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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190502191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19050219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19050219
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-19
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.02.1905
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5. Beilage Sonntag, 19. Februar 1905. Leipziger Tageblatt. Seite 21. Sir. 91. 99. Jahrgang. OoHrzbocdzchuIvörtkäge. Fünfter Kursus: Privatdozent Dr. E. Friedrich: Die wirtschaftlichen Verhältnisse Asiens. Sechster und letzter Vortrag: 14. Februar 1905. A u st r a l a s ia t i s ch e r Archipel. Der malayische Archipel erstreckt sich von Südostasien bis Aujtvalien. Die großen und kleinen Sundainseln, die Molukken, vie Philip pinen sind zujammen viermal jo groß wie Deutschland. Die Zahl der Einwohner beträgt 46 Millionen, auf den Quadrat- kiloineter kommen 22. Die Inseln bilden den Rest einer allen Landbrücke von Asien nach Australien. Das Binnenland ist gebirgig und ziemlich hoch, Es herrscht tropisches Klima: 25—28 Grad Celsius. Die Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter, Tag und Nacht sind minimal. Dichter Urwald bedeckt die Mehrzahl der Inseln. Elefanten, Tiger, Schlangen, Krokodile bevölkern ihn. Die Ureinwohner, die Ncgrilos, sind von den Malayen ins Binnenland gedrängt und stehen auf der Wirtschaftsstufe der Sammelwirtschait. Tie Küstenstriche sind von den Malayen sca. 45 Millionen! eingenommen. Außerdem finden wir 500000 Chinesen und 100 000 Europäer. der gesamten Inselgruppe ist in den Händen der Holländer, der Nest ist englisch, amerikanisch^por- tugiesisch. — Die wertvollste Kolonie ist Java. Seine Bodenbeschaffenheit ist dem Verkehr außerordentlich günstig. CS ist viermal so groß als das Mutterland; die Einwvhner- zahl beträgt 29 Millionen, 219 pro Quadratkilometer. 28 Prozent des Bodens ist angebaut. Die Hauptanbaupslanze ist Reis. Die Wirtschaftsform der Wissenschaft macht sich überall geltend. Wir finden Eisenbahnen, moderne Häsen, Bewässerungsanlagen, ca. 2 Dutzend Cisfabriken, 180 Zucker fabriken, weiche 1901 für 122 Millionen Mark ausführten, 48 Druckereien, 27 Mineratwassersabriken. Die hauptsächlichsten Ausfuhrprodukte sind ferner Kaffee, Tabak, Copra, China rinde, Pfeffer, Tee. Die Hauptstadt ist Batavia mit 120 000 Einwohnern. (Elektrische Bahn!) — Die anderen Inseln sind wenig erschlossen. In Sumatra kommen 7 Einwohner auf den Quadratkilometer. Die Hauptausfuhrprodukte sind Reis, Sago, Kokosnuß, Tabak, Guttapercha, Petroleum, Kohle. Borneo ist 1/2 mal so groß als Deutschland. 2 Einwohner kommen auf den Quadratkilometer. Dichter Urwald bedeckt die ganze Insel. Angebaut werden Reis, Pfeffer, Tabak, Baum wolle, Kaffee. Gefunden werden Gold, Petroleum, Diaman ten. Celebes ist ein Drittel Mal so groß als Deutsch land. II Einwohner kommen auf den Quadratkilometer. Die Hauptstadt Makassar mit 19 000 Einwohnern hat einen guten Hafen. Tic übrigen kleinen Inseln sind ohne größere wirt schaftliche Bedeutung. Die Bewohner nähren sich von Fisch und Schildkrötenfang. Im Qstcn finden sich häufig Perlen. An die Stelle des Reis tritt als Anbaupflanze die Sago palme. Eine Palme liefert bis zu 380 Kilogramm Sago. Der malayische Seeraub, welcher diese Gegenden früher unsicher machte, ist ziemlich unterdrückt. Auf den Molukken wer den angebaut: Muskatnuß, Gewürz ulid kreidcnclken. Die Philippinen sind 1/2 Mal so groß als Deutschland. Im Innern wohnen die Negritos. Die übrige Bevölkerung wird gebildet