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Der Streik um -le Aga-Werke. Der Beirieberat hinter E-mmrd Stinnes. Berlin, 17. Aug. Der Oberpräsident der Provinz Branden- -urg hat in seiner Eigenschaft als Demobtlmachungs- Kommissar für heute eine Sitzung einberufen, um Uber die Maßnahmen zur Vermeidung der Stillegung der Aga-Werks zu beraten. In einer vom Vorsitzenden des Betriebsrates der Aga-Werke der „Montagspost" zugrgangenen Zuschrift wird das Vorgehen der Darmstädter und National bank anläßlich der gPen Edmund Stinnes verhängten Kreditsperre stark kritisiert und gleichzeitig mitgeteilt, daß der - Betriebsrat von sich aus alle Mittel ergriffen habe, um die Stillegung des Werkes zu verhüten. Das Gachcnk Dr. Ed- münd Stinnes' von zwei Millionen Aktien der Aga^Sesellschaft an seine Arbeiter wird lebhaft erörtert. Wenn man auch schon mehrfache Arten von Arbeiteraktien und Gewinnbeteiligungen der Arbeiterschaft gekannt hat, so steht der Fall, daß die Beleg- schäft eines Werkes ohne jeden Gegenwert plötzlich völlig gesetz- mäßig in den Teilbesitz des Unternehmens gelangt, bisher ohne Beispiel da. Die deutschen Gewerkschaften haben bisher von ihrem Standpunkt aus jede Gewinnbeteiligung der Arbeiter und auch die „Werkgemcinschaft", die dem Aga-Fall am nächsten kommt, abgelehnt, wie sie auch den von den Unternehmern ein gerichteten Wohlfahrtscinrichtungen vielfach skeptisch gegenüber- steht, da sie in allen derartigen Maßnahmen eine Einschränkung der Freiheit, vor allem der Freizügigkeit der Arbeiter, erblickt. Anderseits wird aber in Kreisen der Gewerkschaften zugegeben, daß bei der Aga die Verhältnisse anders liegen als sonst. Offi ziell haben noch keine Verhandlungen zwischen der Arbeiter schaft und den gewerkschaftlichen Instanzen stattgefunden, doch glaubt man, daß die Belegschaft sich ziemlich weitgehend mit Ler Verwaltung der Aga-Werke solidarisch erklärt. Berlin, 17. Aug. Der „Vorwärts", der befürchtet, daß die Arbeiter der Agawcrke ein erhöhtes Interesse an ihrem Betrieb gewinnen und sich dadurch aus der übrigen Arbeiter schaft hervorheben würden, sucht die Leute dadurch zu beein flussen, daß er ungünstige Mitteilungen über den Stand der Agawerke verbreitet, die heute von der Betriebsleitung richtig gestellt werden. Edmund Stinnes hat in der Presse eine Darstellung der Vorgänge gegeben, ans der eindeutig hervorgeht, daß es sich um den K ampf des mobilen Finanzkapitals gegen den produktiven Besitz handelt. Dabei wer den im übrigen Andeutungen über ein bereits ausgetretenes Interesse des Anslandskapitals gemacht, das dem ganzen Kampf eine dramatische Wendung geben könnte. Eine „ro- mantische" Wendung hat er schon dadurch erhalten, daß gestern ein anonymer Kleinindustrieller aus dem Rheinland erschien und mit den Worten: „Einem Stinnes muß man Helsen", Dr. Edmund Stinnes sein gesamtes Bargeld zur Verfügung stellte mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, daß er. da er wieder Beziehungen zum Hause Stinnes besitze, doch eine Dankesschuld abzutragen habe. Der Name Stinnes gelte im Auslande nicht nur als Titel einer überragenden Fa brik, sondern vertrete einen Wirtschaftsgedanken, der durch das Vorgehen der Banken nicht vernichtet werden dürfe. Mittlerweile ist die Lohnzahlung bis zu 60 Pro- zenterfolgt, und man glaubt in der Betriebsleitung, den verbleibenden Rest heute flüssig machen zu können. Zur wei teren Aufrechterhaltung des Betriebes würde allerdings der von der Seehandlung eingeräumte Kredit von 3 Millionen Mark, dessen Ausgabe war an der Giroweigerung der Danken scheiterte, notwendig sein. Ueber die Besprechungen erfährt die „V. Z." noch folgende Einzelheiten: Zunächst legte Dr. Edmund Stinnes