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Redaktioneller Teil. X° 54, ö. März 1918. langfristiger Vertrag darüber noch läuft, so läge keine sinnge mäße Erfüllung des ursprünglichen Vertrages vor, denn Sinn von ehedem ward heute Unsinn. Das mag bedauerlich sein, ist aber eine wirtschaftliche Tatsache, der sich niemand mehr ent ziehen kann, selbst dann nicht, wenn etwa nachgewiesen werden könnte, daß man bei allseitigem guten Willen immerhin noch mehr hätte entgegenkommen können, als es der Fall ist. Das gleiche liegt vor bei dem Ladenpreis der Bücher und dem Be zugspreis der Zeitschriften (von den besonderen buchhandels- rechtlich^n Bedingungen des Ladenpreises sehen wir dabei ein mal ab). Nach Lage der so ungeheuer gestiegenen Herstellungs kosten — Satz, Druck, Papier, Verpackung, andere Spesen — ist auch der Verleger jedenfalls nicht mehr verpflichtet, seine alte Ankündigung, für den und den Bezugspreis eine bestimmte Bogenzahl der Zeitschrift zu liefern, zu erfüllen oder bei der Herstellung neuer Auflagen des Buches unbedingt den etwa mit dem Verfasser vereinbarten Bogenpreis einzuhalten. Er kann dies einfach nicht; hier liegen die vom Reichsgericht betonten »völlig veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse« vor. Weiter fragt es sich, ob alte Zeitschriften-Jahrgänge noch zum alten Preise geliefert werden müssen und wie es mit der Aufrechter haltung von langfristigen Anzeigen-Aufträgen liegt. Ehe diese Fragen beantwortet werden können, mutz jedoch zuvor im fol genden auf einen zweiten theoretischen Grundsatz des Reichsge- richtsurteils hingewiesen werden. Der Sinn des Reichsgerichtsurteils ist natürlich nicht der, daß nun etwa jeder alte Vertrag hinfällig sei und daß eine laxe Auffassung über die Verbindlichkeit geschlossener Abmachungen Platz greifen dürfte. Solchen Anwandlungen, das Recht zu zerstören, ist das Reichsgericht grund sätzlich sehr abhold,und es wird niemals einer unbegründeten Freiheit das Wort reden. Daß kein falscher Schluß aus dieser Abmachung gezogen werde, dem hat das Reichsgericht in den Sätzen der Begründung dieser Ent scheidung vorgcbeugl. Es untersucht genau, ob wirklich dem Lieferer schlechterdings nicht angcsonnc» werden könne, den Ver trag zu halten, und sagt in diesem Zusammenhang: »Für die Klägerin bestand im Oktober 1914 noch die Hoff nung, daß, wenn der Krieg in einigen Monaten endete, die in neutralen Häsen fcstliegenden Ladungen ihr zugcheu, die mit auswärtigen Verkäufern geschlossenen Verträge erfüllt werden, ebenso die auf lange Zeit hinaus mit Nachholungsklausel ge schlossenen Frachtverträge von den Reedereien ausgeführt wer den würden. In der Folgezeit sind diese Möglichkeiten ver schwunden. Die schwimmenden Ladungen sind in Feindeshand gefallen oder der Klägerin durch das Eingreifen der feindlichen Londoner Bankiers, die die Konnossemente in Händen hatten, entzogen; die Kaufverträge sind aufgehoben; endlich haben auch die deutschen Reedereien im Anfang des Jahres 1918 ihre Frachtverträge rcchtswirksam für hinfällig erklärt. Danach find offenbar alle Vorbereitungen, die die Klägerin in Erfüllung ihrer Lieferpflicht getroffen hatte, vereitelt. Müßte sie nach dem Ende des Krieges erfüllen, so müßte sie die Ware unter jetzt noch ungewissen, jedenfalls aber im Vergleich zur vertrag lichen Lieferzeit völlig veränderten Verhältnissen beschaffen. Die Leistung wäre für sie infolge des notwendig gewordenen Auf schubs eine ganz andere. Das gleiche gilt für die beklagte Be stellerin. Sie würde die Ware für de» Handelsbedarf, für den sie sie gekauft hatte, nicht mehr verwenden können. Wenn sie auch mit gutem Grunde glauben mag, daß sie ihren Vorteil da bei finden würde, so müßte sie doch die Ware unter völlig ver änderten wirtschaftlichen Verhältnissen verwerten. Die Los sagung der Klägerin von dem Vertrage ist demnach begründet.