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sächsische LlllMmg 1871 Schandau, Mittwoch, den 12. April Amts-und Anzetgeblatt für das Königs. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau nnd den Ttadtgemcinderath zn Ho-nsttin. Dir „Sächsische Elb-Zeit«»»" erschein« Mittwoch mid Souuabcub und ist durch alle Pofianstaltcn, sowie durch we<-I«un^sr>ib^ Uhr rr< ,-ihr,ich zu bezieh.». - Inserate sür bas Mittwochsblat. werd.» bi- Dienstag früh 0 Nhr, wr da« Sonnabcnd b a. r- cfic,w brirn; später eingehende Jnseraie können erst in der darauf folgende» Nummer Anfnahme finden. — Auswärts werden Inserate sfir dir z g ä v/jv!ia stein bei Hrn. Hesse, in Dresden in den Annoncen-Durcaur der Herre» W. Saalbach und M. Nuschpler, und Hassenstein . I g er . H. - lieber die Zustände in Paris sprich« sich Vic „Schics. Zig." folgendermaßen auü! „Nach allem, was auü dem Innern von Paris veilauir«, herrsch« kor« ein bcreilü hochcttlwickrltro SchrcckenSrcgimetU; schon werken die Kirchrt, ge- schäiivc« und gepiündcri und in wenigen Tage» wer ken wir vielleicht davon hören, daß auü den Danies- deü-la-Hallc oder den Hetären der Boulevards eine neuc Güttin der Vernunft auserlesen worden ist, der im Menschenblnt geopfert wirb. Das offenbar falsche Gerücht, die Negierung in Versailles laste die gefangenen Insurgenten erschießen, genügt den Leitern dcr Eineute, den ihrerseits Gefangenen mit Erschie- bring zu drohen, cinc Maßregel, die jedenfalls nur darauf abgesehen ist, Furcht und Widerspenstigkeit in die Reihen der lopaicn Truppen zu «ragen. In zwischen aber versucht kic Commune, den Widerstand lräfiiger zu organisiren. Obgleich sie, der Procla- maiivncn Gamdena'S eingedenk, die Lächerlichkeit nicht scheu«, den feigen Naiionalgardcn zu schmei cheln und feierlich zu erklären, die Ausreißer vom 2. und 3. April hätten sich um das Vaterland hoch verdient gemacht, arbeitet ihr Generalstab nach dem Beispiele Trochu'S daran, sich auü der Uebcrzahl von Bewaffneten durch Vereinigung der jünger» un- vcrheiraiheic» Männer in Marschcompagnicn ein Truppencorps zu bilden, da« allenfalls im Ernst- kämpfe verwandt werden kann. Um kic Bereitwil ligkeit zum Eintritte in kiese Elitencorpö zu fördern, wird — dem communistischen Princip, welches das Einkommen nicht nach den Leistungen, sondern nach den Bedürfnissen geregelt wisse» will, wenig ent sprechend — den Offizieren und Mannschafie» ein noch höherer Sold in Aussicht gestellt, als ihn die Nationalgardc bereit« bezieht. Dic Frage: woher da« Geld nehmen? erregt natürlich keine Bedenken. Diese Maßregeln lasse» darauf schließe», daß neue Offensiv-Unternehmungen gegen Versailles geplant werden. Eine nenc und möglichst ernste Entscheid ung im offenen Felde müßte der legalen Negierung unbedingt am wünschenSwerthesten sein, da laum an- znnehmcn ist, daß sich die Häupter der Emrute nach ciner vollständigen und blutigen Niederlage zu be haupten vermögen werden. Anders aber könnten sich die Dinge gestalten, wenn die Jnsurrection sich aus schließlich auf dic Defensive beschränken sollte. Eine Bezwingung von Paris iiii Wege förmlicher Bela- gerung würbe auch der mitielmäßigstcn Venheidig. ung gegenüber viel Zeit unb anßervrbrntlichc Au. strcngunge» kosten. Sehr viel wird, wenn nicht eine Plötzliche Wendung der Dinge cintritt, von dem Ver trauen abhängen, welche« die deutsche Negierung in den Bestand des Versailler Regiments setzt, und von dem Crediie, welchen diese Negierung auf dem Geld märkte findet. Nimmt Deutschland keinen Anstand, sofort den definitiven Frieden zu schließen, unb ge lingt es Herrn Thiers und seinem Finanzminister, dic erstc halbc Milliardc alSbalv flüssig zu machen, so würden den Ncgitrungüirupptn dic bisher noch von deutschen Armeen besetzten ForiS eingeräumt werden, und man würbe in Paris dic Wahl haben, Pari« entweder so lange „in seinem Safte schmore» zu lassen", bis der Hunger