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MssW LltzeilMg. Amts-und Anzetgeblatt für das Königs. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zcitniig" erschein, Mittwoch und Sonnabend und Ist durch alle Postanstallcn, sowie durch die Erpeditien dieses BlatttS Mr sädriich ,u beziehen. - Inserate Mr das MiUwochSbiaU weiden bis Dicnstan früh » Uhr, Mr das SonnabendSbiaii sdstnstenS las Freitag slni) !, »>,r beien j später eingehende Inserate Manen erst in der daranf folgenden Nummer Aufnahme finden. — Auswärts weiden Inserate Mr die Elbzeituug angenommen ' ' stein bei Hrn. -esse, in Dresden in den Annoneen-Bureanr der Herren W. Saalbach und M. Rnschpler, ttud Haascustcln L Vogler ». E» gier n PZ g. 82. Schandau, Sonnabend, den 14. October !8^» Die Zustliudc in Frankreich. (Schiltst). „Der General Wimpsfcu schlug mm eitlen andern Ton an und sagte: „Ich glaube, das; es selbst vom politischen Standpnnstc in Ihrem Interesse ist, die ehrenvolle Kapitulation zu vcrwilligcn, auf welche die Armee, die ich zu eommandircu die Ehre habe, eilt Recht, hat. Sic werde» vhuc Zweifel bald Friede» schlichen; mehr als jede andere ist die französische Ratio» ritterlich »»d grvßmülhig (?), folglich ist sic anch empfänglich fiir dic Großinolh, die »lall ihr ge wahrt, and dtmlbar für dic Rücksichlcn, dic >»a» ihr erweist. Wc»» Sic »ttS Bcdiiignngcii gewähren, dic dellt Selbstgefühle der Armee schmeichel», so wird sich dic Nation cbcnfalls dadurch geschmeichelt fühlen; der Schnier; der Niederlage wird in den Augen des Bol kcs dadurch gcmildcrt werden; ein nnlcr solchen An spielen abgeschlossener Friede wird dauerhaft seiu, Ihre großmüchigc Handlnngöwcisc wird dic Nüctlchr der frenndschastlichen Bezichiingeii criiiöglicheii, dic zwi- schcti zwei großcii Nachbarvölkern besteheti Ntüffeli. Wcuu Sic abcr bei Jhrcii strcugeti Mahrcgelu uns gegenüber bcharrcii, so werden Sie Haß nnd 8>achc itu Herzen unserer Soldaten wachrnfcu; dic Eigenliebe dcö ganzen Volkes wird sich tief verlebt fühlen, alte dnrch den Fortschritt nnd die Livilisalion cingcschlä scrtc» schlechte» Jnslinclc werden wieder erwache» lind Sic riölircn, zwischen Frankreich »ud Dciilschlaiid einen endlosen Krieg zil clltzülidcn." Hicrcmf ergriff Graf Biöinarck das Wort imd sagle: „Ihre Arg» mclilc, General, dic für de» crstcn Augenblick ernst haft erscheinen, halten im Grnndc doch die Disenssivn nicht ans. Man darf im Allgemeinen wellig all Dankbarkeit, im Besonder« abcr niemals alt die Dalli barlcit eines Volkes glanbcn; man kann auf dic Dank barlcit cincS Monarchen, allenfalls anch ans dlc Dank barkclt seiner Familie rechnen nnd sich in manchen Fällen sogar unbedingt daranf verlassen; abcr, ich wicdcrholc cs, voll der Danlbarkcit einer ganzen Na tion ist niemals etwas zn erwarten. Wenn das französische Volk ein Volk wäre wie alle anderen Völker, wenn cs, wie das nnsrige, solide Institutionen nnd den Culttiö dieser Institutionen hätte, wenn cS einen Monarchen hätte, der auf dem Throuc dauerud iustallirt wäre, so dürften wir ans