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2892 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 55, 8. März 1909 Kleine Mitteilungen. Zum Verkauf der Sammlung Bölinac. Das größte Ereignis, das in diesem Jahre auf dem französischen Bücher markt stattgefunden hat, war unzweifelhaft die Versteigerung der Sammlung A. Bölinac, über die in der Presse viel berichtet wurde. So sehr nun aber auch das Ergebnis der Versteigerung im Gesamtbetrag von 266 192 Frcs. auf den ersten Blick imponieren mag, so wäre es doch nach der Ansicht des »Bulletin cke Urt, avoien ot moäeine« durchaus falsch, in den erzielten Preisen einen hervor ragenden Erfolg der Prachtbücher, wie sie heute in den obersten Kreisen der französischen Bücherfreunde gefunden werden, erblicken zu wollen. Die erlesenen Stücke dieser Sammlungen boten geradezu das Höchste, was einen Bücherfreund von Geschmack reizen konnte: seltene Ausgaben, zahlreiche Originalillustrationen hervorragender Künstler, Einbände der ersten Buchbinder-Künstler, die das heutige Frankreich aufzuweisen hat. Gerade diese Bücher aber haben in der Regel nur eben leidliche Preise erzielt, und die prächtig gebundenen Werke haben zumeist noch nicht einmal die Kosten des Einbands eingebracht. Um größeres Interesse zu wecken, mußten die Bücher noch durch gewisse Besonderheiten und Zugaben, wie Aquarelle, Holzschnitte u. a. m., ausgezeichnet und bereichert werden, und es waren fast ausschließlich diese Bücher, die ein höheres Gebot als 1000 Frcs. zu erzielen vermochten; ein Beweis, daß das Buch heute vielfach nicht mehr so sehr um seiner selbst willen, wegen der Qualität seines Inhalts, des Reichtums seiner Ausstattung und der ursprünglich zu ihm gehörenden Illustra tionen, sondern mehr um solcher zufälligen und ihm von Hause aus fremden Zugaben und Besonderheiten willen geschätzt und gekauft wird. Vermochte doch das an sich weitaus wertvollste Werk der ganzen ^Sammlung, die fünfzigbändige Moliere- Ausgabe mit 3750 Illustrationen von Jacques Leman und Maurice Leloir, von denen 880 Originalzeichnungen und 2870 Gravüren in verschiedenen Zuständen waren, ein Werk, das Octave Uzanne im Vorwort des Katalogs »das schönste Werk der Buchkunst am Ende des neunzehnten Jahrhunderts« nannte, anstatt der ausgerufenen 15 000 nur 10 000 Francs zu erzielen, was gewiß nur als ein sehr bescheidener Erfolg bezeichnet werden muß. Es war auch nicht der höchste bei der Versteigerung erzielte Preis, der vielmehr mit 10 100 Francs einem Exemplar der »k'ötes Aalrmt.68« Verlaines mit den 58 Originalaquarellen von Robaudi und den Illustrationen in verschiedenen Zu ständen zufiel; nahe kam ihm mit 7100 Francs ein Exemplar der »lba'18« von Anatole France mit den 65 Originalaquarellen von I. A. Laurens, die zur Illustration des Werkes dienten, und mit allen Zuständen der Gravüren, das Ganze in drei Quart bänden von Einbänden von Marius Michel. Abgesehen von diesen drei großen Preisen und ferner noch von den 4500 Francs für die »^.pbloäitö« von P. Louys mit Illustrationen von Zier, und den 4305 Francs für »Ariane« und »Liaison 8ur Io I§i1« von dem selben Verfasser, mit Illustrationen von Rochegrosse und P. Gervais, sind aber hervorragende Preise nicht zu verzeichnen gewesen; die weitaus überwiegende Zahl der 492 Nummern dieser Versteigerung erreichten trotz ihrer kostbaren Einbände nicht 1000 Francs; nur wenige vermochten 2000 zu erreichen oder gar zu überschreiten. Man kann also keineswegs sagen, daß der Erlös von mehr als 266 000 Francs für die 492 Nummern, von denen 40 Unica in des Wortes bester Bedeutung und alle auserlesene Stücke moderner Buchkunst waren, einen hervorragenden Erfolg bedeutete und für das große Interesse der heutigen Bücherliebhaber an solchen Prachtstücken Zeugnis ablegte; eher könnte man darin den Beweis eines gewissen, vielleicht nur vorübergehenden, aber nicht ganz unerwarteten Rückgangs der wahren Bibliophilie erblicken. (Nach: »Lolletin cko Urt ancion et wockorne«.) * .tturisthalle P. .H. Beyer k Sohn, Leipzig, Schulstr. 