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Nr. 287. 4. November 1S25. Erzgebirgischer Volksfreund. Verlag L M. Gärtner, Aue. Beibla«. Sas «M w« »Ir knlchlm, M« AW»« LanteAlmtdüelmM Don Dr. Försterling, Aue. Die Schwierigkeiten im Wirtschaftsleben, besonders her vorgerufen durch oie anhaltende Kreditnot, haben zur Errich tung eines Realkreditinstitutes für Industrie, Handel und Ge- werbe im Freistaat Sachsen geführt. Die Anstalt steht unter Aufsicht des Finanzministeriums. Der Staat haftet für die Er- füllung der Verbindlichkeiten, die der Anstalt gegenüber geltend gemacht werden können. Das Grundkapital besteht aus einer Einlage von 1 Million Reichsmark, die der Staat zugunsten der Anstalt einzahlt. Die zur Beleihung erforderlichen Mittel verschafft sich die Anstalt durch die Ausgabe verzinslicher, auf den Inhaber lautender und von diesem nicht kündbarer Pfand briefe. Sie werden in Serien eingeteilt und jede Seüe er hält ihren besonderen Tilgungs- und RUckzahlungsstock. Der Gesamtbetrag der umlaufenden Pfandbriefe darf SO Milli onen Reichsmark nicht übersteigen; er muß in Höhe des Nenn wertes jederzeit durch Hypotheken von mindestens gleicher Höhe und von mindestens gleichem Zinserträge gedeckt sein. Für di« Pfandbriefe haftet die Anstalt mit ihrem gesamten Ver mögen. Sie sind zur Anlegung von Mündelgeldern geeignet. Beliehen werden in Sachsen gelegene, ihrer Hauptbestim mung nach der Industrie, dein Handel oder dem Gewerbe die nende Grundstücke. Gemeinsam mit solchen Grundstücken dür fen auch andere mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Grundstücke beliehen werden, wenn sie demselben Eigentümer gehören. Die Beleihung eines Grundstückes darf unter Einrechnung der der Deckungshypothek vorhergehenden privatrechtlichen Lasten bis zu 30 Prozent seines Schätzungs wertes erfolgen; dabei muß der Schätzungswert sowohl nach dem Verkaufs- wie auch nach dem Ertragswert des Grund stückes gerechtfertigt sein. Die Darlehn werden nach Wahl der Anstalt in bar oder in Pfandbriefen zum Nennwert gewährt. Sie werden als Til- gungsdarlehn gegen Hypothek, unbeschadet etwaiger Neben sicherheiten, gegeben. Sie sind für die Anstalt regelmäßig un- kündbar. Die Gewährung der Darlehn erfolgt mit der Maß gabe, daß jeder Darlehnsnehmer über seine Schuldsumme hinaus für die Derbindlichkeiten der Anstalt aus der Pfand- oriefferie mit 10 Prozent der Nennwertsumme des Darlehns haftet. Er nimmt z. B. 50 000 M. Kredit in Anspruch, er haftet mit 5000 Mk.; ins Grundbuch werden 55 000 Mk. einge tragen. Diese teilweise Abwälzung des Risikos muß als durch aus tragbar bezeichnet werden, wenn man bedenkt, daß andere Institute eine unbeschränkte Nachschußpflicht haben. Von dem Nennwert des Darlehns erhebt die Anstalt eine jährliche, in Halbjahrsbeträgen zu zahlende gleichbleibende Rente, bestehend aus den Zinsen, der Tilgungsrate und einem Gefahrenzuschlag. Außerdem ist die Anstalt berechtigt, bei Aufnahme des Darlehns eine einmalige Unkostenvergütung zu fordern. Der Darlehnsnchmer kann jederzeit nach vorheriger drei monatlicher Kündigung feine Verbindlichkeiten abdecken. Die Rückzahlungen haben in Pfandbriefen der Serie zu erfolgen, die Pfandbriefe werden hierbei zum Ziennwert angenommen. Das bedeutet für den Darlehnsnehmer einen wesentlichen Schutz, da er keine Verluste aus einem etwaigen. Disagio zwischen Nennwert und Kurswert zu fürchten hat. Mit Zu stimmung der Anstalt können di« Rückzahlungen auch in bar erfolgen. Die Organe der Anstalt sind das Direktorium, der Der- waltungsrat und die Kreditausschüsse. Für den Bezirk jeder Handelskammer wird ein Kroditausschuß gebildet, der