dic Dankbarkeit des Kaisers und seines Sohnes zählen nnd Werth daranf legen; seit achtzig Jahren abcr haben die Re glernngc» in Frankreich wellig gcdnncrt, sie haben schnell gewechselt, man kann in Ihrem ßandc ans nichts zählen; wollte man ans die Frcnndschaft ci«cS französische» Monarchen große Hofsnnngcn setzen, so würde malt eine tolle Handlung begehen nnd gerade;« in dic Last bancn. Es wäre übrigens Wahnsinn, sich cinznbildc», daß Frankreich nnö nnscrc Erfolge ver zeihen könnte; Sic sind ein erregbares, mißgünstiges, neidisches nnd übertrieben hochmüthigcs Volk. Seit zweihundert Jahren hat Frankreich dreißig Mal den Krieg an Prcnßcn . . . (sich verbessernd! ... an Deutschland erklärt. Auch dieses Mal, wie immer, haben Sie uns dm Krieg ans Eifersucht erllärt, weil Sic nuö unserm Sieg bei Sadowa nicht verzeihet, koimtcn nnd doch hatte Ihnen Sadowa nichts gekostet und hatte Ihren Rahm in nichts geschmälert; aber ei» Sieg erschien Ihnen wie ein Gnt, das Ihne» nnöschlicßlich Vorbehalten sei, der Wassmrnhm galt Ihnen für ein Monopol, Sic konnten nicht ein Volk »eben sich vertragen, das eben so stark ist wie Sic; Sic konnten nns Sadowa nicht vergeben, wo weder Ihr Nahm noch Ihre Interessen im Spiele warm — nnd Sic sollten nnö jetzt Sedan verzeihet,? Nie mals! Wenn wir jetzt Frieden schlössen, würden Sic in fünf odcr zehn Jahren, sobald Sic nnr irgend könnten, den Krieg wieder anfangm: das wäre die ganze Dankbarkeit, dic wir von der sranzösischm Na ¬ tion zn erwarten hätten!!! Wir, in, Gegensätze zn Ihnen, sind ei» ruhiges Volk, da« keine ErobcrnngS- gelüstc hat, das gern in, Frieden zn leben wünschte, wenn cü nicht ewig dnrch Ihre Eroberungslannm anfgcrcizt nnd angestachelt würde. Es ist abcr nnn ans damit; Frantrcich maß für seinen Hochmnth, für seinen aggressiven nnd hcrrschsüchtigm Eharaktcr gc züchtigt werde»; wir wolle» mdlich Ruhe haben nnd die Ruhe unserer Kinder sicher stellen. Dazu bcdür sm wir gegen Frankreich eines Walles, wir müssen ein Territorial,,, Fcstnngm nnd Grenzen haben, die nnö ans inaner vor den französischen Angriffen schützen." Der General Wimpssm antwortete bcm Grafen Bismarck: „Ew. Exccllcnz irrt sich in Ihren, Urthcilc über dic französische Nation. Sic bcnrlhei len sic nach de» Versen einzelner Dichter odcr nach dm Artikeln verschiedener Jonrnalc. Hmtziltagc sind dic Franzosm ganz gcändcrt; Dank dm, Wohlstände unter den, Kaiserreiche haben sich dic Geister der Spccnlation, den Geschäften, den Künsten zngcwendct; ein Jeder sticht dic Snmmc sciiicS Wohlstandes, seiner Gmüssc zn vermehren, er denkt mehr an seine Inter essen als an eitlen Ruhm. Mait ist in Frankreich ganz bereit, die Brüderlichkeit zwischen den Völker» zn proclamirm. Blicken Sic auf England! Was ist aus dem jccnläreu Hasse zwischen Franlrcich nnd Eng land geworden? Dic Engländer sind hcnte nnscrc bcstcn Frcnndc. Mit Dciilschlaiid wird cs cbcnso wcrdcn, wcnn Sic sich großmüthig zcigcn, wenn nicht allzu strcugc Fordcruugm die crloschcum Lcidcnschaf- tm wieder aufachm." Hier nahm Graf Bismarck