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. Mld«ckya», L4. Nov. Der Verwalter des FallaEs Ober« «ildenthal, ZollsekretSr Anton Unger, ist nach 40jähriger Dienstzeit in der Ruhestand getreten und in seine Heimatstadt Schneeberg übergesiedelt. Man steht den allgemein geachteten Beamten nur ungern von hier scheiden. " Seyer. Im 89. Lebensjahr ist der langjährige Land- tagsabgeordnete und Ehrenbürger der Stadt Seyer, Farben- Werksbesitzer Gustav Zschierlich gestorben. Er hat sich Haupt- sächlich nm den Anschluß und Ausbau der Schmalspurlini« Echönfeld-Wiesa-Geyer-Thum-Meinersdorf verdient gemacht. ** Lenkersdorf. Nachdem bereits vor einigen Tagen in der hiesigen Gegend «In frecher Raubiiberfall ausgeführt wor den war, überfielen zwei junge Burschen, die sich im Straßen- graben versteckt gehalten hatten, wiederum in den Abend stunden auf der Scifersdorser Straße einen Arbeiter von hier und beraubten ihn seiner gesamten Barschaft. ** Rüdenau. Einem hier zur Jagd weileirden Herrn ans Hainichen entlud sich beim Verlassen der Hütte auf den. An- stand auf ungeklärte Weise das Gewehr. Die Schroiladung drang dem Monn in die Brust. Er erlag seinen schweren Verletzungen. " Oclsnitz i. D. Zu der außergewöhnlich hohen Strafe von acht Jahren Zuchthaus verurteilte das Schöffengericht den 42 Jahre alten, aus Untermaß grün gebürtigen Arbiter Paul Jahn. Der Verbrecher hat das ganze Vogtland durch ver wegene Einbruchsdiebstählc unsicher gemacht. " Chemnitz. Nachdem bereits vor einigen Tagen in einem Dillengrundstück der Stollberger Straße ein überaus frecher Diebstahl verübt worden war, bei dem den Dieben für mehrere 1000 Mart wertvolle Teppiche in die Hand gefallen waren, wurde jetzt aus der gleichen. Straße wiederum in einer Villa vingebrochcn. Die Diebe hatten offenbar mit Nach schlüsseln gearbeitet und eine große Menge Silber und Tep piche entwendet. Während sic die Teppichs sogleich fortschlepp ten, besaßen sie die Frechheit, das Silber in einen: Reisekoffcr vor einem Grundstück an der Dcckersiraße stehen und von einer am Bahnhof haltenden Kraftdroschke abholen zu lassen. Der herrenlose Koffer war bereits einem Neo'erschutzmann ausgefallen. Man beschlagnahmte den Kosfer, vermochte aber leider Lie Diebe am Bahnhof nicht mehr festzunehmen, da sie Verdacht geschöpft und das Weite gesucht hatten. * Wüstenbrand. Das Auto der Firma Sallmann, in dem der Prokurist mit seiner Frau und seinen: 4jährigen Söhnchen saßen, wurde abends auf der Straße noch Pleißa in verbrecherischer Absicht beschossen. Das Kind ist durch Glas splitter leicht verletzt worden. ** Hohenstein-Ernstthal. Als eine hiesige Kriegerswitwe in emer Webfabrik die Waren aus dem Webstuhl zog. fiel der Webstuhl heraus. Darüber crchrak die Frau dervwßrn, daß sie die Sprache verloren hat. ** Leipzig. Eine 39jährige Witwe lewrte einen angeb lichen Neichsvermessungsbeamten Walter Schönau kennen. Dieser gab an, „ernste Absichten" zu haben und gewann da durch allmählich das Vertraue:: der Frau. Eines Tages ließ sie ihn mit ihrer 11jährigen Tochter auf mehrere Stunden allein in der Wohnung. Der Mann benutzte diese Gelegen heit, um die Wohnung gründlich auszuräumem Er schickte das Mädchen in ein benachbartes Geschäft uird durchsuchte in zwischen alle Behältnisse. Dabei fielen ihn: zahlreiche Beklei dungsstücke und Schmucksachen in die Hände. Er hatte noch di« Frech H<K, mit dem Kinde zusammen die Wohnung zu ver- lasten, trennt« stch dann von dem Kind« und ist seitdem ver- schwunden. " Leipzig. Einen