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ven «w viia. L<d2^^r^L<^^^l>vl^^v^^s»v^^L-WG auch kleine Raubtiere haben hier ihre Schlupfwinkel. — In einiger Entfernung vom Flusse wird ausgespannt und Piet ernstlich ermahnt, Dany zu beaufsichtigen. — Der Knabe ver spricht feierlich, sich nicht aus der Sehweite des Wagens zu entfernen. Er will Strau ßeneier im Sande suchen, solche zu finden, gehört durchaus nicht zu den Seltenheiten. Hierauf trennen sich die drei Jäger, um in verschiedenen Richtungen das Wild auf zusuchen. — Nach Stunden, als die Hitze des Tages am -größten ist, kehren Mr. Bee ton und der ältere Mr. Carrol mit reicher Jagdbeute zum Wagen zurück. — Die Pferde grasen friedlich' in der Nähe, Piet liegt im Schatten des Wagens und schläft den Schlaf des Gerechten. — Ein Fußtritt seines Herrn weckt ihn wohl ein wenig un sanft. „Wo ist Dany," fährt dieser ihn an? „Ich weiß nicht," ruft Piet, sich erhe bend, „er hat hier neben mir gelegen und mir etwas erzählt, da muß ich wohl einge- schlaien sein." — Beunruhigt schauen die jungen Männer und auch Piet mit seinen scharfen Augen nach allen Seiten, nichts ist zu sehen. — Laut schallt die Stimme der Männer nach allen Richtungen, keine Antwort! — Eilig laufen sic bald nach dieser, bald nach jener Seite, den Namen des Knaben rufend. „Ach," meint Mr. Beeton, „Dany ist doch ein verständiger Junge, der sicherlich nicht zu weit läuft, der auch seinen Weg leicht wicdcrfinden würde, sieht man doch unsere Spuren überall ganz deutlich. Er wird wohl Willy getroffen haben, der uns den Kleinen dann sicherlich mit zurück bringt." Immer noch rufend, sind Mr. Carrol und Piet in die Nähe des Flusses gekom men, dort treffen sie mit Willy zusammen. Schon von weitem tönt ihm der Ruf ent gegen: „Ist Dany bei dir?" Schreckensbleich, die Gefährten ganz entsetzt anblickend, steht Willy wie gelähmt still. — Erst nach längerem Schweigen schreit er auf: „Wo ist der Knabe?" „Na, verzweifelt nur nicht gleich," ruft Mr. Beeton. — „Der Junge wird schon wiederkommen, hier auf der Ebene kann niemand verschwinden und sollte er selbst bis zum Modder gelaufen sein, so ist es un möglich, daß er ertrunken ist. Das Bett ist so seicht, daß er es aussaufen könnte, ohne sich viel Schaden ru tun." „Laßt uns umkehren, der Knabe ist ge wiß längst beim Lagerplatz angekommen." Toch auch dies erwies sich als vergeb liches Hoffen. Nichts war von dem Kinde zu sehen. Die Brüder warfen sich auf die Pferde und durchstreiften die ganze Gegend. Mr. Beeton und Piet liefen mehr, als re gingen, in verschiedenen Richtungen den jetzt glühend heißen Weg zurück zu dem Platze, wo man in der Nacht gelagert hatte. — Alles vergebens! — Der Gedanke, daß ein Raubtier den Knaben zerrissen habe, lag nahe; aber dann hätte man Blutspuren oder Fetzen der Kleider finden müssen; außerdem hatte man seit Jahr und Tag nichts von dem Vorhandsein größerer Raub tiere in der Gegend gehört, da die Farmer im Interesse ihrer Herden scharf gegen diese Feinde vorgehen. Nach stundenlangem Umherirrens fanden sich die Männer am Lagerplatz ein, ratlos und verzweifelt. — Sollte ein Wagen vorüber gekommen und der Junge aus Abenteuerlust mit gefah ren sein? — Alles