Volltext Seite (XML)
PAPIER-ZEITUNG. N® 5 Das Färben des Papierstoffes. Von Julius Erfurt, Papierfabriks - Director. Fortsetzung aus No. 2. Schluss der 1/. Abtheilung. VIII. Kapitel. Das Weissfärben und die weissen Erdfarben. „Weiss" entspricht dem Lichte und kann daher im eigent lichen Sinne des Wortes nicht als Farbe gelten. Die Lichtstärke von Weiss ist gleich der Summe der Lichtstärken je zweier Complementairfarben. Heines Weiss wurde jedoch bisher nur durch Deckung der complementairen Spectralfarben Röthlichblau und Gelb hervorgebracht Auf Grund dieser Erscheinung liegt es sehr nahe, dass gelblich gefärbte Körper mit röthlichblauen Pigmenten weiss gefärbt werden können, wenn nicht die gelbliche Farbe so intensiv auftritt, dass der mit Lichtstärke gleichbe deutende Charakter der Helligkeit abgeschwächt wird. Der Papierstoff zeigt selbst im gebleichten Zustande einen blassgelb lichen Schein, der um so deutlicher hervortritt, je unvollkommener die Entfärbung der Fasern durch Bleichagentien stattgefunden hat. Vollständig entfärbtes Halbzeug erscheint weiss, weil es das Tageslicht unverändert wiedergiebt. Die erwähnte gelbliche Färbung des Halbzeugs rührt von nicht gänzlich oxydirten fär benden Bestandtheilen der Fasern her. Bekanntlich werden unter Einwirkung alkalischer Laugen, welche die Blosslegung der Zellenelemente des Pflanzengewebes bezwecken, die Intercellular- und incrustirenden Substanzen derselben zur Lösung gebracht. Unter dem Einfluss der hierbei stattfindenden Reactionen ent stehen gelbbraun gefärbte Umwandlungsprodukte, welche iu kleinen Mengen in der Membran Zurückbleiben und den blass gelbbräunlichen Farbenton der Faser verursachen, der in um so geringerem Grade hervortritt, je weiter diese färbenden Sub stanzen nach dem Auswaschen des Zellstoffes durch die Chlor bleiche oxydirt und iu Wasser löslich werden. Rein weissgefärbtes Papier wird nur erzielt, wenn der Zu satz des röthlichblauen Farbstoffes in richtigem Mengenverhältniss zur Helligkeit des Halbzeugs festgestellt ist. Ein einfaches Mittel hierzu bietet der Vergleich des trockenen Papiers mit einem rein weissen Körper, z. B. mit Blanc fixe. Man kann dann leicht erkennen, ob zu viel oder zu wenig Blau oder Roth ge nommen wurde. Stoff für geringere Papiersorten ist selbstver ständlich nicht so hell als solcher für feine Gattungen. Das röthlichblaue Pigment bildet daher mit der gelblichbraunen Farbe des Rohstoffes nicht weiss sondern ein lichtes Grau, welches in dessen das Papier weisser erscheinen lässt, obgleich es thatsäch- lieh an Helle eingebüsst bat. Das gelbe Licht der künstlichen Beleuchtung bewirkt eine Veränderung der Farben Gelbe Pigmente erscheinen heller, weisse gelblicher. Aus diesem Grunde sind gelblichweisse Pa piere bei Lampenlicht heller als bläulichweisse. Der Einfluss des gelben Lichtes macht sich besonders gegenüber den mit Anilinpräparaten hergestellten Farben geltend. Mit Methylviolett gebläute Papiere erscheinen bei künstlicher Beleuchtung grell röthlich, während der mit Anilinblau und Fuchsin hergestellte entsprechende Farbenton diesen Fehler nicht zeigt. Das zarteste, reinste und dauerhafteste Weiss wird mit Ul tramarin (s. 1. Abth. S. 174) und etwas Saftroth oder Cochenille (s. I. Abth. S. 72) erzeugt und ist für Fabrikation fein weisser Papiere das allein übliche Verfahren. Violettes Ultramarin ver hält sich absolut unbeständig gegen Alaun und schwefelsaure ' Thonerde, ist desshalb für Papierstoff unverwendbar. Wenn der rothe Farbstoff durch Fuchsin-Auflösung (s. 1. Abth. S. 94) er- : setzt wird, so färbt man zwar billiger, aber weniger echt. Mitt- | lere und ordinaire weisse Papiergattungen bläut man jetzt allge mein mit Anilinfarben, die selbstverständlich in schwachen, sorgfältig filtrirten Lösungen zur Anwendung gelangen. Die Vorbereitung des Stoffes mit einer geringen Gewichts menge schwefelsaurer Thonerde oder Alaun befördert das gleich mässige Angehen der Farbstoffe. Einige Anilinblaupräparate erfordern geradezu eine sauer reagirende Thonerdebeize, auf welcher die Farbstoffe zur Entwickelung gelangen. Die zum ! Weissfärben bestimmten Anilinpräparate enthalten rotheu Farbstoff in wechselnden Mengen, so dass die ganz roth gefeuerten Sorten violett erscheinen, also den Fuchsin-Aufsatz in jedem Falle ent behrlich machen. Weisser Thon (China-Clay, Kaolin). Der Thon findet sich in der Natur in blaugrauer, bräunlicher, röthlicher, seltener in weisser Färbung. Seiner chemischen Zu- i sammensetzung nach besteht solcher aus wasserhaltiger kiesel saurer Alaunerde in Verbindung mit wechselnden Mengen von I kieselsaurem Kali. Der Thon ist häufig mit Quarzsand, kohlen- ! saurem Kalk uud dergleichen Körpern vermischt, deren Vor- j kommen auf die Entstehung des Thons aus verwittertem Granit 1 der Urzeit zurückzuführen ist. Je grösser die Menge dieser fremden Körper im Thon ist, um so magerer ist solcher. Als Färb- und Füllstoff für Papierzeug sind nur fette, d. h. mit । Wasser geknetet, zähen Teig bildende Thonerden geeignet. Die plastische Eigenschaft ist gleichzeitig ein Kennzeichen der Rein- I heit. Der weisse Thon (China-Clay, Kaolin) ist aus reinem | eisenoxydfreiem Feldspath hervorgegangen Mit Kalk durchsetzt, verliert der Thon um so mehr von seiner bildsamen Eigenschaft (Plasticität) je grössere Mengen dieses Körpers mit den kiese!- sauren Verbindungen vermengt auftreten. Trockener kalkfreier Thon haftet kräftig an der Zunge. In ihrer chemischen Zu sammensetzung entspricht die kieselsaure Alaunerde der Formel Al O 2 Si O2 + 2 H 2 0 Die farbigen Thonerden enthalten wech selnde Mengen Eisenoxydul oder Eisenoxyd. Weisser Gyps (Annaline) Alabasterweiss. Der in der Natur in festen farbigen und weissen Massen vorkommende Gyps besteht seiner chemischen Zusammensetzung nach aus schwefelsaurem Kalk (Ca SO, + HO, 0). er ist erst in der 380 fachen Menge Wasser löslich. Beim Erhitzen verliert der Gyps 2 Aequivalente Wasser und geht iu Calciumsulfat über, das als gebrannter Gyps im Handel vorkommt. Das als Annaline bekannte Mineralpulver ist fein gemahlener Anhydrit, welcher aus wasserfreiem Calciumsulfat besteht, sich aber insofern vom gebrannten Gyps unterscheidet, dass Wasser nicht in seine Ver bindung aufgenommen wird. Das Gypspulver besitzt bei geringer Deckkraft ein verhältnissmässig hohes specifisches Gewicht; da es ausserdem die Stoffleimung nachtheilig beeinflusst, so ist sein Werth als weisser Füllstoff ein untergeordneter. Gegen Farb stoffe verhält sich die Annaline indifferent Alabaster, eine feinkörnige durchscheinende Art Gyps, findet im fein gemahlenen Zustande gleichfalls zur Beschwerung weissen Papierstoffes Anwendung. Schwerspath. Blane fixe. Schwefelsaurer Baryt oder Bariumsulfat (Ba SO,) wird in fein gemahlenem Zustande als weiss färbendes Beschwerungsmittel zur Fabrikation weisser Papiere verwendet. Das im Handel als Schwerspath vorkommende Mineral besitzt ein sehr hohes speci fisches Gewicht (4,s), wesshalb es als Füllstoff keineswegs em- pfehlenswerth ist. Wenn nicht wenigstens gleiche Mengen Stärke mit dem Schwerspathpulver durch Kochen im Wasser vereinigt werden, so bleiben in dünnen Papieren nur geringe Mengen zurück. Das auf chemischem Wege dargestellte Baryumsulfat, wel ches unter der Bezeichnung Permanentweiss, Blanc fixe, käuflich ist, besitzt bei hoher Weisse eine weit grössere Deckkraft als der pulverisirte natürliche. Schwerspath, da es einen sehr fein vertheilten voluminösen Niederschlag bildet, welcher aus der Lösung eines Barytsalzes mit Schwefelsäure gefällt wird. Die Pigmente verhalten sich gegen dies Mineral vollkommen unempfindlich, wesshalb der gemahlene Schwerspath häufig zum Verfälschen von Chromgelb und dergleichen Farbstoffen benutzt wird. Bei Ankauf aller als Füllstoffe dienenden Mineralien ist den jenigen der Vorzug zu geben, welche am feinsten (zartesten) gepulvert sind. In dieser Gestalt entwickeln solche naturgemäss die grösste Deckkraft und gehen in ungleich geringerer Menge verloren. Sie erfüllen sonach ihren Zweck: „den Stoff zu er hellen, zu beschweren, zur Ausfüllung des Raumes zwischen den Fasern beizutragen und das Durchscheinen derselben zu beheben“, in weit höherem Grade. Hierbei fällt aber noch ein Umstand in’s Gewicht: Gyps, Schwerspath, Talkum u s. w. sind farblose Körper, welche weiss erscheinen, weil das auf sie fallende Tages licht ungebrochen also unverändert wiedergegeben wird. Der Eindruck des reinen Weiss wird daher dem Auge in um so höherem Grade zur Empfindung gelangen, je mehr Licht reflek- tirt wird. Mit Eisenoxyd durchsetzte Mineralien können natür lich in keinem Falle weiss erscheinen, weil sie des farblosen Charakters entbehren.