eingehend die Verhältnisse dar', die zu der augenblicklichen Lage der Aga geführt haben. Er forderte dringend st Hilfe und teilte mit, daß bei einem längeren Hinauszögern der Hilfsmaßnah men eine Stillegung des Werkes unvermeid bar wäre. Bisher haben sich die Arbeiter noch immer bereit erklärt, weiterzuarbeitcn, obwohl sie erst einen Teil ihrer Lohn summen erhalten hätten, ein Verhalten, das von allen be teiligten Kreisen als außerordentlich anerkennenswert bezeich net wurde. Don der Belegschaft haben bereits etwa 250 Mann mit der Arbeit aufhören müssen, da sich Materialmangel in folge schlechter Belieferung durch die Lieferanten ergeben habe. Dio Vertreter der Arbeiterschaft unterstrichen Vies« Ausfüh rungen noch einmal und forderten ihrerseits gleichfalls, daß die Reichs- und Staatsstellen alles unternähmen, um eine Stillegung des nach ihrer Ansicht durchaus produktiven Wer- kes zu vermeiden. Oberpräsident Dr. Maier versprach, sich bei den in Frage kommenden Stellen energisch für eine Hilfsaktion einzusetzen. Berlin, 17. Aug. Wie der „Börsen-Lourier" wissen will, sollen zurzeit Verhandlungen zwischen den Aga-Werken mrd amerikanischen Interessenten über einen Der- kauf der gesamten Aktien der Aga und somit des ganzen Werkes schweben. Demonstrationen gegen de« Zionisten-Kongreß. Wien, 17. Aug. Trotz des Verbotes der Protestkund gebungen gegen den' Zionisten-Kongreß sammelte sich zwischen 6 und 7 Uhr die deutsch-völkische Jugend in zahl reichen Gruppen vor dem Rathaus und vor der Votivkirche. Die Polizei zerstreute die Menge. Da sie teilweise Widerstand fand und Steine geworfen wurden, sah sie sich wiederholt ge zwungen, blank zu ziehen und in energischer Weise gegen die Trupps anzureiten. Zahlreiche Verhaftungen wurden vor genommen. Die Hauptmasse der Dcutschvölkischen zog sodann unter dem Gesang nationaler Lieder und Pfuirufen über den Ring und versuchte, das große Konzerthaus, wo die Palästina- Ausstellung stattfand, und den Sophiensaal, in dem heute der Begriißungsabend des Zionisten-Kongresses stattfindet, zu er reichen. Starke Polizeiricgel drängten die Demonstranten in die Seitenstraßen ab. Der Straßenverkehr wurde längere Zeit empfindlich gestört. In den späten Abendstunden setzten die Demonstrationen wieder ein. Es gelang der Polizei, die De monstranten abzudrängen. Wie verlautet, wurde eine Anzahl der Demonstranten nicht unerheblich verletzt. Im ganzen dürften sich an den fortgesetzten Kundgebungen etwa 5000 Deutschvölkische beteiligt haben. Die Zahl der Verhafteten ist auf über 100 gestiegen. — Die Meldung eines Abendblattes, daß die für heute abend geplanten und von der Polizei ver botenen antisemitischen Kundgebungen der Auftakt zu einem gegen die Negierung gerichteten Putsch sein sollten, wird in hiesigen politischen Kreisen als unbegründet bezeichnet. Eine neue Seeabrüstungskonferenz? Paris, 17. Aug. „Newyork Herald" meldet aus Washing ton, daß man in offiziellen Kreisen einen neuen Plan für die Abrüstung zur See studiere. Er soll darin bestehen, den Bau von neuen Kreuzern zu untersagen, und für leichte Kreuzer soll der Höchsttonnengehalt auf 10 000 festgesetzt werden. Prä sident Coolidge habe vorgeschlagen, eine neue Konferenz ein- zuberufen, welche sich mit der Rüstungsbeschränkung befassen soll. Neue französische Schandurteile. Mainz, 17. Aug. Wegen Spionage, die angeblich in den Jahren 1924 und 1925 im Ruhrgebiet betrieben worden sein soll, standen vor dem Kriegsgericht: der Professor Joseph Berg, zuletzt in Essen wohnhaft, der Kaufmann Anton Hubert Oppermann und der Laboratoriumsangestellte August Lammers v. Torrenburg, beide aus Essen. Noch zweitägiger Verhandlung, die unter Ausschluß der Oeffentlich- keit