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Sächsische tMeilmij <871 M 81 Schandau, Mittwoch, den 1t. Octoder mc» diene» la»». „Die Präliminarien der Capitnlatio». — Z»sammc»k»»ft des General Wimpsscu mit dem General Grafen Moltke. Wir wurden sämmllich in einen Salon des Erdgeschosses geführt, wo wir mindestens zehn Minuten ans den Mann warteten, der »ns die WillenSmcinmig des König« Wilhelm eröffnen sollte. Endlich trat der General v. Moltke ei», er war begleitet voi» Fürsten (damals noch Grafen) Bismarck, vom General Blumenthal nnd von mehrere» Gc»cralstabsoffizicrc». Nach cmcr ziemlich snmmarischc» Begrüßung fragte Graf Moltlc den General Wimpsse», ob er Bollmachtc» habe; nach erfolgter bejahender Antwort verlangte er, dieselbe» zn vcrificirc», was nach sofort geschah. Der General Wimpffcn stellte hierauf seine Begleiter, die Generale Faure und Easlclucm vor. Auf die Frage des Gra fen Moltke, welchen Eharaltcr diese Herren begleite len, entgegnete General Faure: er sei iu seiner Ei genschaft als Gcncralstabschcf des Marschalls Mac Mahon dem General Wimpffcn bcigcgcbcn, habe aber sonst keinen officicllcn Charakter; General Eastelnan agte: er sei Uebcrbringcr einer mündliche» u»d ofsi- eiösc» Eröffnung des Kaisers Äiapolco», deren Mit- tbcilimg aber erst am Schliissc der Eonfcrcnz ihren Antz finde» kö»»c. Hierauf uaiuilc Graf Moltke dem Gciicral Wimpffc» die Herrcu v. Aiscuarck uud v. Alumcuthal, iudc», er sic mit dcr Haud bezeich»ctc, und mau setzte sich »jeder. Amts- und Anzeigevlatt für das Königs. Gerichtöamt und den Stadtrath zn Schandau nnd den Stadtqenktlnderath zu ^ohnstmi. i m vcrwilligc» gciccigt wäre." „Sic si»d sehr einfach", I cutgegnctc Gcncral v. LNoltkc, „die ganze Armee mit - Wassen »ad Gepäck ist gefangen; die Ofsicstrc bchal- l len ihre Waffen als Anerkennung ihrer Tapferkeit, i sind aber wie die Trnppc kriegsgefangen." „Dwfe > Bcdiiigiiiigcii siiid schr hart", erwiderte General Wim pffcn, „cs scheint mir, daß die französische Armee durch ihre Tapferkeit Bessere« verdient hätte. Wäre > cs nicht möglich, die Eapitnlation nnlcr folgenden Bcdingnngen zu erlangen: Mir würden den Platz mit seiner Artillerie nbergcbcn; die Armee aber dürfte sich mit ihren Waffen, Fahnen und ihrem Ge päck unter dcr Bedingung znrückzichcn, in diesem Kriege nicht wieder gegen Preußen zu diene»; dcr Kaiser iciid scinc Gc»cralc würdc» sich für die Armcc vcrbiiidlich »iachcn, die Osficicrc würde» sich Pcrsön- lich »nd schristlich iiiitcr de» glcichc» Bcdi>ig»ugcii vcrpslichtcii; die Ariiicc würdc sich sodan» ii> cinc» dnrch dic Eapiliilalio» iiähcr zii bczcich»c»dcn Thcil Fraiilrcichs odcr iiach Algier zmückzichc» iiiid daselbst bis z»m Abschliissc des Friedeiis verbleiben." Dcr Gciicral Wimpffcn führte diese Jdcc »och weiter a»S, iuil Berücksichtig»«» eiiicS nahe» Fricdciisschliissc«, dcr ihm wahrschcmlich schic». Gciicral Moltke blieb n»- crschültcrlich und bcschränllc sich aus dic Antwort: daß er an den Acdingnngcn nichts ändern könne. General Wimpsfc» wurde