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Die -euksche Antwort an Drland. Berlin, 28. Aug. Die deutsche Antwortnote auf die letzte Rote der französischen Regierung in der Sicherheits - frage hat folgenden Wortlaut: Die Deutsche Regierung beehrt sich, den Empfang der französischen Note vom 24. August 1925 zu bestätigen. Die am Schluß der französischen Note ausgesprochene An- sicht, daß eine Fortsetzung des Notenwechsels kaum geeignet wäre, zu einer weiteren Klärung der mit dem Abschluß eines Sicherheitspakts zusammenhängenden Fragen zu führen, wird von der Deutschen Regierung, die dem Wunsch« nach möglich, ster Beschleunigung der Erörterungen in der Note vom 20. Juli 1925 auch ihrerseits Ausdruck gegeben hatte, durchaus geteilt. Dis Deutsche Regierung begrüßt deshalb die von Sr. Ex» zellenz, dem Herrn französischen Botschafter, mündlich mitge teilte Anregung, daß die juristischen Sachverstän digen Deutschlands, Belgiens, Frankreichs und Großbritan niens möglichst bald Zusammentreffen, um den deut schen Sachverständigen möglichst bald Gelegenheit zu geben, sich von den Ansichten der alliierten Negierungen über die juristische und technische Seite der zur Erörterung stehenden Probleme zu unterrichten. Unter diesen Umständen glaubt die Deutsche Regierung, nachdem sie ihren Standpunkt zu einer Reihe der wichtigsten Fragen in der Note vom 20. Juli dargelegt hat, von einer weiteren schriftlichen Erläuterung dieses Standpunktes und von einer Stellungnahme zu den Ausfüh rungen der französischen Note jetzt absehen zu sollen. Paris, 28. Aug. Nach dem „Temps" werden sich die nunmehr begonnenen Verhandlungen über den Sicher heitspakt wahrscheinlich in folgender Form abspielen: Zu- nächst dürften die juristischen Sachverständigen in der nächsten Woche miteinander Fühlung nehmen. Dabei werde es sich aber nur um eine Vorbereitungsarbeit handeln und die Grundsätze, über die sich die Sachverständigen einigen würden, würden keine endgültige Verpflichtung bedeuten. Nach Beendigung der Eachverständigenarbeiten, würden sich die A u ß e n m i n i st e r der vier direkt beteiligten Mächte voraussichtlich in der zweiten Septemberhälte in der Schweiz, wahrscheinlich in Lausanne, treffen. Sollten sich die vier Außenminister grundsätzlich einig werden, so könnte dann im Laufe des Oktober eine Kon- feren z «nberufen werden, deren Gegenstand der Abschluß des Sicherheitspaktes wäre. Dann bleibe noch übrig, einen Beschluß über den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund zu fassen, und man könne deshalb eine Sondertagung des Völkerbundes für Ende des Jahres voraussagen. Zürich, 28. Aug. Der „Tagesanzeiger" meldet aus Pa- cis: Freitag vormittag stattete Herr v. Hoesch dem Außen minister Briand einen zweiten Besuch ab. Der „Figaro" weiß über den Inhalt der heutigen Aussprache zu melden, daß die deutsche Regierung einen Vorstoß gegen den Bericht des Generals Walch unternommen e, von dem sie eine weitere Verzögerung der Räumung Kölner Zone befürchte. Die Amnestie. Berlin, 28. Aug. Das Gesamtergebnis der Reichs amnestie ist: 482 Freilassungen, darunter 315 Kommu nisten. Deutschland braucht Betriebskapital. Neuyork, 28. Aug. Gates W. Mc. Garrah, der amerika- .nsche Direktor des Generalrates der deutschen Reichsbahn, erklärte Pressevertretern: „Von meinen mehrfachen Besuchen in Deutschland gewann ich die Ueberzeugung, daß sich in Deutschland eine Besserung vorbereitet, die von Dauer zu sein scheint. Diese Besserung wird nur ganz allmählich vor sich gehen. In der Hauptsache braucht die deutsche Wirtschaft Be- triebskapital, am besten in der