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w«n ill vua. L^»DL^L<LL-vL-»^ixvv^K>»»^^r^L^d>di^s^vL'2 brauch' dein Weisheitslicht nicht, um meinen richtigen Weg zu finden. Meinst, wenn du mir den Jasper verunglimpfen tust, dadurch würd'st du eiu Engel in meinen Augen? Hast selber genug Schwächen, die der Jasper nicht hat, Husen, das merk' dir. Dein Jäh zorn, dein Trotz, dein rechthaberischer Dick kopf sind beileibe keine erlesenen Eigenschaf ten. Die hast du dem Jasper freilich vor aus. Aber was Wohl sonst noch, das besser wär'?" „Ich mein's ehrlich und treu mit dir — er aber nicht!" sagte Husen leise. „Woher weißt du denn das?" rief Antje spöttisch, „das ist wieder so ein feiner Zug von dir, dieses großtuerische Eigenlob auf Kosten anderer. Als ich mich dir verlobte, geschah's nur, weil ich dich damals noch nicht genügend und den Jasper noch gar nicht kannte. Außerdem ist mir erst nach und nach klar geworden, daß ich an deiner Seite auf ein Leben zu rechnen hätt', dessen ganzer Inhalt nichts weiter sein würd' als Arbeit. Arbeit und immer wieder nur beschwerlichste Arbeit, und dabei womöglich noch eine ewige Sorg' ums tägliche Brot. Der Jasper aber ist ein Heller Kopf voll großartiger Pläne. Dem wird's drüben schon glücken. Der wird reich werden, und dann führe ich als Jaspers Frau ein ganz anderes Leben, als wenn ich für dich auf'm Stadtmarkt die paar Fische verhandeln müßt', die dir der „Blanke Hans" zukommen läßt, wenn er gerade gut gelaunt ist. Und nun sei's genug mit dieser von dir verlangten letzten Unterredung. Meinen Entschluß, Jasper Grustedes Frau zu werden, hindert kein Mensch mehr, du. Klas Husen, am wenigsten. Tie Eltern sind jetzt auch einverstanden und damit ist's gut." Ter harte Zug in Antjes Gesicht hatte sich während ihrer letzten Worte noch ver schärft. Kalt und gleichgültig kehrte sich ihr Blick von dem bleich und mit zusammen gepreßten Lippen dastehenden Klas ab. „Nu, dann folge deinem Willen, wenn du so denkst, eitle Tcern!" stieß der Fischer endlich mühsam hervor, „renn' deinem so genannten Glück nach oder deinem Verder ben, mir soll's von dieser Stunde an gleich sein. Adjes also ein für allemal, Antje Hornfleth!" „Adjes," nickte das Mädchen flüchtig schwang ihre hohe, kräftige Gestalt federnd auf dem Absatz des derben Holzschuhs her um und ging ins Haus. Auch Klas Husen kehrte in seine Hütte zurück. Auf der um den breit auslaufenden Kachelofen laufenden Holzbank saß er denn Wohl zwei Stunden lang, untätig ganz ge gen seine Gewohnheit, grübelnd und mit düsterem Blick vor sich nieder auf die Die len starrend, welche die alte Hanne Krog, die ihm die Wirtschaft versah, erst heute morgen bis zu blendender Weiße gescheuert hatte. Er hatte Antje Hornfleth geliebt und er liebte sie noch; selbst jetzt nach der eben statt gefundenen Aussprache, nach dem endgülti gen Auseinandergehen noch. Warum? Ja, warum? Soeben erst hatte er bei Antje sich eine Kette häßlicher Eigenschaften bis zur krassesten Deutlichkeit entfalten gesehen, so eben erst war ihm der seit Wochen in seinem Herzen bohrende Zweifel restlos gelöst wor den, daß Antjes kaltes Herz nur vom Dä mon des ärgsten Eigennutzes beherrscht wurde und für den edelsten Trieb des Wei bes, für hingebende Liebe, keinen