Volltext Seite (XML)
94 PAPIER-ZEITUNG. N: 5 Das Färben des Papierstoffes. Von Julius Erfurt, Papierfabriks-Director. Fortsetzung aus No. 4. Neutralisirte essigsanre Thonerde als Beize für Cochenille Farbstoffe. Noch bessere Resultate als eine Beize mit Alaun oder schwefel saurer Thonerde liefert für Cochenille-Farben eine solche mit neutral isirter essigsaurer Thonerde. Die Neutralisirung darf aber erst auf der Faser erfolgen, nachdem solche durch eine ent sprechende Gewichtsmenge essigsaurer Thonerde in Lösung (oder einer Auflösung von Thonerdehydrat in Essigsäure) getränkt worden ist, und zwar am besten mit Kalkmilch, wenn dies die Qualität der zu fabricirenden Papiersorte nicht zu beeinträchtigen droht. Für geleimte Sorten ist jedenfalls das Beizen mit Alaun vorzuziehen, obgleich der Farbstoff nicht so vollkommen auf genommen wird. Eine sehr schöne scharlachrothe Farbe kann mit Cochenille dargestellt werden, wenn der hochroth gefärbte Stoff mit einer frischen Wau-Abkochung gestuft wird. Wau liefert nicht allein schönere, sondern auch dauerhaftere Farben als andere gelb färbende Pflanzenkörper. — Von den im Handel vorkommenden Sorten der Reseda teuteola ist die von Cette die ergiebigste. Die Stengel derselben sind dünn und dicht mit gelben Blüthen besetzt, welche den eigentlichen Farbstoff, das Luteolin, enthalten. Der Farbkörper wird dem Wau durch Auskochen in reinem ■weichen Wasser entzogen. 3. Fuchsin. Die künstlichen organischen Farbsubstanzen haben für die Papierfabrikation gegenwärtig eine hervorragende Bedeutung ge wonnen, so dass die Verwendung der natürlichen Farbstoffe nur noch in beschränktem Maasse stattfindet. Das aus Steinkohlentheer gewonnene Anilin bildet den Mutterstoff der Mehrzahl künstlicher Farbstoffe. Es wird aus dem Nitrobenzol dargestellt, welches durch Behandlung von Benzin mit starker Salpetersäure entsteht. Letzteres ist recti- ficirtes Naphta, das bei der Destillation des Steinkohlentheers übergeht. Mit dem Namen Anilin bezeichnete man ursprünglich die aus der Zersetzung von Indigo mit Salpetersäure entstehende gelbe Substanz, und erst in neuer Zeit wurde derselbe Körper im Theer entdeckt. Das Anilin an und für sich besitzt giftige Eigenschaften, die sich insofern den aus demselben gebildeten Präparaten vererben können, als solche häufig mit unzersetztem Mutterstoff verunreinigt sind. In krystallisirtem oder pulver förmigem Zustande enthalten die Anilin-Farben am wenigsten unverändertes Anilin. Selbst die krystallisirten Anilinfarben können jedoch Vergiftungserscheinungen hervorrufen, da dieselben in mehr oder weniger hohem Grade von giftigen Oxyden verunreinigt sind, welche zu deren Darstellung gedient haben. Zu diesen gehören: Arsenik, Bleisuperoxyd, die Verbindungen der Salpeter säure und des Chlors mit Quecksilber etc. Die ganz reinen Anilinfarbkörper sind nicht giftig, können es jedoch in ihren Zusammensetzungen mit Salz-, Arsen-, Essig-, Picrin-Säuren etc. werden, oder auch durch die zu ihrer Befestigung an den Stoff dienenden Beizmittel. Ein, z. B. mit Methyl- oder Jod- Grün-Lösung, gefärbtes Papier, für welches die Farbflotte mit Essigsäure angesäuert wurde, ist nicht giftfrei und wird in höhe rem Grade giftig, wenn die Farbe mit Picrinsäure getönt wurde. Es ist somit besser, wenn die Picrinsäure durch einen adjectiven, gelb färbenden Pflanzenkörper ersetzt wird. Für die Befestigung der Anilinfarbstoffe, welche an Schönheit und Feuer der Töne die Holzfarben weit überragen, hingegen an Beständigkeit der Carminsäure nachstehen, genügt eine durch greifende Alaunirung des Stoffes. Erhitzen der Masse auf 50—60" R. ist sehr zu empfehlen; das gleichmässige und vollkommene Auf gehen der Anilin-Farben wird dadurch wesentlich gefördert. Die künstlichen Farbstoffe müssen mit viel Wasser gelöst werden, so dass bei der Filtration möglichst wenig suspendirte Farbstofftheilchen Zurückbleiben. Die Lösungen dürfen erst kurz vor dem Verbrauch bereitet werden, da sie bei längerem Stehen, besonders in nicht verdeckten Gefässen, bedeutend einbüssen. Das Anilinroth, gewöhnlich Fuchsin genannt, wird aus Anilin gewonnen. Es zeichnet sich durch ausserordentliche Ausgiebig keit und Schönheit der mit demselben dargestellten