Volltext Seite (XML)
MiM », WNis 1. Beilage zu Nr. 117 Sonnabend, 7. Oktober 1911. DexksprüMe für Gemüt ««» Berst««». Das Wort GotteS wär' nicht so schwer, Wenn nur der eigne Nutz nicht wär'. Veteachtring ZG«, 1?. Sonntag nach Lrinitatir. Marc. 8, 2: „Mich jammert des Volkes". Dies Wort ist aus dem Evangelium von der Speisung der Viertausend in der Wüste mit den 7 Broten genommen, bei der die 7 Körbe Brocken übrigblieben. Das ist eine sehr tröstliche Geschichte I Lehrt fie unS doch, daß es dem Herrn ein Kleines ist, durch wenig oder durch viel zu helfen und daß die Schatzkammern seines großen Reichtums so leicht nicht leer zu machen sind und daß er niemand, der auf ihn vertraut und in seine Hand und Hut sich gibt, eher von sich läßt, als bis er satt geworden ist in seiner Gnade. Las kann und soll unsere Seelen zum rechten und freudigen Vertrauen auf ihn bringen. Wir find oft genug wie die Jünger dort in der Wüste, daß Wir wohl die Not sehen, aber nicht den Nothelfer und dann natürlich schnell mit unserer Weisheit zu Ende sind und weiter nichts wissen als dies: »Woher nehmen wir Brot, daß wir diese sättigens' Es ist wohl auch in unserer Zeit, in der alle Lebensmittel für die Menschen und alles Futter für das Vieh so teuer geworden ist, gar mancher, der ängstlich fragt: wie will es werden s Da sollen es denn alle Kleingläubigen in Land und Stadt lernen aus der Wundergeschichte unseres Textes, daß der allmächtige Gott, unser Vater in Christo Jesu, noch Hilfe weiß wo wir Menschenkinder keine wissen, und Wege sieht' wo fie unsern Augen verborgen sind, und daß er schon helfen wird, wenn wir nur bet ihm bleiben. Aber als das tröstlichste in der ganzen Geschichte finde ich doch das Wort: „Mich jammert des Volkes". I« der ganzen Begebenheit sonst zeigt sich uns die Hand deS Herrn in seinem Walten, hier in diesem Worte tut sich «ns sein göttliches Herz auf. Seht, noch hat keiner von den Jüngern daran gedacht, daß das arme Volk, das so treu beim Herrn auSgeharrt hat, 3 Tage lang, nun doch, in Gefahr gekommen ist, auf dem Rückwege vor Hunger umzukommen. Die Leute selbst, ganz hingrnommen von der geistlichen Speise seines Wortes, mit der er ihre Seelen erquickt hat, sind selber noch nicht zur Empfindung ihres leiblichen Bedürfnisses gekommen. Aber er hat schon dar an gedacht und vorgesorgt, ehe einer von den Menschen gesorgt hat. In ihm erfüllt sich die gnadenvolle Ver heißung: „Ehe sie rufen, will ich schon hören, wenn fie noch schreien, will ich antworten". Und nur denken immer, wir sehen unsere Not und unsere Bedrängnis zuerst. Uns ist immer zumute, als dächte niemand an uns, wenn uns eine Gefahr droht oder ein Uebel wie eine Wetterwolke am Himmel über uns hängt. Mein Christ, wenn du rS doch lernen könn test! Der Heiland ist heute noch derselbe Heiland, der er damals in der Wüste gewesen ist. Was sich geändert hat, das ist doch nur dies, daß er nicht mehr im Stande seiner Erniedrigung ist, die Mensebenaestalt nicht mehr die Herrlichkeit seiner Göttlichkeit verbirgt, «der waS un verändert ist und ganz unverändert bleibt, das ist sein Herz. Das schlägt zur Rechten Gvttes in derselben Liebe und Güte