Suche löschen...
Erzgebirgischer Volksfreund : 25.12.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192512256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19251225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19251225
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-12
- Tag 1925-12-25
-
Monat
1925-12
-
Jahr
1925
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 25.12.1925
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Grzgebirgtsche Lhristmetten und weihnachtssplele. Ohne den Besuch der Christmette ist für den echte» Lrz- gebirger eine Weihnachtsfeier undenkbar; wie denn Überhaupt Weihnachten im Erzgebirge noch genau so begangen wird, wie es vor Hunderten von Jahren schon unsere Vorväter zu feiern gewohnt waren. Die konservative Gesinnung des Erzgebirgers, sein Hang zum Alten, Gewohnten, verknüpft ihn immer von neuem mit den alten Bräuchen, die er schon in seiner Kinder zeit verehrte. Und die er heilig hält Zeit seines Lebens, und deren Achtung und Heilighaltung er auf seine Kinder über trägt. So wird er auch niemals versäumen, am frühen Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages in die Lhristmette zu gehen, um dort Erbauung zu suchen und zu finden. Mag es noch so kalt und stürmisch sein, mag der Sturm ihm auch die spitzen Schneekristallchen schmerzhaft ins Gesicht peitschen, mag sein Gchöft auch noch so weit entfernt liegen von der nächsten länd lichen Kirche — er kann nicht «Inders: wenn die Glocken durch die kalt« Winternacht zur Frühmette rufen, dann folgt er ihnen, wohlgemut und reinen Herzens. Hingegeben lauscht er dem Iubelgesang der Orgel, innig stimmt er in den Weihnachtschoral ein, den die Gemeinde singt, und dann lauscht er andachtsvoll der Ansprache des Geistlichen, der sich die Weissagungen anschließen. Ein Knabe oder ein Mädchen singen sie, mitunter auch mehrere Knaben und Mädchen, die an einigen Orten, altem Herkommen gemäß, fest lich geschmückt sind init Schärpen, bunten Schleifen, mit Gold papier überzogenen Kronen und in-ähnlicher Weise. Segen, Gebet und der Gesang des ewig schönen Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht" beenden die stimmungsvolle Mor genfeier. Nicht nur auf dem Lande, sondern auch in den Städten finden diese Christinetten statt, die eine rein crzgebirgische Ein richtung sind, denn nirgends sonst finden wir sie in unserem deutschen Vaterlande in solcher Allgemeinheit. Selbst in den größeren Städten wie Aue, Schneeberg, Annaberg usw. werden sie abgehalten. In Schneeberg sind sie besonders feierlich ge wesen bis 1896. Bis dahin erschienen dort die Bergleute mit ihren Blenden und Grubenlichtern in ihrer Bcrgmannstracht in der Christmette, was mit der im genannten Jahre begon nenen Renovierung der Kirche ein Ende hatte, weil nachdem das Mitbringen der Grubenlichter wegen des damit verbun denen Qualms und Geruches verboten wurde. Weit und breit beriihmt im Erzgebirge waren in früheren Jahren die Christ metten in Grünhain, Lauter, Breitenbrunn usw., teils wegen der besonderen Feierlichkeit, die bei ihnen entwickelt wurde, teils auch wegen der Ausstattung der die Weissagung singenden Kinder. Nicht immer ist es im Laufe der Jahrhunderte bei den Metten so ruhig und sittsam zugogangen, wie es zu wünschen gewesen wäre und wie wir das heute gar nicht anders gewohnt sind. Die Anhäufung großer Menschenmassen in den Kirchen, darunter sogar Säuglinge auf den Armen der Mütter, führten oft zu Unzuträglichkeiten. Schon 1805 hatten deshalb die Stände von Ritterschaft und Städten beantragt, „die Christ- metten wegen des dabei gewöhnlichen Unfugs durch ein Landes gesetz abzustellen". Und im Jahre 1811 berichtete die Diözese Zwickau an das Leipziger Konsistorium: „An mehreren Orten sei den Unordnungen in den Christmetten bereits gesteuert worden, an anderen solle ihnen durch strengere Polizeiaufsicht und dadurch, daß der Anfang