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8352 VVrjenblatt s. d. Dlschn. vuchhand«-.. Nichtanrtlicher Teil. ^ 1K0, 12. Jull 1912 Ferner wird als erlaubt erklärt die Vervielfältigung von Wer ken der Literatur, Wissenschaft und Kunst in wenigen Exem plaren zum ausschließlichen eigenen Gebrauch und Studium; ausgenommen ist jedoch hier das Nachdauen von Bauten. Eine besondere Behandlung wird in diesem Zusammen hänge Zeichnungen, Lithographien, Gravüren, Bildern und sonstigen Kunstwerken zuteil; sie dürfen — unter den eben ge nannten Aufnahmebedingungen hinsichtlich wissenschaftlicher Werke, Ankündigungen und Besprechungen — nicht nur teil weise, sondern ganz vervielfältigt werden, allerdings jeweilcn nur ein einziges solches Werk aus einer Sammlung und nur unter der Voraussetzung, das; die Vervielfältigung durch ihre Größe und Herstellungsart einen deutlichen Unterschied gegen über dem ursprünglichen Werke zeige. Die gleiche Voraus setzung betreffend Unterscheidbarkeit gilt für die schon erwähn ten Exemplare zu Studien- und Privatgebrauchszwecken, ferner mit Bezug auf die Vervielfältigung von Kunstwerken, die sich bleibend an öffentlichen Plätzen befinden. Bei Werken der Baukunst erstreckt sich jedoch diese Vervielfältigungsbefugnis nur auf die äußere Ansicht (vgl. deutsches Gesetz von 1907, Art. 20). Wie das deutsche Kunstgesetz, will der holländische Ent wurf auch das »Recht am eigenen Bilde« normieren, trotzdem hiergegen von einer Seite Widerspruch erhoben wurde, weil dies nicht in ein Urheberrechtsgesetz gehöre. Erlaubt wurde die nach Größe und Herstellungsart deutlich verschiedene Wie dergabe von bestellten Bildnissen durch oder für die dargestellte Person oder, nach ihrem Tode, durch die nächsten Angehörigen (Gatte, Gattin, Kinder). Handelt es sich um bestellte Bildnisse von zwei oder mehr Personen, so darf das Bild in der Ge samtheit nur mit Zustimmung der anderen Abgebildeten oder nach deren Tode während 10 Jahren nur mit Zustimmung der schon erwähnten Angehörigen wiedergegcben werden. Bestellte photographische Bildnisse dürfen unter Nennung des Photo graphen und mit Zustimmung der abgebildeten Person oder ihrer Angehörigen ohne weiteres in Zeitungen und Zeit schriften veröffentlicht werden. Andererseits ist der Inhaber des Urheberrechts an bestellten Bildnissen, gegenteilige Ver einbarung Vorbehalten, nicht ermächtigt, dieselben ohne Zu stimmung des Porträtierten oder, während 10 Jahren nach seinem Tode, ohne Erlaubnis der Angehörigen zu veröffent lichen. Vorbehalten sind, ähnlich wie in Deutschland, die Ver vielfältigung, öffentliche Ausstellung und Verbreitung von Nachbildungen irgendwelcher Art im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Bedingungenu nd Förmlichkeiten. Rur eine Bedingung ist im Gesetzesentwurf stehen geblieben: die Not wendigkeit, behufs Erlangung von Rechtsschutz die Preß« artikel mit dem Vorbehalt gegen Wiedergabe zu schützen; Feuilletonromane und Novellen sind dagegen bedingungslos geschützt. Freilich ist die Unterdrückung der früheren Förm lichkeiten nicht nach jedermanns Geschmack, und Herr A. B. van derVries aus Amsterdam ist in einem ausführlichen Artikel im Algemeen Handelsblad vom 28. Februar 1912 (Abend blatt) sehr warm für die Beibehaltung des Systems der Pflicht exemplare zugunsten der königlichen Bibliothek, deren Budget nicht zur Anschaffung solcher Werke ausreiche, eingetreten. Er hat namentlich auf das Beispiel Englands hingewiesen, scheint aber außer acht zu lassen, daß gerade die englischen Buchhändler und Verleger sich mit aller Macht gegen die Institution der Pflichtexemplare gewehrt haben und daß die Beibehaltung derselben im englischen Urheberrechtsgesetz von 1911 nur aus historischer Tradition zu erklären ist. Nach diesem Gesetz wird die Nichterfüllung des Pflichtzwanges Wohl bestraft, übt aber auf die Urheberrechte als solche gar keinen Einfluß aus; dagegen wirkt die Hinterlegungssörmlichkeit