nun »och ci»dri»glichcr und appcllirlc zmiächsl ai, dic Shiupalhic, die sciuc pcr- föiilichc Lagc dcm Grafcu Aloltlc etwa siättc ciiiflö- zc» lömic»: „Ich bi»", sagte er, „erst seit zwei Ta- gc» Niis Afrika gclommc», tief aus dcr Wüste; mcm iuilitnrislhcr Sius war bisher tadellos; mm gicbt mau mir mitte» im Kampfe ciu Eomma»do und mci» Bcr- häiigiiiß zwingt mich, niciiicn Namen nntcr eine un heilvolle Eapitnlation zn setzen, deren Verantwortlich- leit ich übernehmen mnß, ohne dic Schlacht cingclcitct zn haben, als dcren Folge diese Eapitnlation zu be trachte» ist. Sic sclbst als Gciicral müssc» die Trost losigkeit mciiwr Lagc besser begreift», als so»st wer; Sie tüu»c» liiir diese klage crleichtcr», weil» Sic mir ehrmvollcrc Acdiiigmigc» vcrwilligc«; warm« wolle« Sic das «icht thim? (!!!) Ich weiß wohl, daß die Ha«pliwsachc »uscrcö Unheils in dcr Bcrwnndnng dcs ; tapfer» Marschalls zii stichcn ist, dcr dic Armcc vor nur commaudirtc, er würdc vicllcicht mich nicht gcsicgt habe», abcr cr hätte doch wenigstens eitlen glücklichen Nückz»g bewcrlstclligcn köiinc« n. s. w." Dcr Gcne- ral Wimpsscu suhr noch läiigcrc Zeit in dicscm la- mciilabclii Tone sort, als cr abcr bciiicrltc, daß Graf Moltlc sich vo» diesem persönlichen Plaidoycr »icht ondcrliä^ rühren ließ, wnrde cr heftiger ii»d ries: ,Wcn» Sic mir kci»e besseren Bedingmigen verwilli- gcn löiincn, so kann ich mcmcrscil« dic Ihrigen nicht amichincii. Ich wcrdc an meine Armee, a» ihre Ehre appcllircn, lvir werdcii »iis diirchschlagcn, odcr Nii« in Sedan vcrthcidigcii!" Dcr Gcncral schic» übrigciiö vo» dcm, was cr sagtc, selbst keineswegs dnrchdnm- gcii. Dcr Graf Moltke unterbrach ihn nnd sagtc: „Ich habe alle Achtnng für Sic, ich würdige Ihre Sage niid bcdancrc, von alledem, was Sic von mir vcrlangcn, mclstö thnn zu kömwn. Was übrigen« dcu voii Ihnen prvjcctirteu Ausfall betrifft, so dürfte der selbe ebenso munögstch sei», als die Berlhcidignng von Sedan sclbst. Sic haben allerdings.vortreffliche Trnp- pcn, Ihre Elite-Jiifanterftülchcr GötielDli uicinte vcr- niuthlich dic Z»avcn, die Jager uud dic Turcos) ist außerordentlich, Ihre Artillerie hat uns viel Schadeq, zu viel Schadcu zugefügt; abcr dcr größte Thcil Ih rer Jufautcrie ist dciuoralisirt. Wir habe» Hense mehr als 20,OM imvcrimmdcte Gcfnugciic geiimcht. Sic habe» gegenwärtig nur noch 80,000 Mann. Un ter diesen Umständet, wird cü Ihnen nicht gelinge,,, unsere Linien zn durchbrechen; wir haben nm Seda» herum 2-10,OM Maim uud 500 Kanoucu, vou denen M bereit« in Position stehen nnd dic 200 übrigen „Wir halte» folgendermaßen Platz genommen: mitte» im Zimmer sta»d ei» viereckiger Tisch mit rolhcm Teppich; a» ci»cr Seite dieses Tisches saß General Moltke, zu seiner Linken Fürst Bismarck, z» seiner Rechten General Blumenthal; an der entgegen gesetzten Seite des Tisches saß Gcncral Wimpffcn allein, hinter ihm, beinahe im Schatten, dic Gcncralc Eastclnau nnd Fanrc und die übrigen französischen vfsieicrc; c« waren außerdem uoch sicbcu odcr acht prcmßische Officicrc