derselben erst auf 5 Uhr fest gesetzt worden, kräftigst gestenert werden." Gar beweglich heißt es in einer Klage aus dem Jahre 1815: „. . . Dieser Unfug dauert in vielen Ortschaften des Erzgebirges . . . noch immer fort. Engel im weißen, bebänderten Gewände, mit Sonnen und Welten tragenden Kronen, das flammende Schwert in der Rechten haltend, und Hirten mit Tasche und Stab machen ihre mystischen Herumzüge in der Kirche, singen von der Kanzel und Altar ihre Lieder, leiern ihre Weihnachtssprüche ab und machen ihre englischen Tänze um den Altar herum . . . Auch sogar ein Wiegenlied wird gesungen. Die dem Volke so ge fügigen Schulmeister halten die Kirchenuhren zurück, damit die Feier durch die Finsternis der Nacht begünstigt wird. Alles dieses und die volle Erleuchtung der Kirche verbreitet einen so mystischen und magischen Zauber, daß das tollsinnliche Volk ganz entzückt wird. Das Getöse der großen Volksmenge, das durch das Aufschreien der> vielen Kinderchen noch vermehrt wird, läßt von der Predigt nichts vernehmen. So saugen schon kleine Kinder durch die Anschauung die qrobkörperlichen Vor stellungen vom Geisterreiche ein, die bei dem gemeinen Manne das ganze Leben hindurch nickst wieder zu vertilgen sind." — Ein königlicher Befehl vom Jahre 1815 regelte endlich durch verschiedene Vorschriften die Abhaltung der Christmetten, die im weiteren Verlause bis in unsere Zeit hinein dann rnbiq und gesittet verlausen zu /ein scheinen. Neben den Lbristmetten find mancherorts noch Berg- und Sckulmetten üblich, die er steren werden an einem der beiden Festtage von den Berg leuten, gewöhnlich in der „Hutstube", abgebalten. die letzteren in den weihnachtlich geschmückten Schulzimmern in Gegenwart der Eltern und Verwandten der Kinder, mit einer Ansprache des Lehrers im Mittelpunkte. Wie die Christmetten, so sind auch di» Weibnacbts- oder Krivpenspiele eine Eigenart im erzgebiranchen Volksleben. In früheren Jahrzehnten waren sie allgemein, während sie in un- serer Zeit nur noch vereinzelt abaehalten werden. In diesem Jahre sind u. a. Weihna^gsviele anoeiagt in Sehma und Oberwiesenthal. In den Wiehnachtsipielen wiegelt sich der fromme Glaube einer vergangenen Zeit w'eder, ihr starker Be such und ihre Beliebtheit entspricht dem Verlangen nach sinn- licher Anschauung der haben Beasbenheiten. das sich auch in der Ausschmückung der Weibnacbtsüube mit Christbanm, P"'-a- mide, Krippe, Enaeln und Bergmännern usw. kunKaibt. Wie köin anderer ergibt sich der Erzaebiraer dem vollen Zauber der Weihnacht, wie schon der altmodische Poet Faber es schildert: Und sang man bei Laternenschein: „Das ew'ge Licht bricht nun herein" — - So war's, als ob ich in der Näh Den Himmel selber offen säh. Dime» schönen Glanz poesievoller Weihe liebt und schätzt der Erzgebirger und deshalb wohl haben sich bei ihm alle die Bräuche der Weihnachtszeit lebendig erhalten, um sich in jedem Jahre wiederum zu verjüngen, die anderwärts längst der Ver gangenheit angehören. So weit die Nachrichten über Volksleben und Volksge- wohnhciten zurückgehen, so weit reicht in: Erzgebirge auch die Kunde von den Weihnachtsspiele». Ursprünglich waren es ein fache Hirtenspiele, welche die Geburt Christi und die Anbetung des Christkindes durch die Hirten darstellten. Sie wurden immer weiter ausgebaut. Die heiligen Lhristfahrten kamen hinzu und die drei Königsspiele, die Engelschar aesellte sich hinzu und die Äönigsschar, bis endlich das ganze Weihnachts spiel fertig war. Sie waren begehrt und heiß ersehnt von der Bevölkerung, aber auch ihre Stunde schlug, denn sie hatten dieselbe Gegnerschaft zu ertragen wie einst die Christmetten. Das erste Drittel des vorigen Jahrhunderts wurde ihnen zum Verhängnis, denn da wurden sie — wie auch anderwärts in Sachsen — vielfach polizeilich verboten, „weil sie mitunter zum Deckmantel von Müßiggang und Bettelei dienten und weil grober Unfug dabei