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28SÜ «sq-nbkm f. d. Dqchn. »üchhantkl. Mchtamtlicher Teil. 55. 8. März 1S0S. nicht, weil das betreffende Beriagsgeichifft keine Arbeitsstätte bzw. keine Belriebsstätte hatte, die sich an einem von dem Orte seines Sitzes verschiedenen Orte befunden hätte. Dies würde z. B dann der Fall sein, wenn ein Verlagsgeschäst in Leipzig besteht und in Berlin. Stuttgart und Köln Filialen unterhielte. In dem zu beurteilenden Fall konnte kein Zweifel darüber obwalten, daß der Reisende an dem Sitze des Ver- lagsgeschäfts zu versichern war. Allerdings war er auch an dem Orte tätig, der sein Wohnort war; allein daraus folgte selbstverständlich nicht, daß dieser Ort sein Be schäftigungsart gewesen wäre. Denn er war ja nicht nur an diesem Orte, sondern auch noch an sehr vielen sonstigen Orten für die Zwecke seines Geschäftes tätig, und man hätte jeden derselben ebensowohl als Beschäftigungsart ansehen können wie den Wohnort. Gerade mit Rücksicht darauf, daß in den Fällen des Z 5» eine Versicherung an den Orten, die tatsächlich Beschäftigungsorte sind, praktisch nicht möglich ist. hat sich der Gesetzgeber veranlaßt gesehen, die Sonder vorschrift des tz Sa Absatz 1 aufzunehmen. Auch der Umstand bewirkt keine Änderung in der Be urteilung, daß der Reisende nicht die ganze Zeit seiner An stellung hindurch reiste, sondern zeitweilig sich auch an dem Sitze des Geschäfts aufhiclt und in der Zeit seiner An wesenheit an dem Betriebssitze dort tätig war. Denn das Gesetz unterscheidet nicht, ob die Beschäftigung ausschließ lich außerhalb des Betriebssitzes stattfand oder nur vor zugsweise außerhalb des Betriebssitzes, zeitweilig aber an diesem selbst stattfand. Auch in dieser Beziehung ist der von dem Reichsgericht vertretenen Auffassung beizupflichten. Hieraus ergibt sich, daß die Reisenden vom Verlags geschäft an dem Sitze des Betriebs ohne Rücksicht auf ihren Wohnort zu versichern sind. Haben die Verlagsgeschäfte selbständige Zweigniederlassungen, so ist der Sitz dieser; für die Versicherungspflicht der von ihnen angestellten und für sie tätigen Reisenden bestimmend, auch dann, wenn ausnahms weise oder gelegentlich der Reisende einmal für das Haupt geschäft tätig ist. Die besonderen Verhältnisse des Verlags geschäfts bieten keinen Anlaß, in Ansehung des Ortes der Versicherungspflicht zu anderen Ergebnissen zu gelangen, als in Ansehung der Handelsgeschäfte überhaupt. Justizrat vr. Fuld. Mainz. Zur Frage der Verpflichtung zur Zahlung des Abonnementsbetrags für eine zur Fortsetzung weitergelieferte Zeitschrift. <Vg>. Nr. SS d. Bl.> Das mitgeieilte. für den Zeitschriftenhandel ungünstige Gutachten der Berliner Handelskammer ist vielleicht aus der Fassung des betreffenden als Grundlage dienenden Zeitschriften-Bestellzettels zu erklären. Es werden näm lich von Zeitschriftenhandlungen, die ihre Abonnenten durch Sammler gewinnen. Bestellzettel benutzt mit dem Ausdruck: -Ich bestelle hiermit für >/» Jahr (ev. Vr Jahr) 1 Exemplar .... usw.