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9594 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 1S4, 21. August 1912. überhaupt von besonderer Wichtigkeit. Dem Sinne nach ent schied das Reichsgericht so: Die Rechtsstellung des Herausgebers einer Zeitschrift kann sehr verschieden sein; bei manchen Zeitschriften ist der Ver leger derart Herr des gesamten Unternehmens, daß es ihm freisteht, dem Herausgeber zu kündigen und einen anderen an seine Stelle zu setzen; bei anderen Zeitschriften ist es gerade umgekehrt, der Herausgeber ist der eigentliche Herr des Unternehmens, so daß es ihm freisteht, dieses Unter nehmen mit einem anderen Verleger oder im Selbstverläge fortzufllhren. Hier ist richtig erkannt, worauf es ankomml, und der Auslegung der Umstände des Falles ist hier mit der sehr glücklichen Fassung »der Herr des Unternehmens« der richtige Weg gewiesen. Oft genug wird das Verhältnis beider ein gesellschaftliches sein, was sich z. B. aus einem Anteil des Herausgebers am Gewinn, einer Beeinflussung der Wahl der Mitarbeiter und der Auswahl und Gewinnung von Beiträgen seitens des Verlegers u. dgl. ergibt. Zu beachten ist dabei noch, daß oft genug der oder die sogen. Herausgeber nur den Namen hergeben, der Redakteur oder der Verleger aber der Macher ist und hiernach die Rechtslage zu beurteilen ist. Dar aus ergeben sich dann die Folgen, was beim Ausscheiden eines Herausgebers, Tod des Herausgebers, bei Auflösung der Firma des Verlegers oder dergleichen zu geschehen hat. Man sieht also: Idee und Formgebung schaffen hier ge meinsam auf etwas andere Art als sonst ein Urheberrecht. Diese Mitarbeit auf Grund der eigenen Plangcbung wiegt einen großen Teil schrift- st ellerischer Aussllhrungstättgkcit auf. Und das ist ganz in der Ordnung. Denn wenn jedem um formenden Verwerter ein Urheberrecht zugebilligt wird, warum soll es dem schöpferischen Gei st versagt sein, der mit Hilfe anderer eine große Gesamtheit, eine Zeit schrift, ein Sammelwerk u. dgl. schafft und deren Ausführung mitleitet und überwacht, also als Verleger die Stelle des Herausgebers einnimmt!?*) V. So fragt es sich zum Schluß nur noch, ob nicht in den meisten derartigen Fällen etwa ein M i tu rh e b e rr e ch t des Verlegers mit einem oder mehreren Redakteuren oder Her ausgebern entsteht. Das Milurheberrecht ist als Zuflucht und Ausweg, als Kompromiß immer da. Aber es ist nicht die erstrebenswerteste Lösung. Ob ein Miturheberrecht vorliegt oder eine Partei das alleinige Urheberrecht hat, läßt sich nur nach den tatsächlichen Verhältnissen entscheiden, wie es die Reichsgerichtsentscheidung angibt. Übt der Verleger einen dauernden Einfluß auf die Ge staltung des Werkes aus, so tritt er damit in Wetteifer oder in Kollision oder zumindest in enge Zusammenarbeit mit Her ausgeber oder Redakteur. Es liegt nahe, in solchen Fällen von einem Miturheberrecht zu reden, und ein Gerichtsurteil, das in Zweifelsfällen solcher Art ein Miturheberrccht statuierte oder anerkennte, würde sich vermutlich sehr salomonisch dünken. Es hätte schön laviert und balanciert, hätte auf Grund recht licher Möglichkeiten ein Verhältnis festgesetzt, das anscheinend theoretisch gar nicht besser sein könnte! Aber man vergesse hier nie, daß man damit die Parteien zusammenschmiedet, wo sie gern von einander los wollten, daß man eine Bindung schasst, wo deutliche Trennung der Rechte und Ansprüche ge wünscht war. So einfach also liegt das nicht, und das »Mit- urhcberrecht« ist eben keine ideale Lösung in solchen Fällen, obschon gewiß in einer Anzahl dieser Fälle ein Gesellschafts verhältnis und ein Miturheberrecht deutlich vorliegen werden. *1 