Form von langfristigen Krediten." Mac Garrah verbreitete sich dann über Lie Wahl Hindenburgs. Diese habe „viel zur Stabilisierung der innerdeutschen Situation beigetragen". Marokkanische Bestien. Berlin, 28. Aug. Der „Lokalanzviger" meldet aus Idar (Birkenfeld): Marokkaner haben hier vor ihrem Ab transport an drei aufeinander folgenden Tagen Angriffe auf hiesige Frauen ausgefübrt. In einen: Falle, in dem ein männlicher Begleiter mit der Waffe bedroht wurde, ist eine Vergewaltigung der weiblichen Person ausge führt worden. Einer der Angreifer wurde von der Bevölke rung verfolgt und wäre beinahe gelyncht worden. Der fran- zösische Kommandant ließ Verhaftungen vornehmen, wobei es zu Mißhandlungen durch Besatzungsangehörige kam. Billiger amerikanischer Kredit für Polen. Neuyork, 28. Aug. Bei dem von der Federal Reserve Bank der Bank vonPoIen auf ein Jahr zur Verfügung gestellten 10 Millionen-Dollar-Kredit zur Stützung des Zloty- kurses wird der tatsächlich in Anspruch genommene Betrag mit 4tL Prozent verzinst werden. Der Marokkokrieg. London, 28. Aug. „Daily Mail" meldet aus Tanger: Die Rifkabylen haben bei Fez die Gegenoffensive er griffen und mit schweren Geschützen das Vorgelände von Fez angegriffen. In Tanger werden entgegen den französischen Offensivergebnissen sehr ungünstige Beurteilungen über die Gesamtlage verbreitet. Damaskus von den Drusen erobert. Paris, 28. Aug. Aus Adana ist hier die Nachricht einge troffen, daß Damaskus vollständig in den Händen der Drusen sei. Die französischen Truppen hätten sich unter schweren Verlusten weiter zurück ziehen müssen. Berlin, 28. Aug. Die Geschäftsaufsicht über die Aga- werke ist vom Landgericht genehmigt worden. London, 28. Aug. Die Regierung hat die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Mexiko beschlossen. Kapstadt, 28. Aug. Der Streik der britischen See leute, der infolge Herabsetzung der Löhne auch in südafrika nischen Häfen ausgebrochen ist, nimmt an Umfang zu. Das selbe wird aus Neuseeland gemeldet. Aus Amerikas Wirtschaft. Di« landläufige Meinung, daß „drüben" der Dollar nicht Ehr wert sei als bei uns die gute alte Silbermark, war schon vor dem Kriege nicht richtig. Und heute stimmt die Gleich setzung der Inlandskaufkrast von Dollar und Reichsmark schon ganz und gar nicht mehr. Wir haben in Deutschland vielfach noch eine übertriebene Vorstellung von der Höhe amerikanischer Preise. Gewiß sind viele Produkte, auch Gegenstände des täg lichen Bedarfs, drüben zahlenmäßig teurer als bei uns. Aber der Unterschied ist bei weitem nicht so groß, wie man zunächst meinen möchte. Im Durchschnitt wird man sagen können, daß man in den Vereinigten Staaten für eine deutsche Reichsmark dasselbe kaufen kann, wie in Deutschland für 65—70 Pfennige. Gewaltig zugunsten Amerikas aber verschiebt sich dieses Bild, wenn wir einen Blick auf die amerikanischen Löhne wer fen. Es verdienen z. B. in Neuyork die Bauhand langer nicht weniger als 50 Dollar - 210 Mark wöchentlich. Das ist zwar ein besonders hoher Lohn, der nur für schwere Arbeit gezahlt wird. Doch auch im allgemeinen erreichen die amerikanischen Arbeiterlöhne eine Höhe von 30 bis 35 Dollar (— ca. 125—150 Mary wöchentlich. Nach dem Borhergesagten wird Ne Mitteilung nicht weiter überraschen, daß iir Neuyork die Lebenshaltungskosten auch nur 50 Prozent höher sind als bei uns. Ja, manche wichtigen Gegenstände des täglichen Bedarfs kaust man in Neuyork zum selben (Socken, Oberhemden und andere Wäsche), und zum Teil (insbesondere Schuhe) sogar zu billigerem Preise als in Deutschland. Teuer dagegen sind in Neuyork das Wohnen wie auch die