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und Hingegen- Amtsblatt 67. Jahrs Dienstag, den 31. März 1968 No. 36 für die Kgl. Amtshauptmann schäft Weitzen, für das Kgl. Amtsgericht und den StadLrat ru Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forftrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bet Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Höhndorf. Kaufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdsrf, PichrSdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmieoewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Druck mid Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in MlSdrass. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, onnerstagS und Sounabe ndS. Bezugspreis vierteljährlich I MI. 30 Pfg., durch die Post bezogen 1 Mk. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt MlSdmfs. Inserate werden MoutagS, Mitwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Psg. pw viergespaiteue Korpuszeile. Außerhalb des AmtsgerschtsbezirkS Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Ausschlag. Die diesjährigen Stutenmusterungeu und Fohle »schauen finden für die nachge- nannten Zuchtgebiete wie folgt statt: am 22. April osrmittagL 8'/z Uhr in Mohli-, „ 22. „ „aehmittagr IV, „ „ Gstvan, „ 6. Alai „ l /, ,, „ Aella, „ 12. ,, vormittags y „ „ Moritzburg, „ 12. ,, ,, 8,, ,, Aesfeisdorf, „ 16. „ „ YV- „ „ Grotzeuhain. Nach den Stutenmusterungen und Fohlenschauen finde« Prämiierungen statt und zwar: der ein- und zweijährigen Fehlen in Zella und Großenhain, der drei- und vierjährigen selbstbezogenen Stuten, sowie der älteren Zucht stuten mit mindestens 3 Nachkommen in Keffelsdorf und Moritzburg. Die Ortsbehörden haben bie betreffenden Pferdebefitzer in ortsüblicher Weise und rechtzeitig hiervon in Kenntnis zu setzen. Weiter wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß laut Ministerial-Verordnung vom 29. Januar 1884 für alle nicht im Zuchtregister eingetragene Stuten ein um drei Mark erhöhtes Deckgeld zu zahlen ist und ebenso für eingetragene Zuchtstuten, sobald ihre nachguwetscnden Produkte im ersten oder zweiten Jahre bei den Fohlenschauen nicht vorgestellt werden. Diejenigen Züchter also, deren Stuten nicht im Zuchiegister ausgenommen find, die sich aber fernerwett das bisherige niedrigere Deckgeld von 6 Mark sichern wollen, müssen ihre Stuten bei der nächsten Stutrnmusterung zur Eintragung ins Zuchtregister vorstellen und ihre Produkte seiner Zeit im ersten oder zweiten Jahre zur Fohtenschau bringen. Eine Anmeldung der Fohlen resp Stuten zur Schau hat nur stattzufinden, wenn für die in Frage kommenden Tiere Prämiierungen angesagt sind uud sie hierbei in Konkurrenz treten sollen. In diesem Falle muß die Anmeldung auf einem bei jeder Brschälstation zu entnehmenden Formulare bis zum 1. April dieses JahreS an das Landstallamt erfolgen. Meißen, am 19. Februar 1908. ! Die Königliche Amtshauptman«fchaft. OsliMctze NnnS^sn. Wilsdruff, den 30. März. Deutsches Reich. Aus den Kaisertagen i« Venedig. Der Graf Jacini, der seit viele» Jahren mit dem Kaiser persönlich befreundet ist, hat einem Korrespondenten über seinen Besuch an Bord der „Hohenzollern" Mit- teilunge« gemacht. Mit seiner Gatlin war der Graf zu dem Kaiserschiff gefahren, um sich in die Bcsucherltste ein- zutragen. Der Kaiser erkannte ihn von der Kommando brücke aus u«ü lud ihn sofort zu sich. Er schilderte seine Frcude über das begeisterte Willkommen, mit dem die Venezianer ihn empfangen hätten, und beklagte sich über die Ungunst des Wetters. Zwei Stande« lang last- wandelte er mit seinem Gaste auf bem Verdecke, in früh, lichem, zwanglosem Geplauder. Seine Redew-isc dabei ist lebhaft uvd zugleich gewählt; hi» und wieder unter bricht ein Zitat oder ein englisches Sprichwort dm Fluß seiner Rete. Er fühlt sich in Venedig außerordentlich wohl und spricht von der Absicht, seinen Aufenthalt zu verlängern. Dem Grafes Jacini schlägt er emige zwanglose Spazierfahrten vor, aber es würde ihm wohl kaum gelingen, in Venedig, wo jeder ihn kennt, inkognito zu bleiben. Plötzlich bleibt der Kaiser stehen und deutet lachend nach dem Marcusplatz. Dort drängt und schiebt sich eine dichte schwarze Menschenmenge und laute Hoch- rme klingen über das Wasser. „Wissen Sie, was das ist?" sagte der Kaiser immer lachend. „DaS ist meine Frau, die