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^ 1K0, 12. Juli 1SI2. Nichtamtlicher Teil. »Srskn«I»ll >. » Llsqn. «Uch,»nd-I. 8353 frist in der zweiten Fassung auf zwei Jahre herabgesetzt. Die Buchhändler und Verlegervereine fordern jedoch in ihrer Ein gabe energisch die Verlängerung der Frist, während der der frühere rechtlose Zustand noch fortdauern soll, auf fünf Jahre. Dagegen beantragt der Abgeordnete Roodhuizen wieder die ursprüngliche Frist von drei Jahren. Angesichts dieser Schwankungen haben noch andere Leute Mut bekommen, Er leichterungen zu verlangen. So befürwortet Herr Jos van Veen in einer prächtig gedruckten Petition die gänzliche Freigabe für Auffllhrungszwecke hinsichtlich derjenigen Werke, die schon einmal vorgetragen oder aufgesührt worden sind. Es wäre das, Wie das Journal ckos Osbut« mit Recht sagte, eine völlige Verneinung des Urheberrechts. In diesen Einzel heiten, die hier besondere Wichtigkeit haben, ist Wohl das letzte Wort noch nicht gesprochen. Da jedoch alle beteiligten Kreise sich im großen und ganzen mit dem Regierungsentwurf einverstanden erklären und sich über denselben hoch erfreut zeigen und daher in den Haupt punkten (außer hinsichtlich der Schutzfrist) keine wesentlichen Abänderungen Vorschlägen, so ist zu hoffen, daß diese so heiß ersehnte Reform nun bald durchgeführt werde und daß Holland noch in diesem Jahre der Berner Union beitrete. Weitere Verzögerungen vermindern nur zusehends die Genugtuung über die endliche Verwirklichung dieses längstens erwarteten Ereignisses. Nachschrift. Der vorstehende Aufsatz erhält um so aktuelleres Interesse, als in der Sitzung vom 5. Juli die zweite holländische Kammer den Entwurf angenommen hat. Damit ist dessen Schicksal gesichert, denn in der ersten Kammer machte sich eine ernsthafte Opposition gegen den Eintritt Hollands in die Berner Union geltend. So dürste der Entwurf noch in dieser Session Gesetz werden, und der An schluß der Niederlande an die Berner Konvention auf Anfang nächsten Jahres zu erwarten sein. Ein späterer Aufsatz wird sich mit dem endgültigen Gesetz befassen. Prof. vr. Ernst R ö t h l i s b e r g e r. Aus dem Gebiete des Buchdrucks und der graphischen Künste. Eine moderne Buchdruckerei ist eine von der Hof- und Universitätsdruckerei von C. A. Wagner in Freiburg im Breisgau herausgegebene Reklameschrift betitelt, die, wie man nicht anders erwarten darf, in ihrer graphischen Aus stattung auch durchaus modern gehalten ist. Auf Umschlags titel und Vorsatz herrschen Braun und Gold vor, und auf- einandergestülpte Druckerballen in goldenem Felde deuten uns den Inhalt des Bändchens an; auf dem Titel aber scheint ein blaubebluster Mann einen riesigen Druckerballen fortschieben zu wollen, während die Schriften der Titelzeilen mehr malerisch, als den typographischen Regeln entsprechend gehalten sind. Auch bei der Kopfleiste der Einleitung hat eine eigenartige Phantasie gewaltet. Auf einem flachliegenden Folianten steht eine riesige Packpresse, an deren Bengel oder Hebel zwei Ge stalten sich abmühen, das aus dem Folianten hervorragende Firmenband einzupressen, während rückwärts in der Ferne die Silhouette des Druckereigebäudes sichtbar ist und neben der Presse links zwei Druckerballen mit der Farbseite nach unten auf den» Folianten stehen . . . Die drei Seiten der Einleitung sind nach außen hin flan kiert durch freistehende Leisten in Gold und Braun, eine Schmuckweise, wie sie, soweit mir bekannt, zuerst der Amerikaner -Oscar Herpel Ende der sechziger oder Anfang der siebziger- Jahre des vorigen Jahrhunderts anwandte, ohne indes damit Schule zu machen. In der Wagnerschen Schrift drücken sie auf die zarte Antiqua der Einleitung; störend sind auch die kleinen Schlußfiguren am Ende der Ausgangszeilen; sie sind zu wenig nusgesprochen, stehen auch nicht richtig in Schriftlinie und machen fast den Eindruck von Spießen. Die bildlichen Darstellungen beginnen mit der Frontansicht des Geschäftshauses der Wagnerschen Druckerei, das eine sehr' Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. stattliche Fassade besitzt. Vier weitere Außenansichten folgen; dann aber gelangen wir durch das vornehme Empfangs zimmer zu dem geräumigen und eleganten Bureau des Chefs, dem sich ein Privat-Atelier, ein