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tlsr küsü»nivku!ü 1. 1. Farmar 1-S8. «rzgevwgifcher Dvlksfre««-. en und für. Oberkirchenrat Thomas. Zeitlang beinahe ein kleinliches und selbstsüchtiges Ille die vielen anderen Einladungen hatte Arletter Gefühl. A1 Betörtes Deutschland — halte sinnend ein Im Dorwärtstaumel, an der Jahreswende: Betörtes Volk, reich' dir die Bruderhände, Wie einst, in Heldentagen, eins zu sein! Sin neues Jahr. Das bringt es? Neues Wollen, Gin neues Ringen nach den höchsten Zielen? Und Kampf, in dem gelöste KrÄfte spielen Eins! Gin gewaltiger Baum, der Wurzeln gründet In heiligen Tiefen — der zum Licht sich hübt, Der gellen, Füsern, Ringe eng verwebt, Und stärksten Gegendruck den Stürmen kündet! uns sein Wille im einzelnen ost verborgen. Mr erkennen seine Wege nicht und verstehen nicht ihr Ziel. Aber als Menschen, Vie im Lichte der Weihnacht über die Schwelle des neuen Iqhres gehen, wissen wir, daß auch der verborgene Gotteswille in dem Herzen eines Vaters sich gründet, das in Liebe und Erbarmen für seine Kinder schlägt und mit jedem Menschen, auch mit jedem Volk nur ein Ziel hat, ewiges Heil. Für die, die von ihm sich führen lassen, gibt's immer nur ein herrliches Dor. wärts und ein seliges Aufwärts im Leben. Auch Heimsuchungen und Gerichte dienen seinem ewigen Reiche. In solcher Gewißheit gehen wir in das neue Jahr hinein, hinein in die Arbeit des neuen Jahres, die Arbeit an uns selbst und die Arbeit an unserem Volke. Lassen wir uns die Seele läutern durch seinen Geist, stellen wir unser Tun und Lassen unter die Losung „opferfreudiger Dienst für unser Volk", dann wird, was auch die Feinde an neuer Demütigung und Ge walttat ersinnen und an uns in unsrer Ohnmacht ausführen, doch an der Macht unsers Gottes zerschellen, und das neue Jahr ein Jahr des Segens werden. Und unser Lobgesang wird's am Ende sein: Herr Gott, du bist unsre Zuflucht für dieser einen zuliebe abgelehnt und stand nun mit der betrüb- lichen Aussicht auf einen einsamen Beschluß des alten und ebenso einsamen Beginn des neuen Jahres da. Er konnte zwar allerdings irgendeines der zahlreichen, jedem Zahlenden zugänglichen Lokale aufsuchen, in denen die letzte Iahresnacht Aergerlich ließ er s dem Telephonapparat in Wir Deutschen sind so tief in Leid versenkt, So eng umstarrt von Widerwärtigkeiten, Has freie Güte zagt, sich auszubreiten, Daß jeder nur der eignen Wünsche denst! Ein neues Jahr. Don Alice Freiin von Gattdy. Zum Neuen Jahr. Glaubet ihr nicht, so bleibet ihr nicht. Schicksalsschwer neigt das Jahr 1924 seinem Ausgange sich zu. Und eine Fülle von Fragen, auf die wir keine Ant wort haben, und eine Fülle von Aufgaben, deren Umfang und Wucht wir noch nicht zu überschauen vermögen, aber tief innerlich fühlen und ahnen, wälzt das kommende Jahr uns entgegen. Das macht uns den Ausgang aus dem alten und -en Eingang in das neue Jahr, mögen wir an uns selber oder an unser Volk und Vaterland denken, so ernst und schwer. Wir schauen aus nach einem Licht, das uns das Dunkel, das vor uns liegt, erleuchtet, nach einer Kraft, die vorhält und uns über uns selbst und alles was kommen wird Herr werden und es uns zum Segen wandeln läßt, nach einem Trost, der zureicht auch für alle Widerwärtigkeiten und Enttäuschungen, so viele ihrer und so niederdrückend sie auch, wir wollen's uns doch von vornherein nicht verhehlen, für uns sich einstellen werden. Das Wort, das wir als Losung vorangestellt haben, klingt aus längst vergangenen Tagen in unsre unheilschwangere Zeit hinein. Der Prophet hat's seinem Volke im Namen Hottes in einer Zeit geredet, in -er es hart um seinen Bestand kämpfte und ernst um seine Zukunft Langte. Es weist auch uns an der Schwelle des neuen Jahres den rechten Weg. Ohne Glauben kann der Mensch, kann der Ehrist sich nicht