glaubt, inkognito in Venedig spazieren gehen zu können und die nun die ganze Stadt auf de« Fersen hat." Bald darauf treffen die Kaiserin und die Prin zessin wieder an Bord ein. Sie erzählen die Episoden ihres Spazierganges. Sie waren ganz müde und er schöpft von all der Popularität und all den Hochrufen. Im Museum, das sie aufgesucht hatten, wollten sie Bilder sehen; aber sie sahen, nach ihrer Aussage, „viele Deutsche". Als sie den Königspalast verließen, umringte sie eine jubelnde Menge und sie mußten sich in die Gondel flüchten. Die Prinzessin war entzückt von allem und be- sonders von Venedig, das sie noch nicht kannte. Der Kaiser hatte sie mitgenommen mit der Freude eine« bürgerlichen Familienvaters, der seinem Töchterchen die Märchenstadt zeigen kann und ihre Freude mit genießt.. Am Nachmittag gegen vier Uhr gingen die Kaiserin, Prinz August Wilhelm, die Prinzessin Viktoria Luise mit der Gräfin Rantzau auf dem MarcuSplatz spaziere«, als sie von jemand erkannt wurden. Sofort umdrängte dir Menge die Herrschaften und von allen Seiten tönten Hochrufe. Mit Mühe und Not konnten die Fürstlichkeiten sich mit Hilfe eines PolizeikommiffarS den Weg in die Marcusktrche bahnen, die daun geschloffen wurde. Die Kaiserin verlangte zunächst die Pala dtoro zu sehen, bat um geschichtliche Daten über die Fertigstellung der Kirche, besuchte dann die Sakristei und schließlich das Baptisterium. Vor dem Basrelief in Bronze von Seaala äußerte sie ihre Freude darüber, diese schönen Kunstwerke sehen zu können und sprach von der Absicht, in ruhigerer Stunde wieder zu kommen. Während vor dem Haupttor der Kirche die Menge wartete, ginge« die Fürstlichkeiten durch eine Seitentür direkt in den Hof des Dogenpalastes, be suchten den großen RatSsaal, wo die Kaiserin sich be- sonders für das Fresko von' Guariento interessierte. Ein italienischer Journalist hatte inzwischen Gelegenheit ge ¬ habt, an Bord der „Hohenzollern" die Privatg-mächcr des Kaisers zu besuchen. Von den drei Räumen des Kaisers ist sein Arbeitszimmer der persönlichste. Das Gemach ist mit geblümtem Cretonne bekleidet; nur wenige Möbel, ein großer Ahorntisch mit Büche, n und Karten bedeckt, an den Wänden zwei Schränke mit je 20 Fächer«, in denen die Papiere der laufenden Geschäfte eingeorbnet sind. Dann eis paar Drehstühle u»d an der Wand «och ein Bscheistand, auch aus Ahornholz. ES ist über und nb-r mit Büchern vollg-pfropft; diese liegen nicht gerade in guter Ordnung, sie stehen nicht so intakt und uvan- grcifbar, wie in den meisten Bibliotheken berühmter Herrscher, sondern sie sind ohne Ordnung durcheinander geworfen und verraten, daß ihr Besitzer sie oft benutzt und sicht nur eines am Tage. Ei» seltsames Zusammen- treffei: das Alte Testament liegt hier unmittelbar unter dem Zolafchen „Rom" und den „Barrack room ballads" von Rudyard Kipling. Die Wände und Möbelflächen sind von Familiesphotographien und den Aufnahmen deutscher Fürsten bedeckt; fast alle zeigen handschriftliche Widmung. In einem großen roten Lcderrahme» sieht man er» prachtvolles Bildnis der Herzogin-Witwe vo» Aosta, der Prinzessin Laetitia, in einem wundervolle« D^colletä, das die junonische Schönheit der Gestalt zu voller Geltung bringt. An Bord der „Hohenzollern" pflegt sich der Kaiser stets um sieben Uhr zu erhebe«. Nach einem Bade geht er an Deck, um die Gäste und Offiziere zu begrüßen und dann beginnt eine Viertelstunde gymnastischer Uebunge«, die der Kaiser unter alle« Ver- hältniffen streng in«e hält. Inzwischen sind die ein gelaufenen Nachrichten durch den „Sleipner" an Bord gebracht, die Radiotelegraphes arbeite« und der Kaiser widmet sich in seinem Arbeirskabtnett, bei schönem Weiter auf dem Verdeck, den Staatsgeschäften Um elf Uhr erfolgt ein leichtes Frühstück, um ein Uhr das Dejeuner und um sieben Uhr das Mittagessen. Nach dem Dejeuner und nach dem Mittagessen liebt es der Kaiser, sich mit seinen Gästen zu unterhalten usd der fröhlich ungezwungene Ton, der dabei herrscht, streift alles Zeremonielle ab. Mit Vorliebe erzählt der Kaiser vabei kleine Scherze und Witze, im Berliner, Münchener oder sächsischen Dialekt, und in diesen Stunden macht manche Anekdote die Runde, die sonst auf dem Holparkett als unmöglich gelten würde. Auf der letzten Fahrt erzählte der Kaiser lachend eine etwas derbe Ge schichte vom greisen