von den malayische» Dagalen und Chinesen. Die Einwohnerzahl betrug 19W 8 Millionen, auf den Quadrat kilometer kommen 24. Die Einloanderung der Amerikaner ist sehr stark. Angebaut werden Reis, Hanf, Zucker, Robtabak, Cvpra, Kakao, Indigo, Guttapercha. Die Tierzucht ist un bedeutend. Gewonnen werden Gold und Steinkohlen. Die Industrie ist wenig entwickelt. Die Hauptstadt Manila zählt 350 000 Einwohner. — Am Schlüsse wurden die wirtschaft lichen Beziehungen Asiens zu den Nachbarerdteilen behandelt. Die Anteilnahme der außerasiatischen Länder ist stark ab hängig von der geographischen Entfernung. Den auf einer niedrigen Wirtschastsstufe stehenden Asiaten wird der Zwang zum Aufstieg auigedrungen durch den Konkurrenzkampf der Europäer, Amerikaner, Australier und Japaner Achter Kursus: Privvtdozent Dr. Biermann.: „Anarchismus und Kommunismus." Dritter Vortrag: 16. Februar 1905. Mit der Gründung einer anarchistischen Partei ist aufs engste der Mine des Russen Bakunin verknüpft. Er wurde 1814 geboren und entstammte einer vornehmen russi schen Familie. Er wurde Offizier, dann Student und end lich Literat. Als er 1848 für die internationale Revolution eintrat, wurde er gefangen genommen, an Oesterreich ausge- liefert, zum Tode verurteilt, dann aber von Rußland rekla miert und nach Sibirien gesandt. 1861 floh er nach London. 1868 gründete er auf Grund seiner Lehren eine Allianze der jozialcn Demokratie, welche sich in einzelne Sektionen und einen leitenden Gcheimbund gliederte. Diese vereinigte sich mit der 1864 gegründeten internationalen Arbeiterassociation. Es kam aber bald zum Konflikt Mischen dem Marxschen Gencralrat und den Bakuninschen Sektionen, und zur Aus schließung der Anarchisten. Das Jahr 1873 brachte eine neue internationale Gründung in Genf, welche die vollständige Un abhängigkeit der einzelnen Sektionen garantierte, aber wenig Erfolge aufzuweiseu hatte. Nach Bakunin ist der Staat eine vorübergehende Form der Gesellschaft, an seine Stelle hat die freie Gemeinschaft zu treten. Bakunin war ein Gegner non Marx. Nicht durch das allgemeine Stimmrecht, sondern durch Gewalt sollen die Ziele des Anarchismus er reicht werden. Er hat zuerst den Anarchismus in revolutio näre Bahnen gedrängt. In IiußlanL wurden die Bakunin- schcn Ideen durch Netschajew verbreitet. Er führte» einen Umschwung der anarchistischen Taktik herbei, indem er die „Propaganda der Tat" forderte Das wichtigste Mittel zur Propaganda ist das Verbrechen. Die bestehenden Staats, und Gesellschaftsordnungen müssen zerstört werden. Die Idee des anarchistischen Zweckes heiligt ivdes Mittel. Tas Wort lxit nur Wert, wenn die Tat aus dem Fuße folgt. Als Netschajew selbst vor der Tat nicht zurückschreckte, mußte er flüchten, wurde aber von der Schweiz ausgeliefert und zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt. — Der Haupt- trager anarchistischer Ideen in Frankreich wurde der ruspsche Fürst Peter krapotkin. Er wurde 1842 in Moskau geboren. Anfangs kavallcrievifizler, daun kammer- ierr der Kaiserin, wurde er 1873 wegen nihilistischer Be- trebungen gelangen genommen. 1876 flüchtete er aus Ruß- and, lebte in der Schweiz, in Frankreich und wirkt noch jetzt in Lvndvn. Außer einigen geologischen Werken besitzen wcr von ihm die „Memoiren eines Revolutionärs" und die „Gegenseitige Hülse in der Entwickelung", die letzte Schrift die Lehre Darwins weiter ausgestaltend. Auch Krapotkin fordert die „Propaganda der Lat". Der Staat ist unge eignet, die Organisation der Volkswirtschaft zu übernehmen, da er, ein Gegner der freien Entfaltung des Individuums ist. 