getrieben wurde". Hoch im An'ehe» waren seinerzeit die Weihnachtsspiele in Aue, Breite:,hach, Griinhain, Zschorlau und anderen Orten. Nur an wenigen Orten wurden sie nach dem Verbot im geheimen fortgesetzt und dadurch der Nachwelt erhalten. Sehr bedauerlich wäre es auch gewesen, wenn uns dieses Kulturgut verloren gegangen märe, zumal in den letzten Jahren die Sitte der Weihnachtsspiele wieder im Zunehmen begriffen zu sein scheint. In einem im Jahre 1809 erschienenen Buche schildert Wild die Weihnachts spiele wie folgt: Sonst war auch das sogenannte heilige Christspiel ge bräuchlich, wo Bergleute und andere gemeine Loute in schön gereimten, burlesken Versen die Geburt Jesu als ein Lustspiel aufführten und so von Haus zu Haus zogen. Dabei war immer eine lustige Person, welche allerhand Possen trieb, z. B. der König Herodes, welcher frisiert, mit goldenem Szeptex und Reichsapfel auf einem hölzernen Stuhle saß, Schnupftabak unter die Nase rieb, daß er niesen mußte. Joseph wurde als hektisch üavgestellt und hatte eine Säge in der Hand, Maria sprach oft ini schönsten Kontrabaß; denn Frauenzimmer waren bei dieser Truppe nicht: die Engel gingen in langen Hemden, mit vielen Bändern geschmückt und gepudert, und hielten mit einem seidenen Tuche große Husarensäbel in der Hand; die Hirten hatten hohe spitze Hüte van Zuckerpapier auf und knallten entsetzlich mit den Peitschen, auch bliesen sic auf Nacht- wüchterhörnern; der Stern war von Pappe und ölgetränktem Papier, an einer Stange aufgcsteckt und konnte gedreht werden; manchmal brannte er, denn inwendig stak ein bren nendes Licht, auch an; das Christkind endlich war nicht himm lischer Herkunft, es fah erbärmlich aus und ward oft sehr übel behandelt. Uebrigens war immer ein Knecht Ruprecht dabei, welchen man im Gebirge Rupperich nennt, mit einer Klingel und einer Ofengabel versehen, und wußte die nach- laufendcn Kinder abschrecken. Disse zeitgenössische Schilderung der Weihnachtsspiele im Erzgebirge ist zwar ziemlich drastisch ausgefallen, mit einem guten Zuschuß von Satire. Das soll uns aber nicht abhalten, die Sitte der crzqsbirgischen Weihnachtsspiele in der Erinne rung hochzuhalten als beachtliches Kulturgut unserer Alt vorderen. Die Bühnenkunst war zudem in jenen Zeiten erst im Entstehen begriffen, folglich konnte die Ausstattung jener Truppen gar nicht anders als äußerst primitiv sein. In, übrigen werden die Weihnachtsspiele damals auch voll ihren Zweck erfüllt haben, denn man konnte anderes gar nicht er- warteir, weil man es besser nicht kannte. In neuerer Zeit sind eine Reihe Weihnachtsspiele ge schaffen worden, die im Geiste der alten gehalten sind, dabei in volkstümlichem Tone, die aber über einen geschlossenen ein heitlichen Aufbau verfügen und wirklich dramatische Entwicke lung und Steigerung zeigen. Wir nennen das Lößnitzer Licht spiel von dem früheren Oberpfarrer Steiniger daselbst, ferner die in Oberwiesenthal zur Aufführung durch den dortigen Krippenverein gelangenden Christspiele vom dort beamtet ge wesenen Oberförster Thimäus, einem Manne, der sich im höchsten Grade um die Wiederbelebung der erzgebirgischcn Weihnachtsspiele verdient gemacht hat. Wenn die Stimmung im Erzgebirge bleibt, wie sie jetzt ist, so ist es nicht ousge- schlonen, daß wir über kurz oder lang wieder eine neue Blüte zeit der erzgebirgischcn Weihnachtsspiele erleben und damit den erzgebirgischcn Weihnachtstaaen ein neuer, in seinem Grundwesen freilich sehr alter und einst sehr beliebt gewe'encr Zweig eingefügt wird. Deutsche Weihnacht in -er Runst- un- Volksmusik. Die gehobene, die Alltagsstimmung vergessende Stimmung Zer selig-fröhlichen Weihnacht, die von» Beginn der Adventszeit bis zum Aufflammen der Kerzen am Christbanm Alt und Jung .n ihrem Zauberbann gefesselt hält, hat in den alten frommen Udventsliedern und Weihnachtschorälen die ihr entsprechende nusikalische Form