ftattfand, verurteilte das Kriegsgericht Oppermann zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahre, Lammers v. Torren burg zu einer solchen von 4 Monaten. Berg wurde frei gesprochen. Wiesbaden, 16. Aug. Das französische Militärpolizci- gericht Wiesbaden verurteilte wiederum 107 Personen aus dem unbesetzten Gebiet zum Teil zu recht hohen Geld strafen, weil sie nicht im Besitze eines vorschriftsmäßigen Passes waren. Düsseldorf, 17. Aug. Die alliierte Besatzungsbehörde hat die Ue Verführung der im Militärgefängnis Düsseldorf befindlichen deutschen Straf- und Untersuchungsgefangenen in das Militärgefängnis Mainz angeordnet. Es kommen 57 Deutsche in Betracht. Die Gefahren -es Zwischenhandels. Berlin, 17. Aug. Auf der Iubiläumstagung des Zentral- verbales hielt Ministerpräsident a. D. Stegerwald eine bemerkenswerte Rede. Er beschäftigte sich besonders mit den zahlreichen Klagen von Arbeitgeberseite über die Höhe der Löhne und der Sozial lasten. Stegerwald bemerkte, daß es falsch sei, Löhne und Soziallasten getrennt zu betrachten, Beide gehörten zusammen. Aber bei dem Zusammenrechnen von Löhnen und Soziallasten ist der Lohnanteil an der Er zeugung in Deutschland doch noch erheblich niedriger als in Amerika und England. Man müsse feststellen, daß die Arbeits leistung des deutschen Arbeiters in keinem Lande Europas (in Nordamerika nur dank der dort herrschenden technischen Ueber« legenheit der Werke) übertroffen we:ve. Die Spanns zwischen Erzeuger, und Verbraucherpreisen entwickle sich allmählich zumKardinalpro- blem des deutschen Wiederaufbaues. Wenn dis Dinge so weitertreiben, wie in den letzten Wochen, dann können die Steucrgesetze nicht bringen, was man erwartete, dann könnten weder Lie Zölle aufrechterhalten, noch könnte die Währung erhalten werden; dann trieben wir wieder einem allgemeinen Zusammenbruch entgegen. Das müsse unter allen Umständen verhindert werden. Deshalb richte er einen ernsten Appell an die Adresse des Reichskanzlers: Regierung, greife rücksichtslos in dieses Wespennest, du rettest dadurch das deutsche Volk! Todesstrafe für Valutasvekulanten. Athen, 17. Aug. Nach einem Negierungscrlaß soll an- gesichts der finanziellen Lage Griechenlands und zum Schutze der Interessen des Staates die Todesstrafe gegen alle die verhängt werden, die mit Devisen und ausländischen Titeln Spekulation treiben. Petain Oberbefehlshaber in Marokko. Paris, 17. Aug. Nach dem „Petit Parisien" wird der Marschall Petain sofort nach seiner Ankunft in Marokko die Leitung der dortigen militärischen Operationen über nehmen. Französische Angriffe in Marokko. Paris, 17. Aug. Wie Havas aus Fez meldet, haben die französischen Streitkräfte eine umfassende Operation eingeleitet. Artillerie und Flieger haben heute früh starkes Vorbereitungsfeuer auf die feindlichen Stellungen gelegt. Die Operation nehme einen normalen Verlauf. Anscheinend be absichtigen die Dissidenten an bestimmten Stellen zurückzu- gehen. , Madrid, 17. Aug. Von der Marokko-Front wird gemeldet, daß es bei Ngarja zu einem Gefecht kam. Ein feindlicher Proviantzug wurde bei einem Durchbruchsversuch von einer spanischen Kompagnie überrascht. Der Feind mußte sich unter Zurücklassung von Verwundeten und Toten zurückziehen. Casablanca, 17. Aug. Das 23. nordafrikanische Schützen- regi ment, das bisher in Wiesbaden gestanden hat, ist hier eingetroffen. Friedensforderungen Ler Drusen. London, 17. Aug. Die „Times" melden aus Jerusalem: Die letzten Nachrichten aus Syrien spiegeln die politische De- sorgnis in Damaskus wieder. Dorthin sind 10 Panzer wagen aus Beirut entsandt worden. Wie aus Beirut ge meldet wird, ist eine Abordnung, die zur Unterhand lung mit Len Drusen entsandt worden war, aus Hauran mit fol genden Bedingungen der Drusen zurückgekehrt: 1. Haupt mann Carbillet muß Les Gouverneurs-Postens des Dschebol Drus enthoben werden. 