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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190502191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19050219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19050219
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-19
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1905
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Seite 2. Nr. 91. 99. Jahr«. ver rur-i-cb-Iapanirede ffrieg. Vericlrt -er Oberstleutnant» von tanenstein. Der zur mandschurischen Armee abkommandlerte deutsche Oberstleutnant von bauens! ein erstattet solgenden Bericht: Die Aufstellung der russischen Armee ist, wie sich daS in der Organisation der Rückendeckung zeigt, außerordentlich durchdacbt und tystematisch geschehen, so daß der Armee von bier aus alles Nötige geliefert werden kann. Die Kriegs- Hol pitä le r machen entgegen einigen zum Ausdruck ge brachten Ansichten im allgemeinen einen erfreulichen Eindruck, unk die Anforderungen, die der Krieg an sie stellt, erfüllen sie ebenso gut wie die Lazarette des Roten Kreuzes. Bakteriologische und DeSinscktions- züge mit Waschküche sind durchweg eine neue Er scheinung auf dem Kriegsschauplätze, die durch ihre außerordentlich praktische Einrichtung die Aufmerk samkeit auf sich lenken. Was die Feldapotheken betrifft, so ist es zweifelhaft, daß sie ihre Funktionen in lo großem Maßgabe entwickeln werden, wie sic könnten» da knrch dieVcr- walter gewissenmaßen ein Druck aus die Aerzte ausgeübt wird. In der Intendantur befindet sich ein äußerlt energischer und biederer Bestand von Pcnonal und eine Auistapelung von Vor räten, die augenlcheiiilich alleErwartungen übertreffen. Der uu- gewohnten schwierigen LebenSweoe in den Erdhütten haben sich die Offiziere sowohl als auch die Mannlchaften der Re- servebalaillone anscheinend ausgezeichnet angepaßt. Von Spezialtruppen könnte man eine vollkommenere Einrichtung ihrer Erdhütten erwarten. Die Ruhe der russischen Sol daten ist geradezu verblüffend. Beim Rückzug von lsiao- jang standen sie sechs Stunden bei den Brücken, ließen die Artillerie passieren und kochten während dieser Zeit ihren Tee. Eine ter hervorragendsten Eigenschaften der mandschurilchen Armee ist die Fähigkeit, sich zn komplettieren. Heute kann ein Regiment geschlagen sein und die Hälfte seines Be standes verloren haben, und schon morgen geht es wieder zur neuen Attacke. Einige Tage nach der Schlacht bei Liaujang haben die russischen holdsten wieder gesungen, geißelt und sich über die Japaner lustig gemacht. Die Lage der russischen Armee verbessert sich mit jedem Tage und an einem schließlichen, unbedingten Siege kann kein Zweifel bestehen. DaS Essen und die Verpflegung ist in der rnffi- zchen Armee ausgezeichnet. von» Asiegrschauplatz. Nack einer Reuterdepesche aus Tokio, die auf Berichte vom Schahs zurückgeht, zeigen die Russen eine zu nehmende Tätigkeit, indem sie sich aus beiden Flügeln ausbreiten, auf der Rechten verstärken und auch auf der Linken gegen Kuroki eine starke Streitmacht konzentrieren. Bei diesen letzten Operationen war Aus an die Basis. Die russischen Streitkräfte in dieser Gegend werden aus 6 Divisionen ge schätzt. Man hat den Eindruck, als ob Kuropa tkin sich darauf vorbereite, die Offensive wieder auf zunehmen. Das Wetter ist noch ungünstig, jedoch dürfte die strenge Kälte bald vorüber sein. — Nach einer zweilen Depesche" aus Tokio beschossen die Russen Teile von Oyamas Zentrum und der Stellung auf der linken Flanke am Donnerstag und Freitag. Die russische Ka vallerie zog sich nach dem letzten Angriff ans Oyamas linke Flanke zurück und faßte bei Lmchienghang Poslo. Aurspatkin bat, wie aus Petersburg telegraphiert wird, vom 16. Februar gemeldet: