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Doch genug! Wir sind in der Hauptsache mit dem hannöverischen Ent würfe so einverstanden und haben ihn so freudig begrüßt, daß wir vorste hende, glücklicherweise nur sekundäre Punkte berührende Ausstellungen gerne unterdrückt hätten. Der Wunsch unsern deutschen Landsleuten bei ihrem großen Werke nach bestem Wissen beizustehen und ihnen eine unter ausnahmsweisen Verhältnissen erlangte Erfahrung zu Gute kommen zu lassen, hat uns bestimmt dennoch dis Feder zu ergreifen und ohne Ansehen der Personen unsere gereifte Ueberzeugung zu vertheidigen. Paris, am 88. Januar 1861. Wilhelm Nordlinger. 11. Zum ncuen deutschen Maßsystem. Unter allen bis jetzt bekannt gewordenen Beschlüssen der Frankfurter Maß kommission ist nur ein einziger, dem wir unsern Beifall versagen müssen: er betrifft das Wegemaß, wofür 1 Meile von 7500 Meter angenommen worden ist. Es ist annähernd die bekannte geographische Meile (15 auf den Grad) und genau die im Großherzogthum Hessen und im Königreich Sachsen gesetzlich eingeführte. Der einzige Vortheil, den sie gewährt, ist der möglichste Anschluß an das Bestehende: aber wenn man einmal durch Annahme des Meters alle in Deutschland bestehenden Maßgewohnheiten zu entwurzeln unternimmt, wäre es nicht besser, das Werk in einem Male zu vollenden, als wieder aus dem halben Wege stehen zu bleiben? Denn daß es, nachdem man das Decimalshstem auf die kleineren Maße angewandt hat, bei der undecimalen Meile von 7500 Meter sein Bewenden nicht haben werde, dessen darf man sich überzeugt halten. Der deutsche Reisende in Frankreich und der Franzose in Deutschland und der Spe- dizionshandel beider Länder wird von dem gerühmten Maßanschluß nicht viel verspüren, so lange man in Deutschland noch 7'/, Kilometer rechnet. In der Technik, in der Geographie und Statistik, im Post- und Eisenbahnwesen wird man früher oder später darauf kommen, daß die unablässigen Redukzionen und Brüche durch ein decimales Vielfaches vermieden würden, wie dieß bereits in Frankreich gesetzlich und thatsächlich besteht. Der Name Meile könnte auch fortan nicht einmal kurzweg und ohne Bei satz gebraucht werden, ohne folglich die Frage nach sich zu ziehen: was für eine Meile? eine preußische, sächsische, alte, neue? Man könnte nicht einmal sagen „deutsche" Meile, denn letztere hat bereits ihren eigenthümlichen Werth, 9259 Meter (12 ans den Grad). Warum nicht, nachdem man Centiineter und Milli meter unter den Namen Cent und Mill-angenommen, sich auch das Myria meter unter dem Namen Myrie zu 10,000 Meter aneignen? Die Myrie fließt sich einem Theile der in Deutschland bestehenden Meilen ebenso gut an. Die Kurfürstl. Hessische z. B. hat 9206, die Oldenburgische 9869 Meter. Für Eisenbahnreisende und Tarifsätze ist die Myrie ganz bequem; ein ordentlicher Schnellzug durchfährt 4 bis 5 Myrien in der Stunde: und für Fußreisende und Landleute eignet sich die Myrie nicht minder, da die halbe Myrie (5000 Meter) gerade in einer Zeitstunde durchlaufen wird und unter dem populären Namen der „Landstunde", in Viertel theilbar, der günstigsten Ausnahme gewiß wäre. Aehnliches läßt sich zu Gunsten der neuen Meile (7500 Meter) nicht anführen. Zu bemerken ist auch, daß nach dem Entwurf die s^jMeile 5625 Acker oder 22,500 Morgen enthält (wieder keine einfachen Verhältnisse!) während die I Myrie genau 10,000 Acker oder 40,000 Morgen hielte. Man bedenke doch wohl, daß gerade die Meile als Längenmaß und Flächenmaß in der Geographie und Statistik die allergrößte Stolle spielt, daß man die Zahlen nicht ohne Mühe dem Gedächtniß einprägt, und daß es also noth thut, auf einen festen Grund zu kommen und nichts Provisorisches zu machen! Den 30. Januar 1861. w. N. M. Die Frankfurter Kommission für einheitliches Maß und Gewicht.') Die aus den Berathungcn der Kommission weiter hervorgegangenen, den Regierungen zu unterbreitenden Vorschläge sind in Kürze folgende. Als Einheit und Grundlage sämmtlicher Hohlmaße wird das französische Litre oder Kubik-Decimeter unter dem Namen Liter aufgestellt, was eine noth- wendige Konsequenz von der Annahme des Meters als Basis des Systems ist. In Ansehung speziell der Maße für Flüssigkeiten beschloß man außer dem Liter noch das doppelte Liter mit der Benennung Maß (Neu-Maß) auf zustellen, und als größere Einheit daS Hectoliter oder Neu-Ohm von 100 Liter. Für den Verkehr mit kleinsten Quantitäten soll das Liter in ',, u. s. w. nach Bedürfniß getheilt werden, ohne daß man sich veranlaßt sah für die Unterabtheilungen eigene Namen zu empfehlen, mit einziger Ausnahme des halben Liters, wofür man die Benennung Schoppen annahm. Als Hohlmaße für trockene Gegenstände bestimmte man das Liter, den Zehner von 10 Liter, und den Neu-Scheffel oder das Hectoliter von 100 Liter. Letzteres Gemäß soll in Vr und '/,, der Zehner aber in zwei ') Vgl. E.