2. Ein französischer Gouverneur ist genehm, vorausgesetzt, daß er von den Drusen gewählt wird. 3. Niemand darf wegen des Aufstandes bestraft werden; Waffen der Drusen dürfen nicht beschlagnahmt werden. Paris, 17. Aug. Nach einer Meldung aus Beirut haben -re Drusen 40 französische Gefangene wieL« freigelassen, gei- Rovena Erdfeld. Roman von Joachim von DLrow. (Nachdruck verboten.) (6. ForlsehungO „Den Ahnenbildern habe ich noch nicht meine Reverenz Mracht," sagte Konrad, vielleicht um die Zeit auszufüllen, und Ke Gräfin Alexandra selbst führte ihn in das in einem Flügel des Schlosses außerhalb der Wohnräume gelegene Zimmer. Ls hatte in der Mitte ein in der Runde gepolstertes Sofa und sonst nur wenig Möbel. Der Naunr war eben um der die Wände dicht bedeckenden Ahnenbilder willen da. Gegenüber der Tür hing das Bild eines Vorfahren, der sich bis auf den Zoll in ganzer ungewöhnlich großer Figur hatte malen lassen. Vas lachende Gesicht eines schönen Weibes mit üppigem ent blößtem Busen, Puder und Rosen im Haar; und weiter das einer bis an den Hals schwarz gekleideten hageren Frau mit weißer puritanischer Haube. Da waren die drei Schwestern Trkfeld, die jungen blondgelockten Häupter mit einem Helm bedeckt, als Erinnerung an die von ihnen geleitete Verteidi gung ihrer Burg. Sie hielten in der erhobenen Hand jede ein Ei als Hinweis, daß sie einander ähnelten, wie ein Gi dem andern. Ueber dem Kamin hing Las Bild Ler bösen Ahne, Lie den faulen Mägden das Gespinst auf dem Finger abbrennen ließ, wenn der Faden nicht die geforderte Feinheit aufwies. Nur einen flüchtigen Blick des Wiedersehens hatte Konrad fürs erste mit den ihm wohlbekannten Gestalten. Er schritt direkt auf ein Bildnis zu, dessen prunkender Rahmen die ein fachen Goldleisten der andern tötete. „Donner ja! Du, Tante Alexandra im Famillenschmuckl Wann habt ihr denn das machen lassen?" „Ungefähr vor einem halben Jahr." „Wird wohl 'ne Stange Gold kosten — was? Aber es ist prachtvoll. Der ganze Stolz der Haltung; der Schwung der Vvauen; die unvergleichlich schönen Hände! Komm, Tante! Laß sie dir küssen; es ist doch was Erhebendes um eines Wei- -es Schöne! Wißt ihr denn übrigens, -aß ich mich mit dem berühmten Familienschmuck noch niemals so recht Auge in Auge befunden habe? Als Junge hat man keinen Sinn für so was, man geht rmher, den Kopf im Nacken wegen Krähennestern und Hasel nissen in den Sträuchern. Möchtet ibr mir den Schmuck nicht nmal zeigen?" „Da mußt du Papa darum bitten," sagte Rovena, die sich auch eingefunden hatte. „Sobald Mama den Schmuck getragen hat — es geschieht ja nur an Hochzeiten und ehemals, wenn ein gekröntes Haupt als Besuch bei Hofe in Betracht kam — vergräbt er ihn wieder. In der Wand seines Zimmers ist ein besonderes Verlies da für, wie du dich erinnern wirst." Graf Willibald zeigte sich bereit, den Schmuck für Konrad aus besagtem Verlies zu bringen, aber letzterer beinerkte, daß der Onkel müde und blaß aussah. „Was ist dir eigentlich, Onkel?" fragte er mit einem marinen Ton in der Stimme, den der Graf immer so gerne gehabt. „Ich glaube, du quälst dich körperlich mit irgend etwas herum." „Nun ja! Ich habe seit einiger Feit ab und zu mal 'ne Attacke! Geht vom Herzen aus." „Aber hast du dich denn nicht ordentlich untersuchen lassen?" „Habe ich. Unser alter Hausarzt versteht sich schon da- rauf. Dor allem keine Aufregungen. Das ist wenigstens bil- lig als Rezept, aber am schwersten Herstellen zu lassen. Du brauchst den Frauen nichts davon zu sagen. Und nun dreh dich mal um; dein Oeffnen der