die Capitulaiion erzwingt, ober auch die Uebergabc durch ein Bombardement zu beschleunigen, das den Muth dcr Bourgeois viel- leicht etwa« beleben wurde. Daß sich dic halbc Milliarbc in kurzer Zeit werde aufbringen lassen, scheint bei dem unerschütterlichen Credit Frankreichs kaum zu bezweifeln." Tagcögcschichtc. Sachso«. Die „Dr. Rache," schreiben, daß, trotzdem in den letzten Jahren zwei neue Lehrelsemi» narc errichte« worden sind, der Lehrermaiigel immcr noch ein notorischer ist, waS z. B. dcntlich daran« hcrvorgcht, baß diese Ostern der Kirchen- und Schul- rath der Dresdner KreiSdirection 58 Lehrerstcllc» zu besetzen halte, aber nur Ist davon besetzen konnte, und im Zwickauer Kreise waren für 150 Stellen nur ca, 28 SchulamtScanbibaien vorhanden. Welche Ucbelstande durch solche Verhältnisse herbeigesührt werben, übersteigt oft alle Begriffe. So wird mit Begiim beS nenen Schuljahres in dem größeren Kirchdorfe B. bei Dresden der Hauptlehrcr, weil er keinen Hilfslehrer trotz allen Rachsucht»« erhalten kann, tagtäglich ca. 220 Kinder zu unterrichten habet'. Da weiß man wahrhaftig nicht, wen man mehr be dauern soll, ob die Kinder oder bett Lehrer. Hieran reihen wir zwei Preisfragen: „Wieviel kann in ei tler solchen Schllic ein Kmd selbst bei dcr größlen Gtwissenhafligkcit de« LehrcrS all cincm Tage ler nen?" „Wie alt kann ein Lehrer bei solcher Arbeit werden?" — WaS kann aber dein großen Lehrer mangel abhclsen? Einzig unb allein: bessere, bcr Hoheit, unberechenbaren Wichtigkeit »nb Schwere beö Inge,ibbilditerberufeS entsprechende Bezahlung. — Atn Sonnabend wurden nnter Bedeckung ei ner Preuß. Mililärpalrouille vom 72. Infanterie. Negimtm zwei französische Kriegsgcfangenc in Dres den cingcbracht, welche sich aus dcr Festung König- stcüi, wo sic deiinirt waren, gegen einen preußischen Unteroffizier thäilicd vergangen hattet,. Sie sollen daselbst kricgSrechtlich bestraft werden unb wnrben beshaid in den, auf der Magazinstraßc befindlichen Militärarresthanse untcrgebracht. — Die Durchführung dcr Kcttcnschifffahrt ans bcr Obcrclbc und selbst auf bcr Moldau in Böhmen soll nun ernstlich bewcrlstrlligt werden und ha« sich namentlich dic Prager Dampf- und ScgrlschifffahriS- Gesellschast deshalb bemüht. Letztere ist nmimehr vvii der Slatthalicrci zu Prag aufgeforbert worben, spätestens b,S Enbe dieses Monats 20,000 Gulben als Camion zi, erlegen. — Der „K. Z." schreibt man auS Sachsen: „ES ist jetzt bestimm«, daß der Nückmaisch aller Limen- Regimenter sistirt und keim Beurlanbung von Offi zieren, außer im Falle dcr Erkrankung, mehr staU- findcn soll. Da die meiste» Gegenden in Nord- Frankreich, in denen unsere Truppen jetzt stehen, an Lcbtnümillcln total erschöpft sind und die Soldaten nicht mehr zu ernähren vermögen, so sind jetzt neue Lieferungen an Brod, Mehl und Fonrage für die Pferde in Deutschland ausgeschrieben worden." Preußen. St. Johann. Dic „Kobl. Zig." schreibt: Kaum ist der Betrieb auf der Strecke Saar- gemünd-Bitsch-Hagenau seit dem l. d. M. durch die Capitulation von Bitsch den, Verkehr wieder eröffnet, als wir auch schon leikcr von einem cnl- srtzlichen Bahnunglück zu berichten haben. Gestern Nachmittag nämlich entgleiste cin von Straßburg kommender Militärzug zwischen der Station Baustein und Bitsch und rutschte einen hohen Eiscnbahndamm hinunter; 16 Landwehrlcute sind dabei grtödiri und einige schwer verwundet worden. Mati vermuthet hier, daß ruchlose Hände die Entgleisung verursacht haben sollen. Dic bereit« eingcleitetc Untersuchung wird bas Nähere ergeben. Frankreich. Pari«, 6. April. Da« Decrct betreffs Einberufung aller unvcrheiratheten waffen fähigen Männer ha, in Paris furchtbare Bestürzung hervorgcrufen; schon holt man mit Gewalt die 'Na tionalgardisten au« ihren Hänsern znm Kampf, Na- tivnalgarbistcn dcr Commune verhindern an den Bahnhöfen die Abreise rüstiger Männer. Am Nord- bahnhof verlangen die