persönlichen, nicht durch mechanische Einrichtun gen ablösbaren Dienstleistungen (z. B. Rasieren usw.). Auch das Reisen ist in den Vereinigten Staaten ganz allgemein wesentlich teurer als bei uns. Den monatlichen Mindestbedarf eines Junggesellen, der sich gut ernähren, schlicht und sauber kleiden will, aber auf Vergnügungen usw. verzichtet, wird man für Neuyork mit etwa 40 Dollar veranschlagen müssen. In bezug auf Woh nung bzw. Schlafraum Darf man dabei aber nur die beschei densten Ansprüche machen. Mit 10 Dollar mehr im Monat kann man dis Wohnung etwas verbessern. Es gibt genug sparsam« Deutsche, die in Neuyork mit 50 Dollar monatlich auskommen, und deren Monatsrechnung höchstens um die Iahreszeitwende durch Anschaffungen für Klewung usw. etwas aus bem Gleich gewicht gebracht wird. Jedenfalls läßt sich mit 50 Dolla, monatlich in Neuyork schon bescheiden aber auskömmlich hau» halten. Doch Energie und Disziplin ist dabei notwendig, vo, allem um deswillen, weil man mit diesem Betrag, trotzdem man keinen Mangel leidet, hinter dem Durchschnitt der ams cikanischen Lebensführung zurückbletbt. Kann doch auch de, Durchschnitt der amerikanischen Arbeiter bei einem Monats, einkommen von 120—130 Dollar selbst dann noch über diel 50-Dollar.Lebenshaltung hinausgshen, wenn er als sparsame, Mann fast die Hälfte seines Einkommens für die Zeiten dc- Alters, für Tage der Krankheit, der Arbeitslosigkeit und ander, Wechselfälle des Lebens zur Sparkasse trägt! OerMche Angelegenheiten. * Zum Abbruch des Kampfes im Baugewerbe (vgl. den gestrigen „E. V.") wird uns aus Berlin mitgeteilt: Mit Rück, sicht auf die außerordentliche Tragweite der Arbeitsstreitigkeiten im Baugewerbe, wodurch unmittelbar und mittelbar ein bis zwei Millionen Menschen durch Arbeitslosigkeit bedroht und größte wirtschaftliche Werte gefährdet waren, hatte das Arbeits. Ministerium die Parteien nochmals zu Verhandlungen geladen. Am 28. August haben sich die Parteien nach Inständiger Ver- Handlung selbst geeinigt. Eie haben Löhne vereinbart, die in den einzelnen Bezirken zwischen 1 und 3 Pfg. für Facharbeiter und zwischen 2 und 4 Pfg. für Bauhilfsarbeiter über dem zweiten Schiedsspruch liegen. Diese Löhne gelten vom 31. August bis 30. November. Im übrigen wurde der Schieds- spruch beiderseits anerkannt. Die Arbeit soll möglichst sofort wieder ausgenommen werden. Die Berliner Bau arbeiter werden am Sonnabend in einer Versammlung die Abstimmung vornehmen, und auch in den übrigen Kampfge bieten sind noch Verhandlungen erforderlich, aber wenn überall der Einigungsvorschlag angenommen wird, könnte aus organisationstechnischen Gründen die Wiederaufnahme der Arbeit frühestens am Diens ta g nächster Woche er- folgen. Im Schiedsspruch werden die Spitzenlöhne für Maurer und Bauhilfsarbeiter wie folgt geändert: Provinz Sachsen, Anhalt, Magdeburg: Facharbeiter 1,05, Bauhilfsar beiter 0,90; Halle: Facharbeiter 1,03, Bauhilfsarbeiter 0,88; Freistaat Sachsen: Facharbeiter 1,08, Bauhilfsarbeiter 0,89. Die Verkehrszulage der Facharbeiter und Bauhilfsar beiter beträgt in Leivzig 6 Pfg., in Dresden und Chemnitz 5 Pfg. Die Aenderung Ler Ortsklassen, soweit sie noch strittig ist, wird der Verständigung innerhalb der Tarifparteien über lassen. Bis dahin gilt der bisherige Zustand. In denjenigen Lohnbezirken, in denen die Bezüge der Lehrlinge tariflich ge regelt sind, bleibt cs bei dem bisherigen Brauch. Ferner bleibt der bisherige Zustand der Regelung der Werkzeuggelder oder der sonstigen besonderen Entschädigungen bestehen, bis eine anderweitige Regelung eintritt.. Die Lohnsätze treten am Montag ,dcm 