aus einem Mitglied der zuständigen Handelskammer, als Vorsitzendem, einem Mitglied der zuständigen Gewerbekammer und minde stens drei weiteren Mitgliedern besteht. Don diesen soll mindestens eins dem Kreise der Dar- lehnsnehmer angehören. Ueber Lie Höh« der vom Kredit- ausschuß befürworteten Kredit« darf das Direktorium nicht hinausgehen. Für Verluste haben einzutreten die Serienrücklage, die all- gemeine Rücklage, die Haftsumme der Darlehnsnehmer, das Grundkapital und letzten Endes die Staatskasse. Das Gesetz tritt am 1. Oktober 1925 in Kraft. Das erste Geschäftsjahr läuft bis zum 31. Dezember 1925. Die Geschäftsbest immun gen und die Darlehnsbedin- gungen 'der 1. Serie sind bei der Sächsischen Landespfandbrirf- anstalt Dresden-A., Seestraße 18, erhältlich. * Der Aeltestenrat des Landtages hat beschlossen, die nächst Landtagssitzung am 17. November abzuhalten. Auf der Tagesordnung stehen eine Anfrage iiber den Preisabbau, sowie ein demokratiicher Antrag, betreffend das Reichsschul- «esetz. Schwarzenberg, 3. Nov. Mythen und Märchen, 2. Abend des Wissenschaftlichen Vereins. Vom Mythos, der zum Gott gewordenen Naturkvaft, über den faustisch in seiner. Art ringenden Heroen (Halbgott) und die hehren Gestalten nordischer Sage hin zum braven, einfältigen Glückspeter des Märchens führte Dr. Drach, Lektor der Vor tragskunst an der Berliner Universität, sein« Hörer, die ihm, hingerissen von seiner glänzenden Erscheinung, seiner wohl lautenden und meisterhaft beherrschten Stimme und nicht zu letzt dem tiefen künstlerischen Erfassen, willig durch Jahr tausende folgten. Mit dem prächtigen Hymnus des ägyptischen „Ketzer"königs Amenhotep IV. (2000 v. Ehr.) auf Aton, Ler alles erzeugenden und erhaltenden Sonnengottheit, setzte die dreiteilig aufgebaute und mit Geschmack ausgesuchte Vortrags folge «in. Aus den: Reiche herrlicher Vollendung riß uns Gilgamesch, der Gottmensch und Gewaltige, von Uruk (Ton tafelwerke Ninives, 1000 v. Ehr.) in feine Welt des Zweifels, des wilden Aufbäumens gegen ein unerbittlich' Geschick. Der zweite Teil vermittelte zunächst in „Helgi dem Hundingstöter" Proben -er Edda, jener seltsam würdevollen Dichtung des fernen Islands (11. Jahrh. n. Ehr.), die durch ihren Stabreim altgermanisches Wesen doppelt zum Erleben brachte, während das schalkhafte Marienlegendchen „Der Tänzer unsrer lieben Frau" um die Finsternis mittelalterlicher Gloubensenge einen verklärenden und versöhnenden Schimmer wob. So war drit tens, absteigend von göttlicher Hoheit zu den Niederungen menschlichen Daseins, -er Weg geebnet für Volkmann-Leander's „Märchen vom unsichtbaren Königreich", vom Traumjörge, der eine holde Prinzessin und ein liebes Weib gewinnt, über das doch die andern, die „gewöhnlichen Leute", so kraus die Nasen rümpfen. Der überwältigende Eindruck aber, den wohl jeder mit nach Hause nahm, mochte er sich auf das „Mit Dir leben wir, ohne Dich sterben wirl" des Atonhymnus', auf Gil- gamesch's Jubel beim ersten Strahl -es Lichts nach banger, banger Wanderung durch die Nacht, mochte er sich auf Sigrun's grausigen Racheruf oder Traumkönigs väterlich' Lachen stützen, war der: Wieviel geht uns verloren ohne Las gesprochene Wort! Das Jneinanderklingen wechselnder Töne ist Ler Lebens- I ödem für die wahre Dichtung aller Völker, und nichts dringt ins Herz, was nicht dem Ähre klangvoll sich-«bar. Der stür mische Beifall, den Dr. Drachs von seelechMnn Humor stet» im rechten Augenblick zuck'Ernst sich wendende Kunst erntete, wurde belohnt durch Goethes „Der Gott und die Bajadere", alle noch einmal hinaufreißend zu den höchsten Höhen mythischen Empfindens, geadelt durch da« Menschentuck