in der Welt be- haupten. Ohne Glauben kann, die Geschichte der Völker redet unzweideutige Sprache, auch kein Volk bestehen und seine Bestimmung in dem Ringen um das große göttliche Ziel aller Weltgeschichte erfüllen. Glauben müssen wir, wenn unser Leben einen Wert gewinnen und haben soll. Und glauben wollen wir, um uns die Kraft zum Aushalten, zum Wirken, zum Dulden, zum Kämpfen, zum Siegen zu bewahren. Aber nicht darauf kommt's an, daß wir glauben, sondern woran wir glauben. Der Glaube hat keine Kraft in sich, er empfängt sie erst durch den Gegenstand, den er ergreift und festhält. Wenn unser Glaube standhalten und uns den Boden unter die Füße legen soll, auf dem wir, ob die Stürme uns schütteln und rütteln und Fundamente, die festgefügt zu sein schienen, wegreißen, unbeweglich stehen, dann muß unser Glaube sich fest an den allmächtigen Gott der heiligen Liebe klammern. Gottes Wille geschieht, nicht der eines blinden Schicksals oder unberechenbaren Zufalls. Menschen sind nur seine Werkzeuge. Er braucht sie, so lange sie für ihn nötig sind, in seinem Dienst, auch ohne, auch gegen ihren Willen. Wohl ist Und aufeinanderprall««? »— Bringt es Grollen Und Richten, -affen, zähneknirschend Tragen? Auch wlchl ein Lieben? ... Ueberflüsfig Fragen: Hoch über dem Ort wachte der Turm der Lotsenstation. Da stand Jens Walkot und schaut in den Sturm, der "' Südspitze der Insel verfing. Drüben vom "" matt in regelmäßigen Abständen das Leucht wie eine schwarze Schlange zog sich in Der junge Arzt war nichts weniger als ein schlechter Mensch. Daß die — ihm allerdings unbekannte — Schwester seines Freundes jäh und schwer erkrankt war und dieser selbst die letzten Stunden des Jahres in Sorge und Aufregung verbringen mußte, tat ihm herzlich leid. Trotzdem überwog jedoch eine Zeitlang beinahe ein kleinliches und selbstsüchtiges was peinlich; aber — Frau Nelly Krogmann kam an den Apparat. Unver kennbar berührte Arletters Anfrage sie unangenehm, und fia wand sich und wich aus, bis sie ihm schließlich gestand, daß er der Dreizehnte in ihrem Kreise wäre und man doch auf - Aberglauben anderer Gäste Rücksicht nehmen müßte, eine« Aberglauben, dem übrigens auch sie verfallen wäre. lichen und immer unzufriedenen Alten sein? „Habt Ihr keine anderen Sorgen?" hatte er mit seiner heiseren Stimme gefragt. „Schaut Euch erst im Leben um. Möchtet Euch wohl gern ins fertige Nest setzen?" Und als Weihnachten kam, sah Jens nur von weitem das Mädchen in der Kirche, und auf dem Heimweg gingen sie ein paar Schritte stumm nebeneinander — es war ihnen Beiden nicht zum Sprechen zumute — alles war so ganz anders. — Wenn er abends auf den Turm ging, machte er wohl den Umweg, an ihrem Haus vorbeizukommen. Nur um in ihrer Nähe gewesen zu sein . . . Woher kam der Peitschenknall durch die Nacht? Jen« trat verwundert auf die schmale Balustrade des Turms. Niemand fuhr jetzt in der Nacht. Aber dort auf dem Meer, zwischen Insel und Festland, flimmerte ein Licht, unruhig hin- und her- geworfen. Also war es keine Peitsche, sondern ein Schuß, den einer in der Not gefeuert hatte. Da war Jens frei von allen hemmenden Gedanken. Dort waren Menschen, die irgend- wo erwartet wurden, in einem warmen Zimmer, an einem festlichen Tisch, und die mit Sturm und Meer und Gis um ihr Leben rangen. Mit ein paar Sätzen war Jens die Treppe hinab zu der großen Glocke, aber die Hand, die nach der Leine faßte, fiel wieder herab. Sollte er die Männer aus ihren Häusern rufen? Unruhe in die Abschiedsstunde de« Jah res tragen? Springend und gleitend kam er den stellen Abhang hinab an den Strand. Dort, hinter dem Landungssteg und dem schützenden Steinwall, lag sein Boot. Gr wußte, was der Motor leistete — nach wenigen Minuten stieß das Fahrzeug vom Ufer ab und verschwand in der Dunkelheit. — ' Die Männer