8. — Die Märzausstellung enthält 45 Gemälde von Erich Erler (Samaden), 20 Original-Radierungen von Paul Baum (S. Anna), 18 Original-Radierungen von Willi Geiger (München), ferner graphische Blätter von Anders Zorn, W. Zeising, Müller v. Siel, sowie plastische Werke von G. Vierthaler, Professor Lepke, Baucke, A. Kraus, E. Weber, Lewin-Funke, A. Gottschalk, L. Tuaillon u. a. Bersteigerung in New York. — Der dritte Termin der Versteigerung der Bibliothek des Mr. Henry W. Poor, die am 12. und 13. Januar d. I. in Andersons Verkaufsräumen (New 4)ork) stattfand, war durch lebhaftes Interesse und entsprechend gute Preise ausgezeichnet. Den höchsten Preis erzielte mit 1450 Dollar ein gutes Exemplar von Hagdens »kol^oronz-eon«, von William Caxton 1482 gedruckt, mit zahlreichen zeitgenössischen Anmerkungen an den Rändern seiner 301 Seiten; das sehr seltene Buch ging nach lebhaftem Bieten in den Besitz des Bankiers Walter T. Wallace über. Eine Erstausgabe der gleichfalls seltenen »Iwo Loc>Ir68 ok k>anoi8 Laoon«, London 1605, Kleinquartformat, mit Einband von Bedford, erzielte 155 Dollar, — die »Lormons« des hl. Bernhard, Folio, in Brüssel 1481 von den »Brüdern des gemeinen Lebens«, die in jener Stadt die erste Druckerei besaßen, herausgegeben, 75 Dollar,- — ein Stück der zweiten Aus gabe der lateinischen Nürnberger Bibel, 1477 bei Anton Koberger erschienen, 105 Dollar. Die erste amerikanische Ausgabe der Ge dichte Robert Burns, 1788 in Philadelphia herausgegeben, erzielte 160, — die zweite, noch im selben Jahre erschienene Ausgabe 90 Dollar, — ein sehr schönes Exemplar der ersten Auflage des von George Cruikshank illustrierten Werkes: »ll'bo Humorist«, Lon don 1819—1820, vier Bände Duodez, 136 Dollar. Ein ungemein seltenes Stück war auch ein Exemplar der ersten Auflage der London 1656, Kleinoktav, das Edward Phillips, der Neffe John hatte; es ging um 151 Dollar in den Besitz des oben genannten Mr. Wallace über. Der Gesamterlös der beiden Tage betrug rund 14000 Dollar. (Nach: »ll'bo l'udlisllors LVoekI^«.) Neisebilder auö Bosnien, Montenegro und Nord albanien. Bortrag. — In der letzten Versammlung des Ver eins für Erdkunde in Leipzig berichtete Herr Verlagsbuchhändlcr Ludwig Edlinger über seine Reise durch Bosnien, Montenegro halb Tagen erreicht wird — geht die Fahrt auf der Schmalspur bahn weiter bis Mesiöi—Rogatica. Die Absicht Österreichs, diese Bahn durch den Sandschak Novibazar weiter zu bauen, hat die orientalische Frage wieder zum Aufrollen gebracht. Am Ende der Bahnfahrt beginnt die Fußwanderung auf steilem Wege durch herrliche Buchenhallen zum Jabukasattel, von dem aus der Blick zu den Dinarischen Alpen streift, unter deren Berghäuptern als höchster der Durmitor sich geltend macht. Cainica, mit seiner Wallfahrskirche und dem darin befindlichen berühmten Muttergottesbilde, das einst das von den Türken im sech zehnten Jahrhundert zerstörte, im Sandschak gelegene Kloster Banja beherbergte, wird erreicht. — Es würde den Rahmen eines Berichtes weit überschreiten, hier alle Einzelheiten der über aus lebendigen Schilderung des Wanderers wiedergeben zu wollen, alle die interessanten landschaftlichen Punkte und Ortschaften nam haft zu machen, die bei dieser Reise berührt wurden. Hervor- gehoben sei, daß der Vortragende u. a. besonders darauf hinwies, daß die bosnischen Gendarmeriestationen als eine rühmenswerte Ein richtung anzusehen sind, da erst sie es dem an eine bessere Lebens weise gewöhnten Wanderer ermöglichen, sich in jene entlegenen Ge biete hineinzuwagen, so daß der österreichische Soldat in Bosnien tat sächlich als Kolonisator angesehen werden darf. Dem Kommandan ten von Jfsar hatte es Redner zu danken, daß er bei der Fortsetzung seiner Wanderung sich eines Führers und eines Pferdes als Tragtiers bedienen konnte. — Von Vikoc aus geht der Weg an dem hohen und schroffen Gelände der Tara entlang, am vor geschobensten Posten des Doppeladlers Mestrovac vorüber in völlig menschenleere, unwirtliche Gegenden, wobei die von türki schen Grenzwächtern vorgenommenen Paßvisitierungen oft recht lästig empfunden werden. An der Durmitorgruppe vorüber führt der Weg weiterhin steil zur Komarnica, einem Quellfluß der Drina, ab. Einen besonders charakteristischen Blick in das Innere von Montenegro bietet hier die 1800 m hohe Jvica Planina. Das Städtchen Zavnik wird berührt und Niksiö erreicht, wo sich wieder europäische Kultur kenntlich machte, indem sich dort auch eine von einem Deutschen errichtete Brauerei befindet. Der weitere Teil der Wanderung führt auch an der alten, von den Montenegrinern nicht bezwungenen Türkenfeste SpuL vorüber, ebenso wird der ehemaligen Römerstadt Dioclea unweit Podgorica,