einer großen Persönlichkeit. Bech Schwarzenberg, 3. Nov. Nachdem Generalmusikdirektor Atörkke seinen „Meistersinger"-Vortrag im Wissenschaftlichen Verein vom 6. auf den 13. November Atte verlogen lassen, hat er jetzt den eingegangenen Vertrag aufgesagt unter Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung über eine plötzlich aufgetretene Erkrankung der Stimmbänder. Der Nvvombervortvag muß so- mit ausfallen, da bei der Kürze der Zeit ein Ersatzmann nicht beschafft werden kann. Außerdem ist es jetzt schwer, einen Dortragsredner von Bedeutung zu gewinnen, da die Herren ihre Reisen längst Mammengestellt haben. - H. Schwarzenberg, 3. Nov. Dienstag spricht im Ratskeller abends 8 Uhr der berühmte Himalayaforscher Dr. Boeck über das Thema: „Warum ist Indien das Wunderland." Es ist nur zu begrüßen, daß es der Ortsgruppe im DHV. gelungen ist, Dr. Boeck für einen Dortvag mit Lichtbildern zu gewinnen. Dr. Boeck ist wohl der einzige lebende Forschungsreisende, .der nicht nur den Osten und Westen des Himalaya, sondern auch das dazwischenliegende „verschlossene" Zentral-Himalaya-König- reich Nepal aus eigener Anschauung kennt. Grünhain, 3. Nov. In der Nacht zum Sonnabend ertönte Feueralarm. Es brannte in dem großen Lagerschuppen der Bing-Werke I, der mit versandfertigen Kisten vollgeschichtet war. Nach zweistündiger angestrengter Arbeit der Betviebs- sowie der freiwilligen Feuerwehr Grünhain gelang es, den Braud zu lokalisieren. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Dis Firma erleidet immerhin beträchtlichen Schaden. Die Ursache des Brandes muß noch geklärt werden. Riederschlema, 3. Nov. Nachdem unser Ort mit der Er bauung seiner Kirche am 1. Januar 1900 selbständige Parochie geworden war, regte sich der Wunsch, den für Oberschlema und Riederschlema gemeinsamen, im März 1887 gegründeten Frauenverein zu trennen und für Riederschlema einen selb ständigen Verein zu haben. Am 26. Sept. 1900 bildete sich der Frouenverein für Niedevschlema als Glied der Gesamt- anstalt der obererzgebirgischen und vogtländischen Frauen- veveine. Am Sonntag, dem 18. Okt., beging der Frauen» verein sein 25jähriges Jubiläum. Am Morgen hielt er Kirchgang, sodann wurden auf dem Friedhofs an den Gräbern der Vorsteherin Frau Selma Gaul und des Kurators Kantor Ernst Dost mit einer schlichten Feier in Dankbarkeit Kränze niedergelegt. Der Mittag vereinigte die lieben Alten mit dem Vorstand und den Helferinnen des Vereins zu einem gemein- samen Mahle im schöngeschmückten Saale des FvemLenhofs Zentralhalle. Nachmittag 4 Uhr fand ebenda eine öffentliche Feierlichkeit statt. Die Pflegling« und Mitglieder des Vereins sowie Gäste waren zahlreich erschienen. Der Kurator, Orts pfarrer Berger, begrüßte alle Erschienenen und gab einen Ueberblick über die Geschichte und Arbeit der vergangenen 25 Jahre. Der trotz der äußerst ungünstigen Witterung in er freulicher Anzahl erschienene Schwesterverein Oberschlema brachte durch seinen Kurator, Pfarrer Weigel, herzliche Grüße und Glückwünsche.- Der Landesverband für christlichen Frauendienst sandte telegraphisch treue Segenswünsche nach Ps. 115, V. 14. In ehrenden Worten vernahm man die Wür digung der Frauenvereinsarbeit durch den Gemeinderat und die Gemeindevertretung. Auch der Naturheilverein gedachte mit Anerkennung der Arbeit des Jubelvereins, zugleich mit Das Kaus der Grimaldi. Ein Roman aus Oberbayern und dem Fürstentum Monaco von Richard Voß. (Nachdruck verboten.) (31. Fortsetzung.) Wo die Straße von Kap Martin in die allgemeine Route de Nice einlenkt, begegnete ihnen eine Equipage mit einem schwarz livrierten Diener auf dem Bock. In dem Wagen