Infolge einer nur zugegangencn Nach richt, daß sich an der Eisenbahnlinie G unchulin- K u n ch e nz i in der Mongolei eine größere Anzahl Chunchusen unter japanischen Führern konzentrierte, entsandte ich am 11. Februar eine Abteilung der Grenzgarde zum Zwecke einer Rekognoszierung unter General Lenirky, der auf die Nachricht, daß die Brücke bei Fontsetun am 12. Februar angegriffen wurde, die Japaner und Ebunchusen angriff und sie auseinandertrieb. Während der Verfolgung, die sich bis auf eine Entfernung von 120 Werst nordwestlich von Gunchulin ausdehnte, stieß Lenizky aus 6 Schwadronen Kavallerie und 4 Kompagnien In fanterie Japaner nebst einer Abteilung von mehr als 2o00 Chunchusen. Obwohl von allen Seiten ein ge schlossen, gelang es unseren Truppen, sich kämpfend nach Gunchulin zurückzuziehen, wo sie am 15. Februar wieder ankamen. Deutsches Reich. Berlin, l8. Februar. * Ter Kaiser empfing heute Herrn Dr. Krieger- Menzel, der die Orden seines verstorbenen Onkels überbrachte. * Kronprinz Wilhelm trat heute vormittag von Florenz seine Heimreise an. Am Babnbofe waren zur Verabschiedung Leipziger Taqeblatt. der deutsche Konsul, der Präfekt, der Polizeipräsidenl und der Bildhauer Sguanci, dem der Kronprinz noch heule Morgen eine Sitzung gewährte, und andere, anwesend. Die Erklärung für die unerwartet frühe Abreise gibt eine weitere Meldung, wonach auch die Braut des Kronprinzen, Herzogin Cecilie von Mecklenburg, heute mittag kurz nach 12 Uhr Florenz verlassen hat und nach Cannes abgereist ist, um sich zu ihrer erkrankten Mutter zu begeben. Am Bahnhöfe waren zur Verabschiedung erschienen der deutsche Konsul, der Präfekt und die Vertreter der Behörden. Die Herzogin drückte, wie cs auch der Kronprinz bei seiner Abreise getan, ihr Bedauern darüber aus, wegen des Gesundheitszustandes ihrer Mutter den angenehmen Aufenthalt in Florenz abürzen zu müssen. * Die Novelle zum preußischen Berggesetz. Der Gesetz entwurf, belr. Abänderung der Paragraphen 65, 150—162 und 207s des allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865/92 und des dritten Abschnittes des Aus- sührungsgcjctzcS zum Reichsgesctz über die Zwangsversteige rung und Zwangsverwaltung vom 23. September 1899, ist dem Abgeordnetenhaus zugegangen. An Stelle des 8 65 des Berggesetzes treten u. a. folgende Vorschriften: Ter Bergwerkseigentümer ist verpflichtet, das Bergwerk zu betreiben, wenn der Betrieb Gewinn verspricht und der Unterlassung oder gänzlichen oder teilweisen Einstellung des Betriebes überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen. Liegen diese Voraussetzungen vor, so hat das Oberbergamt die Befugnis, die Bergwerkseigentümer aufzufordern, binnen einer vom Obcrbergamt zu bestim menden Frist in entsprechendem Umfang das Bergwerk in Betrieb zu setzen oder den Betrieb sortzusühren. Beschließt das Oberbergamt auf Grund des 8 156 die Einleitung eines Verfahrens auf Entziehung des Berg werkseigentums, so kann daneben auf Beschluß des Han dels- und Finanzminislers der Bergwerkseigentümer ver pflichtet werden, sich auf seine Kosten den Zwangsbelrieb des Bergwerks gefallen zu lassen. In diesem Falle ernennt das Oberbergamt einen BcrgwcrkSvcrwalter. Mit der Anordnung des Zwangsbetriebes verliert der Bergwerks eigentümer die Befugnis, daS Bergwerk zu verwalten, sowie die Rechte auszuüben, die auf den Betrieb des Bergwerks oder auf den Vertrieb von Erzeugnissen des Bergwerks be ruhen. Tas Oberbergamt hat dem Bergwerksverwaltcr das Bergwerk zu übergeben oder ihn zu ermächtigen, sich selbst den Besitz zu verschaffen. Zur Beseitigung von Widerstand kann die Unterstützung der Polizei nachgesucht werden. Ter Zwangsbetrieb endigt, wenn daS Bergwerk im Wege der Zwangsversteigerung veräußert wird, wenn