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508 PAPIER-ZEITUNG. N® 25 Freude habt ihr mir bereitet! Sehet, weiss wie Elfenbein Sind die Bogen und es weidet Sich das Auge schon am Schein. Richtig im Format Halten sie Quadrat Und, an’s Licht gehalten, steigen Schön hervor des Wappens Zeichen. Herein! Herein, Gesellen, alle, die es machten, Es mag, um eure Kunst zu achten, „Pro patria" sein Name sein. Dem Vaterlande mag es nützen Und allen seinen wahren Stützen! Doch nimmer wird es ganz bedacht Wozu der Meister es gemacht: Empor vom niedern Erdenleben Wird auf zum blauen Himmelszelt Der Luftball durch die Wolken schweben; Und wie in höhrer Sternenwelt Die Körper ihre Bahnen wählen, Das werden auf den Punkt und klar Kalender aller Art erzählen Für jeden Tag für jedes Jahr. Zur Kirche heil’gen Gegenständen, Zum Chorgesange dient das Buch. Die Chronik zeigt in starken Bänden Der Dinge Lauf, der Zeiten Flug. Papier als Geld roullirt in Staaten Es nützt als Maass dem Schustersmann, Man sieht wie jeder Krämerladen Die Düten nicht entbehren kann. Und wie vor unsern Tabackpfeifen Der Fidibus in Rauch vergeht, So lehrt er uns auch leicht begreifen, Dass „Nichts“ in dieser Welt besteht. Jetzo mit der Kraft der Hände Ladet mir die Ballen auf, Dass ich sie als Fracht versende, Denn die Käufer warten drauf. Schallt des Fuhrmanns Wort, Seht, da geht es fort. Was der Haderlump begonnen Hat die Welt durch uns gewonnen! Drum Ihr werthen Herrn, mit Gunst Ein „Vivat hoch!“ der Papiermacherkunst! Die Papier industrie nebst Zubehör auf der Düsseldorfer Gewerbe- und Kunst-Ausstellung. Von unserm Spezial-Beriditerstntter. Wenn ich Ihnen vor 14 Tagen schreiben musste, dass die 7 Schöpfungstage für die Ausstellung nicht gereicht haben, und man einen achten hat hinzunehmen müssen, so habe ich doch vergangenen Dienstag die angenehme Gewissheit mit heimgenommen, dass sich das Chaos zu einem harmonischen Gebilde gestaltet hat. Ich kann zwar nicht behaupten, dass man in allen Ecken und Kanten fertig sei, — fertig wird man vielleicht bis zum Ende der Dauer nicht werden, und ich wünsche es der Aus stellung und ihrer Commission nicht, dass sie dann fertig sei. Ich wünsche ihr alles Gute, aber sollte der Besuch nicht lebhafter werden, als ich ihn an meinen 2 von der Sonne bevor zugten Besuchstagen zu beobachten Gelegen heit hatte, dann kommt die Finanzcommission sicherlich nicht auf den Damm. Das wäre schade, jammerschade! Die herrlichen Indu strie- und Kunsterzeugnisse unserer 3 west lichen Provinzen verdienen es, dass sie be schaut, verdaut — studirt, probirt — und wiedergekaut und nochmals verdaut werden. Das wäre schade, jammerschade, wenn unser Gewerbefleiss unbemerkt und ungesehen, von Deutschland unbeachtet, wieder in Kisten und Kasten, Fabriken und Magazine zurückwandern sollte. Drum immer heran, meine Herrschaften, freundlicher Papierzeitungsleser zur freund lichen, heitern Musenstadt am Rhein, wo sich so vergnügt, behäbig leben lässt, und wo neben | der Ausstellung grosse Kunstgenüsse für Auge, I Herz, Ohr und Verstand, wo eine hochentwickelte Industrie, wo ein lustiger, geselliger Verkehr unter lauem, blauem Himmel wohnen. Die Stadt Düsseldorf oder vielmehr deren gute Bürger hatten sich stark gerüstet zum Empfang der ganzen Welt und hatten als gute Wirthe ihre Anforderungen nach dem grossen Geldbeutel der reichen Engländer und der ver schwenderischen Russen gestellt. Da diese Zugvögel bisheran ausgeblieben, so ist die Geige um eine Oktave tiefer gestimmt worden. Die Ausstellungscommission ist so practisch gewesen und hat für die Fremden, welche längere Zeit in Düsseldorf verweilen wollen, ein Wohnungscomptoir in der Bazarstrasse ein gerichtet. Zu Anfang waren die Forderungen auf Deutsch gesagt unverschämt hoch, indem man für ein einfaches Zimmer mit obligatem Morgencaffee 6 Mark pro Tag forderte. Wie die Stimmung, so sind die Forderungen gedrückt worden, und ein Bekannter erzählt mir, dass nun jene Preise auf 1‘/2 bis 21/2 Mark heruntergegangen, Das lässt sich hören und auf längere Zeit er tragen. Viel theurer sind die ausgezeichneten Hotels aber auch nicht und ein Fremder, welcher nur einige Tage verweilen will, quartirt sich schön und mit viel Wohlbehagen im Hotel ein. Hier haben Sie einige der besten: Cölnischer Hof, Thüringer Hotel, Römischer Kaiser, Hotel de l’Europe, Breiteubacher Hof, Hotel Steitzmann, und wer billiger und doch gut essen und trinken will, gehe Hotel zur Post, Hotel