neuen Schwindlertrick wendet jetzt in Leipzig ein Betrüger an. Er beobachtet Maler, Installateure, Gärtner, ja sogar Angestellte von Beerdigungsanstalten bei ihrer Arbeit. Stellt er fest, daß die Arbeiten schon ziemlich weit vorgeschritten sind, so wendet er sich in einem Telephon- gespräch an den Auftraggeber, stellt sich als Vertreter der aus- führenden Firma vor und fragt an, ob es nicht möglich sei, einen Vorschuß für die geleistete Arbeit zu zahlen, er werde die entsprechende Quittung sofort schicken. Bei der heutigen Geldknappheit findet man meist nichts bei dem Ansinnen und der Betrüger hat auf diese Weise schon ganz ansehnliche Be- träge erhalten, die er in der Regel durch einen jungen Bur- schen einkassieren läßt. Leider war es noch nicht möglich, den Gauner zu fassen. " Dresden. Durch die Explosion einer Petroleumlampe entstand in der Wohnung eines Weichenstellers ein Stuben brand. Die Frau des Weichenstellers erlitt am ganzen Körper Verbrennungen, denen sie im Krankenhaus erlag. Konzerte, Theater, Vergnügungen. Neustädtel, 25. Nov. In erfreulicher Weise Hot sich der hiesige Gesangverein „Edelweiß" in den Dienst der Wohltätig keit gestellt. Er wird nächsten Sonnabend zum Besten der Weihnachtsbescherung des Frauenvereins ein Konzert mit Theater veranstalten. Zur Aufführung gelangen Lieder für gemischten Chor, Männerchor, Frauenchor, Sopransolo u. a., außerdem „Die Dorfhexe", Volksstück in 4 Akten von O. Bött ger. In Anbetracht der vielen Mühen und des guten Zweckes ist der Veranstaltung ein guter Besuch zu wünschen. Näheres siehe Anzeige. Schwarzenberg, 25. Nov. Kammermusik-Abend. Nach Spengler gipfelt die apollinische Kultur der Antike in der Plastik, während die westeuropäische Kultur des Abendlandes in den faustischen Künsten der gotischen Architekten und der Musik ihre Höhepunkte findet. Der Gipfelpunkt aller abend ländischen Kunst schlechthin wird in der Kammermusik erreicht. Wie die Geige das edelste aller Instrumente ist, von der faustischen Musik erfunden und ausge bildet, io ist ,chie innigste und innerlichste" Musik die Streichmusik. Und hier wieder liegen die „tiefsten, heilig sten Momente völliger Verklärung im Streichquartett". „Das Symbol des reinen Raumes, das überirdischste unter allen, ist hier ebenso vollkommen zum Ausdruck gelangt wie das rein irdische, dos der vollen Körperlichkeit, in einer attischen (an tiken) Drvnzestatue". — Wir hatten am Montag abend im Noalschulsaale ein Dresdner Streichquartett zu Gaste: die Herren Kammermusici Warwas, Spitzner, Wunder lich und Zenker. Bei gedämpften Lichts gesell'ger Flamme und im Stimmungsbanne eines würdigen Raumes flutete das schlockenreine Kunstempfinden dieser vier Streicher in eins zu sammen. Wir haben ein Qrartett selten so hinreißend spielen hören. Das ist ab'olute Musikalität bis in die Fingerspitzen, ist ein Können, das bis ins Feinnervigste rhythmisch und dynamisch sattelfest ist. Kein Wunder, wenn die musikalischen Schönheiten in den kammermusikalischen Werken eines Haydn, Grieg und Strauß mit enGringlicher Kraft und Wärme hell aufleuchteten und restlos ausgebeutet wurdem Dem bewußten Hörer mag ein Ahnen aufgegangen sein, daß letzten Endes di« Musik (im Spenglerschen Sinne) etwas rein geistiges, absolut körperloses Wesenhafte ist, unbegrenzt, unendlich den reinen Naum durchdringend und beseelend und den Menschen läuternd. In diesem Sinne trägt jedes echte große Künstler- tum einen priesterlichen Zug. Haydn blieb an diesem Abend als der schlichtklassische