Felbmarschall Wrangel, der bei einem Hoffeste eine sehr stark dekolletierte Dame unausgesetzt anschaute. Die Dame wird ärgerlich: „WaS schauen Sie venu so dumm?" Der alte Wrangel aber antwortet: „Nicht dumm, nur gerührt; Sie erinner« mich an die Tage, da ich noch eine Amme hatte . . . ." Die reichlichen Gnadettwirkttngen in Ries«. Zu der auch von uns in voriger Nummer unter obiger Spitzmarke wiedergegebene« Mitteilung wird dem „M. T." von Herrn Pfarrer Bodenburg in Meißen ge schrieben: „Das Rundschreiben wurde bedauerlicherweise ohne irgendwelches Wissen des Kirchesbaukomiteevorsttzen- de», auch ohne Wissen mehrerer anderer Komiteemitglieder gedruckt und versandt. Der Inhalt der Rundschreibens widerspricht allerdings ganz und gar dem Geiste und der Lehre der katholischen Kirche. Der Vorgang nähert sich nicht erst jetzt schon seinem Ende, insofern der Vertrieb des Rundschreibens ohne weiteres, bedingungslos und sofort inhibiert wurde, als das zuständige katholische Pfarramt in Meißen von seiner Existenz und seinem Inhalt Kenntnis erhielt. U«d das war bereits am 24. Januar dieses JahreS." Reichstag und Presse. Die „Franks. Ztg." wirft auf den nun beendeten Streit zwischen Reichstag u nd Presse einen Rückblick, der sie zu recht beachtenswerte« Gedanken veranlaßt: ES wäre Aufgabe der Parteien des Reichstags gewesen, den beleidigte« Journalisten Genugtuung zu verschaffen Da? hätte sich einfach in der Weise machen lassen, daß je ein Vertreter der Parteien eine Mißbilligung der schweren Beleidigung, die der Abg. Gröber den Journalisten zuge fügt hatte, ausgesprochen hätte. Aber das ist nicht ge schehen, und wenn man auch nicht sagen kan«, daß die Fraktioncu sich mit dem Kollegen Gröber für solidarisch erklärt hätten, so haben sic sich doch dadurch, daß sie kein offizielles Wort für die beleidigten Journalisten fanden, in einen Gegensatz zu ihnen gestellt. Hier Reichstag, dort Presse. Auch gut; die Journalisten haben sich selber ihr Recht verschafft aus eigener Kraft mit einer Einmütigkeit, die wahrhaft hocherfreulich ist, und Gröber hat schließlich doch tun müssen, was er fünf Tage laug verweigert hatte. Aber woher diese Kühle der Abgeordneten? Nun, man weiß es. Es gibt natürlich sehr verständige Leute unter ihnen, aber auch andere und nicht wenige, bie, ebenso wie Leute aus de« verschiedensten Kreisen, die Journalisten für ei« minderes Geschlecht halten. Der Kastengeist — wer kennt ih« nicht! „M. d. R." ist zwar noch lange «icht so viel wie „L. d. R." — wie Leutnart der Reserve — aber schon manches M. b. R. meint, Journalisten seien nur dazu da, ihnen zu dienen und ihre« Ruhm zu ver künde«. Sie vergessen dies: Abgeordneter kann schließlich jeder werden, aber nicht jeder Abgeordnete kann Journalist sein. Und sie übersehen noch manches andere. Der be scheidenste Journalist lernt eS, jedes Uebermaß dieser Eigenschaft abzulege«, wen« er eine Zeit lang tätig war. Denn die Redaktionen und die Korrespondenten der Blätter lernen ein solches Maß menschlicher Schwäche und Eitel keit in Personen, die an sie mit Wünschen herantreten, kennen, daß schon eine gewisse Festigkeit nötig ist, um stch nicht zu überheben, und manche Redaktio« kennt manchen Abgeordneten, de« sie unsterblich blamieren und für immer aus dem öffentlichen Lebe« ausschalte« könnte, wenn sie bloß bekannt gäbe, war man ihr zumutete. Und waS täte mancher Abgeordnete ohne die sachliche Arbeit der Presse? Gewiß, diejer und jener hat sie nicht nötig, aber manche leben geradezu von den Idee«, welche die Presse gebiert und verarbeitet. Und was sind die Abgeordneten über haupt als Abgeordnete ohne die Presse? Stumm sind sie. Eine Erklkrttttg. v L. X. Der Zrntralvorstand deS Evangelischen Bunde« Hst «m 23. März 1908 in der ersten Sitzung, die er nach der Ge«eralversammlung des Bundes der Landwirte vom 17. Februar 1908 abgehalten hat, sich auch mit den Angriffen des Herr« Or. DtedrichHahn auf den Evangelischen Bund befaßt. Der Direktor des Bundes der Landwirte hat bekanntlich i« Zirkus Busch l«ut stenographischem Bericht folgendes gesagt: „Wir haben eiue« gewissen mvralischen Anspruch auf seine (des Zentrum?) Unterstützung und haben diesen Anspruch um s» mehr, weil wir niemals an einem Kultur- kamps gege« das Zentrum uu« beteiligt habe«, weil wir stets uusere lieben katholischen Mitbürger in Schutz ge-