zum Taunus, Hotel Krautstein. Besonders im Hotel zur Post finden sich ein freundlicher Wirth und ein solides Mittagessen bei einem Glase Bier zusammen. Es lebt sich gut in der guten Stadt Düssel dorf und abgesehen von*der Ausstellung kann sich Männlein und Weiblein mehrere Wochen hindurch die Zeit angenehm vertreiben. Das freundliche Aussehen schon stimmt den Frem den heiter, und die frische Rheinluft, die schö nen Parkanlagen kuriren jeden griesgrämigen Hypochonder. Dazu die Kunstgenüsse im Mu seum für Alterthümer, Kunstakademie und Tonhalle, wo die Malerei und die Musika ihren Tempel aufgeschlagen. Die Concerte in der Tonhalle sind klassisch, ebenso klassisch wie die Meininger auf dem Theater. Wer seine Frau nicht mitbringt und in fröhlicher Gesell schaft gerne einen guten Schluck thut, dem rathe ich, der hänge sich an ein Düsseldorfer Kind und lasse sich in die Casinogesellschaft „Zum Ludewig“ mitnehmen. Ich habe wenig stens die dort verlebte Zeit noch stets gesegnet. Die Ausstellung kann zu Fuss, mit Omnibus, Pferdebahn und der bergisch-märkischen Eisen bahn, welche bis vor den Eingang einen Schie- nenstrang gelegt hat, erreicht werden. Der Spaziergang durch den Schlossgarten am Schlosse vorbei ist für nicht gar zu dicke Herren und Damen der angenehmste. Er dauert immerhin eine gute halbe Stunde. Um 8 Uhr Morgens werden die Pforten ge öffnet. Aber von 8—10 Uhr gehen nur Leute hin, welche viel Geld haben, denn da werden 2 Mark bezahlt. Nach 10 Uhr bis 6 Uhr Abends 1 Mark; von 6 Uhr Abends bis Mitter nacht 30 Pfg. Mit dem Glockenschlag 6 wer den nämlich Abends die Himmelspforten ge schlossen und die Wärter treiben, wie weiland der Erzengel den Adam und die Eva aus dem Paradies, jede fühlende Brust aus den heiligen Pforten der grossen Ausstellungshalle hinaus in die frische Luft des schönen Gartens zum Genüsse von Musik und Bier. Den Catalog kaufe man um keinen Preis auf dem Platze vor dem Ausstellungsfelde. Dicht hinter dem Eingänge in reizenden Zelten sitzen die .kleinen offiziellen Verkäuferinnen, und wenn Du, freundlicher Besucher, ihnen noch ein oder ein Dutzend Loose mitabkaufst, so bekommst Du sicherlich einen dankbaren Blick als Zugabe. Gleich rechts die grosse Ausstellungshalle mit 3 Längsschiffen und mehreren verbinden den Querräumen, deren hinterster und letzter die summende und schnurrende Maschinenhalle. Gleich links die landwirthschaftliche Ausstel lung mit Molkerei. Nach Guano duftet’s dort gewaltig, und wenn die rheinisch-westfälische Landwirthschaft nicht mehr werth sein soll, als sie sich dort repräsentirt, dann o weh! Grade aus und im Kreise umher ein Ge wimmel von Kiosken, Tempeln, Capellen, Brücken über trockenes und nasses Land, Bierhallen, Caffees, Restaurationen etc. etc. Laufen wir in einen Bierhafen ein, trinken uns einen Willkomm zu und entwerfen nach dem Catalog den Schlachtplan. Wohin sind wir gerathen? Lass sehen! Nach der Karte in die Bierhalle von Gebr. Dieterich. Das Glas Bier 20 Pfg. Sehr gut, sehr gut! „Was liegt da gegenüber?“ „Der Musiktempel!“ „Und weiter?“ „Die Hauptrestauration. Nur Wein. Table d'hte um 11/2 Uhr ä Couvert 3 Mark.“ „Und dicht daneben?“ „Restau ration 11. Wein und Bier. Mittagstisch von 12—3 Uhr ä Couvert 1,50 Mark für keinen hungrigen Magen.“ „Und die Restauration für einen hungrigen Magen?“ „Restauration HL in der Nähe der Maschinenhalle. Bayrisch- und Düsseldorfer Weissbier. Essen von 0,75 Mk. an aufwärts, das heisst wer nicht satt wird, kann zweimal futtern.“ „Aber was machen die beiden jungen Burschen da am Tische vor uns? Laufen von ihrem Glase Bier zum Musiktempel und vom Musiktempel zu ihrem Glase Bier?“ „Still, sie unterhalten sich.“ „„Na Carl, jetzt kann ich nicht mehr!““ „„Warum nicht? Hast Du schon genug Würst chen gegessen?““ „„Ach nein habe erst 13 Stück, aber mein Geld ist alle.““ Und unbefriedigt mit sehnsuchtsvollem Blick auf das Eldorado des Wurst-Musiktempels er heben sich die beiden Musensöhne, ziehen mit schwerem Tritt von dannen, um nun auch ihren Kopf mit dem Wust der Ausstellung zu über laden und das nöthige Gleichgewicht wieder herzustellen. Wer so glücklich wäre wie Ihr! Wäre die Ausstellung eine Wurst, und hätte einen An fang und ein Ende, so wollte ich mich auch durchfressen. Aber so! Wo anfangen? — wo aufhören? „Noch ein Glas Bier, Kellner, und ein Schnitt chen mit Wurst!“ Fortsetzung folgt. J. P. Frenay in Mainz. 5517] (Gegründet 1805.) Specialität: Leder aller Art für Buchbinder.