Naum, kei nen geeigneten Entfaltungsgrund bot. Die ses Herz war hart wie nacktes Felsgestein, in welches das Saatkorn sich vergeblich ein zubetten versucht und elend umkommt. Und doch! Und trotz allem und allem! Er liebte dieses im edelsten Sinne unweibliche Weib ungeachtet dieser schonungslosen Erkenntnis nach wie vor! Nicht einmal nur mit den Sinnen — auch mit der Seele! War das nicht Tollheit? nicht Unnatur? Ohne Zweifel — er sah es selbst ein. Die Liebe zwischen den beiden Geschlechtern ist ein Geheimnis, das oft genug- in seinen Erscheinungen aller Vernunft Hohn spricht. Aber Geheimnis oder nicht diese un natürliche Liebe sollte ihn nicht noch vor sich selbst entwürdigen. Er wollte die girrenden Sinne erbarmungslos totschlagen, die Seuf zer der gefühlskranken Seele gewaltsam er sticken. Mochte seine Empfindungswelt da bei in Trümmer gehen — was lag daran? Nur über Bord mit diesem zentnerschweren Ballast, bevor derselbe sein Lebensschifs schnell und sicher zum Sinken bringen mußte. Es schwimmen da draußen auf dem Meere und im Leben genug alte Kasten, denen die Flut schon mehr als einmal ge fahrdrohend in die Schotten lief, noch jahrelang umher; und sind sie auch nicht mehr die schmucken Paradesegler von einst, so gebricht's ihnen doch immer noch nicht an Brauchbarkeit. Klas Husen stand von der Ofenbank auf, reckte feine sehnige Gestalt in die Höhe und ballte die Faust. „Ein Ende damit für allemal!" sagte er kurz und hart mit trotzig zusammengezoge nen Brauen. Dann ging er in finsterer Schweigsam keit an seine Arbeit. — Sechs Wochen später klangen zu unge wohnter Zeit in dem Fischerdorf die Glocken des uralten Kirchleins und tönten hallend ins Land hinaus. Klas Husen wußte auch so, welche Neuig keit ihre eherne Stimme Verkünden sollte. Jasper Grustede und Antje Hornfleth waren soeben durch den Segen des Pfarrers für immer ehelich aneinandergeschlossen worden Jasper Grustede, der wohlhabende Fisch Händler und Antje seine Antje! Damit riß auch die letzte Notleine seiner Hoffnung. Nun war es aus — für alle Zeit! Und während die Glocken läuteten, fuhr Klas Husen in seinem Boot weit in da? Meer hinaus. Am nächsten Tage erst kehrte er zurück Draußen in der freien Einsamkeit des Mee res, wo kein Menschenauge als Zeuge seiner schweren Seelenkampfes auf ihn blickte hatte er sich endgültig losgerungen von Liebe und Erinnerung, hatte er die Ver gangenheit begraben mit einem letzten star ken Entschluß. Und der Mann, den in der Stunde, da die Hochzeitsglocken über dein Grabe seiner Herzensträume läuteten, noch einmal all der wilde leidenschaftliche Grimm verschmähter und verratener Liebe ergriffen hattej der in das wogende Meer hinausge fahren war, geschüttelt von Zorn und Qual er kehrte zurück als ein stiller, ruhi ger, wortkarger Mensch, leidenschaftslos, aber verschlossen und in sich gekehrt, achtung gebietend und doch mitleiderweckend. War er wirklich einer jener ungekrönten Ueber- winder menschlichen Schicksals? Er selbst glaubte es jedenfalls zu sein. Antje Hornfleth war bei Husens Rück kehr nicht mehr im Dorfe anwesend, son dern mit ihrem eben angetrauten Ehemann bereits nach Hamburg abgefahren. Und das war Klas Husen auch am lieb- sten so. Ein Jahr reihte sich an das andere, laut und lärmend