die Zwangsversteigerung erfolglos ist oder aufgehoben wird und wenn der Beschluß der Oberbcrgamts aus Entziehung des Bcrgwcrkscigcntums zurückgcnommen wird. Die neuen Paragraphen 156, 158 bis 162 besagen: Leistet der Bergwerkseigentümer der Aufforderung zum Weüerbetriebe keine Folge, so kann das Oberbergamt die Einleitung eines Verfahrens auf Entziehung des Berg- wcrkseigentums durch einen Beschluß aussprcchen. Jeder dinglich Berechtigte ist befug/ binnen einem Monat von der Zustellung des obigen Beichlusses des Oberbcrgamts die Zwangsversteigerung des Bergwerkes bei dem zu ständigen Amtsgerichte zu beantragen. Tie gleiche Befugnis steht dem Oberbergamte zu. Wird die Zwangsversteigerung nicht beantragt oder führt sie nicht zur Veräußerung des Bergwerks, so spricht das Oberbergamt durch Beschluß die Aushebung des Bergwerkseigentums aus, womit alle An sprüche an das Bergwerk erlöschen. Der Paragraph 1o7 des allgemeinen Berggesetzes wird ausgehoben. Das Aus- führungSgesetz über die Zwangsversteigerung u. a. wird durch Artikel 27 b und e abgeändert, wonach bei der Zwangsversteigerung eines Bergwerks, die, wie oben be antragt wird, der Ersteher verpflichtet wird, das Berg werk zu betreiben, und wonach ferner der BergwerkSeigen- tümer vom Mitbieren ausgeschlossen wird und das Recht aus dem Meislgebot an ihn nicht übertragen werden kann. Tas Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. Zur Vermeidung von Mißverständnissen möchten wir ausdrücklich hervorheben, daß sich diese Novelle lediglich gegen die willkürliche Stillegung von Zechen richtet, also nicht identisch ist mit der den Bergleuten aus dem Ruhrgebiet während des letzten Streiks verheißenen Novelle, welche z. B. die Arbeiterausschüsse obligatorisch machen und das Wagennullen verbieten soll. * Aus dem Reichstage. Die BuvgettomMission Kat im Marine-Etat Streichungen in Höhe von 3 430600 Mark vorgenommen. KriegSminister v. Einem ist er trankt. Die Beratung des Militäretats in der Budget kommission des Reichstags wirv daher noch nicht vor genommen werden. Beim Reichstag eingcgangcn ist eine Denkschrift über die Verhältnisse der Arbeiter in den Reichs-, Militär- und Marinebeiricben für ras Iabr 1903. * Reue Auflage de« Trakehner rchulprazefies in Licht. Auf die von dem Rechtsanwalt Sonnenfeld eingelegte Be schwerde im Trakehner Schulprozeß hat das Kammer gericht nach der „Voss. Ztg." die beantragte Beweis erhebung angeordnet. * * Französische Jäger in Vaden. Die amtliche „Karlsr. Ztg." hat im Januar 1904 behauptet, „daß Ausländer, welche zu Bedenken Anlaß geben hinsichtlich der Gefährdung der Interessen der Landesverteidigung, von Iagdpachten und vou der Erteilung der Iagdpässe ausgeschlossen werden." Gegen- über dieser Erklärung des Organs der badischen Regierung dürfte eine jetzt vou den „Mittelbad. Nachr" verbreitete Er zählung von Interesse fein, nach der einer Gesellschaft von elf Franzosen tatsächlich die Iagdpässe ent zogen worden sind. Die Leute batten in der Um gebung Karlsruhes einen großen Jagdbezirk ge pachtet; unter ihnen befand sich ein aktiver franzö sischer Offizier, ein Kapitän Keller, der sich unter Ver heimlichung seines OifiziersstandeS als Privatier ausgab. Nachdem infolge dieser Entdeckung den Franzosen die Jagd pässe entzogen worden waren, richteten sie ein Gesuch an die Regierung und sollen damit den Erfolg erzielt haben, daß ihnen die entzogenen Iagdpässe wieder bewilligt wurden!!! Von einem ähnlichen Fall wird aus Offenburg berichtet. In der dortigen französischen Jagdgesellschaft jagt heute ein Herr Besancjvn, der auf dem Iagdpaß als „Fabrikant" verzeichnet ist und identisch sein toll mit einem französischen Kapitän Besan^on, einem aktiven französischen Offizier. Als solcher