'Der freie Gesellschaftsvertrag wird als Ideal hingeftellt. 1880 erschien in Frankreich das erste anarchistische Organ. Schon 1881 ging es wieder ein. Größeren Einfluß gewann das bald darauf gegründete Lyoner Organ. Zahlreiche Klubs, „Die Brandfackel von Belleville", „Der wilde Eber" u. a., bildeten sich, vor allem in Paris, an denen die Tekadence den größten Anteil hatte. Mehrere anarchistische Blätter taten sich auch hier auf. Man erfand die Karikatur als Mittel zur politischen Propaganda. Eine Reihe von Ver brechen folgten. Erft durch das energische Einschreiten der Negierung wurde der Anarchismus zurnckgodrängt. In Deutschland hat der Anarchismus durch Johann Most größere Verbreitung gefunden. Er wurde 1846 zu Augsburg geboren, besuchte die Volksschule und wurde Buch binder. Nach wiederholter Verhaftung wegen Aufreizung zum Klassenhab wurde er endlich ausgewiesen. Er ging nach London und gründete dort die Zeitschrift „Die Freiheit". Später ging er nach der Schweiz und dann nach Amerika. Seine Lehre ist in folgenden Sätzen enthalten: Der Boden und alle Kapitalien gehören der Gesamtheit. Der Preis einer Ware richtet sich nach der daraus verwendeten Arbeit. Die Ehe kann nach Belieben eingegangen und gelöst werden. Gesetze sind unnötig. — In Deutschland kann der Anarchis mus nicht gegen die Demokratie aufkommen, auch in den übrigen europäischen Staaten besitzt er wenig Lebenskraft. In Amerika wird er Lurch das Entgeqenwirken der Re gierung niedergchalten. — Am Schlüsse seines Vortrags gab der Vortragende eine Kritik des theoretischen und ver brecherischen Anarchismus. 6ericbtrrgal. Reichsgeriebt. I- Leipzig, 16. Februar. Im Kampfe um den Sohn. Das Landgericht Brieg hat am 3. Juni v. I. den Stellendes!tzcr Josef N., dessen Ehefrau Rosine N. und zwei Söhne Franz und Anton N. wegen Widerstandes zu Gefängnis verurteilt^ die Ehefrau auch noch wegen Beleidigung. Der jüngste Sohn Theodor war gegen den Willen der Eitern, aber unter Billigung des Gemeindevorstehers Sch. in einem andern Dorfe als Knecht in Dienst getreten. Er fühlte sich dort nicht behaglich und floh zu seinen Eltern. Gemäß den Vorschriften der Gesinde ordnung sollte er zwangsweise in den Dienst zurückgeführt werden. Der Gendarm P. wurde mit dieser Ausgabe be traut, stieß aber auf den Widerstand der vier Angeklagten, welche sich vor die Tür der Stube stellten, in welcher Theodor sich aufhielt. Der Gendarm wurde schließlich zur Haustür hinausgedrängt, nachdem Frau N. ihm verschiedene für den Gemeindevorsteher kränkende Worte zugerufen hatte. — Auf die Revision der vier Angeklagten hob das Reichsgericht das Urteil auf, soweit sie wegen Widerstandes nach H 114 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Der sestgestellte Tatbestand ist vielmehr nach 8 113 zu beurteilen. Fischcreirecht in der Schlei. Der Herzog Friedrich Ferdrnand von Schleswig-Hol st ein-Sonder- burg-Glücksburg klagte gegen die Volmer Fischer zunft zu Schleswig, da letztere beim Fischen auch auf seinen Fischzügen von Bmnebeck ihre Netze auslvarf. Von den Binnebccker Fischern waren früher nur 200 Faden bean sprucht worden, während ihnen seit unvergänglicher Zeit 260 Faden zustanden. Auf dieser Strecke wollten sie gegebenen falls ungestört fischen können. Das Landgericht Flens burg erklärt die Klage für berechtigt. Die Holmer Fischer zunft hatte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandes gericht Kiel eingelegt. Tas Berufungsgericht sah beim Ausweisen der Netze ein Hinübergreifen bald nach rechts oder links je nach der Strömung für zulässig an und wies die Klage m dieser Hinsicht ab. Die vom Herzog beim Reichsgericht eingereichte Revision gegen das Vor derurteil wurde zurückgewiesen. Asnigtiehe» Landgericht. 