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X- 287, II. Dezember 1830. Redaktioneller Teil.. BSrsindlatt f. d.DIschn.Bucht,and-l. Wenn auch die indischen Druckerzeugnisse, mögen es Bücher oder Zeitungen sein, äußerlich nicht mehr dem Zwange wie vor hundert Jahren ausgesetzt sind, so unterstehen sie doch auch heute noch einem besonderen Preßgesetz. Zwar ist die enge Be schränkung von 1858 und 1878 längst gefallen, daß es den Zei tungen und Büchern untersagt war, weder in Worten noch in Bildern Soldaten, Seeleute, den König, die englische Regie rung, die eingeborenen Fürsten usw. zu verunglimpfen und sie in ihrem Ansehen herabzusetzen, oder fremdländische Bücher und Zeitungen der Kontrolle unterzogen waren. Aber durch das im Jahre 1821 umgeänderte Gesetz von 1910 wurde praktisch die indische Presse ebenso unter Kontrolle gestellt wie vordem. Seit dem Jahre 1915 besteht in Indien eine »Pressegesell schaft-, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, ihre Mit glieder vor allen Übergriffen der Behörden zu schützen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Diese Beschränkungen der Presse haben es nicht verhindert, daß Zeitungen wie Bücher in den letzten 15 Jahren einen gro ßen Aufschwung und Verbreitung erfahren haben, dank der fortschreitenden systematischen Schulung der Inder und dem Interesse, das sie immer mehr an den Geschicken ihres Landes nehmen. Die folgende Statistik zeigt, in welchem Maße die Zahl der Druckmaschinen, Zeitungen und Bücher in der Zeit von 1915 gewachsen ist. Bücker Jahr Druck- Zeitgn. Zeitschr. Sprache In ind. Sprache od. gemischtspr. 1916/16 3 237 857 2 927 1 541 10 658 1916/17 3 101 805 1 900 1 919 11 149 1917/18 3 155 838 1 997 1 916 10 772 1918/19 3 146 883 2 049 2 092 9 687 1919/20 3 371 941 2 152 2019 9 162 1920/21 3 795 1 017 2 297 1 690 10 105 1921/22 4 083 1 094 2 252 1 856 11 807 1922/23 4 509 1 282 2 559 1 951 11 804 1923/24 4 909 1 363 2 888 2 237 13 802 1924/25 5 312 1 401 3 146 2 302 14 728 Gemessen an der ungeheuren Volkszahl Indiens sind diese Zahlen natürlich sehr gering, aber sie beweisen doch den enor men Fortschritt der geistigen Bildung, der sich in Einzelzahlen besonders in Madras und Bengalen äußert, wo die höchsten Zah len an Druckpressen, Zeitungen, Zeitschriften und Büchern zu verzeichnen sind. Nicht nur in den großen indischen Städten findet man eine große Zahl Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch selbst in kleinen und kleinsten indischen Orten, wo sich keine Europäer aufhalten. Auch in der äußeren Erscheinung sind englische und indische Druckerzeugnisse scharf geschieden. Eine anglo-indische Zeitung hat mehr den Charakter einer europäischen Großstadtzeitung und wird an allen Straßenecken und Kiosken verkauft. 11m diese Zeitungen vor dem neugierigen Einblick der Eingeborenen zu schützen, erhält jedes Exemplar, das öffentlich verkauft wird, eine Verschlußmarke. Der Inhalt der Blätter besteht meist aus langen Aufsätzen über indische Kultur, Wirtschaftsdinge, Nach richten, langatmige Bersammlungsberichte u. a. Für den Deut schen ist es wenig erfreulich, in der anglo-indischen Presse immer und immer wieder Schilderungen deutscher Kriegsgreuel zu lesen. Beispielsweise fand ich noch im Jahre 1929 in einem großen anglo-indischen Blatte einen großaufgemachten Aufsatz über Verschießen deutscher Pestbomben während des Krieges auf englische Regimenter. Ein anderer langer Sensationsaufsatz beschäftigte sich mit den deutschen Gasrüstungen, wobei die Schauermär erzählt wurde, daß deutsche Knaben zu Weih nachten Miniaturgasbomben erhalten, um sich für einen zukünf tigen Krieg vorzubereiten. — Sehr wertvoll sind die jedes Jahr zu Weihnachten von den großen englischen Zeitungen herausge gebenen dickbändigen Jahrbücher mit prachtvollen Buntdrucken und interessanten Beiträgen. Den größten Teil des Inhalts nehmen bunte, oft recht kunstvoll aufgemachte Inserate ein. Die indischen Blätter erscheinen natürlich in der Landes sprache. Diese Zeitungen haben meist den Charakter von