Zeichen-Atelier und ein Atelier für Farbenphotographie anreihen. An diese Ansichten schließt sich das Druckerei-Hauptbureau, in dem das zarte Geschlecht stark an Zahl überwiegend vertreten ist; eine Diktaphonabteilung und das Verkehrsbureau mit Rohrpostanlage werden auf den nächsten beiden Bildern vorgeführt. — Anzeigen-Verrechnung, Redaktion, Faktor- und Korrektorzimmer bringen die folgenden drei Ansichten, der weite Setzersaal aber bildet den Anfang der Reihe von zwanzig Ansichten der technischen Druckereiräume, die sämtlich hell und zum Teil durch Oberlicht erleuchtet sind. Alle Illustrationen dieser Druckereibeschreibung sind in Autotypie ausgeführt, in Photographiebraun gedruckt und haben fast das Aussehen von Photogravüren. Blaue, braun or- nierte Leisten fassen die Bilder wirkungsvoll unten und oben ein. Die Klischees derselben stammen, wie uns ein Schlußwort sagt, aus der Kunstanstalt von I. Hamböck (E. Mühlthaler) in Mün chen. und das feine Kunstdruckpapier wurde in der renommierten ersten deutschen Kunstdruck-Papierfabrik von Carl Scheu fel e n in Oberlenningen-Teck in Württemberg geschaffen. Das ganze Merkchen aber, ein glänzendes Bild einer modernen Buch druckerei. ist eine Ruhmestafel Gutenbergscher Kunst im all gemeinen und eine solche im speziellen der erst 1871 gegründeten C. A. Wagnerschen graphischen Kunststätte zu Freiburg i. Br. Eine andere graphisch und inhaltlich interessante Schrift ist soeben von dem literarischen Bureau der Hamburg-Amerika- Linie in Hamburg herausgegeben und von der Druckereigesell schaft HartungL Co., G. m. b. H., daselbst, gedruckt worden. Sie ist dem Dampfer Imperator, der jetzt als »das größte Schiff der Welt« bezeichnet wird, gewidmet. Ihr typographi scher Teil ist in solider, guter alter Weise gehalten, die Seiten schlicht umrahmt von zwei Linien, einer halbfetten und einer feinen. Den interessantesten Teil aber bilden die braungelb ge druckten photographischen Aufnahmen aus den inneren Teilen des werdenden Schiffes, von deren Größe uns ein horizontal gelagerter Schornstein desselben, aus dem ein bemannter Elefant hervorschreitet, ein augenfälliges Beispiel gibt, während uns Ansichten vom Wintergarten des Schiffes, von der großen Schwimmhalle im pompejanischen Stil, vom Ruhe- und Lese raum für Gäste des Schwimmbades, vom Treppenhaus erster Kajüte, Bilder des höchsten Luxus vorführen, den der mo derne Krösus selbst auf der nur wenige,Tage währenden Reise im schwimmenden Palast nicht entbehren will. Diesen Bildern aus dein sybaritischen Leben der Gegenwart gegenüber stehen einige andere aus vergangenen Tagen, die allerdings Zeugnis geben vom Fortschritt der Gegenwart in der Schiffbaukunst: eine Caravelle von der Art, mit welchen Kolumbus seine Ent deckungsreisen ausführte, dem Riesenschiff Imperator begeg nend, — eine Nußschale verglichen mit diesem; sodann ein Wikingerschiff, wie es uns die Frithjofsage schildert, und die Abbildung 'des ersten Dampfers der Hamburg-Amerika-Linie von 1856, — welch himmelweite Unterschiede mit heute! Eine Durchschnittsabbildung des Imperators, nebst Seiden papierblatt zum überlegen mit der Bezeichnung der Jnnen- räume bilden den Schluß der hochinteressanten Schrift. Zeigt uns dieselbe im Bilde ein bewundernswertes Meister werk der Technik, so zeigt uns nicht minder ein soeben von der Photochemigraphischen Hofkunstanstalt von Angerer L Göschl in Wien geschaffener, 100 :126 om — die höchste heute erreichbare Größe — messender Kunstdruck bei einer auto typischen Rastereinheit von 60 Linien pro Zentimeter, den auch auf graphischem Gebiete nimmer rastenden Fortschritt. Das Riesenblatt stellt eine landschaftliche Aufnahme dar mit einem gewaltigen Baum im Vordergründe rechts, in dessen Schatten wir Häuser, einen Wagen mit Pferden, Arbeiter usw. erblicken; über das ganze Bild ist volle Klarheit ausgebreitet, und Licht und Schatten herrschen in harmonischem Wechsel. — es ist ein Kunstwerk in Aufnahme, Ätzung und Druck, welch letzterer wahrscheinlich in der Druckerei der Kunstanstalt selbst hergestellt worden ist. da eine Angabe darüber leider fehlt. Der Firma Angerer L Göschl aber darf man zu dem mit diesem außer ordentlichen Blatte Erreichten die wärmsten Glückwünsche dar bringen. Theod. Goebel. 1089