im Zimmer, von deucu Eiucr auf ei« Zeichen des Gcucrat Alnmcnchal sich ans Kamin stellte nnd auf dasselbe gestützt, Alles uachschricb, was gesprochen wnrde. Es herrschte eine» Angcnblick lang liefe« Schweigen; man fühlte, daß General Wimpffcn i» Bcrlcgciihcit war, wic cr dic Untcrrcdttng bcgin- uen sollc; da abcr dcr Gcncral Moltkc unbcwcglich blicb, cntschloß cr sich, endlich anzufnngcii. „Ich wünschte", sagtc cr, „dic CapitnlativiiS-Bcdiiigiiiigcii zu kcuncm, dic S. M. dcr Köuig vvii Prciißcu uu« Wimpsscu. „Waö sagcii Sic?" ricf cr. „Wcr hat sich gewcigcrt, Jhuen zu gchorchc»? Auf wc» spielen Sic au? Etwa auf mich? . . Ihre Acfchlc sind lci- dcr mir zu gut auSgcfichrt wordcn. Wcuu wir cinc cnlsctzlichc Niederlage crlittcii habcn, weil cntsctzlichcr als dic gräßlichste Phantasie sic hätte crfiiidcn können, so habcii wir dicS Ihrer tollen Selbstüberhebung zn danken. Sic allein sind verantwortlich, denn wenn Sic trotz meiner dringendc» Vorstellung unsere Niick- ziigSbewcgimg nicht ansgehaltc» hätten, so würden wir nuS jetzt in Sicherheit in Meziürc« oder doch wcnig- stcnö außerhalb dcr fcindlichcu Augriffsliiiic bcfindcii." Bou dicscr barschcu Aurcdc dc« Gencrals, dcu cr nicht gegenwärtig vcrmnthctc, überrascht lind cinigcr- maßcn aiiS dcr Fassung gebracht, entgegnete dcr Gciic ral Wimpffcn: „Nnn wohl, wcmi ich unfähig bin, so ist dies cin Grund mehr, daß ich das Eommando nicdcrlcgc!" Ducrot: „Sic habcn diesen Morgcn das Eommaiido bcansprucht, weil Sic dadnrch Gcwiiii, und Ehre hofften; ich habe cö Ihne» nicht streitig DI« „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und lli durch alle Poilanllaltcn, sowie durch dtrs^ ' j ngx iährtich z« beztrben. - Inserate säe do- NMwoch-btot. werden bw Dienstag fr..,, » Nhr, sär Pa- Sonnabeiib bta. pa ür Fr^ beten; später cingebende Inserate können erst in dcr darauf solgendcn Nummer Aufnahme flndeu. - Auswärts werden Jostra.c für „"o, e?u ater in Lcivria. stein bei Hrn. Hesse, in Dresden in den Annoncen.Bureaur der Herren W. Saalbach und M. Rufchpler, uud Haaseuflei» >' g . >- gemacht . . . obgleich ich dies vielleicht hätte thnn tönncn. Jetzt aber können Sic das Eommando mäst mehr ablchncn. Sic allein müssen die Schmach dcr Eapitulalio» ans sich »chmc»!" Dcr Gciicral Diicrot war im hohc» Gradc cmfgcrcgt. Dcr Kaiser sclbst ii»d scinc Umgcbnng siichlcii ihn z» beruhigen. Als dicscr Zwischenfall beende! war, zog sich dcr Com mandaiil dcs l. Corps (Ducrot) zurück und dcr Gc iicral Wimpffcn, nachdem cr von Sr. Majestät die nölhigcn Instructionen cmpsangcn hatte, begab sich in das deutsche Hauptgnarticr. „Dcr Gcucral Wimpsscu hat eine» Bericht über seine Zusammcnlunft mit dem deutsch«! Gcncralstabc bezüglich dcr Cnpimlation vcrösscullicht. Wir geben mm auch uuscru Bericht über denselben Gegenstand; wir vcrdanlc» ihn cmcm Manne, m dessen Loyalität nnd Wahrheitsliebe wir das vollste Vertrauen setze» dürft». Unser Bericht harmomrt weil besser als der dcs Gcncrals Wimpffc» mit dc» Milthciluugcn, dic »»« am Morgc» nach