für unS, wie damals, als er unter dem Volke wandelte. Ehe du noch deine Not gefühlt, hat er sie schan gesehen. Ehe du noch merkst, auf welche gefährlichen und rauhen Wege dein Fuß treten soll, hat er eS schon be dacht. Es geschieht nichts in der Welt und es begegnet nichts, was ihm nicht schon in allen Einzelheiten bekannt wäre, ehe eS kommt. Ach, wenn wir das immer bedäch ten! Wie würden wir in aller Stille und Ruhe an den * AimerkinNule « werden jetzt in reichem Maße vorgenommes. Wer sein Lager baldigst räumen und einen hohen Umsatz :: erzielen will, vergesse deshalb nicht, eine :: tMMge «MuiWvslle Miamr durch fleißiges Inserieren in die Wege zu leiten. Schaufensterdekorationen allein genügen nicht. Im „Wochenblatt für Wilsdruff" ist das geeignete Blatt für ei« unbedingt wirkungsvolles Inserieren gegeben. Niemand versäume deshalb, durch rechtzeitige Aufgabe eiseS Inserates, dessen Ausgestaltung wir auf Wunsch :: übernehmen, seinen Umsatz zu heben. :: Weg denken, der vor uns liegt, wüßten wir doch, daß sein heiliges Auge über uns wacht und sein treues Herz ihn ordnet! Aus Sachsen. Wilsdruff, den 6. Oktober. In der Feuerbestattungsanstalt der Stadt Dresden sind im Monat September d. I. 38 Einäscherungen er folgt, und zwar 27 männlichen und 11 weiblichen Ge- schlecht. Von den Verstorbenen waren 37 evangelisch und 1 katholisch. Vom Tage der Inbetriebnahme (22. Mai d. I.) ab sind dies 174 Einäscherungen. Die Anmeldungen zu den Feuerbestattungen haben beim städtischen Bestattungsamte, Am See 2 (Stadthaus), Fernruf 4385, zu erfolgen. — Der Rat der Stadt Dresden hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, von den 500000 Mark, die zur Ausleihung auf zweite Hypothek für Kleinwohnungsbauten bewilligt waren, 350000 Mark zur Errichtung von Kleinwohnungshäusern durch die Stadt zu verwenden und 100000 Mark dem Armenamte zur Unterstützung bedürftiger Familien zu überweisen. Zur Speisung bedürftiger Schulkinder wurden außer den bereitstehenden 15000 Mark noch 50000 Mark bewilligt und endlich 75000 Mark zur Gewährung von Teuerungs zulagen an städtische Beamte bestimmt Endlich will der Rat den Bezug billiger Seefische durch Aufhebung der Eingangsabgabeu ermöglichen. An den Reichskanzler und die sächsische Staatsregierung sollen Eingaben ge- richtet werden, das jetzige System der Einfuhrscheine zu beseitigen und den Identitätsnachweis wieder herzustellen. Das Finanzministerium und die Staatseisenbahn sollen ersucht werden, außer der Beschleunigung des Trans portes von Seefischen auch Frachtermäßigungen auf trockene Gemüse etntreten zu lassen. — In den Felsen des Plauenschcn Grundes abgestürzt ist vorgestern der 9 Jahre alte Paul Artur Nietzsche aus Naußlitz. Arbeiter der Felsenkeller-Brauerei fanden ihn bewußtlos auf und brachten ihn tnS Krankenhaus, wo der Knabe gestern früh starb. Er war etwa 20 Meter tief herabgefallen. — DaS Schwurgericht Dresden verurteilte gestern den Maurer Göhlert wegen Mordes an dem Rentenempfänger Todt und Diebstahls zum Tode, 1 Jahr Gefängnis und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Wie der „Pirnaer Anzeiger" meldet, soll eine In dustriebahn von Mügeln