soll er früher bereits bei Offenburg die Jagd ausgeübt haben. Für die Behörden dürfte sich doch die Notwendigkeit ergeben, diesen Fall genau zu untersuchen. Wenn nicht eine Verwechselung vorliegt, er scheint die Sache nichts weniger als harmlos. * Kiel, 18. Februar. Der frühere Vorsteher des Geheim bureaus der Germaniawerst, Barkemeyer, ist heule von der hiesigen Straslammer wegen unlauteren Wettbewerbes und Diebstahls von Plänen zn einem Gefängnis und zwei Iabren Ehrverlust verurteilt und wegen Fluchtverdachts sofort in Haft genommen worden. (Die Affäre Barkemeyer schien zuerst politischen Charalter zu haben, man sprach von Landesverrat durch Preisgabe von Geheimnissen der deutschen Marine, doch müssen sich dafür nicht genügend Anhaltspunkte ergeben haben, da sonst die Sache vor dem Reichsgericht verhandelt worden wäre.) * Braunschweig, 18. Februar. (Eig. Drahtmeldg.) Ter wegen Beleidigung einer oldenburgischcn Prinzessin zu vier monatigem Gefängnis verurteilte Chefredakteur der „LandeSztg." Dr. Sierke ist nach einem Vierteljahr vom Regenten begnadigt worden. * Kattolvitz, 18. Februar. Das Zeiitrumskomitee hat beschlossen, bei der Ersatzwahl für Korfanly den Geheim rat Letocha als ReichSlagstandidaleu aufzustellen. Die deutschen Parteien haben den Oberbergrat Hi 1ger in Aus sicht genommen. * TarmstaSt, 18. Februar. Eine von ca. 700 Studenten der Technischen Hochschule besuchte Versammlung nahm gestern abend nach mehrstündigen, heftigen Debatten mit er drückender Mehrheit den Antrag an, sich bezüglich der Frage der konfessionellen Verbindungen ganz der Berliner Resolu tion anzufchließen, die auf dem Eisenacher Verbandstag zur Beratung gestellt werden soll. Ein Redner der Burschen schaft „Germania" wies nachdlücklich darauf hin, daß kon- fejsionelle Verbindungen auf den Universitäten eine andere Sache seien; auf den technischen Hochschulen aber, wo nur die technische Wisscnichaft gelehrt werbe, hätte die Religion nichts zu suchen. Dff Darmstädter Studenlen- schast habe sich schon früher s gegen die Gründung der hiesige» latholischen Verbindungen erklärt, die ihre jetzige Existenz nur der Protektion eines hohen Darmstädter Hof beamten zu verdanken hätten. Flotte. Linienschiff „Wörth" flott. Da- Linienschiff „Worth", das in der Strandcr Bucht auf Grund geraten war, ist am Sonnabend früh 4 Uhr wieder flott geworden. Ruslana. Oesterreich - Ungarn« * Erlaß -es Ncichskriegsministeriums über Ven Grafen Sternberg. Tas Reichskriegsnunislerium hat, wie aus Anlaß der neuesten Leistung des Grasen Sternberg und der durch ihn ver- uriachten Präjidentenkrisis in den Blättern mitgcteilt wird, bereits im vergangenen November an alle Militärterritorialkvm- mandos einen Erlag gerichtet, danach wurde Adalbert Graf Stern berg 1888 zum Leutnant in der Reserve ernannt. Noch im selben Jahre geriet er >n einem Wiener Kafsechanje wegen einer von ihm bestrittenen Spielschuld in einen Konflikt, wobei es zu Beschimpsungeil und sogar zu Tätlichkeiten kam. Das 2. Kvrpskoinmando ordnete aus diesem Anlässe am 22. November 1888 gegen ihn die ehrenrätliche Borverhandluug an, welche Sonntag, 19. Aedrnar 199L. ledoch sistiert werden mußte, al» Graf Sternberg im Februar 1889 über rin Gutachten de» Professor» Dr. Krafft-Ebing al» geiste»- krank in eine Nervenheilanstalt in Görlitz gebracht worden war. In dieser Heilanstalt blieb er mehr als anderthalb Jahre interniert. Nachdem er aus der Anstalt al» geheilt ent lassen war, wurde das ehrenrätliche Berfahren gegen ihn über eigene Bitte sortgesetzt. In diese- Berfahren wurde auch eine An- zeige wegen angeblicher Ableugnung einer Wette und die Tatsache einbezogen, daß er am 1b. November 1892 vom ungari- schen Jockeyklub wegen Nichtbezahlung von