und deutschinnige Meister in seinen Werken der Durchsichtigste und Gesanglich-melodischste, rührte vielleicht aus diesen Gründen am reinsten und ursprünglichsten ans Herz der Lauschenden. Grieg, zu dem man ollerdii^s durch einen gewaltigen Sprung (ohne Mozart, Beethoven, Schumann, Brahms usw.) gelangte, ließ stark aufhorchen. Man wird diesem norwegischen Björnlon der Musik doch wohl Unrecht tun, wenn man bei ihm das Schlagwort der Miniatur und des kurzen Atems zu sehr betont. Gewiß haben wir keine:: strengen Ouor- tettstil als einheitliches und mit innerlicher Notwendigkeit stch entwickelndes Ganze im Sinne der Klassik, und es geht auch — meiner Meinung nach — nicht ganz ohne mehrmalige billige Lffektwirkung ab, aber dafür ist die Musik mehr ein farben prächtiges Mosaik von Themen und Motiven, die aus elemen taren Gefichlsgewalten geboren sind. Einem trotzigen Felsen in: Meere gleicht das Hauptmotiv in Moll, das immer wieder- kehrt und sich nach den: Sturn: bei Beruhigen der tosenden Elemente in Dur-Freundlichkeit wandelt. Grieg war an dem Abend wohl Ler rhythmisch Rassigste. Im Melodischen beson- Lers fiel er durch seine lokaldialektische Färbung der Ton sprache am meisten auf, außerdem war die gesamte harmonische Klangwirkung stark orchestral. Man glaubte oft, ein kleines Streichorchester zu hören. Richard Strauß als Dritter im Bunde war vielleicht der musikalisch Geistvollste des Abends, der geistfunkelnde, witzsprühende junge Strauß, „der Früh lings-Strauß", der mit genialen metrischen Späßen, harmoni- schen Lichtblitzen und übermütiger Phantasie frei schaltet und maltet. Wie breit und frisch und mit dionysischem Schwünge strömt die Melodie oft aus dem überschäumenden Herzen dieses Vollblutmusikers. Gewiß ist hier vom Klassizismus her kaum noch der äußere Fonnenbau gewahrt, gewiß drängt hier Strauß sehr fühlbar zur Programm-Musik und zum Malerisch- Impressionistischen; aber der Schöpfer des Klavierquartetts op. 13 ist der echte Strauß, der moderne zwar, ober nicht d« „modernistische" oder „modische". Dem Straußschen Werke zu blühendem Leben verhalf im Klavierpart mit Hr. Regierungs- ba:Girektor Lehnert (Pirna). Wir wissen von früher her, von welch' hoher pianistischer Kultur sein Klavierfpiel zeugt. Sich in die Klangfarbe der Streicher diskret cinzufügen und doch die dem Klavier oft anveriraute Führung und Füllung zu erhalten, dabei mit persönlicher Eigennote in Auffassung und Gestaltung — von der grandiosen Technik ganz zu schweigen —, das war ein Meisterstück. Wir danken aus vollem Herzen. Fr. Schwarzenberg, 25. Nov. Der Verein für Volks- bildung veranstaltet Donnerstag, den 26. Nov., abends 8 Uhr, im Realschulsaale ein G e s a n g s k o n z e r t, in dem Lieder von Brahms und Grieg geboten werden sollen. Der Sängerin, Frau Louise S ch el bach-P fa nn stieh l, Dresden, geht ein ausgezeichneter Ruf voraus. So schreiben z. D. die „Chemnitzer Nachrichten": „Sie ist im Besitz eines lieblichen, klaren, sorgfältig geschulten Soprans. Sie intoniert absolut rein und weiß mit innigem Ausdruck zu singen". Als Begleiter ist Hr. Organist Schiffner gewonnen worden. Freunde edler Musik können einen sehr genußreichen Abend erwarten. Eintrittspreis: 60 Pf. für Mitglieder, 1 Mr. für Nichtmitglieder. 8« dsrlVKs MZSN ist tienlro, Henkel'» lVasck- unä Lleick-Locis unenlbelirlick. tkenko msckt äs» Wanner «eick wie Kogenwanner, verkinäerl ckie llnlsIekunZ von Ksikllecksn unä spart viel Zeile. ' IT- « . Henk» IZavlirsik- un6 »keöullslMiMeM Mn WM Issm mit Vornsmea von 80 Pi«. so bst Cmll Setilssings!', Lckaseborz. Die -a frei sind. Roman von Henriette von Meerheim b. Nachdruck verboten. 