Commnnalbeamlen bereits bei abrciscnbcn Männern Vorzeignng ihres Paffes, — Die Coin,nunc vcröffcntlicht folgende Decreic; Jeder des Einverständnisses mit der Versailler Negierung Beschuldigte wird sofort nach dem Anllagebeschluß eingekerkert. Die Anklage. Jurp wird binnen 21 Sinndcn constiluirl, nm über dic vorliegenden An schuldigungen zu entscheiden, und wird binnen 18 Stunden abunheilen. Alle für schnldtg Befundene werden al« Geißeln zurückbehalten. Für leben in Versailles erschossenen Anhänger der Commune wer- den drei Geißelii erschossen. Jeder Kriegsgefangene wird vor Jnrp gestellt, welche über die Entlassung oder Zurückbehaltung entscheidet. — In einer Pro- clamatio» des „Journal osficiel" der Comumnc heiß, co: „Miibürgcr! Tag für Tag erwürgcn oder erschießen dic Banditen von Versailles unsre Gc- sangenen. Keine Stunde vergeht, ohne daß unü dic Nachricht eines neuen Mordes gebracht würde. Ihr kenn« d,c Schuldigen. E« sind die Genc!darmcn des Kaiserreichs, die Nopalisten Charctte'ü und Calhcli- ncan'S, welche unter dem Rufe: „ES lebe der Kö nig!" und mit der weißen Fahne an ihrer Spitze gegen Paris marschiren. Die Negierung iti Ver sailles stellt sich außerhalb der Gesetze de« Krieges und der Menschlichkeit. Wenn sie fortfährt, die zwi schen civiltsirie» Völker» gebräuchliche» Gesetze dcS Krieg,« zu mißachten, so werben wir grnöihigt sein, Repressalien z» ergreifet,. Wenn unsre Feinbc noch einen einzigen unsrer Solbatcn ermorden, so werde» wir durch dic Hinrichtung bcr glcichcn obcr dcr doppelten Anzahl dcr in unsern Händen befindlichen Gefangenen antworten. Da« Volk, edel und gerecht selbst in seinem Zorne, verabscheut das Blutvergie ßen, so wie es bett Krieg verabscheut, aber eü ist verpflichtet, sich um jeden Preis vor den wilden Attentaten seiner Feinde zu schützen. Mw nehme» Äug' um Auge, Zahn um Zahn." Paris, 7. April. Der „Cri du Peuplc" schreibt: Dic Truppen dcr Commune bewachen dic fcinblichen Steilungen. Bei dem Angriff der Versailler Trup pen auf dic Brücke von Neuillp wurdc der Oberst bcr Communc, Bourgoing, gclödtet; bcrsclbc ist durch bcn Cotnmandamcn Cepnci crsctzt. Dcmselbcn Blaue znfolgc wurden dic Versailler Batterien bei dem Fort Vanveö dcmonlir« und zwei Miirailleuscn ge- nommcn. Die Commune sendet Vcrstärlnngcn an Mannschaften und Artillerie nach l'Hap. — National- gardcn überwachen dic abgchendcn Züge auf bet» Norbbahnhofc nnd vcrlangcn von den Flüchilingcn darüber eine Legitimation, daß sic verheirathct und über 35 Jahre alt sind. — Seil heute Morgen lebhafter Kampf in Courbcvoie. Die Versailler Truppen werben von bcn Nationalgarben bci Pu- tcaur unb bc, Ncuillp beschosscn. Drei Granate» sind innerhalb bcr Cnceinte bcim Thore vor Neuilly niedergesallen. Die Fortü Jssp, VanveS und Mont- eongc, sowie dcr Mont-Valerien schweigen. Ei» Decrct brr Commune ordnet bic Entwaffnung wider spenstiger Nationalgarben an; wegen Dienstverwei gerung entwaffne,c Naiionalgardcn gehen ihres Sal be« verlustig; Nationalgarben, welche sich weigern, zu kämpfen, verlieren ihre Bürgerrechte. Versailles, 7. April. Gestern erneute Wcg. mihme vo,, Courbevoic und der Brücke von Nenillp; Schiffbrücke daselbst durch Feuer bc« Mom-Valerien zerstört. Mit bcn hier ringetroffcncn Gefangenen von, 5. d. sind auch 10 Mitrailleusc» eingebracht. Nichts deute, auf Ergreifen cnischiedcncr Offensive für heule ober bic allernächste Ze„. In Paris zu- nehmrndc Anarchie und lerroristischc Herrschaft. Dcr Erzbischof und andcre Geistliche in Haft. ForlS Jssp, VanveS, Monirouge und Bicülre von Auf. ständischen bcsetzl und mi, -I-, 7- und 12-Pfänder» und Marinegeschützen armirl; desgleichen Süd- und Wcstfronl der Enccimc. Nur geringe Munition«, vorräthc. Zur Communeparlci übergelreienc Sol. dalcn wollen »ich, marschiren, da sic bei Gefangen schaft kriegögcrilMichcö Verfahren fürchten. Der Centralcomitü soll Unterhandlungen versuchen, jedoch