im bunten Weltgetriebe, still und einförmig für Klas Husen, den ein- samen Mann da oben in seinem holsteini schen Fischerdorf. Mit der Gleichmäßigkeit eines Uhrwerks verrichtete er nun schon fünf Jahre lang freudlos und ohne rechte innere Befriedigung seine tägliche Arbeit und wäh- rend dieser ganzen Zeit hatten seine Nach- barn wenig mehr als dann und wann ein mal ein kurzes Wort von seinen Lippen ge hört, wenn die Notwendigkeit ein solches geradezu unumgänglich erheischte. Man wunderte sich im Dorfe bereits, daß der ewig schweigsame Mann inzwischen nicht schon überhaupt das Sprechen verlernt hatte. Aeußerlich war er sich gleich geblieben während dieser fünf Jahre. In seinem In nersten aber hatte sich seit einiger Zeit eine Wandlung vollzogen, ohne daß er dies be wußt empfand. Das war geschehen in dem Augenblicke, als er Lars Overbeck und dessen junges Weib kennen lernte. Lars und Liese Overbeck, ein jungver heiratetes Ehepaar, waren aus einem nörd licher gelegenen Küstenstrich Holsteins fremd ins Dorf gekommen, um eine neue Heimat zu suchen, nachdem ihnen die alte durch ha- dersüchtige Verwandte gründlich verleidet worden war. Lars war von Beruf Fischer und besaß ein kleines Vermögen, welches aus seinem väterlichen Erbteil sowie aus dem Verkauf seines bisherigen Grund- und Fischereieigentums stammte. Der Zufall führte sie hier im Dorf zuerst niit Klas zu- sammen. Ans einigen kurzen Fragen und Antworten ergab sich für beide Teile eine günstige Gelegenheit, Nutzen aus der Sach lage zu ziehen; denn Klas wollte sein An wesen verkaufen und die beiden Overbecks brauchten eins. So wurden Klas und Lars um einen billigen Preis handelseinig. Die beiden Zuzügler machten sich im Dorf seß- Haft und Husen erwarb anstelle seines bis herigen Anwesens von der Gemeinde eine draußen am Dorfende und hart an der See gelegene, verfallene Hütte. Sie genügte den Bedürfnissen des halben Weltflüchtlings vollauf und er sah nun endlich seinen letz ten Wunsch erfüllt, der ihm lästigen und Peinlichen Nachbarschaft von Antjes Eltern entrückt zu sein. Er hatte bisher nicht ge wußt, wie er einen Käufer für sein Eigen tum finden sollte, denn einer städtischen Bo denspekulation mochte er es als treuer An hänger einer ererbten traditionellen Besitz anschauung auf keinen Fall verschachern. Da war Lars Overbeck wie vom Himmel geschickt ihm über den Weg gelaufen. Nur sein gutes Boot und seine Fischereigeräte, sowie ein Paar unentbehrliche Möbelstücke nahni Klas Husen in sein neues Heim mit. Die Overbecks waren zwei wundervoll reinherzige Menschen, fröhlich und sorglos und eins dem andern zugetan in jener un- ergründlich starken Liebe, welche jeden von ihnen um das Wohl des andern als den Lebensnerv des eigenen Wohls empfinden ließ. Infolgedessen wurde ihre immerhin schon weit über die Flitterwochen hinaus gewachsene Ehe von einer sonnig-heiteren Harmonie durchleuchtet, deren starke Re flexe noch bis in die Außenwelt hinein leuchten mußten. Am klarsten und deutlichsten empfand das Klas Husen, denn er kani mit Lars und Liese Overbeck schließlich doch noch mehr in Berührung, als die übrigen Dorfbewohner trotz seines Einsamkeitstriebes. Nicht nur, daß er als ihr erster Bekannter in ihrer neuen Heimat die Konsequenzen dieser Be-