in den Häusern horchten auf, als sie das Knattern der Motorboote« vernahmen. Einer, der aus der Türe Kat, s<ch einen anderen Vorbeigehen, ging mit — bald waren es mchrere — auch Frauen, die die Neugierde trieb — fröstelnd zoaen sie ihre Mantel zusammen und stemmten sich gegen den Wind, als sie über die Düne an den Strand kamen. Gespenstisch stand das Weiß der Eisschollen gegen den schwar zen Himmel und das gurgelnde Wasser. Unruhige Fragen gingen von Mund zu Mund. Jetzt kam bas Geräusch de» Stadt", sagte einer, aber man wußte, daß er nur seinen Kuttel fuhr. Da knirschte es am Steg, das Boot leiste an, ein Man« sprang heraus und warf die Taue um die Pfosten — als man eilig näher trat, sah man, daß es Jens war. .Helft denen da", sagte er kurz, und schon griffen kräftig« Hände über den Steg herab. Hitschen!" riefen die Leute, all eine zweite Gestalt dem Doot entstieg! und noch ein Dritte» kam, der Bootsjunge des Krämers, durchnäßt, aber froh, Boden unter sich zu fühlen. Den erregt auf An einstürmenden Fragen gab der Junge kurze Antwort. „Wir kamen zwischen die Schollen — der Wind — und alles so dunkel — und der morsche Kahn — wie das splitterte — der Jens hat ein gute» Boot — der hat uns geholt — o der kann fahren — Und als man nun auch zu diesem drängte, wehrte er ab: „Ja, ja, — das Neue ist eben besser, als das Alte —" » und wandte sich zu dem Alten um, der ratlos und doch ver bissen neben chm stand: „Ja, Lüschen, da» ist Dir nun gewiß nicht recht, aber er taugte wirklich nicht mehr viel, Dein Sog« ' ler —". Drüben am Festland läuteten die Kirchalocken da» neu» Jahr ein, und der Sturm trug den Gruß hinüber zu der Insü. Da hörten die Menschen auf zu sprechen und sichen still vor sich hin — und Jens drehte sich um und stieg die Anhöhe wieder hinan auf seinen Turm. Aber als er ein paar Schritte getan hatte, lastete «ine schwere Hand auf seiner Schulter. „Jens", sagte Lüschen, der ihm nachgegangen war, mußt nicht denken, daß ich so spreche, «eil du mir da» gevettest hast. Das ist «ine besondere Sache. Aber hörst du — MI di« Glocken da brühe« — und das neu« Jahr —-es ist nun wohl doch so auf her Welt: Da» Alte geht vorüber und Nmw» kommt — und wen« wir Menschen alt geworden find, müGm wir still sein vor der Jugend. — Komm nachher zu mir, ha« Du? Die Dore hat die ganzen Tage schon verweint« Augm..." Langsam gingen di« Menschen wieber in ihre Häuser. And die am Hövt vorbeikamen, wunderten sich wohl, daß sie ein fröhliches PK Isen hörten. Aber sie konnten in -er Dunkelheit nicht schm, Laß «der Jeu» wer» -»Mit AMU M das «ven Laa IHM- ' Silvesterbesuch. Skizze von Fr. W. v. Oesteren. Es war neun Uhr abends und Doktor Robert Arletter ein noch junger, aber bereits zu Namen gelangter Arzt war eben dabei, die Frackkravatte zu binden, als der Diener seines Freundes Perfingjbei ihm anrief und ihm mitteilte, sein Herr wäre plötzlich nach Doblingen zu seiner schwer eickrankten einzigen Schwester berufen worden und schon im Auto unter wegs; er hätte den Auftrag hinterlassen, bei allen zur Sil vesterfeier eingeladenen Freunden sofort anzurufen und tau sendmal um Entschuldigung bitten zu lassen, daß unter diesen Umständen das große Iunggesellendiner bei ihm nicht statt- finden könnte. Der Turmwächter. Neujahrsskizze von Paulrichard Hensel. Sie hörten es nicht dort unten hinter den verhängten Fenstern, das Rufen des Meeres, das Pfeifen des Windes; sie sahen nicht an ihren weißgedeckten Tischen die schwarzen Wol ken, die über die Insel jagten. Zwischen Hövt und Deich ge borgen lag das kleine Fischerdorf, Dächer und Wege kaum noch unterscheidbar unter der Schneedecke. Aber hinter den Fenstern war es hell, die letzten Lichtstümpfchen an den Christ- bäumen brannten nieder, und in den Küchen war vielleicht schon ein Hantieren mit Kuchen und starkem