Raten und Denken nützte nichts, man mußte sich zur Heimfahrt ent schließen. — Der Leser kann sich Wohl ausmalen, wie die Heimfahrt verlief, wie man die Ankunft gern um Tage und Wochen verzögert hätte. In der Nähe der Stadt angekommen, verließ Mr. Beeton den Wagen, um die be dauernswerten Eltern vorzubereiten, sie mit der Hoffnung zu trösten, daß das Kind wiedergesunden werden würde. — Die Mut ter war trostlos und machte sich die heftig sten Vorwürfe, dem Knaben die Erlaubnis zum Mitgehen gegeben zu haben. — Auch ihren Söhnen blieb kein Vorwurf erspart. Mr. Harwey erfuhr seinen Verlust viel spä ter. Er war Besitzer großer Transport wagen und leitete selbst den Transport der Waren von der Küste in das Innere des Landes, auf großen, mit vielen Ochsen be spannten Wagen; denn Eisenbahnen und Telegraphen gab es zu jener Zeit in Süd- Afrika noch nicht. Nach allen Richtungen wurden Nachfor schungen nach dem verschwundenen Kna- ben angestellt. — Jede, auch nur die ge ringste Spur wurde verfolgt. — Die ganze Gegend am Modderfluß wieder und wieder von Freunden, von gemieteten Kaffern, durch Weiße geführt, durchstreift, alles er gebnislos. — Da tauchte das Gerücht auf, man habe zur Zeit des Unglücks einen Trupp Kaffern, wahrscheinlich Basutos, am Flusse lagern sehen. Daraufhin unternahm Mr. Carrol die weite und beschwerliche Reise bis zu dem Wohnsitz der Basutos. — Man wußte nichts von einem weißen Knaben, welchen die Kaffern auch sicherlich abgeliefert haben Würden, des klingenden Lohnes wegen; auch der wildeste oder besser unkultivierteste Kaf fer kannte schon damals den Wert des Gel des. — Die Zeit- verrann und erwies sich auch hier als die beste Trösterin. Nur die Mut ter gedachte noch des verlorenen Kindes und hatte nach Jahren dis Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihren Liebling eines Tages als Mann, wenn auch unter Wilden ausge wachsen, vor sich hintreten zu sehen. — Mehr als dreißig Jahre sind nach dem so unglücklich verlaufenen Jagdausflug ver flossen. — Die Eltern sind gestorben. — Lizzie, die einzige Tochter der Familie seit Jahren mit Mr. Beeton, dem damaligen Jagdteilnehmer, verheiratet und Mutter erwachsener Kinder. Mr. Carrol ist längst Familienvater. Nur Willy ist allein geblie ben. Er ist ein einsamer, kränklicher Mann, den ein seelisches Leiden zu bedrücken scheint. Das Leben hat ihm wenig Glück und Freude gebracht. Er hatte das Geschäft seines Vaters weitergeführt, bis zuneh mende Kränklichkeit und auch Wohl die in Süd-Afrika eindringenden modernen Beför derungsmittel ihn zwangen, seine Tätigkeit aufzugeben. — Haben doch seit den letzten Jahrzehnten die eisernen Arme des Schie nennetzes sich bis in das Innere Afrikas ausgereckt. Nicht lange, nachdem Willy Carrol, der noch immer das alte Haus der Eltern be wohnte, sich zur Ruhe gesetzt hatte, fühlte er sich ernstlich krank und der Arzt sagte ihm auf sein Drängen, daß seine Tage wohl gezählt sein dürften und es nach mensch licher Voraussicht ratsam scheine, seine irdi schen Angelegenheiten zu ordnen. — An einem der nächsten Tage ließ der Kranke seinen Bruder, seine Schwester nebst Gatten bitten, zu ihm zu kommen. Als er im Kreise seiner Familie im Lehnstuhl