110. Forüekunop ,,Das tue ich nur, wenn Fräulein Schneider jedes Wort, das sie über meinen Vater gesagt hat, zurücknimmt," rief Mo nika, noch immer in Weißglühhitzc. „Wie kann ich wiederrufen, was Wahrheit ist! Professor Ehlers Kunstprodukte ebenso wie seine Art zu unterrichten, sind veraltet. Morphtun:- oder trunksüchtig ist er auch. Das sind doch Tatsachen. Was soll ich davon zurücknehmen?" ent gegnete Angelika Schneider achselzuckend. „Da hören Sie es selbst, Herr Professor . . . Sie wagt es wahrhaftig rwch einmal." Der Professor trat zwischen die beiden kämpfenden Par teien. Cs sah wirklich so aus, als ob die zwei Feindinnen sich die Malschürzen abreifien und die Paletten um die Ohren schlagen wollten. „Ich wünsche solche Aeußerungen über den Professor Ehlers nicht wieder zu hören, Fräulein Schneider," sagte er streng. „Es ist eine große Taktlosigkeit, in: Beisein der Toch ter abfällige Urteile über den Vater zu äußern." „Ich kann meine Meinung nicht ändern." „Aber sie für üch behalten." „Und ich . . . fing 'Monika mit fliegenden: Atem an, „bleibe nicht länger in einer Klasse mit Fräulein Schneider. Entweder sie geht oder ich tue es." Damit band sie stch hastig den Malkittel ab, warf die Palette auf den Tisch und die Pinsel dazu. Professor Hausmann sah etwas ratlos aus. „Ich denke, Eie überlegen sich das noch, Fräulein Ehlers. Wenn Sie heute fcriGleiben wolle::, habe ich nichts dagegem Eie sind begreiflicherweise erregt. Sonst kann ich Ihnen nur vaten (die letzten Worte sprach er sehr leise, damit nur Mo nika sie verstehen sollte), ein unliebsames Aufsehen zu ver meiden. Damit wird keinem gedient. Vor allem Ihrem Herrn Vater nicht." „Ist das die ganze Verteidigung, die Sie für meinen Pater haben?" entgegnete Monika bitter. Professor Hausmann räusperte sich etwas verlegen. Wie konnte er der Tochter eingestehen, daß man allerdings die Entlassung des Professors Ehlers von der Kunstschule als nahe bevorstehend erachtete? Käthe Dubois half Monika, die :nit ihren vor Aufregung zuckenden Händen nicht allein damit zustande kam, Hte Pinsel puszuwaschen und alle Malutenstlien zu oerwahren. „Henri läßt dir sagen, du möchtest um vier Uhr am Rö mischen Haus im Park sein," flüsterte sie Monika noch schnell zu, indem sie ihr die Malschürze abband. „Nachher trinkt Ihr bei mir Tee. Ein paar von den Mädeln hier lade ich noch ein. Nur die eklige Schneider natürlich nicht. Darüber giftet die sich recht. Leb' wohl, Schatz." Sie küßte Monika und schob sie dann nach der Tür. Das junge Mädchen ging mit stummen: Gruß hinaus. Der Professor, der gerade an einem Bild herumkorri gierte, sah ihr verblüfft nach. Ihm war die ganze Sache sehr fatal. Dor allen:, daß er sich seines Kollegen nicht wärmer annehmen konnte. Aber in der Dat machten die immer greif barere Gestatt annehmenden Gerüchte über Ehlers Krankheit und deren Wirkungen ihm das fast unmöglich. Seins Laune war daher nicht die beste, mit der er vor jeder Staffelei Platz nahm, und seine Kritiken klangen scho nungsloser denn je. Kopfschüttelnd betrachtete er Angelika Schneiders Studie. „Sie lieben es in jeder Beziehung, die Farbe dick aufzu tragen, Fräulein," meinte er bissig. „Ihre Bemerkungen über Professor Ehlers enthielten auch nur ein Körnchen Wahrheit in einem Wald von Uebertreibungen. Und auf diesem Kopf hier sitzt dir Farbe zollhoch. Eine ganze Wand könnten