vicdcr das Wort nnd sagte mit dem Tone des Zwci- clö: „Ich halte Sie an, General. Nein, Frankreich ;at sich nicht geändert, dcmi es hat den Krieg gewollt nnd nm seiner populären Ruhmeö-Manie zu schmei cheln, hat uns der Kaiser Napoleon Hl. in einem dynastischen Jntcrcssc hcranögcfordcrt. Wir wissen recht wohl, daß der vernünftige nnd gesnndc Theil Frankreichs nicht znm Kriege trieb; nichts dcstowmigcr hat er ihn doch gern angenommen; wir wisse» eben falls, daß cö nicht die Armee war, dic linö am feind lichsten gesinnt war; abcr der Thcil Frankreichs, der zmn Kriege trieb, ist gerade derjenige, der die Negier ungen ein- nnd absctzt. Der niedere Pöbel ist es bei Ihnen, anch die Jonrnalistm sind cS, nnd dic gerade wollen wir bestrafen; dazn abcr müssen wir nach Paris gehen. Wer weiß, was geschehen wird? Viel leicht bildet sich bei Ihm«, eine jener Ncgicrnngcn, dic nichts rcspcctirt, dic nach ihrem Sinne Gesetze macht, dic cinc von Ihnen unterzeichnete Lapiinlalion nicht anerkennt, dic vielleicht dic Offiziere zwingt, ihr nns gegebenes Wort zn breche» —, den» ma» wird sich ohne Zweifel nm jeden Preis vcrthcidigm wollen. Wir wisse» wohl, daß man i» Franlrcich schnell Sol daten bildet, ein Offizicr-Corps nnd namentlich anch ein Unteroffizier-Corps läßt sich jedoch nicht so schnell improvisirm. Wir wollen de» Frieden, cinc» dnncr- hastcn Frieden nnter de» Bedingungen, die Ihnen be reits mitgcthcilt worden sind. Frantrcich nmß naßer Stand gesetzt wcrdcn, uns länger zn widerstehen. Das Schicksal der Schlachten hat miö dic bcstcn Of fiziere der französische» Armee in die Hand gegeben; ic in Freiheit setze», daß sic wieder gegen ,ms mar- chirm könnten, wäre ein Act des Wahnsinns, cs hicßc de» Krieg verlängern; das Jntcrcssc nnscrcr Völker lchnl sich dagegen ans. Nein, General, welche Thcil- nahinc Ihre Lage auch cinflößcu mag, wie schmeichel haft uuscrc Mciuung über Ihre Armee auch sein mag, löuucu wir doch Ihrem Wunsche um ciue Mil derung der Ihnen gestellten Bedingungen keine Rcch- iiiig tragen." „Wohlan," entgegnete General Wim- fm, „cö ist mir meinerseits ebenso nnmöglich, cinc olche Eapitiilation zn nutcrzcichncn. Wir wcrdcn dic Schlacht von Nenem begimum." Nun ergriff General Castclnan daö Wort nnd sprach mit zögernder Stimme: „Ich glanbc den Angcnblick gekommen, mich des Ans IragcS dcö Kaisers Napoleon zn entledigen." „Spre chen Sic, Gcncral!" sagte Fürst Bismarck. „Der Kaiser," fahr Gcncral Castclnan fort, „hat mich bc- nnftragt, Scincr Majestät den, Könige von Prcnßcn vorznstcllcn, daß cr ihm seinen Dcgcn bedingnngöloö übcrscndct nnd sich ihm ans Gnade nnd Ungnade er geben habe, in der Hossnnng, daß der König, von dieser Unterwürfigkeit gerührt, der sran;ösischcn Armee eine ehrenvollere Capiliilation vcrwilligcn werde." „Ist das Alles?" fragte Fürst Bismarck. „Ja," ent gegnete Gcncral Castclnan. „Welches aber ist der Degcii, den der Kaiser Napoleon III. überliefert hat? Ist cö dcr Dcgcn Frankreichs odcr sein cigcncr Dcgcii. Wenn cö der Dcgcn Frankreichs ist, könnten dic Äe- dingnngcm