Kassette in der Wand darf niemand zusehen. Es ist dies ein Geheimnis, das nur dem Besitzer des Schmuckes gehört." Erst als er vor Konrad die Etuis geöffnet hatte und die ser ein Verständnis zeigte für die Schönheit der Arbeit, fing Ler Graf an, sich zu beleben. Alles, was an dem Schmuck drum und dran war, deutete auf einen ungewöhnlichen Wert hin. Es bestand nicht nur ein Verzeichnis der Gegenstände, sondern cs waren Zeichnungen von jedem einzelnen Stück vorhanden. Lin Kollier, dessen Behänge fast den ganzen Hals bedeckten; ein Diadem, Brosche, Ohrgehänge, zwei Armbänder und etliche Ringe in Perlen und Brillanten. Di« Fassung von sorgfältigster Ausführung in jeder Einzelheit und dabei doch fest. Der Graf machte Konrad auf das Feuer -er einzelnen Sieine und die Birnenform der Perlen aufmerksam. „Was sind die Dinger wohl wert, Onkel?" Dieser knipste die Etuis zu und tat sie zurück in die Leder- hülle, die für jedes einzelne Kästchen vorhanden war. „Weiß ich nicht. Den Sclynuck etwa taxieren zu lassen, heißt ihn aus der Hand geben; und das tue ich nicht." Konrad Grkfeld an seinen Detter Theodor: „Leutlein, ihr könnt mir den Buckel herunterrutschenl Verzeihe den burschikosen Anfang dieses Briefes, aber Doi?». eben eingegangenes Schreiben hat mich denn doch zu sehr ver schnupft. Also darum die Aufforderung Deines Vaters bei meiner Reise zu ihm, doch Ulmenhof wieder einmal mitzuneh men, darum die Ermahnung, die Stveiaxt einzugvaben, mit der mein Vater und Ler Onkel Willibald sich einstmals bedroht hatten. Ich sollte im Ulmenhof gewissermaßen Detektiv spie len! Ich — ich — ich! Wissen wollt Ihr, wie es mit den Der-i hältnissen dort äußerlich steht. Dio Ohren tut Ihr spitzen, daß ich melde Verfall! Zusammenbruch! — Und nun meine Ant- wort: Mich um die Wirtschaft zu kümmern, habe ich keine Lust und Muße gehabt; das geht mich nichts an. An den Verwand ten selbst und ihrem unvergleichlichen Heim habe ich invine Helle Freude gehabt. Außerdem Li« Weiher voller Fische und den Wald voll Wild. Dafür sorgt schon Rovena. Was aber der Kern Euers Wissensdranges ist — der Familienschmuck Ja, ich habe ihn gesehen, ganz zufällig; denn wenn ich gewußt hätte, um was es sich handelt, nie und nimmer hätte ich mich damit besaßt. Sollte mir etwa der Maler mit An deutungen gekommen sein, wie er sie Dir und vermutlich auch noch anderen Leuten gemacht hat, daß an dem Schmuck etwas nicht in Ordnung sei, ich wäre der Nichtige gewesen, dem Kerl den Standpunkt klar zu machen. Was will die Viper von Maler? Hat sich redlich beschluckt an Grog und Rühreiern; wußte ganz genau, was der Weinkeller barg, wie mir der alte Wilhelm sag-:, und nun zischt die Viper los. Jedes Stück ist vorhanden — jede Bommel und jeder Reif. Nicht nur nach der Beschreibung, sondern auch nach der Zeichnung. Mi« wälzt sich ein Stein von der Seele, -aß ich Euch das sagen kann. Bitte aber, kommt mir mit solchen Zumutungen hinter hältigen Schnüffelns nicht noch einmal. — Im übrigen, Theo- dorchen, Goldsohn, Du ergehst dich in dem Taumel, als wenn Du bereits in dem Besitz von Schmuck und Majorat Dich son nen könntest. Menschlicher Voraussicht nach mag dieses ja be rechtigt sein — aber — aber — da droben sitzt auch noch einer, nur der hat so zeitweise seine Ueberraschungen. Warum soll eigentlich der Onkel Willibald absolut vor seiner Frau sterben? usw. — Zum Schluß noch: Wenn Ihr wieder mal ähnliche An. liegen habt, sucht Euch jemand anders dafür aus. Ich bin kein Mensch, weißt Du, der auf seine moralische Position absolut pocht, aber es gibt doch Dinge, für die man sich zu gut vor- kommt. Grüß mir den Maler. Aber besser, er kommt mii nicht ins Geheg. Dein Vetter Konrad." (Fortsetzung folgte