Volltext Seite (XML)
4539 Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. nur, wie ich dies bereits ausgeführt habe, den Vertrieb ausschließlich selbst und »ohne den Sortimentsbuchhandel überhaupt in Mitleidenschaft zu ziehen» übernehmen. Ich habe bei Begründung unseres Antrags absolut nicht davon gesprochen, daß irgendwelcher Verleger infolge Annahme des Dresdner Antrags durch die Hauptversammlung aus dem Börsenverein austretcn solle oder gar austreten müsse; ich habe nur unter Bezugnahme auf die »Erklärung» der Deutschen Verlegerkammer betont, daß sich ein jedes Mitglied den Satzungen des Börsenvereins und den Beschlüssen der Hauptversammlung unbedingt zu fügen oder seinen Austritt zu erklären habe. Damit habe ich nur auf in der That Selbstverständliches, auf feststehende Thatsacheu, und zwar notgedrungenerweise, aufs neue hingewieseu. Im übrigen vertrete ich allerdings — um Herrn Müllers Worte zu ge brauchen — nach wie vor den Grundsatz: »ohne 25 Prozent Rabatt giebt es keinen Vertrieb durch das Sortiment.« Herr Müller spricht sodann seine feste Uebcrzeugung dahin aus, daß niemand, insbesondere kein Verleger, seiner Zeit bei Abfassung der Satzungen, bezw. der Buchhändlerischeu Verkehrsordnuug darckn gedacht habe, cs sei einem Sortimenter das »Hiuaufschleudern«, das Aufschlagen auf den Ladenpreis, verboten. Diese Aeußerung, die auch im Laufe der Debatte keinerlei Zurückweisung seitens der Herren vom Verlag ge funden hat, erscheint mir ebenso interessant als wertvoll; interessant insofern, als durch Anerkennung dieses Grundsatzes das Recht des Verlegers, den Ladenpreis allein zu bestimmen, indirekt zwar, aber doch thatsächlich teilweise aufgehoben würde, — wertvoll, weil sich auf diesem Wege allerdings eine, wenn auch nur bescheidene Besserung der Verhältnisse des Sortiments anbahnen lassen würde. Ob aber der Verlag sich schließlich wirklich auch allenthalben mit dieser Neuerung einverstanden erklären würde, das steht noch dahin. Geschähe es, so würde das gewiß einen Fortschritt bedeuten — einen Fortschritt freilich auch zu gunsten manchesterlicher Theorien! Eine wirkliche Besserung der Lage des Sortiments wäre trotzdem freilich nicht herbeigeführt. Bei einer ganzen Reihe von Büchern würde sich ein Preisaufschlag auch über haupt nicht durchführen lassen, so — wie Herr Müller ganz zutreffend bemerkt hat — insbesondere nicht bei allen jenen Büchern, denen der Preis aufgedruckt ist, und bei Schul büchern, deren ungenügende Rabattierungen aber gerade in hervorragendem Maße einer Besserung bedürftig sind. Auch wäre es im Vorhinein ausnahmslos bei allen Lieferungen an Behörden völlig ausgeschlossen, irgendwelchen Aufschlag, gleichviel in welcher Form, in Ansatz zu bringen. Herr Müller kommt sodann auf das »Kuriosum« zu sprechen, daß ich selbst ein Adreßbuch verlege, das ich angeb lich nicht mit 25 Prozent Rabatt an den Buchhändler abgebe. Ich muß hierbei einen Augenblick verweilen, weil gerade dieser Fall eine in die Praxis umgesetzte Illustration im Sinne der dein Dresdner Antrag zu Grunde liegenden Theorie bildet. Was Herr Müller hierzu sagt, ist richtig — und doch auch falsch. Laut dem im Januar 1901 verausgabten »Ver zeichnis der erschienenen Neuigkeiten« ist das in Frage stehende Dresdner Adreßbuch mit einem Ladenpreise von 18 70 H aufgeführt; ich gebe das Buch mit 14 ^ bar ab, also mit vollen 25 Prozent Rabatt. Dieser Ladenpreis ist von der Hinrichs'schcn Buchhandlung angesetzt worden, und ich habe gegen diese Berechnung keinen Einwand erhoben; der Preis von 14 ^ ist dem Buche auch nicht aufgedruckt, mithin ist der Sortimenter vollkommen berechtigt und in der Lage, das Buch mit 18 ^ 70 zu verkaufen. Meine Herren Kollegen in Dresden werden das Buch allerdings ohne jeden Nutzen zu dem Preise