6. Leipzig, 18. Februar. * Nm die Aushebung eines Zwangsversteigcrungstermins herbeizuführen, hatte der 44 Jahre alte Zimmermeister Fried rich Ernst B. aus Großdeuben am 19. September bei dem hiesigen Postamt V mit der Unterschrift des Kaufmnans G. in Plagwitz eine Depesche an den Gerichtsvollzieher M. in Zwen kau aufgegeben, durch welche M. angewiejen wurde, die für den 21. September anberaumte Versteigerung der von M. im Auftrage von G. bei B. gepfändeten Gegenstände zu ver schieben. B. erreichte auch seinen Zweck, wurde aber in der Folge wegen Urkundenfälschung unter Anklage gestellt. In der Hauptverhandluna gab B. den Tatbestand zu, bestritt aber, in rechtswidriger Absicht gehandelt zu haben. Er habe vielmehr angenommen und damit rechnen können, daß G. nach träglich die Absendung einer Depesche genehmigen würde. Da dies von G. bestätigt wurde, gelangte der Gerichtshof zur Freisprechung des Angeklagten. Ein netter Bruder ist der 34 Jahre alte, vielfach wegen Be drohung, gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und sonstiger Gewalttätigkeiten bestrafte Arbeiter Vincent Paul T. aus Posen. Er hatte seine eigene Schwester nicht nur mit einem Küchenbeil bedroht, sondern sie auch wider besseren Wissens in einer Anzüge an das Polizeiamt verschie dener Vergehen beschuldigt. Dc« dicserhatb gegen die Schwester gepflogenen Erörterungen ergaben aber dw Grundlosigkeit der Beschuldigungen T s, der nunmehr wegen Bedrohung und wissentlich falscher Anschuldigung in Haft genommen wurde. Auf Grund der unter Ausschluß der Ocssentlichkeit geführten Hauptvcrhandlung wurde T. unter Anrechnung eines Monats der erlittenen Untersuchungshaft zu neun Monaten Ge fängnis verurteilt. Der Verletzten wurde die Befugnis zuerkannt, die Verurteilung aus Kosten des Schuldigen öffent lich bekannt zu machen. Wegen seines ungebührlichen Benehmens war der 25 Jahre alte Komiker Gustav Erhard Alfred E. aus Dresden am 30. Oktober, morgens gegen 2 Uhr, aus einer Schankwirlschaft hinausbesördert worden und halte dabei aus Böswilligkeit eine große Glasscheibe im Werte von 50 ^k. zerschlagen. Wegen Sachbeschädlguitg hatte ihn das Schöffengericht am 30. De zember zu zwei Wochen Gefängnis, wegen Haus- sriedenSbruches aber zu fünfzig Mark Geldstrafe ver urteilt. Der 32 Jahre Gastwirt Karl Otto Hermann Sch. aber war wegen Körperverletzung mit 25 ^t. Geldstrafe belegt worden, weil er dem E. einen Schlag ins Gesicht gegeben hatte, infolgedessen E. Blutungen im inneren Augapfel davon getragen hatte. Gegen das Urteil war sowohl von E. als von Lvch. Berufung eingelegt worden, die insofern Ersoff, hatte, als E. von der Anklage des Hausfriedensbruches, Sch. von der Anklage der Körperverletzung sreigesprochen wurde, dagegen wurde die Verurteilung E.s wegen Sachbeschädigung zu zwei Wochen Gefängnis bestätigt. Von einem Schutzmann angehalten wurde am Morgen des 20. November der 44 Jahre alte Handarbeiter Karl August W. aus Eilenburg, weil er drei Eisenbahnschicnenlaschen bei sich trug, über deren redlichen Erwerb er sich nicht ausweisen konnte. Er mußte zugeben, daß er dieselben in der Nähe der Ostheimstraße in Sellerhausen am Rangiergleise gestohlen hatte. Da nach den Vorstrafen W.s die Nückfallsbestimmunaen in Anwendung komme« mußten, erkannte der Gerichtsyos unter Zubilligung mildernder Umstände auffünf Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrenrechtsverlust. Flüchtig geworden ist am 10. Dezember der 31 Jahre alle, bereits