Vgl. auch die Ausführungen von Ebner in seinem Kommentar zum Urheberrecht zu K 4. Besondere Beachtung verdient dabei derZweck und die Gestaltung des Unternehmens, die ihm zu gründe liegen den Verträge usw. Aus ihnen wird hervorgehen, ob es, sagen wir einmal:einAutoren-odereinVerlags- unternehmen ist. Zumal wenn es sich um ein größeres Kollegium von Herausgebern eines Sammelwerkes handelt, so sollte das gegen die Annahme eines M i t Urheberrechts sprechen. Denn es würde dann das Veto eines Einzelnen von den Vielen das ganze Unternehmen lahmlegen, die wirt schaftlichen Interessen aller hindern, zu außerordentlich stören den Komplikationen führen und so die Schwierigkeiten der Regelung geradezu häufen, statt den Streitfall zu schlichten. Die Annahme eines Miturheberrechts gliche so eher einem Bankerott der Rechtsentscheidung und läge jedenfalls weitab gerade von den wirtschaftlichen Bedürfnissen, die durch das Recht befriedigt werden sollen. Die Einschränkung des Miturheberrechts liegt aber auch in der Tendenz des Urhebergefetzes. Denn der Z 6, der das Miturheberrecht behandelt, spricht nur von untrennbaren Anteilen, und der K 4 präsumiert ja, gerade um einen Ein zelnen zum Urheber eines Gesamtwerkes zu machen, die Urheberschaft des Herausgebers beziehungsweise des Ver legers ! Fragen wir die Praxis, so erscheint es fast unzweifelhaft, daß in Fällen, wo bei einem großen Sammelwerk ein Heraus geberkollegium bestellt wird, der Verleger in den Verträgen mit den Herausgebern das Urheberrecht am Werk als Ganzem sich selbst zu erhalten wünscht. Dieser Zweck der Verträge mutz bei einer Auslegung durchaus gewürdigt werden. Es spricht für das Urheberrecht des Verlegers sw enn er der tätige Anreger ist) außerdem noch folgendes, was der Beachtung wert ist: 1. Die Sätze über das Miturheberrecht analog den Sätzen des BGB. sind wirtschaftlich zum Teil gänzlich ungeeignet für die Pflege des betreffenden Unternehmens. Man vergleiche zum Beispiel ßß 745, 747, 752 usw. BGB. Auf Grund dieser Rechtssätze könnte ein Miturheberrecht das Werk, dem es dienen soll, geradezu Herunterwirtschaften. 2. Der Verleger will offensichtlich Werkverträge oder Dienstverträge mit den Herausgebern bzw. Redakteuren ab- schlietzen. 3. Der Verleger ist der Risikoträger am ganzen Werk, wäh rend der einzelne Redakteur Leistung und Gegenleistung (wie bei einem Werkverträge) völlig übersieht. 4. Der Redakteur ist individuell bestimmt, während der Verleger enger mit dem Unternehmen verknüpft ist. Der Ver leger ist als unpersönliche Firma weit eher der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht. Das alles natürlich nur unter der Voraussetzung, datz der Verleger Anreger und Herr des Unternehmens ist, also selbst geistigen Anteil in hohem Matze daran hat, den genauen Plan gegeben hat und mittut. Andernfalls werden die Gründe sämtlich hinfällig, wenn eben der Herausgeber als der wirk- liche Schöpfer dieses Werkes ein Urheberrecht am ganzen Werke für sich in Anspruch nehmen kann, mit andern Worten, wenn er nicht nur Ausführender, sondern selbst auch Anreger des Werkes war. VI. Die mehr juristisch-dogmatische Frage, ob und mit welcher Berechtigung ein innerer Konnex zwischen dem ß 47 des Ver lagsgesetzes und dem Urheberrecht festzustellen ist, kann hier nicht erörtert werden. Wer sich für diese näheren juristischen Begründungen interessiert, den erlaube ich mir auf meinen Aufsatz »Das Urheberrecht des mittätigen Anregers, insbe sondere des Verlegers« in der Zeitschrift »Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht« (März 1912) zu verweisen. Dort habe ich die Frage erörtert, und die dortigen Ausführun-