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ZWZ Eisenbahn -Zeitung, gen nehmen all« Buck- Handlungen, Postäm- ter und ZeiMngS-Erpedi- E^rgllN !>tk vereint zionen Deutschland« und «b°n!7m7.n«^ iw deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. Preuß. Cour, für den Jahrgang. — EinrückungSgebühr füv Ankündigungen 2 Sgr. für den Raum einer gespalte nen Petitzeile. — Adresse r »Redakzion der Eisenbahn- Zeitung" oder: I. B. M eyler'scheBuchh and- lung in Stuttgart. Vro. KZ LS. April L86L Znhall. Eisenbahnbciu. Die erste ausgeführte Kettenbrücke für den Lokomotivbetrieb. — Erfindungen und Verbesserungen. Zeh's Dampfhemmvorrichtung an Lokomotiven. — Schiffahrt. Schiffahrtsverkehr der preußischen Häfen im Jahre 1860. — Berg- und Hüttenwesen.!— Verein für Eisenbahnkunde in Berlin. — Zeitung. Inland. Preußen, Freie Städte. Ausland. Schweiz, Großbritannien. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Ankündigungen. Eisenbahnbau. Die erste ausgeführte Kettenbrücke für den Lvkvmotiv- betrieb. -Projektirt und erbaut im Jahre 1859—60 von Friedrich Schnirch, k. k. Oberinspektor. (Mit Zeichnungen.) Nach authen tischen Daten zusammengestellt und herausgegeben von Julins Fanta, k. k. Ingenieur. Wien 1861. Der Zweck dieser Schrift (27 Seiten Großquart mit 3 Zeichnungstafeln) ist, eine fachmännisch- Darstellung der über den Tonaukanal in Wien für die Wiener Verbindungsbahn (zwischen dem Nord- und Südbahnhof) von dem k. k. Oberinspektor Herrn Schnirch ausgeführtcn Kettenbrücke zu geben. Wie uns aus der Vorrede zu dem im vorigen Jahr von dem Verein deutscher Eisen bahnverwaltungen herausgegebenen Werke über eiserne Brücken bekannt, wurde im Jahr 1855 von der damaligen k. k. Staatseisenbahnverwaltung die Frage angeregt: welche Ansichten bestehen über die Anwendung gehörig verspannter Kettenbrücken für Eisenbahnen? und es hat die Kommission von Eisenbahn technikern im Mai 1857 in Wien im Allgemeinen sich dahin ausgesprochen, daß Gitter- und Blechbrücken für Eisenbahnzwecke den Vorzug von Kettenbrücke» verdienen. Dabei wurde im Interesse der Wissenschaft und fortschreitenden Technik immerhin als wünschenswerih erklärt, daß eine Kettenbrücke für den Bahnverkehr irgendwo probeweise zur Ausführung gebracht werde. Wir wissen nicht in wie weit diese gutächtliche Aeußerung der Eisenbahntechniker Veran lassung gegeben hat, daß die Eiscnbahnbrücke über den Wiener Donaukanal nach dem Kettenbrückcusyslem zur Ausführung kam. In der als Einleitung zur vorliegenden Schrift mitgctheilten Biographie des Erbauers wird bemerkt, daß nachdem derselbe mehrere Kombinazionen von Kettenhängwerken mit Gitter oder Blechwänden versucht, jedoch mit Rücksicht auf den Tcmperaturwechsel nicht befriedigend gefunden habe, cs ihm endlich gelungen seh, das Hängebrückensystem mit versteiften Kettenwänden, auf welches er im Mai 1858 ein Privilegium erhielt, ins Leben zu rufen, indem der damalige Handelsminister Ritter von Toggenburg sich entschloß, an der Donaukanal-Eisenbahnbrücke den ersten Versuch damit zu machen. Ans der eben erwähnten Biographie geht hervor, daß Herr, Schnirch sich bereits seit 1829 mit Kettenbrückenbauten beschäftigt, indem er schon damals an dem ersten Projekt für eine Kettenbrücke über die Moldau in Prag arbeitete, welche Brücke unter seiner Leitung und nach seinem Projekte 1839—11 zur Ausführung kam. Von ihm rührt auch ein Projekt für eine kombinirte Eisen bahn- und Straßcn-Hängebrücke über die Donau bei Wien her, welches unter Anleitung des damalige» Generaldirektors der Staatseisenbahnen Ritter von Fran ces coni im Jahr 1842 entworfen wurde. Die Spannweite der Donaubrücke ist keineswegs von der Art, daß es nöthig gewesen wäre, zu einer Kettenbrücke seine Zuflucht zu nehmen; in der That waren zwei Projekte für Gitterbrücken in Vorschlag gekommen, welche bei einer Gitterwandhöhe von 17 Fuß ein Eiscngewicht von 13,200 Ztr. und be ziehungsweise 11,583 Ztr. erhalten hätten. Diesen gegenüber beanspruchte das Kettenbrückenprojekt nur ein Eisengewicht von 7500 Ztr. und es hat das Han delsministerium nicht sowohl aus Ersparnißrücksichten, sondern zum Zwecke der Erprobung des Systems sich für das letztere Projekt entschieden. Die Eisenbahnkettenbrücke überschreitet den Donaukanal unterhalb der Fran zenskettenbrücke und verbindet den Viadukt, welcher vom Hauptzollamtsgebäude zum Nordbahnhofe führt und an beiden Ufern des Kanals 28 Fuß Höhe hat. Die Brücke hat zwischen den Aufhängcpuukten an den Stützpfeiler» eine Spann weite von 264 Fuß '); sie ist für zwei Geleise berechnet und es beträgt die ') Wiener Maß; 1 Fuß -- 12 Zoll -- 0.316 Meter. 