Grog — und die Lucke gingen nach der Uhr, die die erste Stunde des neuen Lahres verkünden sollte. — Jens biß die Zähne zusammen, als er an bie l«tzt«n Wochen dachte. Si« hatten sich wie Kinder auf das Fest ge- freut, die Dor« und er, denn sie hofften auf da» schönste Ge- schenk, die Zusammenfügung zweier Hände unter dem Segen ^r Ehlern. Gelacht hatte der alte Lüschen, als Jens mit offe- vor chn trat. Er brauchte seine Tochter. Wer sollte verleben? Wer sollte um ihn, dm schwäch um, der sich an der Festland her grüßte , feuer des Hafens — wie eine schwarze Schlange zog sich in seine Richtung die Fahrtrinne, die der Eisbrecher durch die Winterdecke der See «stampft hatte. Aber das Eis war rissig und das Wasser Zollte darunter gegen die hemmende Masse. Von dem Allen vüten die Menschen heute nichts wissen, die im Dorf, — o, Ans hätte in der Dunkelheit jedes Haus zeigen können. Da waren die Fenster des Pfarrers und dort der Giebel von Wil helm Moch, und ganz hinten war das Haus, in dem Dore Lüchen aus ihn wartete. Gewiß war es Nur eine Täuschung, wenn Jens einen Schatten hinter dem Fenster zu sehen ver meinte; aber er wußte, die Dore war nicht froh wie die anderen und wäre lieber hier bei chm in der Stille, wo die hatten Worte ihres Vaters sie nicht trafen. mit Festessen, Mus» und allerlei Betrieb gefeiert wurde. Mee was sollte er unter fremden, gleichgiltigen Menschen begin nen? Das sagte chm keineswegs zu, zumal er nicht frei von einer gewissen Sentimentalität war, die ihn gerade zur Jahreswende am stärksten packte. sich mit ungebundener Krovatte neben , in einen Sitz fallen, und überlegt«! Nach einer Weile rief er bei dem befreundeten Ehepaare Käß mann an, das ihn ebenfalls eingeladen hatte. Nach der Atz sage war, ja die Anfrage, ob er doch noch kommen dürfe, «t- Doktor Arletters Verstimmung war nach diesem Gespräch mächtig gewachsen. Dennoch rief er nach einer weiteren Wella bei der ihm sehr befreundeten Frau Emmy Zorn an, die eben falls eine Silvesterfeier veranstalten gewollt und ihn eingo» laden hatte. Da erfuhr er, daß Frau Zorn den Plan aufge geben, selbst anderwärts eine Einladung angenommen hiitto und gar nicht mehr zu Hause wäre. Als er jetzt den Hörer aus der Hand legte, blickte Arlette« geradezu grimmig drein, riß in einer zornigen Aufwallung die Kravatte vom Hemd kragen und warf sie zur Erde. Was nun? Noch ein drittes Mal bei irgendwelchen Bekannten an- zufragen, — dazu hätte ibn keine Macht Ler Welt vermocht., Das Ehepaar, das als Diener und Wirtschafterin in sein«»' Diensten stand, hatte er für diesen Abend beurlaubt und war nun allein daheim. Sollte er allein in seinen vier Wänden bleiben und vielleicht gleich schlafen gÄhen? Oder doch noch eines der menschenvollen und s-elenloeren Sffenüich«» Lokal besuchen? Es schlug zehn Uhr, und der junge Arzt saß noch imme» brütend und in finsterer Wut auf dem gleichen Platz. Da er hob er sich und begann, die Festkleidung abzulegen. Und da bei kam ihm ein Einfall. Er ging an den Schreibtisch, sucht« und fand in einer Lade eine Visitenkarte und prägte sich di« Adresse ein. Etwa zwanzig Minuten später verließ er im Straßenan zug Wohnung und Haus. Es war bitter kalt. Doktor Arletter schlug den Kragen des Pelzmantels empor, drückte den Hut tiefer in die Stirn und vergrub die Hände in die Taschen, während er dahinschritt. Sein Wog führte ihn aus dem vor nehmeren, nur von vermögenden Menschen bewohnten Stadt teil nach einem weit bescheideneren Mettel. Dort wohnte sein ehemaliger Schulkamerad Luttner, an den er sich ganz plötz lich erinnert hatte. Sie waren einmal sehr innig befreundet gewesen — Luttner und er. Dann hatten sich, wie es so oft geht, ihre Lebenswege getrennt, sie hatten nichts mehr von einander gehört und gesehen — bis vor ungefähr vier Mona- Glückauf 1S2S!