31. August, in Kraft und gelten bis zum 30. No vember 1925. * Ablehnung Les Schiedsspruchs im Textilgewerbe. In einer starkbesuchten Versammlung der Funktionäre der Textil arbeiter-Organisationen West- und Mittelsachsens und Thü ringens in Leipzig wurde Ler vorn Reichsarbeitsminister am 25. August für die betreffenden Gebiet« gefällte Schieds spruch, der ein« Erhöhung der Löhne um 10 Prozent und der Akkordlöhne um 4 bis 8 Prozent vorsah, nach längeren heftigen Beratungen einstimmig abgelehnt. Damit dürste die Fortdauer des Kampfes in der west- und mittelsächsischen sowie thüringischen Textilindustrie, von dem 200 000 Textil- arbeiter betroffen werden, kaum noch zu vermeiden sein. * I» der Streitsache der Eisenbahnarbeiter haben die Beisitzer der Arbeitnehmer ihre Mitarbeit in der Schlichtung^ kammcr eingestellt. * Die Lohnverhandlungen bei der Reichspost sind mit Rücksicht auf die zur Zeit schwebenden Maßnahmen der Neichsregierung bis Anfang September vertagt worden. * Der Allgemeine Verband der Bankangestellten beabsich- tigt eine Protestaktion gegen den im Bankgewerbe gefällten Schiedsspruch. Die Stimmung innerhalb der Bankangestellten ist sehr erregt. * Sächsischer Lebenshaltungs-Index. Nach der Berechnung des Statistischen Landesamtes beträgt die sächsische Gesamt- indexziffer der Lebenshaltungskosten auf erweiterter Grund lage (Ernährung, Heizung, Beleuchtung, Wohnung, Bekleidung, M W kW MM m twerrsuks sied vorder von 6er Ollts unä prelrwUrMeksU meiner Iiisirumente, berv. vsilrmgs KeU-Noa. IVIsx XreMg, pisiwfslmk, 1'Iisliisim/ckrgsd. Vertreter lltr u. UmßSßenä: -Vner blusikksus -4. Oottboküt, Au». Monika. Skizze von Marga Stiehler. Der, den sie geliebt hatte, war tot. Verwaist stand sie allein in der Welt. Am liebsten wäre sie auch selbst gestorben, aber unser Leben steht in Gottes Hand. Es bleibt ein kost bares Gut, auch wenn wir es nur für andere leben dürfen. So wurde sie Diakonisse — mit vierundzwanzig Jahren. Schwester Monika. Es war im Sommer 1918. Hinter der Front, in einem deutschen Reservelazarett wurde sie stationiert. — Wenn sie in den Krankensaal trat, leuchteten die Augen der Verwun deten auf. Ihre kühlen, weißen Hände schienen Wunder zu be wirken. Wen sie damit berührte, der vergaß seine Schmerzen, wem sie über die fiebernd« Stirne strich, der wurde still. Ihre eigene Lebensenergie schien auf die anderen llberzugehen. Sie elbst wurde immer blasser. „Es geht so nicht weiter, Schwester Monika", mahnte der Generalarzt. „Sie müssen unbedingt eine Nacht Ruhe haben, vollkommene Ruhe — so richten Si« ihre eigene Gesundheit zu Grunde." Ein weiches Lächeln legt« sich um ihren feingeschnittenen Mund, ihre blauen Augen strahlten. „Ich fühle keine Müdig- keit und bin so glücklich, daß ich helfen darf." „Alles gut und schön, Schwester Monika, aber für heute Nacht befehle ich Ruhe — Schlaf. Morgen sind Sie dafür doppelt frisch." Sie ver- neigte sich und ging. Angekletdet legte sie sich auf ihr schmales Bett, und bald darauf senkte sich ihre Brust in gleichmäßigen Atemzügen — sie schlief. Da — si« fuhr auf — man hatte sie gerufen, Panz deutlich: „Mo—ni—ka!" Sie erhob sich und trat auf den langen Korri- Lor hinaus. Die Nachtschwester saß am Tisch und wickelte Mn» den. Sie blickte auf. „Wer rief mich?" seiner, —das haben Sie wohl geträumt, Schwester Monika." Sinnend ging Monika in ihr Kmnmerchen zurück, aber kaum hatte sie sich wieder aus- gestreckt, als abermals ihr Name gerufen wurde, nur dringlicher als das erstemal. Sie sah sich um. — Diesmal war es ihr, als käme der Ruf von draußen. — Sie öffnete das schmale Fenster und blickte