kleinen Lokalblättern mit schlechtem Druck. Sehr beliebt sind neben diesen Zeitungen bunte Kalender. Darin findet man euro päische Märchen mit Abbildungen, die in indischer Manier um gezeichnet sind. Die Großstädte Bombay, Delhi, Kalkutta, Madras und Co lombo besitzen sehr reichhaltige Bücherläden, in denen allerdings das europäische Buch oder das in Indien gedruckte englische Buch vorherrschen. Die Jndisnliteratur von der ältesten bis zur neuesten ist dort zu finden. Die meist auf federleichtem Papier gedruckten Bücher sind zum Schutze gegen Witterungs einflüsse und Ungeziefersraß sehr gut eingebunden. Einen brei ten Raum nehmen unter den Büchern in Indien die unter haltenden ein. Der Europäer hat in seiner freien Zeit wenig Lust, noch schwere Literatur zu genießen. Er will durch Lesen froh gestimmt und der Sorgen frei werden. Kein Wunder ist es deshalb, wenn Indien das Dorado für amerikanische Maga zine und Mammutzeitschriften in der Art der »8a>urckgy Lvs- ning kost» ist, die in allen Buchhandlungen, Zeitungskiosken und Bahnhöfen verkauft werden. Daß auch Literatur, die von Geburtenbeschränkung und ähnlichen Dingen handelt, in Indien reichlich Eingang findet, kann bei dem rapiden Menschenzuwachs nicht verwundern. Sehr viel gefragt werden in indischen Buch läden Bücher über die französische Revolution, Polens Kamps um seine Freiheit, Herbert Spencers Erziehung und Ethik, Marx, Lassalle u. a. Mit dem Heranwachsen der jungen indi schen Intelligenz nimmt auch das Interesse für die europäische Literatur zu. Von deutscher Literatur sind natürlich in erster Linie die deutschen Standardwerke über Indien und den Orient, beson ders die schönen gut ausgestatteten Kunstwerke vertreten. Auf technischem, medizinischem und volkswirtschaftlichem Gebiete überwiegt natürlich die englische und amerikanische Literatur, die ja durch die in England gewesenen Studenten, durch die Collegs und die amerikanischen Missionsgesellschaften für junge Männer propagiert wird. Damit ist jedoch der deutschen Literatur der Weg in Zu kunft nicht versperrt. Gerade im Gegenteil dürfte für die deutsche wissenschaftliche Literatur Indien für die Zukunft noch ein gutes Feld sein. Viele rein indische Zeitungen haben heute Korrespondenten in Deutschland in Person von Studie renden oder Professoren, die langsam aber sicher deutsche For schungsergebnisse und Wissenschaft, die bisher recht stiefmütter lich in Indien behandelt wurden, in ihrem Heimatland bekannt machen und das Verlangen darnach wecken, wie es ja in Japan in hervorragendem Maße schon lange der Fall war. Auf meinen Reisen in Indien traf ich viele Inder, die ein brennendes Ver langen danach hatten, die deutsche Sprache zu erlernen, und denen ich keinen größeren Gefallen hätte erweisen können, als ihnen ein für sie geeignetes Lehrbuch der deutschen Sprache zu verschaffen. Sehaltspfändungen. Zu unserer gleichnamigen Notiz in Nr. 275 sind uns aus dem Leserkreise Anfragen zugegangen, die wir hier zusammenfassend be antworten. 1. Bei einem Pfändungs- und Uberweisungsbeschluß betr. das Gehalt oder den Lohn eines Angestellten bleiben selbstverständlich die gesetzlichen Beschränkungen der Gehaltspfändung in Kraft. Des halb müssen die Firmen bzw. die Arbeitgeber, denen ihre Arbeit nehmer betreffende Pfändungs- uud> Uberweisuugsbeschlüsse zuge stellt werden, ausrechnen, wieviel vom Lohn oder Gehalt sic an den Gläubiger abzusühren haben. Seit dem 1. April 1928 ist der Lohn oder das Gehalt un pfändbar bei Auszahlung für Monate oder Bruchteile bis zur Summe von 195.— RM monatlich, bei Auszahlung für Wochen wöchentlich 45.— RM, bei Auszahlung für Tage täglich 7.50 NM. Ein weiteres Drittel des diese Beträge übersteigenden GehalteS oder Lohnes, des »Mehrbetrages« ist ebenfalls uupfändbar. Eine weitere Erhöhung des pfändungsfreien Lohnes oder Ge haltes tritt bei Unterhaltspflichten des Schuldners ein, z. B. wenn der Schuldner seinem Ehegatten (auch dem geschiedenen), seinen Eltern ehelichen oder unehelichen Kindern Unterhalt zu leisten verpflichtet 1159