Sie damit bestreichen. Wollen Sie nicht lieber Plastik studieren?" Die übrigen Malerinnen kicherte::. Jede gönnte Fräu lein Schneider den Hiob. „Wenn Sie sich weiter wegstellsn wollten, Herr Profes sor," wandte Angelika etwas betreten ein: „Dann tritt das Bild ganz anders heraus." „Bedaure — so viel Platz, wie ich dazu gebrauchen würde, um diese Studie würdigen zu können, gibt es hier im Atelier nicht," wies Hausmann kurz ab. Er trat zu Käthes Staffelei. „Selm brau, Fräulein Dubois. Da ist Leben drin in dem Gesicht. Die anderen haben alle nur abgeschrkeben. Sie haben herausgeholt, was in der Tiefe sitzt . . . Der rechte Arin scheint ein wenig verkürzt." Lautlose Stille knirschte, bis der Professor das Atelier verlassen hatte. Dann gingen die Wogen der Erregung wie- der hoch. „Weiter sage ich nichts." Küthe Dubois reckte ihr schwarzlockiges, geniales Köpfchen über den Rund ihrer Staf felei: „Aber über meine Schwelle kommt diejenige rächt wieder die meine liebste Freundin beleidigt hat. Die anderen Da nken sind mir Henie wie jeden Donnerstag un: fünf Uhr zum Toe willkommen." „Vergessen Sie nur nicht, den Tee selber mitzubringen, Sie Beneidenswerten," spottete Angelika Schneid«. „Ich hörte, daß Fräulein Dubois darauf rechnete, daß ihve Gäste selber Abendbrot mitbrächten." „Eino perfide Derlemndung," ereiferte sich die junge Engländerin. Ihre dunkelblauen Augen blitzten. „Ein ein- zigesmal, als zehn Personen statt fünf kamen, reichte das Butterbrot nicht. Das ist alles." „Aergern Sie sich doch nicht, Schäfchen," lachte Käthe. „Sehen Sie denn nicht, daß Fräulein Schneider wütend ist, weil ich sie nicht einlade? Freilich, meiner Person gilt das wohl weniger wie meinen: Bruder Henri." „Ich nmß sehr bitten, Fräulein Dubois, meinen Namen und den Ihres Bruders nicht zusammen nennen zu wollen," rief Angelika dazwischen. „Ganz Weimar weiß, daß er und Monika Ehlers sich Rendezvous im Park geben." „Sie si:rd iminer das Sprachorgan für „ganz Weimar," Fräulein Schneider. Ich finde nichts erbärmlicher, als solchen Klatsch, der immer mit „man sagt" oder „die ganze Stadt glaubt" anfängt. Was die Rederei über meinen Bruder und Monika Ehlers anbetrifft, so wird wohl keiner, der weiß, daß die beiden heimlich verlobt sind, daran Anstoß nehmen, wenn sie sich hin und wieder im Park treffen und spazierengehen. So, nun ist Ihre Neugierde hoffentlich befriedigt. — Lebt wohl, Kinder! Kommt nicht zu spät. Wir wollen heute recht fidel sein. Vielleicht braue ich eine Bowle. Jede kann was zum Essen mitbringen. Liebesgaben werden im Hause Du bois gern genommen!" „Reizend! Ein Picknick!" „Küthe, <Ae sind zu süß!" „Adieu, Kätzchen!^ „Der König rief . . . und alle — alle kamen!" „Stichle zu::: Sitzen wivd es wohl nicht geben," stichelt« Angelika. „Wir lieg«:, knien, stehen, sitzen, wo's und mes ver- langt wird," lachte Mary. " „Darf ich meinen Bruder Hugo miibringen zum Klavier- spielen?" bat Lucie Ansorge. „Und ich einen Dichter zum Drklanrieoen?" „Ja — alle sind willkommen. Maskenfreiheit," bewil- liqte Küthe. „Mary, Mansel, mach«: Sie meine Malgeschichte:: in Ordnung, ja, bitte?" Weg war sie. Die anderen blieb«: noch. Aber keine sprach mehr. D:e Anwesenheit von Angelika Schneider lähmte die Zungen. Die stand steif aufgerichtet vor ihrer Staffelei und strich mit einem Spachtel fingerdick lichten Ocker auf ihr verzeichnetes Bild. Ueber ihrem verärgerten Gesicht lag noch ein indigoblouer Schimmer, wohin Monikas farbennass« Palette sie getroffeq hatte. (Fortsetzung folgt).