-Z. Nr. 4. Fünfer getheilt werden, während die Untertheilung des Liter in V,, V«, V, u. s. w., wie beim Flüssigkeitsmaß, zu geschehen hätte. Hiernach ergibt sich folgendes Schema für die Maßgrößen zu Getreide, Mehl, Steinkohlen, Kar toffeln, Kalk,c. ic.: der Neu-Scheffel (das Hectoliter) . — 100 Liter der halbe Neu-Scheffel .... — 50 „ das Viertel — 25 „ der Zehner --- 10 „ der Fünfer — 5 „ das Liter — 1 „ die Bruchtheile des Liter durch Halbirnng. Der halbe Neu-Scheffel und das Viertel sind bequeme Größen zum Messen des Getreides und anderer schwerer Gegenstände; für Holzkohlen wird der ganze Scheffel ohne Hinderniß direkt gebraucht werden, wie es in Frankreich üblich ist. Vielfache des Scheffels oder Hectoliters sind natürlich nicht ausgeschlossen wo sie zweckmäßig erscheinen mögen; so denkt man namentlich als Holzkohlen gemäß für Hüttenwerke den Zuber — 500 Liter als gesetzlich zulässig anzu erkennen. In Betreff des Gewichts ist erfreulich zu vernehmen, daß die Regie rungen von Oesterreich und Bayern damit umgehen auch ihrerseits das jetzt schon im übrigen Deutschland bestehende Handelspfund von 500 Gramm einzu- führen. Bekanntlich bestehen gegenwärtig drei verschiedene Eintheilungen des Pfunds, indem Preußen, Sachsen und die thüringischen Staaten die Theilung in 30 Loth, Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Schaumburg-Lippe, Holstein, Hamburg, Bremen und Lübeck die reine Decimaltheilnng, die übrigen Staaten die althergebrachte Zerfällung in 32 Loth angenommen, beziehungsweise beibe halten haben. Die deßfallsigen Anordnungen sind sämmtlich vor wenigen Jahren erst getroffen worden, und es würde eine Abänderung derselben im jetzigen Au genblick auf große Schwierigkeiten stoßen. Ohne Zweifel unter Berücksichtigung dieses Umstandes hat die Kommission nicht sich berufen geglaubt auf Herstel lung der Einigkeit in diesem Punkt zu dringen; sie will aber wenigstens aus sprechen daß sie die reine Decimaltheilung des Pfunds (in 10, 100 und 1000 Theile), wie sie in den nordwestdeutschen Ländern schnell und leicht Ein gang gefunden hat, als vorzugsweise empfehlenswerth erkenne. (N. Z.) Eisenbahn-Betriebsmittel. Die Anwendung von Radreifen aus Gußstahl bei Eisenbahn- Fahrzeugen. Von dem Besitzer der Gußstahlfabrik bei Essen, Herrn Fried. Krupp ist uns folgendes Schreiben ää. 24. Januar 1861 zugegangen: Die Nr. 49 der Eisenbahn-Zeitung vom 10. Dezember v. I. bringt Seitens des technischen Vereins für Eisenhüttenwcse» eine Kritik des vom K. Preuß. Handels-Ministerium auvgehenden Rundschreibens betreffend Eisenbahn-Radreifen. Der Verein (dem die Interessenten von Eisen- und Puddelwerken Rhein lands und Westphalens in der Mehrzahl angehören) bestreitet darin die Be gründung der in Letzterem ausgesprochenen Empfehlung der Gußstahlreifen und warnt vor deren Einführung. Das Motiv hierzu bedarf keiner Erklärung. Auf dem gegenwärtigen Standpunkte der Anerkennung meiner Gußstahl reifen halte ich eine Entgegnung zu Gunsten derselben für überflüssig, vielmehr erscheint es mir genügend, in Fortsetzung meiner früheren Mittheilungen und namentlich meiner Ihnen unterm 29. August 1859 unterbreiteten Erklärung der einzigen vorgekommenen Fälle ungenügender Tauer einzelner Probe-Reifen ! aus meinen Lieferungen von 1853—1855 *), Ihnen ein Verzeichniß der im letzten Halbjahre ausgeführten Lieferungen von zusammen circa 7500 Stück hierbei zu übersenden. Ihrem Ermessen gebe ich ganz ergebenst anheim, dasselbe durch ihr geehrtes Organ zu publiziren. Ich zweifle nicht, daß jedem Unbe fangenen zur richtigen Beurtheilung der erlangten Würdigung meines Fabrikates, seiner Solidität und Preiswürdigkeit, die Einsicht der Bestellungsliste genügen wird, aus welcher ferner hervorgeht, daß zum großen Theil das Ausland ver treten ist, welches trotz seiner eigenen Industrie und bei ansehnlichen Kosten für Fracht und Zoll meinem Fabrikate noch solchen Vorzug einräumt. Schließlich erlaube ich mir noch der vielen llnglücksfälle zu gedenken, welche im Laufe des strengen Winters auf vielen Bahnen und in allen Ländern durch Brechen von Achsen und Reifen stattgefunden haben, während von allen l bisher von mir gelieferten Gußstahlachsen und Reisen, trotz vorzugsweiser An wendung derselben unter den schwierigsten Verhältnissen der Belastung und der Bahnlinie, noch kein Eremplar im Betriebe gebrochen ist. "') Genehmigen Sie ic. Fried. Krupp. ') Vgl. E.-Z. 1859, Nr. 36. ") Auf Seite 198 des VII. Bandes der im K. Preußischen Handelsmini- j sterium bearbeiteten „Staiistischen Nachrichten von den Preußischen Eisenbahnen" ist