1 Klafter - 6 Fuß. j lichte Oeffnung der Pfeiler an den Einfahrten 23 Fuß; die horizontale Breite i der Kettenwände beträgt auf jeder Seite 2 Fuß. Die Ketten bestehen abwech- ! sclnd aus 8 und 9 Gliedern zu 1.35 und 1.16 Zoll Dicke und 6 Zoll Breite, welche an den oberen Ketten 10 Fuß, an den unteren 10.06 Fuß lang sind; die Knotenverbindung der Ketten ist mit 3.6 Zoll starken abgedrehten schmied eisernen Bolzen hcrgestellt. An diesen wurden zu beiden Seiten der Ketten zu nächst diagonale Strcbeglieder zur Versteifung der Kettenwände und am äußersten Ende der Bolzen die Tragstangen für die Brückenbahn angereiht und mittelst Sprengringe in einer ausgedrehten Ruth an den Enden der Bolzen festge halten. Die 34.2 Fuß langen eisernen Gitterquerträger hängen an je vier Trag oder Hängstangen, welche am untern Ende mit Drehmuttern versehen sind, nm die Brückenbahn in ihre normale Höhe aufschrauben zu können. Die Quer träger sind unter den Kcttenwänden durch vertikale und an der untern Gurtung durch horizontale Kreuzung verstrebt. Die verstrebten Ketienwände sind, da sie den zwanzigsten Theil der Spann weite znm Krümmungspfeil erhielten, unter einem Winkel von 11'/- Grad auf gehängt und beide Kettenwände haben einen Gesammtquerschnitt von 248 Quadratzoll. Die oberen und unteren 4 Fuß von einander abstehenden Ketten laufen durch-die vier Stützpfeiler über einen gemeinschaftlichen uns 10 Lrahlwalzen beweglichen Auflagekastcn; von da geht die obere Kette unter einem Winkel von 18" 10', die untere unter einem Winkel von 16" 30' zum Erdhorizont in das Lastmauerwerk. Die Verankerungsketten mußten im Bogen zu den Wurzel- pmikten geführt werden, weil die Verankerung in der geraden Richtung der Spannkettcn wegen des bereits hergestellten Viadukts nicht ausgeführt werden konnte. Aus je 2 zu 8 und 9 Gliedern zusammengesetzten Ketten wurden die Kettenwände der Art gebildet, daß die Knoten der oberen senkrecht auf die Mitte der Gliederlänge der untern Kette zu hängen kommen und beide Ketten an ihren Knoten durch an den Bolzen zu beide» Seiten der Ketten angebrachte diagonale Strebeglieder mit einander verbunden wurden. Die letzteren bilden mit den Gliedern der Kette gleichschenklichc Dreiecke, deren Basis — der Ketten gliedlänge oder 10.06' und deren Schenkel bei dem Kcttenabstand von 4' — 6.42 Fuß beträgt. Der Querschnitt der Strcbeglieder ist bei 4" Breite und 2^," Dicke — 11 Quadratzoll. Die 4 Gcleiscstränge der 2 Bahnen sind auf 4 Langhölzer von 12 Zoll in Quadrat befestigt und letztere von 4zölligen Eisenwinkeln gehalten, welche auf den Querträgerkopfblechcn durch Nieten befestigt sind. Die Bcdielung ist mit 3zölligen Dielen in gewöhnlicher Weise hergestellt. Die Brückenköpfe (Widerlagspfeiler) sind 18'/, Fuß dick und 49 Fuß breit, vom Terrain bis zum Bahnniveau 24 Fuß hoch; die Stützpfeiler sind 8"/, Fuß breit und 7 Fuß dick: in denselben sind 15 Fuß über dem Bahnnivcau die be reits erwähnten Auflagekasten angebracht. Zwischen dem Widerlagspfeiler und dem Lastmauerwerk befindet sich eine 42 Fuß weite mit einem Segment-Quader bogen überwölbte Durchfahrt. Der Bogen setzt sich einerseits bis znm Fuße des Widerlagspfeilcrs, andererseits bis zu den Wurzelpunktcn der Ketten fort. Das Lastmaucrwerk ist 47 Fuß lang, 49 Fuß breit und von der Berankerung bis zum Bahnniveau 32.8 Fuß hoch. Im Horizont des Wurzclpunktes sind Gewölbgurten nach allen Richtungen aufgcführt und mit starken Ankcrschließen zusammcngehalten, wodurch das ganze Gewicht des Belastungskörpers sich auf die Wurzelpunkte konzentrirt. Als baulcitcnder Ingenieur bei Ausführung der Brücke fungirte unter der Oberleitung des Oberinspektors Herrn Schnirch der k. k. Ingenieur Schurz. Die sämmtlichen Eiscnbestandtheile wurden in dem Baron Rothschild'schcn Eisen werke zu Wittkowitz angcfertigt. Mit der Ausführung der Brücke wurde im Dezember 1848 begonnen; im Jahre 1859 wurde eine provisorische Holzbrücke