an der Elbe entlang bis zum Bahnhofe Pir«» zugleich mit dem Viergleistgen Ausbau der Strecke Mügeln-Pirna in Angriff genommen werden. Ein tödlicher Unfall hat sich in Grotzenhai« an einer elektrischen Mangel ereignet. Ein mit Wäsche mangeln beschäftigtes Dienstmädchen aus Grübeln bei Liebenwerda hat sich, während die Mangel im Gange war, nochmals an der aufgelegten Wäsche zu schaffe« gemacht und ist hierbei von der Mangel gegen eine Säule gedrückt worden. Das Mädchen erlitt dabei so schwere Schädelverletzunge», daß der Tod alsbald eintrat. Die Verunglückte, die allein in der Mangelstube tätig war, wurde später in einer großen Blutlache liegend tot aufgrfunden. In Leipzig wurde an der Ecke vom Thomasring und Thomaskirchhof der Leutnant Pfeil, Adjutant vom Bezirks-Kommando I, von einer Kraftdroschke überfahren und so schwer verletzt, daß er bald darauf verstarb. Beim Fischen fand man in einem Weiher bei Mittel» frohna (Bez. Chemnitz) den Körper des seit einem Jahre vermißten Schuhmachers Walter. Am Körper fehlten der Kopf und die Arme, die man nachher seitwärts im Schilfe entdeckte. Ob ein Verbrechen vorliegt, läßt sich noch nickt feststellen. In Abwesenheit der Eltern benutzte der elf Jahre alte Sohn des Arbeiters Löser in Wolkenstein beim Feuermachen im Ofen Petroleum, wobei die Flasche explodierte und der brennende Inhalt sich über das Kind ergoß. Die schweren Brandwunden hatten den Tod deS Kindes zur Folge. Ei« deutsches Mädchen. Roman von Karl Meisner. AN (Nachdruck verboten.) „Wenn er seinen Prozeß verliert," fuhr das alte Fräu lein fort, „ist er ein ganz armer Mann. Ach, diese schreck lichen Prozesse, wenn die doch einmal aus der Welt geschafft werden könnten. Das Recht ist Nebensache, das Geld, das Gericht und Advokaten schlucken die Hauptsache. Hoffentlich haben Sie wenigstens Glück, liebe Martha, mit Ihrer Revision.« Martha schämte sich, ihrer mütterlichen Freundin gegen über ein Geheimnis zu haben. Selbst auf die Gefahr hin, vorhin als Lügnerin gegolten zu haben, beschloß sie, der guten Seele die Wahrheit offen zu sagen. „Fräulein Maud," flüsterte sie verlegen, „ich werde meinen Prozeß ganz sicher gewinnen.» ich von Herzen! Aber woher wissen Sre das denn auf einmal so bestimmt?" "^r/in-m Griefe Herrn Walfers, den ich heute Mor gen erhalten habe, entgegnete Martha leise. Aus einem Briefe meines Bruders," fragte Fräulein Maud überrascht. „Es ist doch heute kein Bote von ihm angekommen. Ach, gewiß war ihr Landsmann, Herr Mitten zweig, der freundliche Überbringer der guten Botschaft." Martha blickte auf, über und über wie mit Purpur übergossen. Dann ergriff sie die Hand des alten Fräuleins. Nein mein liebes, gutes Fräulein Maud, mein alter Freund war nicht der Überbringer des Briefes - sondern - Nachbar, Herr Henry. Bitte, bitte, verzeihen Sie mir, daß ich vorhin versuchte, vor Ihnen ein Geheimnis öü haben." „So, so, der Herr Nachbar war bei Ihnen — er ist also aus London schon zurückgekehrt, — ja, aber wie ist er denn überhaupt zu Ihnen gekommen, ich habe nicht bemerkt, daß er durch das Haus gegangen ist." „Als ich im Pavillon war," flüsterte Martha kaum ver nehmlich, „kam Lr