Wettschulden al« Desanlter von allen Rennplätzen der Monarchie ausgeschlossen wurde. Nachdem er inzwischen einen Selbstmord durch Er schießen versucht hatte, wurde ihm über seine Bitte die Ablegung der Osfizierscharge mit 1. Mai 1893 bewilligt und er vorerst al» Reservedragoner und sodann al- Reserveunterkanonier über setzt. Im Jadre 1896 bat Graf Sternberg in einem Majestät-- gesucht um Wiederverleihuug der Leutnantscharge und wurde 1898 zum Leutnaut in der nichtaktiven Landwedr ernannt. Im Jahre 1899 begab sich Graf Sternberg, ohne sich gemeldet zu Haden, auf den Kriegsschauplatz in Südafrika, wo er von den englischen Truppen gefangen und entfernt wurde. Nach seiner Rückkehr erfolgte seine Bestrafung wegen Uebertretuug der Vorschriften. Am 17. Februar 1902 wurde neuerlich gegen den Grasen Sternberg vom 13. Landwehrtruppen-Divisions-Kommando in Wien die ehrenrätliche Verhandlnng etngeleitet, damit er sich wegen einer lang verzögerten Bezahlung einer Spielschuld von 12000 Kr. verantworte. Er wurde vom Ebrenrate der 3. Landwehrtruppen- Tiviiion der Verletzung der StandeSehre schuldig erkannt, sohin mit Enlscheidung des berufenen Landwehr-Oberkommandos seiner Osfizierscharge für verlustig erklärt und au- dem Landwehr- verband« entlassen. Der Erlaß stellt fest, „Laß durch eine solche Persönlichkeit die Ehre der Armee, ob doch, ob nieder, keineswegs belroffen oder in Frage gestellt werden kann." * Tie schwebende ungarische Krisis. Nach einem Pestrr Telegramm wurde gestern im Reichstag ein königliches Res tript verlesen, das besagt, der König könne infolge ein getretener Hindernisse nicht, wie sein väterliches Herz eS wünschte, den Reichstag persönlich eröffnen. Im Magnatenhaus« wurde ferner ein königliches Handschreiben verlesen, uach dem das bisherige Präsidium wieder ernannt wird. Wie der „Frankfurter Zeitung" gemeldet wird, beschloß die liberale Partei, für alle Stellen des Präsidiums eigene Kandidaten aufzustellen. Als Präsident wurde Minister Tallian bestimmt. Gras TiSza forderte die Partei auf, beisammen zu bleiben und über ihre künftige Stellungnahme erst nach Klärung der jetzt noch ganz verworrenen Lage zu be schließen. Nach einer Wiener Meldung der „Voss. Zig." teilte Graf Andrassy Besuchern mit, daß eine Annäherung zwischen den Forderungen der Opposition und dem Standpunkt der Krone in den militärischen Hauptfragen »och nicht erfolgt sei, daß daher die Schwierigkeiten der ungarischen Krise fortbauern. Frankreich. * Tie Besetzung der KonkordatSkommifston. Wie eine Pariser Depesche der „Frkf. Ztg." vom Freitag besagt, wurde der Exminister Mvugeot an Stelle des gemäßigten, in den Senat übergetretenen Audiffred zum Mitglied der Konkordatskommission der Kammer gewählt. Diese Kommission, in der bisher nur eine Stimme Mehrheit für die Trennung des Staats und der Kirche bestand, verfügt nunmehr über achtzehn Anhänger und fünfzehn Gegner. Spanien. * Arbeitskrisis in Katalonien. Nach einer Madrider Depesche des „L.-A." herrscht eine Arbeitskrisis in Katalonien, wo 150000 Mann unfreiwillig feiern. Als Ursache wird der Verlust der ehemaligen Kolonien und der daraus solgende Absatzm angel angegeben. Norwegen. * Eine Lpezialkommission für die Konsulatsangelegen heit. lieber Kopenhagen wird gemeldet, das Storthing in Christiania einstimmig beschloß, die Dokumente in der Kon sulatsangelegenheit einer Spezialkommission von 19 Mit- gliedern, die aus 8 Mitgliedern der Rechten, 8 der Linken, 2 der gemäßigten Partei und einem Sozialisten bestehen soll, zu überweisen. Rußland. * Diplomatisches Tiner beim Grafen AlvenSleben. Au- Petersburg wirb offiziös gemeldet: „Gestern fand bei dem deutschen Botschafter und der Gräfin Alvensleben ein großes diplo matisches Tiner zu Ehren des