modisieirt werden nnd Ihre Mission hätte eine» sehr ernsten Charakter." „Es ist nnr dcr Dc gcii des Kaiscrö," nntworlctc Gcncral Castclinm. „In diesem Fallc," sicl Gcncral Moltkc rasch cin, „ändert dics nichts an dcn Bcdingnngcn. Dcr Kaiser wird sür seine Person erlangen, was er zn fordern beliebt." Bei diesen Worten sagte dcr Gcncral Wimpsfcn: „So wcrdcn wir also dic Schlacht wieder alifnchmcn." „Der Wasfcnstillstand länst morgen früh um vier Uhr ab," culgcgnctc Graf Moltkc, „punlt vier Uhr werde ich da» Fcncr wieder eröffnen lassen." „Wir waren sänmttlich anfgcstandcn, ma» Halle schon nach nnscrcn Pferden geschickt. Seit de» letzten Worten war leine Silbe mehr gewechselt worden, daö Schweigen war eisig. Da ergriff Fürst Biömarck das Wort nnd sagte zmn Gcncral Wimpsfcn: „Ja, Gcncral, Sie haben tapfere Trappen, ich zweifle nicht, daß sic sich morgcii tüchtig schlagen imd nnö noch großen Schade» znsiigm werde»; was aber wird das nütze»? Sic werde» morgcii Abend nicht weiter sein, als heute und Sie wcrdcn nur das nutzlos vcrgosscne Aliil Ihrer uud unserer Soldaten ans dem Gewissen haben. Brechen Sic die Confcrenz nicht in einem Augenblicke des UnmMhcö ab; dcr Gcncral Moltkc wird Sic hosscntlich übcrzengcn, daß ein längerer Widcrstand von Ihrer Seite Wahnsinn wäre." Wir setzten nnö sämmllich wieder nieder nnd dcr Gcncral v. Moltkc bcgann folgcndcrmaßcn: „Ich versichere Ihnen von Nenem, daß cin Ansfnll Ihnen nicht gc- liugcn kann, selbst wenn Ihre Trnppcn sich in gün stigeren Verhältnissen befänden. Denn nnbcschadct der große» »nmcrischc» Ucbcrlcgcuhcit »»sercr Kräfte nnd »»sercr Artillerie, »chmc» wir Stellungen ciu, voii delicti aus Sedau iu wcuigcu Stunden in Arand geschossen wcrdcn kann. Diese Stcllungcn doniinircn alle Anögänge, dnrch welche Sic dcn ciscrncn Kreis, der Sic umschließt, zu durchbrechen versuchen könnten »iid sind so stark, daß sic nicht gcuommcn wcrdcn können." „Oh," crwidcrle dcr Gcncral Wimpsfcn, „Sic sind nicht so stark, als Sic cü behauptcn." „Sic kcnncn dic Topographie von Scdan nicht", cmt- wortctc Graf Moltke; „cs ist dies cin treffendes De tail, daö Ihre eingebildete und inconscguentc Nation kcimzcichnct; beim Beginn des Feldzngeö haben Sic an Ihre Officicrc Karten von Deutschland vcrthcilcn lasse», ohne daß sic dic Mittel hattet,, die Geographie ihres eigimen Landes zu studiren, denn sic hatte» kci»c Karte» von Frankreich. Ich versichere Ihne», daß nnscrc Stcllimgcn nicht nnr sehr stark, sondern geradezu uneinnehmbar sind." Der General Wimpffen sand hicranf nichts zn antworten; nach einer kurze» Pa»se sagte cr: „Ich »chme das Anerbieten an, das Sic mir beim Beginn der Confcrenz gcmacht nnd will ei nen meiner Offieiere znr Äcsichlignng Ihrer Stell - imgcn entsende»; nach seiner Rückkehr werde ich meine Entschlicßnngcn fassen." „Sie werdet. Niemanden entsende,,", antwortete Graf Moltke ziemlich trocken, „cs ist nicht nöthig; Sic lünncn meinen Worten tränen; übrigens habe» Sic nicht lange- Zctt zmn Nach denken, dcn» cö ist Mitternacht, in» vier Uhr läuft