vorbestrafte Arbeiter Karl Bernhard Georg H. aus Leipzig mit vier Paketen Felle, die 65 Nutriacolliers ohne Futter im Werte von 400 -Q 80 zubereitete Iltisfelle im Werte von 450 .kl. und ein Skunksfell im Werte von 6 -X. enthielten. Anstatt dem Auftrage seines Prinzipals, des Rauchwaren kommissionärs N., gemäß die Pakete zur Post zu geben, ver äußerte er dieselben und fuhr nach Dresden, wo er am 28. De zember verhaftet wurde. Mit Rücksicht auf den hohen Wert der Felle und den groben Vertrauensbruch setzte der Gerichts hof die Strafe für die Unterschlagung aut ein Jahr drei Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrcnrechtsverlust fest, ein Monat Gefängnis gilt als durch die erlittene Unter suchungshaft verbüßt. * Als Geburtstagsgeschenk für seine Frau bestellte der 42 Jahre alte Kutscher Gustav Adolf G. aus Volkmarsdorf am 23. August beim Buchhändler Sch. die Bilzsche Hausbiblio thek zum Preise von 75 auf Abzahlung. Er bat um sofor tige Lieferung sämtlicher Bände, obgleich er nur 3 ^l. anzahlte, damit er dieselben der Frau am 28. August auf den Geburts tagstisch legen könne. Sch. hat aber außer der Anzahlung keinen Pfennig iveiter bekommen, als er die Bücher zurück- haben wollte, erklärte G., er habe sie seiner Braut geschenkt, er lebe getrennt von seiner Frau und wolle sich scheiden lassen. Aber auch die Braut ist nicht auszufinden gewesen, sie ist ihm angeblich durchgcgangen, es liegt aber dringender Verdacht vor, daß sie überhaupt nicht existiert und G. das erschwindelte Werk sofort verwertet hat. Etwa vier Wochen vorher, am 25. Juli, hat G. einen Funddiebstahl begangen. Er war da mals Aushelfer und Kutscher beim Grünwarenhändler Sch-, dessen Geschirr an der Ecke der Koch- und Kronprinzstraße gehalten hatte, als Frl. Z. ihre Einkäufe machte. Bei dieser Gelegenheit hatte sie ihr Portemonnaie mit 10,30 ^l. verloren. Als sie den Verlust bemerkte, kehrte sie zurück und erfuhr von G., daß das Portemonnaie von ihm gefunden, aber bereits kurz vorher von ihm an eine schwarzgekleidete Frau, die es als ihr Eigentum in Anspruch genommen hatte, ausgeliefert worden sei. Das letztere war aber offenbar eine Lüge, denn G., der sich am Morgen noch 55 Pfg. Vorschub von Sch. hatte geben lassen, kam in der Nacht ganz betrunken nach Hause und hatte in seinem Portemonnaie über 6 Das dem Frl. Z. gehörige Portemonnaie wurde mehrere Wochen später, nach dem G. inzwischen aus dem Dienste Sch.s entlassen war, in des letzteren Stalle hinter Säcken versteckt vorgefunden und an die Polizei abgeliefert. Trotz dieser Verdachtsgründe be tritt G. in der Hauptverhandlung hartnäckig, sich des Betrugs chuldig gemacht und sich das Portemonnaie angeeignet zu ftaben. Er wurde aber durch die Beweisaufnahme der ihm zur Last gelegten Straftaten überführt und unter Anrechnung von Mei Wochen der erlittenen Untersuchungshaft zu zehn Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. * t^tne teure Runde Kognak. Nach Geschästsschluß hatte der L8 Jabre alte Kellner Alfred Louis Sch. am 9. Dezember morgens gegen 2 Ubr ein Restaurant in der Burgstraße ausgesucht und dort bis gegen "P6 Ubr gekneipt. Als der Wirt Feierabend gebot, be stellte der Bussetier K. noch 2 Runden Kognak. Da er hiervon aber nur eine bezahlte, verlangte der Wirt die zweite von Sch., der auch, obwohl er bis dahin K. überhaupt nicht kannte, sich schlleß- Uch zur Zahlung der 60 bequemte. Als er aus der Straße mit K. wieder zusammrutraf, verlang!