saß, ermannte er sich zu einem Bekenntnis: „Ich kann nicht von hinnen gehen, ohne Euch, meine Lieben, ein Rätsel aufzuklären, an dessen Lösung wohl heute kaum noch ein Mensch denkt. — Ihr erinnert Euch wohl an jene unselige Jagdpartie, bei welcher unser lieber, herziger kleiner Bruder so spurlos verschwand und dessen Verbleib niemals aufgeklärt wurde. Vernehmt denn, daß ich sein Mörder bin!" Ganz entsetzt fuhren die Zuhörer empor und glaubten, daß der Kranke im Fieber rede. — „Bleibt sitzen, ich bin bei vollem Ver stand," sagte er, mit einem schwachen Ver such zu lächeln. — „Hört mich ruhig an. Vielleicht wißt Ihr noch, daß wir uns an jenem verhängnisvollen Tage mit der Vor aussicht trennten, nach einigen Stunden am Lagerplatz wieder zusammenzutreffen." Ich weiß nicht, woran es lag, ich konnte an je nem Morgen nicht zum Schuß kommen, auch war mir nichts vor die Büchse gekommen, das ich des Schießens wert hielt, so daß ich mich schon ziemlich früh auf dem Wege zuni Wagen befand. Als ich am Flusse einher schritt, sah ich plötzlich am jenseitigen Ufer, unter dem Gezweig einer Mimose die Be wegungen eines Tieres, welches ich nach der gelbbraunen Farbe, die ich zwischen den dünnen Stämmen und Blättern zu erken nen glaubte, für einen Springbock hie^» — Rasch war das Gewehr angelegt, der Schuß knallte und nur zu wohl getroffen stürzte meine Beute lautlos zusammen. — Wer be schreibt mein Entsetzen, meine Verzweif lung, als ich beim Näherkommen meinen kleinen, herzigen Dany tot, völlig tot, vor mir liegen sah. — Noch jetzt weiß ich nicht, Wie ich diesen Augenblick überlebte. Lange lag ich am Boden, starrte auf die leblose Gestalt, ohne mir klar zu werden, was geschehen sei, daß aus meiner Flinte die Kugel gekommen, die ihn getötet. Endlich kam ich zur Besinnung. Etwas mußte geschehen. — Sollte ich Euch herbei holen? — Aber was dann? — Konntet Ihr das Geschehene ungeschehen machen? Sollte ich der Mutter unter die Augen tre ten, ihr sagen, ich, ich habe deinen herzi gen Sohn, unsern geliebten Bruder getö- tet? — Wilde Verzweiflung erfaßte mich wieder, schon hatte ich das Gewehr ergrif fen, um den Lauf auf mich zu richten. — Ich weiß nicht, war es Feigheit, der Schau- der vor dem, was nachher kommen würde? — Ich war noch so jung, erst achtzehn Jahre alt! — Kurz, das Gewehr entfiel meiner Hand. — Da blitzte der Gedanke in mir auf, ihn verbergen — vergraben und schwei gen! — In wilder Hast verscharrte ich den Körper in einer flachen Grube, so rasch es ging, trug große Feldsteine, deren es im fast trockenen Flußbett genug gab, herbei, bresi tetc sie über der Grube aus und häufte sie so an, als ob sie schon seit Jahren so gelegen hätten. Als ich Euer Rufen hörte, zu Euch trat, hatte ich das Werk vollendet. — Ich durfte ja nun Angst und Schrecken zeigen. -- Wie ich vermocht habe, Schweigen zu bewahren, weiter zu leben, begreife ich selbst nicht. — Aber welch ein Dasein war es! — Laßt mich schweigen über die setzlichen Jahre, die ich verlebt habe. — Gönnt mir den endlichen, langersehnten Frieden. — Reicht mir die Hand, wenn Ihr einem Feigling, einem Heuchler verzeihen könnt." — Am Tage nach diesem Bekenntnis hatte der Aermste die Ruhe gefunden.