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An nur ganz Auserwählte wendet sich ein neues Unter« nehmen: Die 4 0 Bibliophilen, das für seine Mitglieder von neu erscheinenden Büchern 40 Exemplare aus Hadernpapier abziehen läßt. Weniger exklusiv will eine Zeitschrift: »i-s Rossraie, Revue Oes erts et des veiles teures« sein, die die Zahl der Bezieher auf 350 beschränkt. Auf der Suche nach etwas Neuem ist ihr Ver leger auf den Gedanken verfallen, neben dem laufenden Text und Bilderteil noch einen besonderen Textbeitrag zu bringen, der für sich paginiert, auf anderem Papier gedruckt und mit anderen Thpen gesetzt werden soll. Nach Ablauf des Jahrgangs entfernt der Abonnent die einzelnen Teile aus den Heften und besitzt also ein Buch von eigenem Reiz. Der Preis für vier Hefte jährlich be trägt 800 bis 2000 Frcs, in den verschiedenen Ausgaben, Den zehn Gründerexemplaren werden die Original-Manuskripte und Zeichnungen beigelegt. Wenn man früher dem französischen Buchhandel eine gewisse Jnaktivität nachsagen konnte, so hat sich jetzt eine vollkommene Änderung darin vollzogen, wie schon aus den beiden Aufsätzen in Nr. 55 des Bbl. (1822) hervorgeht. Auch zur Florenzer inter nationalen Büchermesse wurde eifrig gerüstet. In der offiziellen Aufforderung in der »LidUoxrapUe cko w Rrsnos« wird auf Anraten der Regierung eine rege Teilnahme empfohlen, »um der Kon kurrenz der Deutschen zuborzukommen, deren Eindringen immer aktiver und hinterlistiger wird«. Mehrere Neuerungen des ge nannten Blattes sind auch für den deutschen Buchhandel von Interesse. Es handelt sich um drei Beilagen, davon eine »Die Bücher der Woche« die Anzeigen in einer systematischen Übersicht wiederholt und manchem das genaue Durchlesen der ganzen Num mern erspart. Die zweite bringt eine systematische Übersicht der in Zeitschriften erschienenen Aussätze; die dritte erscheint monatlich und enthält »Die Bücher des Monats«, ebenfalls systematisch geordnet und mit einem Namen, und Titelregister versehen. Von dieser Beilage werden auch Sonderabzüge hergeslellt, die zur Ver breitung im Publikum dienen sollen; lüg Stück werden für ll Fr. 50 Cts. geliefert, bei 1000 Stück ist der Preis noch ge ringer. Wenn auch die Anlehnung an unser Wöchentliches Ver zeichnis nicht zu verkennen ist, so ist nicht zu leugnen, daß sich der französische Buchhandel damit ein Propaganda-Instrument geschaffen hat, das geeignet ist, in den breitesten Leserschichten zu wirken. Auch bei uns ist ja der Ruf nach etwas Ähnlichem öfters laut geworden, obwohl mehrere Zeitschriften und Vertriebsmittsl das gewünschte Ideal fast erreichen. Bei einer um etwa sechsmal größeren Bücherproduktion, wie sie Deutschland besitzt, müßte natürlich auch die Liste entsprechend umfangreicher ausfallen, und der Herstellungspreis würde dann so hoch sein, daß die Möglich, keit einer großen Verbreitung wahrscheinlich sehr gering wird. Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. In Verbindung mit Otto Hintze uid Paul Bailleu herausqegeben von Melle Klinkenborg. 34. Band. 2. Halste. Verlag von R. Oldenbourg. München und Berlin. Der neueste Halbband der »Forschungen zu? Brandenburgischen und Preußischen Geschichte« enthält einen bemerkenswerten Aufsatz von I)r. Ernst Consentius, Berlin-Steglitz, betitelt: »Von Druckkosten, Taxen und Privilegien im Kurstaat Brandenburg während des 1k. und 17. Jahrhunderts. Mit Benutzung von Akten des Geheimen Staatsarchivs«. Der Verfasser hat damit eine Studie aus der Jugendzeit des Buchdrucks und des Buchhandels geliefert, die der Beachtung der Fachgenossen sicher ist. Sie enthält lebendige kulturhistorische Schilderungen aus jener Zeit und entwirft ein anschauliches Bild von den primitiven Zuständen, die damals herrschten und nur eine allmähliche Entwicklung gestatteten. In seiner Einleitung weist der Verfasser darauf hin, wie Buchdruck und Refor mation Hand in Hand gingen, wie Luthers Erfolg untrennbar vom Buchdruck, der sich in den Dienst der evangelischen Sache stellte, und wie andererseits das Aufblühen der Druckereien eine Folge der kirch lichen Neuordnung war. Mußte doch im Brandenburgischen jeder Pfarrer mindestens eine Bibel in deutscher und lateinischer Sprache, dazu den großen und kleinen Katechismus und die kurfürstliche Kirchen- ordnun-g von 1540 haben. Das war sein unumgänglich notwendige- Handwerkszeug, das er sogar bei der Kirchenvisitation vorlegen mußte. War er vermögend, so schaffte er sich noch Luthers Werke und die Schriften anderer hervorragender und »unverfälschter« Theologen an, die bei den Kirchenvisitationen das Wohlgefallen seiner Vorgesetzten erregten. Und so machte der Drucker mit den geistlichen Schriften ein gutes Geschäft. Dann sorgten auch die Fürsten, daß der Buch drucker zu tun hatte, und unterstützten die Neudrucke