im geltenden holländischen Gesetze rechtsbegründend, was durch aus unsachgemäß ist. Es ist also sehr gefährlich, für den bis herigen Zustand einzustehen. Wie unbefriedigend derselbe übrigens ist, wurde von Herrn Rob. Rosinus im »Börsenblatt« vom 6. Dezember 1911 (»Aus dem holländischen Buchhandel«) nachgcwiesen; nach ihm lehrt die Praxis gerade, oatz die jetzigen Förmlichkeitsbestimmungcn nicht leicht erfüllbar sind; zu ihnen kommen noch die Gebühren für Registratur und Stempelkosten. Erweisen sich die Pflichtexemplare als für Holland nötig, so mag man dies in einem besonderen Gesetz zum Ausdruck bringen, aber ja nicht etwa diese Materie mit dem Urheberrecht verquicken und als Sanktion bei Nicht erfüllung dieser Formalität den Verlust des Urheberrechts bei- bchalten. Wir wollen aber immer wieder betonen, daß er fahrungsgemäß durch das System der freiwilligen, schenkuugs- weise vollzogenen Ablieferung von Exemplaren durch Autor und Verleger und durch Ankauf der nicht geschenkten Exemplare ebenso gute Ergebnisse gezeitigt werden, wie mit dem ganzen Apparat des Pflichtexemplarzwanges. Sanktion. Die Strafbestimmungen sind verschärft und speziell im verbesserten Entwurf (Act. 28 L bis I)) erweitert worden. Auch wird ein neuer Artikel 326bw in das Straf gesetzbuch eingefugt. Willkürliche Namens- und Titel änderungen, sowie Namens- und Titelsälschungen werden als strafbar erklärt. Auch die Einziehung des Werkes wird vor gesehen. Die Strafbestimmungen sind für Niederländisch- Jndien durch einen besonderen Artikel 42 geordnet. Praktische Bedeutung hat namentlich die Bestimmung des Artikels 25, wonach auch die Eintrittsgelder bei rechtswidrigen Aus führungen mit Beschlag belegt werden können. Rückwirkung. Die Rückwirkung des neuen Gesetzes ist sehr beschränkt gedacht. Einmal muß für den Schutz der frühem Werke und Übersetzungen noch immer nach Artikel 11 des Gesetzes von 1881 eine Bescheinigung der Erfüllung der Förmlichkeiten vorgewiesen werden. Sodann leben keine Ur heberrechte, deren Schutzdauer nach dem Gesetz von 1881 (50 Jahre von der ersten Herausgabe an) schon erloschen ist, wieder auf, und dies wird ausdrücklich aus das Aufführungs und übersetzungsrecht ausgedehnt. Die eben skizzierten Bestimmungen werden von de Beaufort und der Bereeniging van Letterkundigen lebhaft beanstandet. Da das jetzt noch geltende Gesetz für musikalische Werke kein Aufführungsrecht anerkennt, so hinterlegt man solche Werke auch nicht. Mit dem Wegfall der Hinterlegung werden sie aber von den Wohltaten des neuen Gesetzes vollständig ausgeschlossen, was eine große Unbilligkeit in sich schließt; diese ist umso größer, als man ohne Rücksicht auf Förmlichkeiten die fremden Werke der Tonkunst in Holland wird schützen müssen, wie auch die holländischen Werke in der Berner Union ohne Rücksicht aus die Erfüllung der Förmlichkeiten zu schützen sein werden. Ferner ist gegenwärtig das ausschließliche Aufführungsrecht an dramatischen und dramatisch-musikalischen Werken bloß 10 Jahre lang geschützt. Wenn solche Werke vor 1902 gedruckt wurden, so wäre somit ihr Aufführungsrecht nach Artikel 37, Absatz 2, des Entwurfs endgültig erloschen. Ebenso wäre jedes Übersetzungsrecht an holländischen Werken, die vor 8 Jahren erschienen sind, definitiv begraben und würde unter dem neuen Gesetze verloren bleiben. Das alles ist außerordentlich hart für die Autoren. Was nun die in erlaubter Weise, wenn auch ohne Ge nehmigung des Autors, vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes vorgenommenc Vervielfältigung und sonstige Benutzung von Werken durch Aufführung, Ausstellung, Vortrag und Vor führung anbelangt, so schlug die erste Fassung des Entwurfs vor, eine solche Vervielfältigung und Benutzung solle noch während drei Jahren erlaubt bleiben. Auf Reklamationen z. B. der Künstlergesellschaftcn hin, daß eine solche Anerkennung der sog. wohlerworbenen Rechte zu weit gehe, wurde die Nutz-