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Preisaufschlag und Agenten. Frankfurt a/M. April 1880. Gegenwärtig wo alle Actiengesellschaften für Papierfabrikation ihre Bilanz veröffentlichen und in der Lage sind eine Dividende von 5, 6 und mehr Prozent zu zahlen, sehen sich die Fabrikanten veranlasst mit einem Preisaufschlag zu kommen. Wenn die Gesellschaften ein günstiges Resultat erzielt haben, ist es kaum glaublich, dass anderen Fabriken dies nicht möglich war. — Wenn auch die Erhöhung der Papierpreise in einzelnen Sorten als nothwendig anerkannt wird, so wird es doch eine geraume Zeit anstehen, bis wirklich eine Er höhung zu erxielen ist, denn die Herren Fabri kanten scheinen von dem alten Sprichwort — welches ihnen in Hamm von Herrn Eichhorn zuge rufen wurde — »Einigkeit macht stark “ nichts wissen zu wollen. Einen Beweis haben wir ja betreffend der Einführung der neuen Papier zählung! — Mögen doch die Herren Fabrikbesitzer und Lieferanten erst einmal hier ihre „Einigkeit“ resp. einheitl. Vorgehen beweisen. Dass sämmt- liehe Herren hierzu weniger geneigt sind, als zu einem Preisaufschlag, wollen wir gerne glauben. Dem Papierhändler ist es leider nicht möglich einen Preisaufschlag zu erzielen, denn dass con- sumirende Publikum ist an das Herunterdrücken der Preise So gewöhnt, dass bei jeder neuen Be stellung eher weniger als mehr erzielt wird. Mit einem Aufschlag ist nicht anzulanden. — Wenn doch die für den Preisaufschlag so sehr einge nommenen Herren Fabrikanten, oder der „Verein d. Pap-.Fabrik.“ etwas mehr Propaganda machen würden und zwar durch Anzeigen in den gelesen- sten Zeitungen — „ dass die Papierpreise so und so viel gestiegen seien.“ Bevor aber von einem Preisaufschlag die Rede sein kann, mögen die Fabrikanten sich vereinigen und ihre Waare nicht direckt an Consumenten liefern und ihre sog. Agenten — richtiger Hau- sirer — anweisen, mehr mit Zwischenhändlern in Verbindung zu bleiben. Während am hiesigen Platze früher I — 2 Agenten thätig waren, haben wir jetzt ca. IO—-12, also mehr Agenten! ? als Papierhändler. Es ist leicht begreiflich, das eine solche Zahl Agenten nicht genügende Aufträge erhalten und da ein grosser Theil aus den in letzten Jahren unterge gangenen Geschäften besteht, so suchen sie ihre Verbindung mit den Fabriken als Agenten aufrecht zu erhalten und besuchen erst die Cosumenten, dann den Zwischenhändler. — Wird nun eine Waare von einem reellen Papiergeschäft offerirt, so brüsten sich die Consumenten, indem sie die Offerte mit der Bemerkung zurückweisen: „Die gleiche Waare beziehen wir durch den und den Agenten, von der und der Fabrik zu weit billigeren Preisen.“ Das Papiergeschäft wäre lange nicht so schlecht geworden, wenn ein Theil der Fabrikanten nicht auf eine Weise, die Manchem nicht zur Ehre ge reicht, ihre Fabrikate an den Markt gebracht hätten. Die alten Fabriken welche ihren alten Grundsätzen treu geblieben sind, bestehen nach wie vor, und ihnen wird es viel leichter fallen einen Preisauf schlag zu erzielen, denn sie haben die auf den | Markt gebrachte schlechte Waare nicht zu fürchten. Äusser den Agenten-Hausirer sind auch die sog. | Grosshandlungen ein Verderben. Seit einigen | Jahren hat z. B. eine nordwestliche Grosshandlung ' am hiesigen Platze ein Commissionslager errichtet | und einen Agenten bestellt, der gleich einem j hinkenden Boten jeden Buchbinder und Cartonage- | Arbeiter besucht, die Waare zu Spottpreisen ver kauft, ja sogar billiger als die grössten Firmen bei gleicher Zahlung von den Fabriken beziehen können. Welche unangenehme Erfahrung mancher Fabrikant mit solchen Leuten und Agenten macht, möge