neuernannlen italienischen Botschafters Mebgari, des nenernannten schwedischen Gesandten Grafen Wrang el und LeS kürzlich zum rusiijchen Botschafter in Rom er nannten bisherigen Justizministers Murawiew statt. Unter anderen waren der Gehülfe des Ministers LeS Auswärtigen, Ge heimrat Hartwig, die Oberhofmeisterin Frau von Araposs und der persische Gesandte Hassan-Chan geladen." Union. * Tie parlamentarische Lage. Wie der „Frkf. Ztg." aus New-Hork geschrieben wird, werden die Führer der republi kanischen Partei froh sein, die notwendigsten Etatbills unter Tack und Aach zu haben, wenn am 4. März zur Mittagsstunde der Verfassung zufolge die Session aeschlossen wird. Ta» Repräsen- tantenhaus arbeitet sehr schnell. Die BahnsrachtSbill ist vom Hause inzwischen angenommen worden. Im Senat haperts aber. Dort sitzen die Vertreter der großen Bahnsysteme in sestqeschlossenen Reihen, und es ist undenk bar, daß sie sich Herrn Roosevelts Eisenbahnpolitik ohne energische Gegenwehr sägen. Außerdem tritt der Senat am 10. d. M. in die Aintsentsetzungs-Verhandlungen gegen den Bunbesrichter Swayne von Florida ein, der der ungehörigen Berechnung von Sporteln, lässiger Amtsführung und parteiischer Entscheidungen geziehen wird. Diese Verhandlungen werden zweifellos längere Zeit in Anspruch nehmen und mögen in der gegenwärtigen Kongreß-Session gar Feuilleton. Aus den Leipziger Hurrfthandlungen. Bel Beyer und Sohn sehen wir gegenwärtig die Bilder eines sehr talentvollen jungen Leipziger Malers. Walter Wäntig sieht uoctr unter dein Einflüsse von Bantzer-Tresden, mit dem er eine zeitlang zusammen arbeitete. Die hessischen Bauern und auch die anderen Motive Wäntigs erinnern an Banker, im Malerischen aber liegen die Unterschiede, die den jungen Künstler von dem älteren unterscheiden. Rantzer ist zeichnerisch scbär- rer, Wäntig beschränkt die zeichnerische Scträrfc auf die Zeichnung als soläre und ersetzt im Oelbilde den Kontur durch koloristische Unterschiede. Ein Vergleich der Bleistiftzeichnung. die den Kopf eines hessischen Bauern darslellt, mit den Oelvorträts, ergibt den Beleg dafür ohne weiteres. Wäntig liebt die duntelen war men Töne und er erreicht innerhalb Vieler starte male rische Stimmungen. Tre „Tielenstimmung", „Im Kubnall", „Im Ziegenstall" sind in ihrer Art vollendete Arbeiten, die zu den größten Hoffnungen auf die Zu- kunst berechtigen. Außer Wäntig ist noch ein zweiter Maler, der Münchener Hans Beatus Wiclandt, mit einer größeren Ausstellung vertreten. Er hat Oelb'lvcr, Aauarelle und Buntstiftblättcr ausgestellt. - Alle sagen sie von dem gleichen, von der starken Vorliebe des Malers für Licht und Farbe. Vorwürfe, die unter besonderer Beleuchtung eine ganz besondere Farbensinn- mung ergeben sind ihm sympatlffich und so nialt er denn Ooiinenaufgänae und -Untergänge, grell beleuchtete Alpcnpartien, Inncnräunie. in die die Sonnenstrahlen fallen mw. Ein „mähender Bauer" uud Blätter wie .Ein Führer", „Abendruhe", „Krummholz" und andere legen das künstlerische Programm Wielandts offen an den Tag. Allerdings, es ist noch manche Härte in seinen Farbcnatkorden. die Zeit, eine größere technische und künstlerische Reife wird die nötige Läuterung mit sich bringen müssen. Bei M i t t e n tz w e y - W i n d s cb isl außer dem schon früher besprochenen neuesten Wagnerporirät von Franz Stuck eine schöne Frauenbüste (Oel) „Zum Feste geschmückt" von G. Pappe ritz und einer der lieblichen, weichen Mädcljenköpfe von G. Lanipe- Paris-Leipzig ausgestellt. Unter den landschaftlichen Darstellungen ist die „Landschaft" von L. Okra m st a V- München hervorzuheben. Eine Wasserlache im Hoch gebirge, umgeben von Wiese und Fichtenwäldern. Das Bild als Ganzes neigt zwar etwas zu einer panorama artigen