« er das Geld unter der Drohung, er werde es ihm sonst am Leibe abschlagen. Ta K. nicht zahlte, setzte er auch seine Drohung in die Tat um, freilich ohne besseren Erfolg. In der PeterSstraße kam es wiederum zu einem Austritt, erst drohte Sch. K. mit Schlägen und als dieser trotzdem sich nicht zur Ersatzleistung bequemte, gab ihm Sch. mehrere Ohrfeigen. Sch. ist gerichtlich noch nicht bestraft, er hat sich infolge reichlichen Alkohol genusses und der Inanspruchnahme seines Portemonnaies im Zu stand der Aufregung bekunden, der Gerichtshof ließ ,S daher wegen der versuchten Nötigung bei einer Geldstrafe bewenden und fetzte dieselbe auf sünszehn Mart fest. Im Nichtzahluugssalle haben drei Tag« Gefängnis an deren Stelle zu treten. Einer Unterschlagung in Höhe von 300 hat sich der 31 Jahre alte Arbeiter Franz Traugott H. aus Commickau im November v. I. schuldig gemacht Er hatte vom Klempner F., dein Geschäftsführer deS Verbands der in Gemeiude- und Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten für die Eiuzelmitglirder in Leipzig 300 VL zur Beförderung an die Sparkasse des Plagwitzer Konsumvereins erhalten, diese Summe aber nicht abgrliesert, sondern zu Reifen sowie zu seinem Lebensunterhalt in Leipzig verwendet. Außer dem Hal H. nach der Anklage 69 60 Berbandsbeiträge, 3 60 Delegierteustener und 7 Lt 50 für Festprogramme, die er für den Verband einkassiert batte, gleichfalls iu eigenem Interesse verausgabt. Mit Rücksicht auf die Höhe der Beträge und den groben Vertraucnsbruch, dessen sich H. schuldig gemacht, dielt die Straf kammer VI. eine achtmonatige Gefängnisstrafe und 2Jahre Ehrenrechtsverlust für eine angemesseue Sühne der Unterschlagung«». 3 Wochen der erlittenen UnteZuchungshast kamen auf die erkannte Strafe in Anrechnung. Ein ebcuso frecher Patron als raffinierter Simulant ist der kausmäuuische Agent Ernst Franz B., der im März 1903 in Mannheim zu zwei Jahren drei Monaten Gefängnis ver urteilt worden, aber aus dem dortigen Bahnhof seinem Trans porteur entsprungen ist. Als B- im Oktober vergangenen Jahres in Pegau sestgcnommcn wurde, nannte er sich Karl Paul Salzer und setzte seiner Arretur den heiligsten Widerstand entgegen. In der Zelle spielte B. den Verrückten, demolierte das Inventar und beleidigte den Amtswachmeister wörtlich und tätlich. Obwohl B. sich fortgesetzt Salzer nannte, wurde seine Identität mit dem in Mannheim Entsprungenen festgestellt und der Fest genommene nach dem hiesigen Landgerichtsgefängnis überführt. Hier spielte er weiter den wilden Mann und erging sich in den gröbsten Beleidigungen gegen die richterlichen Beamten, über die er sich in zahlreichen Eingaben in der ungebührlichsten und beleidigendsten Weise beschwerte. Zu der gegen ibn an beraumten Verhandlung mußte B. gefesielt vorgesübrt werden, da der Angeklagte sein tobsüchtiges Verhalten auch weiter fortsctzte. Als der Straskammervorsitzende Len Angeklagten als Böhme bezeichnete, erklärte dieser frech, er verbäte sich diese Anrede, er heiße Salzer und lehnte die Richter als befangen ab. Diesem Antrag wurde aber vom Gerichtshof nicht stattgegcben, da sich aber B. weiter in der ungcbührlichstrn und rohesten Weise benahm, sah sich der Gerichtshof veranlaßt, im Interesse der öffentlichen Ordnung die Verhandlung bei geschloßenen Türen zu führen. In derselben brüllte und tobte der angebliche Salzer weiter, man mußte ihn wiederholt zeitweise aus dem Verhandlungs saale entfernen, da B. nicht nur beim Schwur störte, sondern die ihn belastenden Zeugen in der gröblichsten Weise beschimpfte. Durch dir eingehende Beweisaufnahme, die bis gegen 9 Uhr abends währte, wurde awr die Schuld B.'s erwiesen und dieser wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung, Beleidigung und