folgende, einem hiesigen Blatte entnom mene Verhandlung des Frankfurter Landgerichts I vom 24. März beweisen: Eine auswärtige Papierfabrik liess gegen einen hiesigen Agenten eine Forderung von 486 Mark ein klagen. Wie der Vertreter der Klägerin ausführte, j wurde von dem Beklagten ein für eine Papierlieferung auf ihn gezogener Wechsel über 367 Mark nicht bezahlt, wodurch II Mark Unkosten verursacht wurden. Derselbe habe auch Papier verkauft, ohne den Erlös einzusenden und bei Rücksendung von Retourwaare sich von dem Spediteur unberech tigter Weise einen Vorschuss geben lassen. Der Vertreter des Beklagten macht in einer Widerklage verschiedene Gegenforderungen geltend. Das zu rückgesandte Quantum Papier im Preise von 28 Pf. per Pfund sei grösser gewesen, als von der Klägerin zugestanden werde. Sein Mandant habe eine Papier lieferung 2 Monate auf Lager gehabt, wofür ihm 43 M. Lagerspesen zukämen. Es sei Franco- lieferung für das empfangene Papier ausgemacht gewesen, er habe aber 24 M. Fracht auslegen müssen. Der Wechsel sei nicht honorirt worden, weil Zuschlag auf Wechsel nicht vereinbart ge wesen sei. Ein hierhergekommener Vertreter der Klägerin habe dem Beklagten 3 Procent Provision für alle Bestellungen zugesichert, die von ihm zu geführte Kunden machen würden. Daraufhin sei er mit dem Vertreter zu zwei hiesigen Zeitungen gegangen, welche inzwischen für etwa 15,000 M. Papier bezogen hätten. Hierfür habe er die Pro vision noch zu beanspruchen. Der Vertreter der Klägerin bemerkte, das seine Mandantin dem Be klagten gestattet habe, einen Theil des bestellten Papiers, welches er nicht habe übernehmen und bezahlen können, zurückzugeben. Bei einer der artigen Wiederauflösung eines Geschäfts könnten aber Lagerspesen nicht berechnet werden. Franco- lieferung sei nicht ausgemacht worden und die Blätter, deren Kundschaft der Beklagte vermittelt haben wolle, hätten nichts bezogen. Es erging ein Theilurtheil, wodurch der Beklagte zur Zahlung von 486 Mk. nebst 6 pCt. Verzugszinsen verurtheilt wurde. Ferner erfolgte Beweisbeschluss dahin, dass der Klägerin über die Nichtvereinbarung dei Frankosendung, dem Beklagten dagegen über die Nichtvereinbarung der Wechselzahlung der Eid zuzuschieben sei. Ueber das Gewicht der zurück gesandten Papierlieferung soll der Spediteur ver nommen werden und der hier gewesene Vertreter der Firma darüber, ob er dem Agenten 3 pCt. Provision zugesichert habe, ferner ob ihm zwei hiesige Blätter von demselben als Kunden zuge wiesen worden seien, und welche Geschäfte er mit ihnen gemacht habe. —e— Anm. d. Red. Unser geschätzter Correspondent zieht eingangs seines Briefes aus dem Umstand, dass die Papierfabriken im abgelaufenen Jahre leidlich guten Verdienst hatten, den Schluss, dass der beschlossene Preisaufschlag nicht ge rechtfertigt sei. Dabei hat er jedenfalls nicht bedacht, dass die Preiserhöhungen für Lumpen, Chemikalien, Kohlen etc. erst Ende 1879 ein traten, dass diese also auf die Bilanzen des vergangenen Jahres wenig oder keinen Einfluss üben konnten. Calander- Konstruktionen. Abschrift. Düsseldorf, 12. April 1880. Herrn Ferd Jagenberg in Solingen. Es ist mir angenehm, aus ihrem Artikel „ Calander- Constructionen“ in der Papier-Zeitung vom 8. d. zu ersehen, dass Sie die einseitige prismatische Führung für die Walzenlagerkörper für die einzig richtige halten, denn es ist speciel meine Construc- tion, die Sie durch Zeichnung nnd Beschreibung wiedergeben; Voith construirt ja in ganz anderer Weise und dass „Hemmers Wittwe und Andere“ etwas ähnliches wie ich machen sollten, ist mir unbekannt. Soviel Vergnügen mir nun auch Ihr Urtheil macht, so wenig kann ich Ihnen aber gestatten, „dass Sie so ohne Weiteres und ohne meine Er- laubniss“ die Idee dieser Construction nachahmen. Es bedarf wohl nur des Hinweises auf die in No. 41 vom 9. Oktbr. 