hinaus. Niemand war da. Nur in der Ferne stiegen bunt« Leuchtkugeln auf, und das Donnern der Geschütze erschütterte die Erde. Noch einmal legte sie sich nieder, aber mit dem Schlaf war es vorbei. Und zum dritten Male klang ihr Name durch den engen Raum. „Mo— ni—ka!" So heißes Bitten lag in dem einen Wort, >daß sie entschlossen war, dem Rufe zu folgen. An der Nachtschwester vorbei, die über ihrer Arbeit eingenickt war, schritt sie, wie von unsichtbaren Händen geführt, den Blick ins Weite gerichtet, hinaus — durch den moudbeschienenen Garten, über zerrissene Wiesen und aufgewühlte Aecker. Und sie wan derte — wanderte —. Ihr Fuß stockte. Dort — an ein zertrümmertes Geschütz gelehnt, ruhte ein Mann, mit zerschmetterten Gliedern. Er hörte ihr Kommen und hob den brechenden Blick. „Beim", röchelte er. Sie faltet« seine Hände ineinander und betete mit ihm. „Vater unser " Sein Kopf sank zur Seite — er war tot. Sanft legte si« ihn nieder, drückte ihm die verglasten Augen zu und ging weiter. Und plötzlich stieg ihr die Gewiß heit auf: Dreimal war sie gerufen worden — drei bangende Seelen verlangten nach ihrl Der Mond hatte sich hinter aufziehendem Gewölk verbor gen. Mattes Dämmerlicht breitete sich Wer das weite Feld Ein Hund heulte auf — klagend — jammervoll. Sie ging dem Klange nach und fand einen großen, blonden Offizier. Langsam rieselte das Blut durch das zerrissene Hemd, über die Rechte, daran der Trauring funkelte. Ein grauer Schäferhund stand bei ihm, leckte seine Hände und sah zu der jungen Schwe- ster auf, als erwarte er Hilfe von ihr — Hilf« für seinen Herrn. Und di« Hilfe kam. Behutsam setzt« Schwester Monika dem I Leidenden die Feldflasche an die brennenden Lippen und blieb bei ihm, bis auch er die "Augen schloß — für immer. Der Hund legte den Kopf auf die Knie seines Hernr und hielt treue Wacht. Monika ging weiter — suchend — nach Lem Dritten. „Mutter!" Leise, tastend rief es in ihrer Nähe. Sie lauschte. Und wieder zitterte es durch die Lust: „Mutter!" Der Wolkenschleier vor dem Monde zerriß. Silberne Strahlen warfen ihr bleiches Licht über das Elend der Welt. Dort bewegte sich etwas — richtete sich mühsam auf. „Mutter, bist du endlich da?" Monika eilte über Steine und Trümmer und sah ein junges Menschenkind — ein Knabe noch. — Groß waren sein« Augen aufgeschlagen — die armen blinden Augen. Jetzt hörte er Monikas Schritte in seiner Nähe. „Ach Mutter, daß du doch gekommen bist — wie schön — ich war so allein und es ist so dunkel. Will es denn gar nicht Tag werden?" Sie kniet« neben ihm nieder. Zärtlich legte er beide Arme um ihren Hals. „Nimm das Tuch vom Kopf, Mutterle, damit ich dein« weichen Haare fühlen kann." Sollte sie ihm sein« Illusion zer stören, ihm sagen, daß sie nicht seine Mutter sei? — Nein, ach nein, Gott würde ihr verzeihen, daß sie den freundlichen Traum eines Unglücklichen nicht zerriß. Ist nicht oft in unserem Leben ein schöner Wahn unser einziges Glück? Schweigend löste si« die Haube. Sanft und tröstend strich sie dem Jungen über sein weiches Gesicht. Ihr« Tränen tropften nieder. Er wühlte sein« Hände in ihr blondes Gelock. „Nicht weinen, Mutterle — nicht weinen, wir bleiben nun immer beisammen. Mutterle — el bettelte — Mutterle, küsse Mich!" Si« beugte sich tiefer zu ihm. Fest preßte er seinen Mund auf ihre bebenden Lippen. Wie in blaue, reine Höhen fühlte si« sich emporgetragen, in ihr war ein Singen und Jubeln, in der Luft ein Klingen und Pfeifen. Dicht neben den beiden sich umschlungen haltenden Menschen schlug das Geschoß ein — alles um sich her vernichtend. Sie kam niemals zurück — Schwester Monika.