Breite, zeigt aber im einzelnen ganz gute Ouali- täten. Die Fichten, die Gräser, der Tunst in der Lust sind gut wiebergegeben. Tie „Herbstklänge" von G. S t ech o w - Berlin stellen eine trübe Stimmung im Moor dar. Tie Farbe ist noch etwas charakterlos, aber die Auffassung der Landsckiast mit einem mächtigen, vor dem Himmel sich abhebenden Baume, uud der Auftrag sind gut und temperamentvoll. Den Schwerpunkt der Ausstellung bildet diesmal eine graphische Abteilung. Farbige Radierungen, Aguatintablättcr, Lithographien ufw., von Lundis, Manuel Robbe, Osterlind, Balles- trieri, Mignot und anderen. Die Sammlung enthält eine ganze Anzahl guter und interessanter Blätter. Neber das Künstlerische und Technische dec Graphik ist erst vor wenigen Monaten an dieser Stelle ausführlich ge sprochen worden. Bei Pietro del Vecchio steht noch die schöne Ausstellung von K r a u s e - W i ch in a u u - Dresden, die schon besprochen ist. Von Walter Finke ist eine „Anbetung des Kindes" vorlxmden. Sie ist meisterhaft gemalt und beleuchtet und zeigt jenen weichen, etwas sentimentalen Zug, der den meisten Darstellungen des Münchener Künstlers das charakteristische Gepräge gibt. Im graphischen Kabinett l>at sich eine Um- nxmdlung vollzogen. Da sehen wir nun die Radierungen von Go Nardo Segantini, der vor Jahresfrist etwa mit seinem Bruder Mario zusammen an derselben Stelle ausgestellt hatte. Tie Blätter sind neu, sie geben eine Anzahl der Oelbildcr des Vaters Giovanni Segan- tini wieder. Als Radierungen stehen sie ja noch weit hinter dem, was wir von unseren deutschen Radierern gewöhnt sind, aber sie sind nicht teuer, und so werden sie manchem willkommen sein, der eine immerhin künstle rische Reproduktion der Gemälde des verstorbenen großen Meisters wün'cht. On,1rci»r 'Wakar. UlulUr. ' Personalien. Frl. Toni Braun, die wir in letzter Zeit so ost als Gast im Alten Theater Haden austrelrn sehen, ist von der Direktion des Leipziger Stadttheaters als Soubrette vom 1. September ab auf drei Jahre durch Engagement verpflichtet worden. — Herr Bernhard Wildcnhain, Mitglied der Ver- einigten Leipziger Schauspielhäuser, ist zur Erholung nach Meran abgercist. * „Parsisal" in Holland. In der „Neuen Musik- Zeitung" in Stuttgart veröffentlicht der bekannte Musik ästhetiker Dr. Paul Marsop folgenden Aufruf: Nachdem der „Parsifal", das Vermächtnis Richard Wagners an sein Volk und seine zur höchsten Höbe künstleriicher Ideale ansragende Schöpfung von amerikanischen Theatcrdirektoren als Spekulationsobjekt miß braucht worden ist, soll er jetzt, der klar ausgesprochenen Willens meinung des Meisters, dem ästhetischen Empfinden aller feinfühligen Deutschen, dem Rechtssinn jedes billig Denkenden ent gegen, aus europäischem Boden in einem „Opernhause" stil widrig, weihe- und würdelos zur Darstellung gebracht werden. Eine Amsterdamer Genossenschaft, die sich wunderlicherweise „Wagner- Verein" nennt, will amerikanische Bräuche diesseits des Ozcans einbürgern. Ganz gleich, ob man als die Haupttriebfeder des Unlernedmcns Eilcikeit, verblendeten Tirigentrnehrgeiz oder Sen sationssucht anzusehen hat: es verdient die schärfste Verurteilung derer, denen Pietät, Redlichkeit der Gesinnung nnd Anstand keine leeren Worte sind. Bisder haben sich die Amster damer Kunstfreunde dem gütlichen Zureden wie den ernsten Worten wohlmeinender Warner gegenüber taub gezeigt. Ter Raub am geistigen Eigenlum eines fremden Staates ist in Holland noch gestattet — dem Amsterdamer „Wagner- Verein" lut es Genüge, daß er bei seinem Vorhaben mit dem Strasrichter seines Landes zurzeit nicht in Konflikt kommen kann. Da bleibt allein übrig, daß nicht nur alle deutschen Musiker, sondern alle, die Richard Wagner und sein Bayreuther Werk hock und wert