rosa- und carmoisinrothen Töne aus. Der Erfinder dieses wichtigen Farbstoffes ist Professor A. W. Hofmann, welcher das Anilinroth aus 1 Th. Zweifach-Chlor- Kohlenstoff und 4 Tb. Anilin darstellte. In Fabriken wird es aus Anilin und neutralem Quecksilber oxyd oder Anilin und Arsensäure erzeugt. Arsenhaltiges Fuchsin lässt sich in folgender Weise reinigen: Das pulverisirte Roh material wird mit concentrirter Salzsäure behandelt und hierauf mit Wasser verdünnt. Die geklärte Lösung ist mit Aetznatron soweit zu versetzen, dass solches im schwachen Ueberschuss verbleibt. Der Arsenik bleibt gelöst in der Lauge, während der Farbstoff gefällt wird. Durch mehrmaliges Waschen des Niederschlages mit kaltem Wasser und nachheriges Filtriren gewinnt man ihn im reinen Zustande. Es kommen, obgleich ziemlich selten, Verfälschungen des Fuchsins mit Rohzucker vor. Die kleinen Krystalle des Zuckers werden im Mutterstoff des Fuchsins gefärbt und nehmen beim Trocknen die den Fuchsin-Krystallen eigenthümlich goldgrün glänzende, der Florentiner Bronce nicht unähnliche Färbung an, so dass dem Auge die Verfälschung unkenntlich bleibt. Die Anilin-Präparate deutscher Fabrikanten sind erfahrungsgemäss frei von Verfälschungen; es finden sich solche nur in den aus ländischen oder durch die Hände unreeller Händler gegangenen Qualitäten. Die geringwerthigere Waare kennzeichnet sich übrigens von selbst durch ihr kleines Färbevermögen. Von I Diamant-Fuchsin werden 200 gr. in 30 Liter reinem weichen Wasser gelöst und hierauf noch 5 Minuten lang unter beständigem Umrühren durchgekocht. Während des Kochens wird der sich auf der Oberfläche zeigende Schaum sorgfältig entfernt, bis die Flotte klar erscheint, worauf dieselbe filtrirt wird. Die brillantesten rosenrothen Töne werden mit raffinirtem I Diamant-Fuchsin erhalten. Im Handel kommen gelblich, rein roth und bläulich gefeuerte Sorten vor. Für die Darstellung gelbrother Töne ist Fuchsin wenig geeignet, da der demselben eigenthümliche bläuliche Ton störend auf den gelben Untergrund : einwirkt. Schwache Fuchsin-Auflösungen werden auch vielfach an Stelle von Saftroth oder Cochenille in Verbindung mit einem blauen Farbstoff zum Weissen des Papierstoffes benützt, besonders in solchen Fällen, wo Billigkeit Hauptfactor und Aechtheit der Färbung Nebensache ist. Der in weissen Papieren mit Holzstoff zusatz, bei Anwendung eines blauen Farbkörpers hervortretende grüngelbliche Stich, wird hierdurch in einen dem Auge ange- genehmen Ton verwandelt. Die mit Fuchsin gefärbten weissen Papiere haben jedoch den Fehler, besonders bei Lampenlicht dunkel zu erscheinen. Ein schönes Amaranthroth wird durch Tönen des Fuchsin- carmoisins mit Methylviolet hervorgerufen. Das Anilinroth kann mit Vortheil zum Schönen (Aviviren) der Rothholzfarben benützt werden. Die Anilinderivate sind überhaupt durch die Einfachheit ihrer Anwendung und das Feuer der Töne, vorzugsweise für das Schönen, besonders der mit Holzabkochungen dargestellten Farben, geeignet. 4. Cerise. Unter der Bezeichnung Cerise kommt im Handel ein Anilinroth vor, welches seiner Billigkeit halber vielfach für das Ausfärben gewöhnlicher Papiersorten Verwendung findet. Der direkt sich ergebende Ton liegt zwischen Scharlach und Carmoisin, ist jedoch nicht frei von einem bräunlichen Stich, der dem Farbstoff für die Schattirung braunrother Farben einige Wichtigkeit verleiht. 1 Gew.-Th. Cerise wird in mit 6 Th. Essigsäure angesäuertem Wasser gelöst, die Flotte gut aufgekocht, wobei das Abschäumen derselben zu beobachten ist. Während auf 1 Gew.-Th. Fuchsin wenigstens 4 Gew.-Th. Alaun für die Beize des Stoffes erforderlich sind, genügen für 1,75 Th. mit Essigsäure gelöstes Cerise 4 Th. Alaun. 5. Naphtalinroth. Das Naphtalinroth (Magdala-Roth) nähert sich dem Fuchsin- roth, ist jedoch matter und unbeständiger. Da es zudem im Preise keinen Vorzug vor jenem besitzt, ist seine Anwendung nicht zu empfehlen. 6. Safranin. Die feinsten rosa Töne liefert Safranin, das der gleichen Behandlung wie Fuchsin unterzogen wird und sich besonders zum Ausfärben von Post-, Blumen- und feinen Umschlagpapieren eignet. Mit feinem (gelben) Phosphine können auf Safranin pracht volle Scharlachtöne erzeugt werden. Fortsetzung folgt.