saß eine Greisin in tiefer Trauer mit einem altmodischen Umhang und altmodischen Kapotthut: die Exkaiserin Eugeni«. Graf von Roquebrun« grüßte und es grüßt« der Freiherr. Als Ler Wagen Mit der einsamen alten Frau an den bei- den Männern vorüber war, fragte der Franzose im Tone höch sten Erstaunens: „Sie grüßten di« einstmalige Kaiserin von Frankreich? Sie, ein Deutscher!" „Ich grüßte nicht die Kaiserin, sondern di« schwer geprüfte Frau. Halten Sie das eines Mannes für unwürdig?" „Im Gegenteil. Ich bewundere Sie. In dem Ton des Grafen klang dieses Mal etwas andres als heimlicher Spott. Offenkundige Verachtung des Deutschen, der in Gestalt der Greisin das Unglück gegrüßt hatte . . . Das Ehepaar begegnete Bekannten und so kain es, daß Scholastika und -er Freiherr für sich blieben. Mehr als j« fühlte sie, daß sie nicht zu den andern gehörte, sondern daß ihr Platz an der Seite ihres Landsmanns und Vetters war. Zum erstenmal aus seiner Zurückhaltung heraustretend, sagte Hanns Wolfram in heftiger Erregung: „Wie sie uns hassen! Oh, wie sie uns hassen! Sie denken an nichts andres, als wie sie ihren Haß stillen können! Sie verzeihen uns nicht, daß wir sie in dem uns aufgedrungenen Krieg besiegten, daß wir die Stärkeren geblieben sind. Richt nur die Stärkeren, sondern auch die Böseren, wie wir ohne Ueberhebung von uns sagen dürfen. Auch di« um vieles Tüchtigeren, trotz ihrer großen Kultur. Aber in dem einen sind sie uns über: in ihrem Haß. Ja, Herr Gräf, woA uns, wenn wir Deutsche nicht wieder has- sen könnten! Gin guter Geist bewahre uns Deutsche davor. Jeder Blutstropfen in uns muß aufglühen in Haß wider euch . . . Und bei diesen Leuten war ich zu Gast! Ich schäme mich. Und du — was geht das mich an? Verzeih! Es über mannte mich. Aber weil ich ihren Haß fühl« wie eine teuflisch« Gewalt, riß es mich hin. Wir sind hier von Todfeinden um ringt und ich saß an ihrem Tisch, aß ihr Brot. Welche Schande für mich!" „Du meinst, welche Schande für mich" „Das ist dein« Sache. Gleich morgen werde ich mich bei deinen Freunden verabschieden." „Du willst abreisen?" „Gleich morgen. Ich habe genua von dieser Welt. Mr ekelt." „Du verachtest mich?" „Weil dir diese Welt so gut gefällt? Weil du dieses Pa riser Dämchen so zärtlich liebst? Weil dieser Herr Graf — doch das alles ist dein« eigene Angelegenheit. Jedenfalls reise ich. Deutschland, Heimat, Bayern, mein Volk! Noch niemals fühlte ich so stark das stolze Glück, Deutscher zu sein und solche Heimat zu haben, bewohnt von solchem Volk. Es ist ein Glück, das ich mir immer von neuem verdienen muß, ich und jeder Deutsche. Dasselbe sagte ich auch diesem Grafen, den ich —" „Den du hassest?" „Hassen? Ich dieses Herrlein hassen? Diesen Wüstling und Verderber! Du meinst wohl, den ich verachte? Jawohl, ich verachte den fernen Herrry und das von ganzem Herzen. Du freilich —" Sie war so totenbleich, daß er nicht weiter sprach . . . Auch für diesen Abend war der Freiherr auf das Schloß geladen. Er sagte ab, was selbst Pvonne weniger lebhaft be dauerte als der Graf. Am nächsten Vormittag erschien der Freiherr, um sich zu verabschieden; er habe zu Hause zu tun und es sei des Mißiggangs genug. Auch sei Lie Welt der Riviera für einen Menschen seines Schlags zu verlockend un schön. Ein Mensch des Nordens gehöre nicht in diese Welt, ein solcher Mensch bedürfe der Rauheit und Härte. Darum sei es für ihn die höchste Zeit, heimzukehren, wo freilich noch immer Winter herrsche. Aber das sei für ihn gerade das rechte! Psonne schmollte, was ihr, wie si« wußte, reizend stand. „Sie gehen fort und wissen, daß ich gerade im Begriff bin, mich in Sie zu verlieben! Wie