Volltext Seite (XML)
Nummer 158, 4. JuN 1S8S Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Die Buchhandlungen Deutschlands in Klein-, Mittel- und Großstädten Als gegen Ende der achtziger Jahre Adolf Kröner feine Re form durchgeführt hatte und damit das »Kleinstadtsortiment« ge rettet war, konnte man wohl kaum ahnen, daß damit für ein halbes Jahrhundert der Gang des Buchhandels vorausgezcichnet war. Was Kröner wollte, war die Erhaltung des »Klein- und Mittelstadtsortimentes-, das damals durch einzelne Großstadt- fortimente derartig unterboten wurde, daß sein Bestand gefährdet war. Die Rabattunterbietung, die das an der Quelle gelegene GroßstadtsortiinenI wirtschaftlich aushalten konnte, drohte das Kleinstadtsortiment zum Erliegen zu bringen, das sowieso mit höheren Spesen arbeiten mußte. Nur die ganz strenge Durchführung der beschlossenen Satzun gen konnte damals Hilfe bringen. Das Kleinstadtsortiment lebt noch iinmer von der Krönerschen Reform. Es ist aber ganz inter essant, einmal sestzustellen, welchen Anteil es zahlenmäßig heute noch am Gesamtsortiment nimmt. Eine solche Feststellung kann nicht absolut genau sein, weil es in vielen Fällen zweifelhaft ist, ob ein buchhändlerischer Betrieb noch als Sortiment angesehen werden darf oder ob schon reiner Reise- oder Versandbuchhandel vorliegt. Auch betreiben viele Buchhändler, selbst wenn sie Mit glied des Börsenvereins sind, zu so vielen Teilen Papierhandel, Leihbücherei und ähnliche Betriebe, daß man sie eigentlich über haupt nicht als volle Sortimente ansehen darf. Gerade in Klein städten ist die Beurteilung oft recht schwierig. Trotzdem ist das vorliegende Zahlenmaterial, bei dem nur diejenigen Firmen des Buchhändler-Adreßbuchs gezählt wurden, die als Sortimente auf geführt werden, einigermaßen richtig. Nicht mit eingerechnet sind die Bahnhofsbuchhandlungen, auch wenn sie in Kleinstädten mitunter zur Bedeutung eines Sor- timentes werden können. Im Reich, ohne Danzig, entfallen aus gerade 1000 Klein städte <20 000 Einwohner) 1568 Sortimente. Auf 204 Mittelstädte 962 Sortimente und auf 53 Großstädte 1814 Sortimente. Rein zahlenmäßig ist also das Klein- und Mittelstadt-Sortiment heute noch überlegen. Das bedeutet natürlich nicht, daß auch umsatz- mäßig das Klein- und Mittelstadtsortiment überlegen ist, aber es hat immerhin die Folge, daß mindestens so viele Buchhändler einen Arbeitsplatz innehabcn. Die Aufteilung auf die einzelnen Länder ergibt folgendes Bild (siehe Tabelle). In den Kleinstädten, die überhaupt eine Buchhandlung haben, ergibt sich als Durchschnitt etwa 1,5 Buchhandlungen je Kleinstadt. Für Mittelstädte ist der Durchschnitt bei 4,5 Buchhand lungen zu suchen, während sür die Großstädte der Durchschnitt bei 34,12 Buchhandlungen liegt. Unberücksichtigt ist hierbei der reine Reise- und Versandbuchhandel geblieben, bei dem die Frage des Standortes keine so wesentliche Rolle spielt. Die Tatsache dieser weiten Verbreitung des Sortimentes ist auch heute noch zu be grüßen, da ein wesentlicher Teil der buchhändlerischcn Gesamt produktion über diesen Zweig des Buchhandels geleitet wird, und da heute im Mittelstadt- und Kleinstadtsortiment für die persön liche Initiative des Buchhändlers zum Teil Propagandamöglich keiten gegeben sind, die in Großstädten schon weniger wirkungs voll sind. Jedenfalls ist es für den buchhändlerischen Nachwuchs nur zu begrüßen, daß ihm ein Arbeitsfeld erhalten ist, das der Auswirkung seines Tätigkeitsdranges einen weiten Spielraum läßt. Zu Vergleichszwecken wiederholen wir hier eine im Börsen blatt 1935 Nr. 12 veröffentlichte Zusammenstellung des Deutschen Gemeindetages, in der die Zahl der Gemeinden in Deutschland mit rund 51000 angegeben ist. Aus die einzelnen Größenklassen verteilt sich die Gesamtzahl wie folgt: unter 100 Einwohner sind rund 3900 Gemeinden vorhanden, von 100 bis 500 Einwohner rund 28 450, von 500 bis 1000 Einwohnern rund 10 550, bis zu 1000 Einwohnern zusammen also rund 42 900. Zwischen 1000 und 2000 Einwohner haben in Deutschland 4600 Gemeinden, zwischen 2000 und 5000 haben 2300, sodaß 49 800 deutsche Gemeinden und damit der weitaus überwiegende Teil eine Einwohnerzahl bis zu 5000 aufweist. Weiter sind ermittelt worden 700 Gemeinden mit 5000 bis 10 000 Einwohnern, 200 mit 10 000 bis 15 000 und 100 mit 15 000 bis 20 000 Einwohnern. Schließlich kommen noch 165 Gemeinden mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern in Betracht sowie 48 Gemeinden mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern und 51 Gemeinden mit über 100 000 Einwohnern. Länder und Provinzen Städte bis Buch- Städte bis Buch- Städte über Buch- 20000 Einwohner Handlungen 100000 Einwohner Handlungen 100000 Einwohner Handlungen Anhalt 8 10 3 16 — 36 64 6 68 2 45 Bayern 99 159 23 110 5 162 Braunschweig 11 20 — — 1 18 Bremen 1 2 1 4 1 20 Hamburg 4 4 1 4 1 109 Hessen . 18 31 1 4 1 109 Lippe 6 19 — — — — Schaumburg-Lippe 2 4 — — — — Lübeck 1 11 Mecklenburg 27 35 5 26 — — Oldenburg 11 18 4 20 — — Preußen: Brandenburg 55 91 15 72 1 347 Grenzmark Posen/Westpreußen .... 8 13 1 4 Hannover 64 102 11 60 2 39 Hessen-Nassau 50 76 3 18 3 76 Hohenzollern 2 6 — — — — Ostpreußen 38 63 5 16 1 22 Pommern 42 62 7 29 1 18 Rheinorovinz 66 90 24 76 12 203 Provinz Sachsen 61 92 16 68 3 71 84 143 11 60 4 67 42 64 5 23 2 29 Westfalen 70 110 24 90 6 74 Saarland 6 15 3 11 1 10 92 133 16 71 4 326 Thüringen 41 60 10 67 Württemberg 56 81 10 65 1 68 1000 1566 204 962 53 1814 S98