halten, sich in einem einhelligen Protest gegen die beabsichtigte neue Entweihung des „Parsifal" zusainmenstnden. Es soll denn doch Herrn Violta und seinen Helfern klipv und klar bedeutet werden, wie man im Baterlande de» Meisters über sie und ihr Unternehmen denkt. Paul Marlop. (Wir schließen unS diesem Proteste an. Eine moralische Rechtsverletzung liegt hier unter allen Umständen vor, mag man sich sonst zu Wagners deutlich ausgesprochenem Willen stellen wie man wolle. Hunderte Deutscher werden von gewinnsüchtigen Leuten in Staaten, die deute noch nicht der Berner Konvention züm Schutz, geistigen Eigentums beigetreten sind, um den Lohn ihrer Arbeit gebracht, nur erregen die täglich vorkommenden Fälle wenig Auf- merkiamkeit. Bei dem neuen Vorgehen Amsterdam- gegen den Parsisal erscheint aber eine deutliche, allgemeine Protestkundgebung sehr am Platze, nicht bloS an- idealen Gründen, sondern auch um mit beitragen zu Helsen, daß eine böse Lücke in der internationalen Gesetzgebung nun endlich ausgesüllt werde. Auto» Bruckner an Felix Mottl. In der Biographie Anton Bruckners von Rudolf Louis (Verlag von Georg Müller in München) ist das Facsimile eines Briefes Bruckners an Felix Mottl veröffentlicht, der das kindlich naive Wesen des Meisters recht deutlich zur Anschauung bringt. Mottl war, als Bruckner jenen Bries an ihn richtete, Hofkapellmeister in Karlsruhe und hatte die Leitung der 1885 in Karlsruhe statt findenden Tonkünstlerverlammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins übernommen. Tas Direktorium der Vereins, Pros. Riedel, hatte Bruckner angeboten, das Adagio seiner 7. Sinfonie, das Bruckner unter dein Eindruck der Nachricht vom Tode Richard Wagners geschrieben hatte, in einem der Konzerte zur Aufführung zu bringen. Tie Simonie war im Dezember 1884 von Ni lisch in Leipzig zur allerersten Ausführung gebrach! worden, Hermann Levi folgte »n März 1885 in München mit der zweiten Aufführung, und hier wie dort hatte daS Werk tiefen Eindruck gemacht. Da die ganze Sinfonie für daS Musikiest- Progranim als zu lang befunden wurde, wollte das Direktorium, Ivie bemerkt, wenigstens das Adagio daraus zur Erinnerung an Richard Wagner ans das Programm setzen. Darauf bezieht sich der nachstehende reizende Brief: „Theuerster alter junger Freund! Edler Hofkapellmeister! Das muß der Bruckner sein, wirst Tu sagen, nnd richtig, er ist es schon. Höre: Professor Riedel aus Leipzig stellte mir das Anerbieten, ob ich nicht zum allg. deutschen Munk seste in Karlsruhe am 30. Mai mein Adagio aus der 7. Sinfonie wollte aussührcn lassen. Liszt nnd Dr. Ltandthartner rieten mir dazu. Tn bist jetzt die Hauptperson in dieser Angelegenheit. Erstens ist das Orchester mir nicht zu sehr abgeneigt? Zweiten vast dn die neuen Tuben, wie selbe in den Nibelungen vor kommen? Oder wenn nicht, kannst Du selbe bekommen? drittens wolltest Du, so wie die Herren Levi und Nikisch, Tein ganzes künstlerisches Ich für Deinen einstigen alten Lehrer, bei Dich stets so lieb gehabt hat, einsetzen, und dieses Adagio mit den Tuben nnd der Trauer-Musik um den hochseligen Meister, so wie Dein eigenes Werk einstudieren und dirigieren? Wenn Du Dich dafür begeistern kannst, bist Du als so hoch berühmter Dirigent der richtige Künstler. Wenn mein lieber Mottl mir dies mit seinem dcuttchen Ehrenwort zusagt, dann Hoch! Hoch! Hoch! Die Sache ist dann in Ordnung, und ich muß dann die Stimmen nach Leipzig schicken. AL. die 4 Tuben sind sehr wichtig dabei; auch 6 K Tube. Ich meine, beide könnten wir Freude haben. In Deinen Händen ruht mein Entschluß. Sei herz lichst gegrüßt und geküßt von Deinem Dich sehr hochverehrrndeu Vien, den 17. April 1885. A. Bruckner.
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