abscheulich von Ihnen! Me kann ein Diann fortgehen, wenn ihm von einer Dame derartige schön« Ding« gesagt werden? Aber so seid ihr Deutschen! Wenig galant seid ihr! Freilich ist es gerade eure Ungalan- terie und Ungrazie, die euch für uns gefährlich macht. Jawohl, mein ungalanter Herr! Aber gehen Sie nur! Wir werden uns zu trösten wissen. Jagen Sie in Ihrem abscheulichen Eis lando Bären und Herzen Si« das Töchterlein Ihres Försters, wie es Ihr Kronprinz getan haben soll, der dafür von dem ForsterpaA auf das abscheulichst« abgeschlachtet wurde . . . Charles, my sweetheart, was sagst du dazu, daß dieser Herr fortgeht, obgleich ihm deine arme kleine Frau eine Liebeserklä rung macht?" Was Charles dazu sagte? Charles bedauerte unendlich, Charles würde den scharmanten Detter der schönen Freundin seiner armen kleinen Frau sehr vermissen. Es war von dem Herrn Daron unendlich liebenswürdig gewesen, bisweilen im Schloß gespeist zu haben. Leider nur bisweilen. Die beiden standen einander gegenüber. Der Deutsche übersah die zum Abschied ausgestreckte Hand des Franzosen, der seine Hand sinken lassen mußte. Sie sahen sich an, zwei Todfeinde. Jawohl, Graf von Roquebrun« — auch der Deutsche konnte Haffen! Haß war ja wohl Kraft. Aber nicht der Haß, sondern die Kraft verleiht einem Volke den Sieg. Es kommt nur darauf cm, welcher Wille und welche Kraft am machtvoll sten ist. . . Der Freiherr ließ sich bei Scholastika melden. Sie stand, ihn erwartend, mit dmn Rücken gegen das Fenster. Vielleicht kam er, um ihr zu sagen: „Reise mit mir. Ich nehme dich mit mir zurück in die Heimat, nach Hause!" Er kam und schien nicht zu sehen, wie bleich sie auch heute war. „Willst Lu dich nicht setzen?" „Entschuldige. Ich habe Eile und muß noch packen." „Dann lebe wohl." „Du bleibst wohl noch eine Weile hier?" „Ich bleibe noch eine Weile hier." „Deine Freunde sagten mir, du würdest sie wahrscheinlich doch nach Paris begleiten?" „Nein. Ich sagte dir ja schon, so reizend« Menschen meine Freunde auch sind, werde ich ihrer Einladung nicht Folge leisten." „So reizend« Menschen dein« Freund« auch sind — ich verstehe, daß -er Graf leidenschaftlich geliebt werden kann. Freilich von keiner deutschen Frau, das wäre für ein« deutsche Frau undenkbar, abgesehen von dem unauslöschlichen Haß dieser Herren Franzosen gegen alles, was deutsch ist. Wir sprachen übrigens gestern -Mion. Aber ich stehe hier und schwatze. Zu Hause werde ich all« von dir grüßen . . . Wo ist di« Zenz? Ich möchte der guten Alten Lebewohl sagen." „Ich werd« sie rufen." Sie ging in ihr Schlafzimmer, benachrichtigte die Zenz> kehrte nicht zurück. „Das wäre für eine deutsche Frau undenkbar —I" Sie sank neben ihrem Lager zu Boden, das Gesicht in die Kissen vergraben . . . Scholastika blieb an diesem Tage allein. Ihre Freunde fuhren nach Antibes, wo ein englischer Freund «in wegen sei ner Schönheit berühmtes Landhaus besaß. Scholastika hatte mit von der Parti« sein wollen, entschuldigte sich jedoch. Wie es dann kam — Plötzlich stand er vor ihr und sagte ihr, er habe seine Frau nicht begleitet, er sei zu Haus« geblieben; denn er müsse sie sprechen, sie müsse ihm angehören, müsse die Seine werden. Seine Liebe zu ihr sei ein« Gewalt von oben herab, sei etwas Ueberirdisches, also etwas Heiliges. Und auch sie — Ja, ja, und auch sie — Da sagt« sie ihm, sie liebe ihren Detter. Es sei für sie eine Schmach, seinen Erklärungen Gehör geschenkt, eine Schmach sei es für ihn, diese Erklärungen gemacht zu Hecken und sie jetzt zu wiederholen. Die Schuld dafür treffe indes lediglich sie selbst. Und sie sagte ihm, sie würde sein Haus am nächsten Tag« verlaffen. / «MU