jenem nnhlücklichcn Ereignisse von Offizieren zngcgangc» sind, die unter Miseren Bc- fchlcn standcn, dcrcn Anssagcn somit einen gnasi offi cicllcn Charakter hatte». Da wir i» dic traurige stiothwcudigkcit vcrsctzl wordcu siud, dieses Blatt nn- jcrcr Geschichte zu schreiben, wollen wir auch, daß es vollständig sci imd Alles enthalte, was znr Äclchrimg nnd Anfllärnng nnscrcr Zcilgcnosscn nnd Nachlom- Die Zilstnildc in Frankreich. (Au- dcr Leipziger Zeitung.) Die Ereignisse des Jahres 1870 habe» in Frank- reich eine wahre Sündfllllh von Büchern nnd Bro schüren hcransbcschworcn, nntcr dcncn sich manchc bc mcrlcnöwcrthc Arbcitcn bcfindcn, dic avcr fast sännul lich dcn Fehler haben, daß sic Sclbstbiographicn glci chcn nnd sich von persönlichen Antipathien nicht frei hallen. Das soeben erschienene Auch dcs Gcncrals Dncrot, betitelt: „Scdan", ist von diesen Fehlern ebenfalls nicht ganz srciznsprcchcn; cs enthält abcr wichtige historische Documcntc, dic an Jntcrcssc im Glaubwürdigkeit umsomehr gcwiuucu, als dcr Bcrfas scr dcu Ercignisscu nicht allcin schr nahc gcslaudcn, sondern auch Ihälig in dieselben ciugegriffti! hat. Wir cntlchmm dcm Buche zwci Capitcl, dic bcsondcr« wich tige Momcutc schildern: dic Zustände im sranzösischcn Hauptquartiere nach dcr vcrlorcuc» Schlacht uud dic darauf folgcudc Znsammcukuuft dcr frnnzösifchcu Gc- ucralc mit dem Fürstin Bismarck nnd dcm Grafcu Moltkc. Dicsc Mitthcilungcu, dic »us von allgcmei ncm Jntcrcssc crschciucn, könnten dadnrch noch an Bedeutung cjcwinnc», als sic für dcn Fall, daß sich in dcn Bericht dc» Gcncral Ducrot Jrrthümcr ci« gcschlichc» hätten, zl, einer Berichtigung Anlaß geben dürften. „Scdan. Gegen 6 Uhr Abcmds ließ dcr Kaiser dc» Gcncral Dncrot rufen, mn ihm zn sagen, daß dcr Gcncral Wimpsscn scinc Entlassimg cingcrcicht habe nnd daß cr (Ducrot) das Commaudo übcriich mc» solle. Der General erklärte Sr. Majestät, daß cr, wic dic Dingc mm cimnal stände», dieses Eom mando »icht annchmcn lömic. Dcr Gcncral habe am Morgcn dic Ehre dcr Obcrlcitnng dcr Operation.:» für sich bcansprncht, cr habe dcm»ach jctzt, »achdcm dic Operationen übcl auSgcsallcii scic», »icht das Nccht zilrückziitrctc». UcbrigcaS >ci dcr Gciicral Douay dcr ältcstc DivistonSgcacral, ihm siche dcmnach das nc»c Coiiimando zn. „Dcr Gcncral Donat; war schach im Begriff, dcn Auftrag niizmichmcu; ans dic Vorsstlllmgcn dcs Gc ncrals Lcbnm, scincö Frcmidcö, trat cr jcdoch cbcn fall« zurück iiiid erklärst, daß der Gciicral Wimpsscu das Commaudo wcitcr führe» müssc. „Dcr Kaiser schickst mm »ach dem Gcucral Wim pffcn; cs mochte etwa 8 Uhr scm, als derselbe cin- lraf; cr trat mit großcn Schrillcn läriiiend iiiö Zim mer, hob dic Arme znm Himmcl i»id ricf: „Sirc, ich habc dic Schlacht vcrlorcu, ich bi» bcsicgt wordc», weil mciiic Bcfchlc nicht anSgesührt wordcii sind, wcil Ihre Generale sich geweigert habcn, mir z» gc horchen!" — Bei dicscii Worte» sprang dcr Gcncral Dncrot, wic dnrch Fcdcrkraft cmporgcschnclll, in dic Höhe niid stand mit eincm Satzc vor dcm Gcncral