gefunden, die in schlichter Innigkeit die Sehnsucht nach der Geburt des heiligen Kindes und nach der Lrlösung der Menschheit zu rührendem Ausdruck bringt. Es st in dieser deutschen Weihnachtsmusik ein Haus- und Familien schätz zusammengetragen, wie ihn in solcher Reich haltigkeit und Anmut wohl kein Volk sein eigen nennt. Ein großer Teil dieser Weihnachtslieder ist aus den: alten Volks ied unmittelbar heroorgegangen. Diese Volkslieder wurden zu geistlichen Liedern umgcbildet und lassen infolgedessen den rlten, naiven Volkston weiterklingen, dem Text und Melodie hren Reiz herzgewinnender Ursprünglichkeit und anschaulicher Frische verdanken. Was die Zeit der Entstehung dieser alten, volkstümlichen Weihnachtsmusik anbetrifft, die aus der Kirche den Weg in das deutsche Haus gefunden hat, so dürfte das niedercheinische „Nun sei uns willkommen, hehrer Christ, der du unser aller Herre bist" wohl als das älteste onzusehen sein. Die klare, heitere Melodie dieses Chorals wurde vermutlich ani Ende des sechzehnten Jahrhunderts niedergeschrieben und nachgewiese- »ermaßen in der Christnacht im Aachener Münster von der Ge meinde gesungen. Die lange Reihe dieser alten Weihnachts choräle beschließt das vielgwungene „Stille Nacht, heilige Nacht", dessen liebliche Melodie der Salzburger Lehrer Gruber im Jahre 1818 niederschrieb und das im Laufe eines Jahr hunderts sich überall eingebürgert hat. Mit der Herders „Stimmen der Völker" entnommenen „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit", dem eine sizilianische Melodie Flügel verliehen hat, gehört cs zu den meist- gcsuugenc» deutschen Weihnachtsliedern. Alle diese alten Lieder und Choräle haben ihren Ursprung in der Weihnachtsmusik des späteren Mittelalters, namentlich des 14. und 16. Jahrhunderts. Sie in ihrer Reinheit wieder hergestellt zu haben, ist das Verdienst des Leipzigers Karl Riedels, der den Schatz unserer volkstümlichsten Weihnachts musik, den man unter dem Schutt der Jahrhunderte begraben wähnte, zu neuem Leben erweckt hat. Die köstlichsten Kleinodien dieses Schatzes bilden Prätorius' sinnige Weis« „Es ist ein' Nos' entsprungen" und Calvisius' „Josef, liebster Josef mein", das übrigens Brahms für eins seiner Altlieder mit obligater Bratsche benutzt hat. Diesen beiden Perlen reiht sich gleich, wertig Martin Luther« „Vom Himmel hoch, da komm' ich her" an, da» er im Jahre 1535 für seine Kinder dichtete und »er- tonte, und dem Johann Sebastian Bach mit der Aufnahme in sein „Weihnochtsoratorium" eine musikalische Wiedergeburt edelster Art bereitet hat. In,den Tonschöpfungen der neueren Zeit findet man zum großen Teile starke Anlehnungen an die altkirchlichen Choräle. Lediglich die Ausdrucksformen sind mehr und mehr neuzeitlicher umgestaltet. Seltsame weihnachtsbrauche. Die ganze Innigkeit und Gefühlswärme, die der äußerlich mitunter so rauhe Erzgebirger in sich birgt, kommt in scharfer Beleuchtung zum Ausdruck am Weihnachtsfeste, den Tagen, die ihm und seinem Herzen am nächsten stehen, weil er Weihnach ten als das schönste Fest auf Erden ansieht und es ihm durch uralte Traditionen geheiligt ist, ganz abgesehen davon, daß er in kinderreinem Glauben und ehrlicher Frömmigkeit sich dem poesievollen Zauber der Weihnachtszeit hingibt. So vergißt er vor allem zu Weihnachten derer nicht, die im Laufe des Jahres der unerbittliche Tod von seiner Seite gerissen hat. Eine schöne und rührende Sitte läßt ihn die Gräber seiner ver- ewigten Lieben aufsuchen, um auf deren Hügel ein mit Papier rosen, Glasketten, Lichtchen u. a. geschmücktes Christbäumchen nieder zu stellen. Und ist der teuere Verschiedene ein Kindchen gewesen, so legt er unter das Christbäumchen dessen liebstes Spielzeug, das von manchen auch in den Hügel eingegraben wird. Selten nur werden die Lichtchen des Baumes ange zündet, deren Anzahl in früheren Zeiten oft der Zahl der Lebensjahre des Kindes