1879 der Papier-Zeitung unter der Rubrik „Beschreibung neuer in Deutschland pa- tentirter Erfindungen“ erschienene Beschreibung meiner Calander-Constructionen, insbesondere aber anf mein Patent No. 6584 vom 3. Decbr. 1878, speciell dessen Patentanspruch No. I, sowie ferner auf die §§ 4 und 34 etc. des Patentgesetzes, um Sie von der Unzulässigkeit einer solchen Nach ahmung zu überzeugen. Um etwaigen durch IhrenArtikel hervorgerufenen Irthümern zu begegnen, habe ich der Redaclion der Papier-Zeitung Abschrift dieses Briefes mit der Bitte um Veröffentlichung eingeschickt. Hochachtend gez. W. R. Schürmann. Abschrift. Düsseldorf, den IG. April 1880. Herrn Ferd. Jagenberg in Solingen. Auch die Verwendung des von Ihnen in der jüngsten Nummer (16) der Papierzeitung beschrie benen Getriebes für Calander bedauere ich, nicht gestatten zu können, da dasselbe nur eine geing- werthige Modification meiner unter Nr. 3902 pa- tentirten Riemenwechselgetriebe, insbesondere des unter Fig. 4 der Patentschrift aufgeführten Bei spiels ist. Hochachtend gez. W. R. Schürmann. Büttenpapier. Die geschöpften Bogen werden stets zum Trocknen aufgehängt, geleimt und dann nochmals getrocknet. T. H. Busbridge aus Maidstone, England schlägt nun vor, die erste Trocknung dadurch zu ersparen, dass man die feuchten Bogen vor dem Auf hängen iu eine Leimmaschine bringt, sie also mecha nisch (anstatt von Hand durch Eintauchen) mit Leim überzieht und dann erst zum Trocknen aufhängt. Die Leimmaschine, welche er im Auge hat, besteht vermuthlich aus einer auf einem Leimtrog angebrachten Presse, durch welche ein endloser Filz läuft. Da dieser Filz auch durch die Leimlösung geht, so ist er fortwährend damit getränkt und leimt seinerseits jeden Bogen der auf ihm liegend, mit durch die Presse geführt wird. Man hat somit die Bogen nur an einer Seite aufzulegen und an der andern abzunehmen. Durch dies Verfahren würde nicht nur eine Trocknung nebst den dazu nöthigen Einrichtungen erspart, sondern das Papier würde auch besser geleimt, da es im feuchten Zustand die Leimlösung besser aufnimmt. Der Gedanke liegt zu nahe, als dass seine Ausführung nicht schon versucht sein sollte und wir vermuthen, dass sich das noch nicht getrocknete, mit Leim getränkte Papier als zu schwach erwiesen hat, um die bei’m Aufhängen nöthige Hantirung zu ertragen. Wenn das Papier durch vorherige Trocknung fest geworden ist, behält es trotz des Wieder befeuchtens mit Leimlösung noch Zusammen hang genug, um die Manipulationen des Aufhängens auszuhalten. Wir glauben desshalb, dass Busbridge’s Vorschlag wohl bei starken, dicken Papieren, ab nicht bei dünnen ausführbar ist. Neue Verwendung für Cellulose. C Hilt in Kohlscheid hat ein Patent für ein Verfahren zur Anfertigung von Steinkohlen- Briquettes genommen, welches darin besteht, dass 1 Theil Cellulose mit heissem Wasser an gerührt und mit einem Bindemittel (Leimlösung, Kalkmilch, Wasserglas etc.) vermischt, imeVer- hältniss von 1 zu 10 mit Kohle vermengt wird. Wenn der Erfinder die Preisverschiedenheit von Holzzellstoff (Cellulose) und geschliffenem Holz kennte, würde er wohl Letzteres aber keine Cellulose zu diesem Zweck empfohlen haben. Aber auch geschliffenes Holz scheint uns noch viel zu gut und werthvoll, um als Brennstoff zu dienen! Die Erfindung entspricht wahrschein lich, wie manche andere, den Erfordernissen des Gesetzes, d. h. sie ist „neu“ — voraus sichtlich aber ebenso unpraktisch.