durch die kleine Tür in der Garten mauer." „Das nenne ich aber keck! Was denkt denn eigentlich dieser Herr," entgegnete Fräulein Maud in gut gespielter Entrüstung. Ohne jede Erlaubnis fremden Grund und Boden zu betreten, ist denn doch etwas mehr wie gewagt." „O, liebes Fräulein, zürnen Sie ihm nicht! Ich habe ihm zwar mit dürren Worten nicht die Erlaubnis gegeben, aber es geschah doch mit meinem Wissen und also auch mit meiner stillschweigenden Einwilligung. Also trage ich auch dieselbe Schuld wie er, wenn Sie böse fein wollen. Ja, es war Unrecht von mir, aber — er bat mich so drin gend, ihm Unterricht im Zeichnen und Malen zu geben — daß ich diese Bitte — nicht abschlagen konnte." „Oder auch nicht wollte! Ich will nicht zürnen, denn ich begreife Sie sehr wohl. Herr Henry ist ein liebens würdiger und schöner Mann mit sehr gefälligen, ein schmeichelnden Manieren. Es ist kein Wnnder, daß er bei Ihnen einen Stein im Brett zu haben scheint. Wäre ich an Ihrer Stelle, Martha, so wüßte ich schon, was ich täte," sagte schelmisch lächelnd das alte Fräulein. „Nun, und was wäre das," fragte Martha gespannt. „Soll ich mal ganz offen reden?" „Ich bitte Sie darum." Fräulein Maud neigte sich zu Ihrem Schützling herüber und flüsterte Martha lächelnd ins Ohr: „Wäre ich so schön und noch so jnng wie Sie, dann machte ich Ihnen die schärfste Konkurrenz, ohne mich lauge zu besinnen." „Mir Konkurrenz," fragte Martha verwirrt. „O, Fräu lein Maud, was denken Sie!" »Ja, ja," lachte diese, „ich denke nur das, was meine alten Augen gesehen haben. Oder wollen Sie behaupten, daß ich mich getäuscht habe?" Martha sprang auf und umschlang ihre mütterliche Freundin mit beiden Armen. „Liebes, liebes Fräulein — ich wage nicht — ja, Sie haben Recht, Ihre Augen sahen scharf. Nicht wahr," fragte sie dann leise und verschämt, „Henry ist ein herzensguter Mann." „Dafür halte ich ihn wenigstens bis jetzt. Aber was nützt das, wenn er ganz arm wird?" „O, Herr Walfer schrieb mir doch, daß ich meinen Prozeß gewinnen würde," rief Martha eifrig. „Das hoffe ich ja auch. Aber nehmen wir an, es gelingt zuletzt doch durch Advokatenkniffe Ihrer Gegner Ihnen das Vermögen vorzuenthalten. Was dann, wenn Sie also den Prozeß wider Erwarten verlieren?" Bestürzt sah Martha das alte Fräulein an. Diese nüchterne Erwägung riß sie aus allen Himmeln. Aber die Liebe wußte bald einen neuen Ausweg. „Nun, wenn ich die Million nicht erhalte," sprach sie mit leuchtenden Augen, „so kaufe ich doch mit dem Gelbe, das ich jetzt besitze, meinem Henry das Haus zurück, und dann arbeite ich mit verdoppeltem Eifer weiter. Denken Sie doch nur, liebes Fräulein, ich habe doch schon tausend Pfund für ein einziges Bild erhalten! Und dann — Henry hat ein schönes Talent, er könnte mir also gut helfen. Sehen Sie, wenn wir dann hier auf dem Lande leben und uns einrichten, können wir gut auskommen und auch etwas für spätere Zeiten zurücklegen, denn ich werde doch nicht immer so in der Mode bleiben mit meinen Bildern wie jetzt." „Mein gutes, liebes Kind," sagte Maud gerührt. „Möge Ihnen der Himmel alle Ihre Wünsche und Hoffnungen in Erfüllung gehen lassen!" (Fortsetzung folgt.)