Freiheitsberaubung unter Anrechnung von 6 Wochen erlittener Untersuchungshaft zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Außerdem hat nun B. »och die ihm in Mannheim zudiktierte Strafe von 2 Jahren 3 Monaten Gefängnis zu verbüßen, auch wird B. noch von verschiedenen anderen Behörden wegen mehrerer anderer Verbrechen und Vergehen gejucht. Eine Liebhaber«« vo« Taschenuhren ist die 23 Jabre alte Arbeiterin Marie Emilie L. aus Plagwitz, die, jeder anstrengenden Arbeit abhold, sich einem leichtiertigen Lebenswandel ergeben hat und sich auch nicht scheut, gelegentlich Eingriffe in fremdes Eigen tum zu begehen. Am 12. November hat sie ihrem Bruder eine silberne Taschenuhr gestohlen und dieselbe für vier Mart versetzt. In Halle hat sie kurze Zeit daraus einem Zug führer die Taschenur im Werte von vierzig Mark und ein Portemonnaie mit 1 70 entwendet. Am 23. Dezember erbot sie sich dem Handarbeiter P. gegenüber, ihm 10 zu wechseln, verschwand aber mit dem Goldstück und verbrauchte das Geld für sich. Bei den Diebstählen hatten die Rückfallsbestimmungen An wendung zu finden. Unter Ausschluß mildernder Umstände wurde dieL. zu einem Jahr sechs Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. Aterblichkeits- und GelundheilsverhiMnisse. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamtes sind in der Zeit vom 29. Januar bis 4. Februar d. I. von je 10M Einwohnern, auf das Jahr berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 15,9, in Charlottenburg 16,5, in BreSlau 24,5, in Köln 18,4, in Königsberg 22,1, in Frank furt a. M. 20,0, in Wiesbaden 19,8, in Hannover 15,4, in Magdeburg 19,6, in Stettin 19,8, in Altona 15,4, m Straß burg i. E. 22,9, in München 21,0, in Nürnberg 23,2, iu Augsburg 25,5, in Dresden 17,9, in Leipzig 16,0, in Stuttgart 17,2, in Karlsruhe 13,8, in Braunschweig 16,3, in Hamburg 17,9, in Wien 23,7, in Pest 23,0, in Prag 23,4, in Triest 41,1, rn Krakau 36,0, in Amsterdam 15,9, in Antwer pen 16,1, in Brüssel 25,7, in Lyon 17,4, in Paris 23L, in London 17,5, in Glasgow 18,9, in Liverpool 20,7, i« Edin- burg 21,9, in Kopenhagen 18,5, in Stockholm 19,5, in Chri- stiania 20,0, in Petersburg 39,9, in Moskau 29,4, in Odessa 22,8, in Warschau 20,6, in Nom 22,0, in New Aork 20,0. Der Gesundhcitsstand der meisten europäisihen Großstädte stand auch in dieser Woche unter dem Einftusse der naßkalten Witterung, die in der Äcrichlswoche vorherrschte, und auch die Sterblichkeit blieb in den meisten Orten eine der Vor woche ähnliche. Einer sehr geringen Sterblichkeit von noch nicht 15.0 pro Mille erfreuten sich unter den deutschen Orten wie in der Vorwoche 14, von denen wir hier nur Bielefeld, Bremen, Deutsch-Wilmersdorf, Essen, Flensburg, Gesien- kirchcn, Heilbronn, Karlsruhe, Liegnitz, Schöneberg und Ulm erwähnen. Aus der Zahl der Orte mit günstiger Sterblich keit (unter 20,0 pro Mille) seien hier nur Altona, Berlin, Braunschweig, Bromberg, Charlottenburg, Chemnitz, Dessau, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Elberselv, Frankfurt a. O., MWffWM S2SS kkteiÄfsns rr/24. A Urlaube wir er^edenst anruLeixen, dass weine ersten diesjakrixeu frisoken Iraosporte enxlisoker, insolier, russiseker, unAariseker und deutseker Reit- und Wagenpferds rur getälligen üdusterung bereit kalte. lek Kake insgesawwt eine Z.uswakl von ea. 120 kkerden leiokten und sekweren Loklages; säwwtlieke Wagenpferde sind stadtsieker getakren und die Reitpferde tiiippenfroww geritten unä werden unter kulantesten Lerlienung uuä strenger (Garantie 2U soliden kreisen abgegeben.
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