verkaufen müssen, zu dem meine Firma es vertragsmäßig an das Publikum abzugeben verpflichtet ist, nämlich zu 14 Hierzu habe ich aber zu bemerken, daß keiner der Dresdner Herren Kollegen gezwungen ist, das Buch überhaupt zu führen; er kann ja, was auch neun Zehntel aller Dresdner Firmen thun, seinen Besteller einfach an die »Vertriebsstelle« des Buches (in diesem Falle an meine Firma) verweisen — ganz gleichviel, ob dieser Besteller Behörde oder Privatmann ist Er hat auch keineswegs zu fürchten, daß ihm dadurch seine Kundschaft ent fremdet werde, da meine Firma offiziell als alleinige »Vertriebsstelle« in allen Ankündigungen u. s. w. aufgeführt wird. Ich mute natürlich auch dem Sortiment in keiner Weise zu, sich für den Vertrieb des Buches irgend zu bemühen oder auch nur zu interessieren; ich appelliere in keiner Weise an das Sortiment. Adreßbücher von einzelnen Städten ge hören eben (wie so mancherlei andere Unternehmungen rein lokaler Natur) zu jener seltenen Kategorie von Büchern, bei denen der Verleger ohne die allgemeine Mithilfe des Sorti ments, und ohne deswegen vermutlich nur ein einziges Exemplar weniger abzusetzeu, zu bestehen vermag; werden doch durch das Sortiment außerhalb Dresdens jährlich auch- kaum mehr als zwanzig Exemplare des Dresdner Adreßbuchs verkauft! ES ist aöcr gewiß ein ganz anderes Ding, ob ich (wie dies z. B beim Leipziger Adreßbuch geschieht) einen Ladenpreis von 16 und einen Barpreis von 15 ^ fest setze —, oder ob ich einen buchhändlerischen Ordinärpreis von 18 70 H anerkenne und von diesem dann 25 Prozent Rabatt gewähre. Ich glaube kaum, daß das »Kuriosum« nach dieser Darlegung noch als gar so »kurios« erscheinen wird! Herr Müller bemängelt sodann die von mir als Beweis stücke für meine Ausführungen ausgelegte Liste von 150 Büchertiteln insofern, als er einige mit fast 25 Prozent rabattierte Bücher aus dieser Liste herausgreift und er klärt: »es ist also nicht so schlimm, als es den Anschein hat«. Dieser Logik kann ich nicht folgen. Es besteht folgende Thatsache: 150 genau mit Ordinär- und Netto preisen einzeln aufgeführte Bücher werden mit einem durchschnittlichen Rabatt von 23,^ Prozent abgegeben, davon das eine vielleicht mit 24»/,«, das andere dafür aber mit nur 20 oder gar 15 Prozent Rabatt. Es ist also ganz genau »so schlimm, als es den Anschein hat«, nämlich es bleibt bei dem Durchschnittsrabatt von 23,Prozent. Es wäre mir natürlich ein Leichtes gewesen, eine im Sinne unseres Antrags viel beweiskräftiger wirkende Zusammen stellung vorzulegen —, ich brauchte dann ja nur diejenigen Bücher auszuwählen, die am allergeringsten rabattiert werden, dann hätte sich vielleicht als Ergebnis ein Durchschnittsrabatt von 17^2 Prozent konstruieren lassen. Das habe ich aber selbstverständlich vermeiden müssen, um ein der Wahrheit entsprechendes Durchschnittsfacit zu erhalten. Schlimm genug übrigens, wenn »ein Buch, das mit 35 ^ ord. angesetzt ist, statt mit 26 ^ 25 mit 26 50 H netto berechnet wird, in einem anderen Falle ein Buch im Preise von 17 ^ 50 -Z statt mit 13 ^ 13 H mit 13 25 -Z, das sind also 12 H Unterschied.« Ich behaupte; es ist geradezu kläglich, wenn bei einem Buche von 35 bezw. 17'/, ^ ord. der Gewinn des Sortimenters noch um 25, bezw. 12 H ge schmälert wird! — Wenn Herr Müller das Sortiment dann auf das von Herrn Stettner vorgeschlagene »einfache Mittel« verweist, bei mit noch nicht 25 Prozent Rabatt gelieferten Büchern keinen Rabatt zu gewähren, so ist dieses Mittel (ganz abgesehen von den mit seiner Handhabung verbundenen Schwierig keiten) erstens durchaus nicht in allen Fällen anwendbar, dann aber und vor allem verfehlt Herr Stettner und mit ihm Herr Müller das Ziel insofern vollständig, als sich der Sortimenter in den weitaus meisten Fällen glücklicherweise 594»