< Der Aufdruck einer bestimmten Mindestzeit, unter welcher das Abonnement nicht auf gehoben werden soll, hat den Zweck, für die an den Sammler zu zahlende Provision ein Äquivalent in der Abnahme eines vollen Vierteljahrs (Halbjahrs) zu suchen. Selbstverständlich rechnet der Zeitschriftenhändler auf eine in der Regel längere Dauer des Abonnements und behält damit auch wohl in vielen Fällen Recht. Trotzdem kann man nicht umhin, die genannte Fassung, die ein Gutachten wie das erwähnte rechtfertigen würde, als verfehlt zu be trachten. Es dürfte sich vielmehr empfehlen, etwa wie folgt zu sagen: »Hiermit bestelle ich ein Aoonnement und verpflichte mich zur Abnahme auf mindestens H Jahr (V- Jahr), oder auch vielleicht noch den Zusatz: »bis auf Abbestellung» zu machen. Wenn allen gedruckten Bestell zetteln, die an Prospekte angeklebt oder auch den Probenummern beigefügt werden, eine derartige vorsichtigere Form gegeben würde, müßte die für uns allein in Betracht kommende Auffassung, wonach das Abonnement stillschweigend weiterläuft, noch mehr verallgemeinert werden. Berlin. E. Döring. Geschäftsführer von »Fürs Haus». Aus der Reisemappe eines deutschen Buchhändlers. (Vgl. IS08 Nr. ISS, 20t d. Bl.) III. Das goldene Prag. Von dem Verfasser der hier im Vorjahre aus Rußland und Finnland erstatteten Reiseberichte, einem Berliner^Buchhändler, empfingen wir die folgende Schilderung aus Prag: (Red.) k^L,Es war wohl gerade nicht die geeigneteste Zeit zur Abwick lung von Geschäften, als ich kurz vor dem letzten Weihnachts feste nach Prag reiste. Nachdem infolge der hinlänglich bekannten Unruhen endlich der Belagerungszustand proklamiert worden war, schien man all- mählich wieder zu ruhiger Überlegung zu kommen, das Straßen leben nahm seinen gewöhnlichen Gang, nur die zahlreichen Schutz. Mannschaften und Gendarmeriepatrouillen erinnerten daran, daß Im Geschäftsleben war natürlich völliger Stillstand einge treten; die tschechischen Zeitungen veröffentlichten täglich Ver zeichnisse von deutschen Geschäften, die zu boykottieren seien, und umgekehrt setzten sich auch die Deutschen zur Wehr und suchten ihre Mitbürger vom geschäftlichen Verkehr mit den als ultra tschechisch bekannten Firmen abzuhalten. Trostlos war die Lage fast aller Geschäftsleute. Hatte schon die Jubiläums - Ausstellung des vergangenen Sommers bei weitem des Jahres ausgebrochene wilde Nationalitätenhader ein gänz liches Stillstehen der Geschäfte zur Folge. Selbstverständlich haben unsere Berufsgenossen unter diesen unleidlichen Verhältnissen ebenfalls sehr schwer zu leiden. Dabei — und das ist das schlimmste — hegt man keinerlei Hoffnung auf eine nahe bessere Zukunft. Im Gegenteil, allgemein war man der Ansicht, daß es noch schlimmer werden wird. Die Leiden schaften sind zu sehr erhitzt; die Erbitterung auf beiden Seiten ist zu groß.^ u t l h t 'S' st mit neuen Sorgen für eine ungewisse Zukunft zu belasten braucht. Das Weihnachtsfest war natürlich total verdorben. Während sonst Tausende aus der Provinz ihre Einkäufe zum Feste in Prag besorgten, auf den Weihnachtsmärkten und den Hauptverkehrs straßen ein reges Treiben herrschte, fehlte diesmal der Fremdenzustrom gänzlich; nur wenige getrauten sich in die Stadt, wo man sich erst vor kurzem noch blutig geschlagen hatte; und auch die Einheimischen waren gezwungen, ihre Einkäufe auf das Nötigste zu beschränken, jede unnötige Geldausgabe zu vermeiden. Es ist ja richtig, Prag, noch vor wenigen Jahrzehnten eine durchaus deutsche Stadt, in der Deutsch die Sprache des großen Bürgertums war, ist heute vollständig tschechisch. Ver gebens sucht man doppelsprachige Firmenschilder in den Straßen, sämtliche städtischen Hinweise und Bekanntmachungen geschehen ohne Rücksicht auf die deutsche Bevölkerung und auf den Fremden verkehr nur in tschechischer Sprache. Das Tollste aber ist, daß die Straßenbahnschaffner auf deutsche Fragen keine Antwort erteilen, selbst dann, wenn sie, was meistens der Fall ist, die deutsche Sprache völlig beherrschen. So bedauerlich es für uns Deutsche