« ES muß sich hiernach also stets um eine gute Begründung wirtschaftlicher Unmöglichkeiten handeln! Ein treuer Begriff ist damit in das Recht ge kommen, eben der Begriff der wirtschaftlichen Un möglichkeit. Mit Wohlbedacht hält das Reichsgericht daran fest, daß Verträge nur umgestoßen werden können durch »U n - Möglichkeiten«, nicht durch Schwierigkeiten! Das ist sehr wichtig und ist ein Riegel vor zu leichter Auffassung «on Pflichten. Aber während früher nur physische Unmöglich-! keit als beachtenswert galt, kann jetzt auch wirtschaftliche Un möglichkeit in Betracht kommen. Der Lieferpflichtige mutz sich redlich bemüht haben, den Vertrag „ach Treu und Glauben zu erfüllen, und durch Mächte, die stärker sind als er, mutz ihm dies vereitelt worden sein, und die trotzdem noch entfernt mögliche Erfüllung mutz wirtschaftlich ganz unverhältnismäßig schwer oder teuer geworden sein. Das ist der Sinn der Ausführungen des Reichsgerichtsurteils. Daraus folgt für Zeitschriften, daß beispielsweise Nach lieferung alter Jahrgänge nicht ohne weiteres zu dein neuen stark erhöhten Preise geschehen dürfte. Ein angemesse ner Aufschlag für jetzt gestiegene allgemeine Unkosten freilich wird mit der Auffassung des Reichsgerichts nicht in Widerspruch stehen, ferner für die Buchbinderarbeit, die jetzt teurer gewor den ist, oder auch für die steigende Seltenheit der Serie, die unter den neuen Verhältnissen nur zu ganz außerordentlich ge steigerten Kosten neu herzustellen oder zu ergänzen wäre. Und noch ein dritter theoretischer Gesichtspunkt ergibt sich aus dem Urteil, der für die Anzeigenverträge wichtig ist. Ein Urunöglichwerdcn der Erfüllung vorhergehender Verträge beein flußt auch Verträge, die aus jenen folgen. Eine Unmöglichkeit der Lieferung von Waren schließt auch die »Unmöglichkeit« der Annoncenauftrkge über diese Waren in sich. Aber auch hier berechtigt nicht schon Erschwerung, Jnopportunität oder derlei zum Rücktritt vom Anzeigenvertrag, sondern nur wirkliche wirt schaftliche Unmöglichkeit, d. h. wenn die Anzeige völlig ihren Sinn verliert, indem Dinge zu liefern versprochen werden, die schlechterdings nicht geliefert weiden können. Nicht schon ge schäftliche Unrentabilität des Anzeigenauftrages oder Seltener werden der Ware kann den Auftraggeber vom Vertrage entbin den, Wohl aber völlige Sinnlosigkeit. Das hätte natürlich der Auftraggeber zu beweisen. Mit dem Rezept dieses Reichsgerichtsurteils wird man auch im Buchhandel über die Tragweite vieler älterer Verträge mit klarerem Blick urteilen können, vr. Alexander Elster. Erster Jahresbericht der Gesellschaft zur Förderung der buchhändlerischen Fachbildung in Schlesien (Sitz Breslau). Geschäftsstelle: Breslau 1, Schweidnitzer Straße 47; Postscheckkonto: Breslau Nr. 12160; Kom missionär : F. Volckmar in Leipzig. 8°. 12 S. »Vorschläge zur Förderung des Jungduchhändlers in Schlesien« bildeten den Inhalt eines Vortrags, den Herr Max Bernau (i. H. Fer dinand Hirt), angeregt durch eine Reihe von Aufsätzen im Börsen blatt, am 8. November 1916 vor seinen Breslauer Fachgenossen ge halten hat. Dem Worte folgte schnell die Tat, die Bildung einer »Ge sellschaft zur Förderung der buchhändlerischen Fachbildung in Schle sien (Sitz BreSlau)«. Sie besteht seit dem 21. November 1910; die anfängliche Bezeichnung »Kommission . . .« wurde alsbald in den vor stehenden Wortlaut geändert. Schon Ende September 1917 war die Milgliederzahl ans 113 gewachsen (80 ordentliche, 11 unterstützende, 23 jugendliche Mitglieder sunter 17 Fahrens). Unter den »ordent lichen« Mitgliedern finden wir 27 Geschäftsinhaber, 2 Firmen, 35 Ge hilfen, 16 Gehilfinnen. Diese nach Zahl und Bedeutung ansehnliche Teilnahme zeugt nicht nur von anerkennenswerter Regsamkeit der Vereinsleitnng, sondern auch von dem großen Vertrauen, das ihr in Fachkreisen entgegengebracht wird. Dem Unterricht sind die bekannten Lehrbücher von Paschke-9lath und Starke-Oestcrwitz zugrunde gelegt. Er umfaßt Sortiment, Kom mission, Barsortimcnt, Musikalien-, Kunst-, Lehrmittclhandel, Leih bibliothek, Lesezirkel, Antiquariat, Verlagsbuchhandel, Buchgewerbe. Mit Genehmigung der Stadtbehinrüc wurde der Fachunterricht an die städtische kaufmännische Fortbildungsschule ungegliedert und wird dort von 33 Schülern und Schülerinnen besucht, die tagsüber natürlich sämtlich in praktischer- Berufsübung tätig sind. Weiteren Möglich keiten fachlicher Ausbildung wurde die Leitung durch Preisaufgaben gerecht, deren Erfolge ihr wertvolle Richtlinien gaben, ferner durch einen sehr zahlreichen Besuch des städtischen Schulmnseums (75 Teil nehmer!) und durch 36 Werknntcrrichtsabende (zu je 2 Stunden) im Schriftsatz, Schrift- und Bilöörnck und im Bnchbinücn (durchschnittlich 14 Teilnehmer). Von Führungen durch bnchgewerbliche Betriebe konn ten zunächst nur zwei verwirklicht werden. Brieflicher Fachunterricht soll nach geglücktem Erstlingsversuch weiter gepflegt werden. Die Fachbüchern zählte Ende September 1917 336 Bände. Fhr weiterer