möglich wieder instand setzen. Suchen Sie, wenn es möglich ist, nach dem Manifest der Schiffs- an, faßte sie um den Hals, warf sie in den Straßen graben und nahm der vor Schreck fassungslosen Frau aus der Rocktasche ein Portemonnaie mit sechs Mark Inhalt weg. Der freche Bursche ist leider entkommen. Er wird geschildert als ein 28—30 Jahre alter Mensch mit blondem Schnurrbärtchen und vollem Gesicht. Be kleidet war er mit olivgrünem, schwarz- und weißge- sprenkeltem Jackett, dunkler Kammgarnhose, schwarzem Hut, und in der Hand trug er rin dünnes Spazier stöckchen. Sachdienliche Mitteilungen möchten sofort der nächsten behördlichen Stelle gemacht werden. Vermischtes. * Ueber Fledermäuse als Hausgenosse« schreibt der bekannte Zoologe Dr. Kurt Flocrecke iu der Monatsschrift der Gesellschaft der Naturfreunde „Kosmos" (Franckhsche Verlagshandlung, Stuttgart) u. a.: Eine Fledermaus im Zimmer? Huhl wird sich mancher denken. Nun, ich kann versichern, oaß es äußerst artige und liebenswürdige Tierchen sind, und dabei hervorragend intelligent, so daß der nähere Umgang mit ihnen dem Tierfreund tatsächlich viel Vergnügen gewährt und zu den anziehendsten Beobachtungen Veranlassung gibt. Dabei werden die Tierchen überraschend zahm. Als Student besaß ich zwei Mopsfledermäuse, die sich ganz von selbst zum freien Aus- und Einfliegen gewöhnt hatten. Abends huschten sie zum geöffneten Fenster hinaus in die benach barten Gärten, betrieben dort die Jnsektenjagd und kehrten freiwillig wirder ins Zimmer zurück, wo sie ihren Schlafplatz auf einem Büchergestell hatten und stch an einem großen Lexikon aufzuhängen pflegten. Auch die Speckfledermaus, die ich gegenwärtig pflege, äußert eine geradezu rührende Anhänglichkeit an meine Person und folgt mir durch mehrere Zimmer, wenn ich sie dabei rufe. Dies beweist zugleich, daß ihr Ohr nicht nur für hohe und schrille Töne empfänglich ist, wie Brehm und andere Forscher behaupten, sondern auch sür tiefere Laute der menschlichen Stimme. Ja ste unterscheidet sogar deutlich deren verschiedene Nuancen und Betonungen. Spreche ich ste freundlich an, spielt ste mit den Ohren wie ein Pferd, zwinkert vergnüglich mit den kleinen Aeuglein, leckt sich mit der Zunge die Schnauze und läßt ein be hagliches Schmatzen hören. Fahre ich sie aber hart an, so legt sie die Ohren ängstlich zurück und klettert an der Gardine hinauf. Ihren Namen scheint ste zu kennen, kommt wenigstens auf Anruf sofort herbei, weil ste weiß, daß es jetzt Mehlwürmer gibt. Sitze ich früh bet Lampenlicht sm Schreibtisch, so kann ich mich ihrer kaum erwehren; alle Augenblicke ist ste wieder da, turnt auf dem Schreibtisch herum oder klettert an meinen Bein kleidern empor oder sitzt an der Gardine und bemüht stch, durch lebhafte Kopfbewegungen und schrilles Gezwitscher meine Aufmerksamkeit zu erregen und eine Portion Mehl würmer zu erbetteln. Ihr Appetit ist überhaupt gerade zu unheimlich. 30 feiste Mehlwürmer werden bequem zu einer Mahlzeit verspeist und danach kann man ungefähr den großen Nutzen ermessen, den ste durch Vertilgung von Maikäfern und Nachtschmetterlingen unseren Wäldern und Obstgärten verursachen mögen. ladung, finden Sie dasselbe nicht, dann stellen Sie ein Be standsverzeichnis auf." ! Die Arbeit ging hurtig vonstatten, und in der Stille deS Abends wurde der Körver des toten Matrosen, eingehüllt in Segeltuch, im Beisein sämtlicher Leute der See übergeben, wobei allein die tiefe Stimme des Kapitäns das Schweigen unterbrach. Und als der letzte Wasserstrudel dabingestorbeu war, schauerte Pardoe zusammen und fuhr mit der Hand über die Augen. 1^4 Vielleicht war die Aufforderung — zu kommen — auch schon an ibn ergangen. Mit großen Schritten aina er daN Deck entlang und verschwand in der Dunkelheit. Dreizehntes Kapitel. Zwei Verehrer. Die „Swift" war jetzl fast ganz Verlusten, da das größere Deck der „Irene" eine unwiderstehliche Anziehungskraft auszu. üben schien, und alv nnt dem Dunkelwerden die Arbeit eingestellt wurde, eignete sich die Mannschaft das Dorderkastell A Hume und Webster im Hinter. n lie dem Kavitän, der es Reiben, das Hauptdeck in der Mitte deÄ butten. Commins blieb freiwillig aufi dem „L>erstoier zurück, i^gx noch konnte das Glübei^ inner Zigarre unter dem kleinen Zelt gesehen werden, währen« ^narcz, den er streng bewachen sollte, in seiner Nabe, Ziga« retten rauchend im Schatten einer Lampe lag. DenH brasilianischen Kapitän war es nie gestattet gewesen, aum Teck zu erscheinen, wenn Miß Anstrude sick oben befand^ nud die Gefangenschaft butte keineswegs dazu beigctragenZ s-iu von Natur rohes Benehmen ZU -mlde^ batte er sick bezähmt und vom Kupitan kriechend die Er»I laubnis erbeten, das Deck betreten zu dürfe». I (Fortsetzung folgt.) I