altbewährter theo- logischer Schriften, wve z. B. der fromme Kurfürst Johann Georg von Brandenburg, der u. a. die im Jahre 1580 bereits in Dresden, Tübingen, Magdeburg und Leipzig gedruckte sogenannte Concordien- formel, ein wichtiges Dokument der neuen kirchlichen Lehre, auch in der Mark Brandenburg gedruckt wissen wollte. Die Einnahme wollte er seiner Universität Frankfurt a. d. Oder zuwenden, die so hilfsbe dürftig war, daß ihr Fortbestand zweifelhaft schien. Aber ihr fehlte leider der Kaufmann. Zur Bewerkstelligung des Druckes waren 1000 Thaler nötig, und deshalb getraute sie sich das Geschäft nicht zu machen. Consentius schildert die näheren Umstände und gibt eingehend die damaligen Druckkosten wieder. Die Universität hatte sich, ehe sie den Verlag der »Concordia« ablehnte, bei dem einzigen Buchdrucker von Frankfurt, Johann Eichorn, der seit 1548 dort druckte, nach den Kosten erkundigt. Eichorn stellte die Berechnung auf und druckte auch im Jahre 1580 die »Concordia«, die aber auf Kosten und im Verlag des Kurfürsten erschien. Johann Eichorn besaß seit 1567 ein kurfürstliches Privileg, da- ihm die Alleinherrschaft in Frankfurt a. d. O. sicherte, im Jahre 1582 erneuert und gleichzeitig aus seinen Sohn Andreas Eichorn übertragen wurde. Dies führt den Verfasser zu den Privilegien, deren Wesen er nun im allgemeinen und im besonderen behandelt. Das Privileg war damals eine Macht. Es gab dem Besitzer erheblichen Schutz vor der Konkurrenz. Anfangs war der Drucker kraft seines Privilegs allein berechtigt, am Orte zu drucken, und niemand neben ihm. Auch kein zweiter Buchladen sollte in der Stadt geduldet werden, wenn der als Bürger dort angesessen-«: Buchhändler oder »Buchführer« ein Privi leg hatte. Fremde Händler wurden nicht geduldet. Nur an den Jahr märkten war der Handel auch fremden Buchkrämern erlaubt. Für diese großen Zugeständnisse mußten Buchhändler und Buchdrucker aber auch zu billigen Preisen arbeiten. Geschah dies nicht, so war es ein triftiger Grund, dem Alleinprivilegiertcn einen zweiten Drucker oder Buchhändler an die Seite zu setzen, und wenn sich andererseits ein Buchhändler oder Buchdrucker in einer Stadt niederlassen wollte, so bat er um ein Privileg und versprach, billiger zu arbeiten als der bisherige, dann kam er zum Ziele. Consentius spricht zunächst vom Privileg des Wittenberger Buchdruckers Hans Weiß, der von Kurfürst Joachim II. nach Berlin berufen wurde und 1540 dort seine Offizin auftat. Ihm wurde in seinem Privileg auch gestattet, Buch handel zu treiben, da es damals in Berlin und Cölln an der Spree noch keinen Buchhändler gab. Dann folgt die interessante Geschichte des Privilegs der Buchhändler Johann und Friedrich Hart mann, Vater und Sohn, in Frankfurt a. d. O., die den von dem erwähnten Eichorn abgelehnten Druck einer hebräischen Bibel im Jahre 1596 unternahmen und dadurch seine scharfen Konkurrenten wurden; ferner diejenige d-es Privilegs der Berliner Buchbinder und Buch händler Gebr. Hans und Samuel Kalle, des Buchhändlers Hans Werner in Cölln an der Spree, des Buchdruckers und Buch händlers Christoph Runge in Berlin usw. Sodann geht Consentius zu den Taxen über und berichtet zu nächst sehr eingehend über die Taxe von 1623, die Bürgermeister und Natmannen der Residenzstädte Berlin und Cölln an der Spree Her ausgaben, sowie über die sächsische, bzw. kursächsische Taxe desselben Jahres, betitelt »Münz-Mandat und Taxordnung des Herzogs Johann Georg zu Sachsen, Leipzig 1623«. Die Papier- und Buchdruckerpreise — nebenbei bemerkt arbeiteten im Jahre 1580 die Leipziger Drucker billiger als die in Frankfurt a. d. O. — führen den Verfasser auch zu einigen lehrreichen allgemeinen Angaben über die Preise im Jahre 1623. Betreffs der Lebensmittelprcise erfahren wir z. B. mit Wehmut aus der Berliner Taxordnung, daß das Pfund Rindfleisch 10 gute Pfennige, daß ein junges Huhn 1 bis 1)H Groschen, ein Paar Tauben 1 Groschen und eine »gemeine« Gans (Durchschnittsgaus, die gemästeten waren teurer) 3 bis 3X> Silb-ergroschcn kostete! »Bei solchen Preisen«, sagt Consentius, »stand sich der Berliner Drucker, dem überdies vom Kurfürsten im Grauen Kloster freie Wohnung angewiesen war, nicht schlecht«. Auch am Papier hatte er noch einen Gewinn. Für die Berliner Buchhändler gab cs keine spezialisierte Taxe, auch nicht für den thüringischen, Meißner, crzgebirgischen und vogtländischcn Kreis. Es war schwierig, gerechte Taxen anfzustcllcn, und da die Rechtswissenschaft damals noch in den Kinderschuhen stak, hatten Taxen nnd Privilegien Willkür und manche Mißhelligkeiten im Gefolge. So ließ das Hartmannsche Privileg besonders viel zu wünschen übrig. Es begünstigte geradezu die Konkurrenz im Jnlandc. Consentius macht die Mängel dieses Privilegs durch die vollständig« Wiedergabe des 7 69