entsprach. Entspringt diese rührende Sitte einzig und allein dem liebenden Lerzen, so sind ander« Bräuche wohl zum guten Teil auf altgermanischen Glauben und Kult zurückzuführen, die sich von Generation auf Gene ration vererbt und- so erhalten haben bis in unsere Tage. Auch der Aberglaube dürfte dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen, denn Glaube und Aberglaube gehen beim Erzgebirger Hand in Hand. So gedenkt er, soweit er auf dem Lande wohnt, am Heiligen Abend'auch der stillen Bewohner des Stalles, in dem die Tier« reichlicheres Futter erhalten als sonst, und von allem, was auf den Tisch kommt und der Futterraum birgt. In einigen Gegenden steckt außerdem der Dauer den Tieren noch ein, heiliges Abendlicht auf den Rechen. Weshalb das alles geschieht, ist durch viele Regeln begründet, deren Nichtbefolgung teure Zeiten, Krankheit unter den Tieren, Milchnot der Kühe und allerhand ähnliche Dinge zur Folg« haben sollen. Wie der Tiere, so gedenkt der erzgebirgische Bauer am Heiligen Abend auch der Bäume, daiuit sie reiche Frucht tragen und gut gedeihen. Er begießt sie mit Milch, schmückt sie mit Strohbändern und schenkt ihnen sogar Geld, das er ihnen zur Wurzel in die Erde gräbt oder in den Stamm schlägt. Sicherlich ist hierin ein Ueberrest des altgermanischen Glaubens von den Baumseelen zu erblicke . In den Brunnen wird, damit der Wasserstand nicht sinke, >cld geworfen, und solcher Sitten und Bräuche gibt es unter der erzgebirgischcn Landbevölkerung noch mehr. Mit ihrer Aufzählung soll es hierbei bewenden. Sie alle zeugen von der Teilnahme des Erzgebirges an seiner Umgebung, von seinem gläubigen Sinn und seiner Gutmütigkeit. Und von dem Festhalten an der Urahnen Bräuche. Von -er Geschichte -es ChrLststoUens. Ohne den Christstollen, das leckere Gebäck, ist heute ein Weihnachtsfest kaum denkbar.' Wir alle erinnern uns noch des Dackverbotes während der Kriegszeit, das mit Kopfschüttel» ausgenommen und — nicht befolgt wurde. War das Backen öffentlich nicht erlaubt, so buk man eben im Geheimen, denn unsere Feldgrauen durften auch in Feindesland den beliebten Christstollen nicht vermissen. Er sollte sie nicht nur an Weih nachten gemahnen, sondern auch an die Heimat und die Lieben daheim. So wurde dem Stollenbackverbot, während man sonst alle anderen Ver- und Gebote respektierte, und wenn cs auch noch so schwer fiel, ein Schnippchen geschlagen, denn Weihnach ten ohne Lbriststollen? Nein! Undenkbar! Zu tief ist die Sitte eingewurzelt, als daß man sie einfach aufgebcn könnte. 1571 schon erwähnte der Pfarrer Thomas Winzer in Wolkenstein das Vorkommen -des Lhriststollens in, Gebiete unseres heutigen Freistaates Sachsen. Länger als 350 Jahre also schon delek tiert sich unser Volk zur Weihnachtszeit an den, süßen Gebäck, das im Laufe der Jahre viele Deutungen über sich ergehen lasten mußte. Die einen fassen es als eine Nachbildung des Ebers auf, ander« wieder als eine symbolische Darstellung des in Windeln gewickelten Christkindes. Mogk schreibt: j,Was die Veranlassung zu der Form dieses Gebäcks gegeben hat, das ja in den verschiedensten Festzeiten und Gegenden meist ver schieden ist, das ist schwer zu entscheiden. Gerade diese Frag« ist eines der schwierigsten Problem« der geschichtlichen Volks kunde. Ob wir im Stollen ein« symbolische Darstellung des Christkindes haben, was ja recht gut möglich ist, oder ob das Gebäck ins Heidentum zurückgeht, wage ich nicht zu entscheiden. An ein altgermanisches Opfer, wovon so oft gefabelt wird, ist natürlich nicht zu denken." Nach einem anderen Gelehrten namens Höfer soll der Stollen die Kombination zweier Frucht barkeitssymbole sein. Mögen sich die Herren Gelehrten weiter dariiber streiten, was der Stollen zu bedeuten hat und was nicht. * Wir sind zufrieden, wenn er uns schmeckt und die Haus- stauen, wenn er gut geraten ist.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)